Eine typische Entwicklung eines Planetensystems sieht so aus:

Volk & Gladmann, 2015

Volk & Gladmann, 2015

Man sieht hier die Entwicklung der sechs Planeten einer Variation des Kepler-11-Systems. Die dicken bunten Linien zeigen die große Halbachsen (also den mittleren Abstand vom Stern) der Planeten und die dünnen Linien darüber und darunter geben den sternfernsten bzw. sternnächsten Abstand der Bahn an. Alle Planeten bis auf den äußersten (“g”) würden sich in unserem Sonnensystem innerhalb der Merkurbahn befinden. Die ersten 200.000 Jahre (das Bild ganz oben) tut sich gar nix und alle Planeten folgen ihren Bahnen ohne dass es zu gröberen Störungen kommt. Die treten erst nach ungefähr 250.000 Jahren auf (das Bild in der Mitte). Jetzt wird es chaotisch, die Planeten kreuzen ihre Bahnen, tauschen ihre Plätze und stoßen miteinander zusammen (das unterste Bild zeigt die chaotischen Vorgänge im Detail). Volk und Gladman haben die Kollisionen als “Verschmelzung” modelliert; sind also davon ausgegangen, das zwei kollidierende Planeten einen einzelnen größeren Planeten formen (sie haben aber in anderen Simulationen auch zerstörerische Kollisionen berücksichtigt). Am Ende, nach 350 Millionen Jahren, bleiben nur noch drei Planeten übrig, die jetzt wieder stabilen Bahnen folgen.

Der äußerste der Planeten in diesem Beispiel (“g”) ist relativ ungestört und unbeschadet aus der Angelegenheit hervorgegangen. All das Chaos, das sich innerhalb seiner Bahn abgespielt hat, hat ihn kaum beeinflusst. Aus ihren umfangreichen Simulationen haben Volk und Gladman ein ähnliches Bild für das Sonnensystem postuliert. Ursprünglich sollen sich auch hier innerhalb der Merkurbahn noch drei oder mehr Planeten mit insgesamt ein paar Erdmassen befunden haben. Sie waren metastabil, sind miteinander kollidiert, dabei zerstört worden und nur Merkur blieb bei all dem Chaos übrig. Das würde auch seinen heutigen relativ instabilen Zustand erklären. Denn wie schon oben erwähnt ist Merkur heute ja ebenfalls metastabil und bei Betrachtung von Zeitskalen die über einige Milliarden Jahre reichen, besteht die Möglichkeit einer Kollision mit Venus oder der Sonne. Ob es wirklich so abgelaufen ist, lässt sich natürlich schwer nachweisen und wird sich vielleicht nie nachweisen lassen. Aber je mehr Informationen wir in Zukunft über andere Planetensysteme sammeln, desto besser werden wir irgendwann auch unser eigenes Sonnensystem verstehen!

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Kommentare (13)

  1. #1 Krypto
    26. Februar 2015

    Das würde ja auch zur Theorie Mondentstehung passen, oder?
    Was bei den Kepler-Beobachtungen nicht außer Acht gelassen werden darf und wahrscheinlich wohl auch wurde, ist die Tatsache, dass Kepler höhere Entdeckungswahrscheinlichkeiten für kurzperiodische Planeten in Sternnähe hatte.

  2. #2 bruno
    26. Februar 2015

    dass es in vielen STIPs für die Vernichtung einer Planeten sorgt, so dass am Ende dann Systeme wie das unsere entstehen, in denen keine sternnahen Planeten mehr zu finden sind.
    eines oder einiger (oder ganz was anderes?) lg

  3. #3 bruno
    26. Februar 2015

    @FF wieviele der bekannten “Stips” haben denn einen Stern mit annähernd Sonnenmasse?

  4. #4 Higgs-Teilchen
    26. Februar 2015

    @Krypto and Florian

    Das mit Theia habe ich mich auch gefragt. Könnte Theia innerhalb der Merkurbahn entstanden sein und dann erst in den Erdorbit geworfen worden sein?

    Lg H.

