Das Bild an sich ist schon beeindruckend genug. Es ist überraschend, dass eine so simple Rechenvorschrift ein so komplexes Bild erzeugen kann. Aber noch beeindruckender ist es, wenn man sich die Mandelbrot-Menge im Detail ansieht. Wenn man zum Beispiel einen kleinen Bereich vergrößert, der zwischen der großen und der kleinen schwarzen “Kugel” liegt, dann findet man plötzlich so etwas:
Noch eine Mandelbrot-Menge! Und würde man noch weiter hineinzoomen, würde man immer weitere Mandelbrot-Mengen finden; jedesmal eine (fast identische) Kopie des ursprünglichen Bildes. Wenn man das macht, dann erzeugt das fast schon hypnotische Videos, so wie dieses hier:
Wer selbst ein bisschen mit der Mandelbrot-Menge herumspielen möchte, kann das mit diesem Online-Programm tun. Es lohnt sich, denn man erkennt hier wunderbar, warum der ganze Chaoskram so wunderbar komplex ist. Normale dynamische Systeme sind schön ordentlich, mit ordentlichen Grenzen. Ist man auf der einen Seite der Grenze, dann verhält es sich auf die eine Art; ist man auf der anderen Seite der Grenze, dann verhält es sich auf die andere Art. Die verschiedenen dynamischen Zustände sind klar und sauber voneinander getrennt. Aber diese klaren Grenzen fehlen in den chaotischen Systemen! Hier findet man in den “ordentlichen” Bereichen immer irgendwo das Chaos und das Chaos enthält gleichzeitig immer auch die Ordnung (Und ich habe jetzt endlich mal wieder die Gelegenheit, um die wissenschaftliche Facharbeit zu diesem Thema zu verlinken, an der ich vor Jahren mal mitgearbeitet habe!).
Und die komplexe Selbstähnlichkeit erklärt auch den “Schmetterlingseffekt”: Wenn Chaos und Ordnung auf so verwirrende Art und Weise ineinander verschachtelt sind, dann reicht eben schon eine winzige Änderung um die Grenze zwischen beiden zu überschreiten. Dass die Selbstähnlichkeit bei der Mandelbrot-Menge kein Zufall ist, sondern wirklich eine grundlegende Eigenschaft chaotischer Systeme zeigt auch der Vergleich mit der logistischen Gleichung aus der vorletzten Folge. Dort ging es um die Frage, wie sich die Größe einer Population im Laufe der Zeit ändert und man hat festgestellt, dass es – je nach Stärke der äußeren Einflüsse – dabei zu verschiedenen Perioden kommen kann. Und in der letzten Folge habe ich erklärt, dass die Abfolge dieser Perioden nicht zufällig ist, sondern durch eine mathematischen Konstante – die Feigenbaum-Konstante – bestimmt wird. Diese Konstante bestimmt auch die Form der Mandelbrot-Menge! Dort, wo sich bei der logistischen Gleichung die Perioden verdoppeln, entsteht bei der Mandelbrot-Menge eine neue “Ausbuchtung”. Dieses Bild zeigt die Gegenüberstellung deutlich:
Man kann übrigens auch mathematisch exakt zeigen, dass der Zusammenhang wirklich gilt und das die Feigenbaum-Konstante tatsächlich die Struktur der Mandelbrot-Menge definiert.
Es scheint unmöglich zu sein, so eine komplexe Struktur irgendwie geometrisch zu beschreiben. Aber es ist möglich; man braucht dafür nur eine spezielle Art der Geometrie. Eine fraktale Geometrie! Und was das Wort “Fraktal” bedeutet, wie man Fraktale verstehen kann und was sie mit der ganz realen und (auf den ersten Blick) unmathematischen Natur zu tun haben, wird das Thema der nächsten Folge von “Best of Chaos” sein!
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