  5. #5 Higgs-Teilchen
    26. Februar 2015

    Ach nee, Wiki meint dazu, dass Theia im Lagrange-Punkt 4 entstanden ist….

  6. #6 Siskin
    26. Februar 2015

    hieße das nicht auch, dass gefundene STIP-Systeme auf relativ junge Planetensysteme schließen lassen? – oder sind die meisten gefundenen schon so aufgeräumt, dass sie über längere Zeit metastabil sind?

  7. #7 Florian Freistetter
    26. Februar 2015

    @Higgs-Teilchen: Theia wird im Artikel auch erwähnt und die Autoren meinen, dass es da eine Verbindung geben könnte.

    @Siskin: Ne, die Sterne sind durchaus alt und damit auch die Planeten. Über die REALEN Kepler-Systeme machen die Autoren ja auch keine Aussagen; die müssen notwendigerweise ja so metastabil sein wie unser Sonnensystem auch, d-h. für einige Milliarden Jahre.

    @bruno: Die Sterne um die es geht sind alle vom Typ F, G und K also alle annähernd Sonnenmasse.

  8. #8 Bullet
    27. Februar 2015

    Ach, das ist ja interessant. Ich kann mich daran erinnern, mal gehört zu haben, daß Merkur einen sehr großen Eisenkern hat – zu groß im Vergleich zu beispielsweise dem der Erde. Und das paßt prima zu einem Kollisionsszenario.

  9. #9 Franz
    27. Februar 2015

    Könnte eine alternative Erklärung nicht sein, dass man sonnennahe Planeten eher entdeckt als sonnenferne und sich somit diese Diskrepanz automatisch ergibt, weil man nur die nahen gefunden hat ? Wurde dieser Effekt ‘herausgerechnet’ ?

  10. #10 Florian Freistetter
    27. Februar 2015

    @Franz: Klar, sonnennahe Planeten finden sich leichter. Aber trotzdem bleibt die Tatsache, dass es im Sonnensystem KEINE engen Planeten gibt und anderswo schon. Die Studie beschäftigt sich ja nur mit den sternnahen Planeten; was weiter hinten abläuft ist da nicht relevant.

  11. #11 Bjoern
    28. Februar 2015

    @Florian: Ich verstehe deine Zeitangaben bei der Beschreibung des Diagramms nicht so ganz. Auf der Zeitachse steht als Einheit ja “Myr”, also wohl “Millionen Jahre”. 0.2 Myr wären aber dann 200 000 Jahre, nicht 200 Millionen Jahre. (usw.)

    @Bullet: Der große Eisenanteil von Merkur wird in dem Artikel auch genau damit erklärt. 🙂

  12. #12 PDP10
    28. Februar 2015

    @Bjoern:

    “@Florian: Ich verstehe deine Zeitangaben bei der Beschreibung des Diagramms nicht so ganz. Auf der Zeitachse steht als Einheit ja “Myr”, also wohl “Millionen Jahre”.”

    Stimmt. Ich hab das nach Florians Beschreibung einfach so hingenommen als Milliarden Jahre. Dann müsste da aber Byr stehen. Bzw. müssten die X-Achsen so beschriftet sein, wie im ersten Diagramm des Papers …

    Die Erklärung zum hier von Florian wiedergegebenen Diagramm im Paper selbst, scheint mir aber auch der Achsenbeschriftung zu widersprechen.

    Ich glaube, da haben die Autoren einfach einen Fehler bei der Beschriftung ihrer Achsen um einen Faktor 1000 gemacht …

    Kann das sein? So ganz sehe ich da noch nicht durch …

  13. #13 Florian Freistetter
    28. Februar 2015

    @Bjoern: “Ich verstehe deine Zeitangaben bei der Beschreibung des Diagramms nicht so ganz. “

    Dafür gibt es einen ganz simplen Grund: Ich hab Unsinn geschrieben und statt Myr “Gyr” gelesen (Die Einheit bin ich bei Langzeitsimulationen von Planetensystemen viel eher gewohnt…).