Nachdem es letzte Woche bei der Frage zu Paralleluniversen sehr philosophisch und abstrakt wurde, geht es heute in der Serie “Fragen zur Astronomie” wieder ganz konkret und bodenständig mit einem Klassiker weiter. Die Frage ist eine, die mir sehr, sehr oft gestellt wird und sie lautet: Wenn sich das Universum ausdehnt, wieso kommt dann die Andromeda-Galaxie auf uns zu?

So könnte der Himmel der fernen Zukunft aussehen, wenn die Andromeda-Galaxie uns schon wesentlich näher gekommen ist (Künstlerische Darstellung: NASA, ESA, Z. Levay and R. van der Marel (STScI), T. Hallas, and A. Mellinger)

So könnte der Himmel der fernen Zukunft aussehen, wenn die Andromeda-Galaxie uns schon wesentlich näher gekommen ist (Künstlerische Darstellung: NASA, ESA, Z. Levay and R. van der Marel (STScI), T. Hallas, and A. Mellinger)

Eine eigentlich sehr vernünftige Frage. Wenn Wissenschaftler über die Expansion des Universums sprechen, dann sagen sie dabei oft Sätze wie “Alles bewegt sich von allem anderen fort!” oder “Jede Galaxie entfernt sich um so schneller von allen anderen, je weiter sie entfernt ist!”. Und wenn das auch im wesentlichen das Phänomen der kosmischen Ausdehnung richtig beschreibt, kann es trotzdem zu Missverständnissen kommen. Denn ganz offensichtlich bewegt sich ja nicht alles von allem anderen fort. Der Computerbildschirm auf den ich gerade blicke, bewegt sich nicht von mir fort sondern bleibt dort, wo er ist. Die Erde bleibt immer gleich groß und dehnt sich nicht aus. Die Planeten des Sonnensystems umkreisen die Sonne in (fast) immer dem gleichen Abstand und entfernen sich nicht von ihr. Die Sterne unserer Milchstraßengalaxie bewegen sich nicht systematisch voneinander fort und die Milchstraße löst sich nicht auf. Und auch Andromeda, unsere Nachbargalaxie, bewegt sich eben nicht von uns fort sondern kommt auf uns zu!

In ferner Zukunft werden die beiden Galaxien miteinander kollidieren und zu einer großen, neuen Galaxie verschmelzen. Und auch überall sonst im Universum kann man beobachten, wie Galaxien miteinander kollidieren. Wie kann das sein, wo das Universum doch expandiert?

Um das zu verstehen, muss man sich mehrere Dinge klar machen. Als Edwin Hubble damals vor etwa 100 Jahren die Expansion des Alls entdeckte, hat er alle möglichen Galaxien beobachtet und festgestellt, dass sie sich von uns entfernen und zwar um so schneller, je weiter sie weg sind. Die Bewegung, um die es hier geht, ist allerdings keine Bewegung durch den Raum. Es ist der Raum selbst, der expandiert! Ganz vereinfacht gesagt: Die Galaxien bleiben wo sie sind, nur der Raum zwischen ihnen wird immer mehr. Je größer die Entfernung zwischen uns und einer Galaxie, desto mehr Raum ist dazwischen und desto mehr Raum kann expandieren. Darum bewegen sich ferne Galaxien schneller von uns weg als nähere. Aber es gibt eben nicht nur diese “indirekte” Bewegung die durch die Expansion des Raums verursacht wird, sondern auch eine direkte Bewegung durch den Raum. Diese Bewegung wird von der Gravitationskraft verursacht, die zwischen allen Himmelskörpern mit Masse wirkt.

Was am Ende passiert, hängt davon ab, welcher Effekt größer ist. Milchstraße und Andromeda-Galaxie sind nur ein paar Millionen Lichtjahre voneinander entfernt. Die Gravitationskraft zwischen beiden ist deutlich größer als der Effekt der Expansion des Raums. Wieder vereinfacht gesagt: Der Raum zwischen Milchstraße und Andromeda dehnt sich zwar aus und schiebt die beiden Galaxien auseinander. Aber die von der Gravitationskraft verursachte Bewegung der beiden Galaxien durch den Raum ist viel größer und darum kommt Andromeda auf uns zu anstatt sich zu entfernen.

So ist es auch im restlichen Universum: Die Gravitationskraft hält die Dinge auf kleinen Skalen zusammen und sorgt dafür, dass Planeten bei ihren Sternen bleiben; Sterne in ihren Galaxien und nahe Galaxien in Galaxienhaufen zusammengehalten werden. Erst wenn man wirklich große Distanzen betrachtet und Objekte, zwischen denen sich wirklich viel Raum befindet, summiert sich dessen Expansionsrate zu einem relevanten Einfluss und die Galaxienhaufen bewegen sich dann tatsächlich alle voneinander fort und das um so schneller, je größer der Abstand ist – genau so wie es Hubble damals gesagt hat.

Die Antwort auf die Frage Wenn sich das Universum ausdehnt, wieso kommt dann die Andromeda-Galaxie auf uns zu? lautet also: Weil Andromeda durch die Gravitationskraft stark genug beschleunigt wird, so dass sie sich schneller durch den Raum bewegt, als dieser expandieren kann.

Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.

Kommentare (27)

  1. #1 Silava
    16. März 2015

    Hallo Florian,
    ich habe ein kleines Verständnisproblem. Die Hubble-Konstante sagt dass sich der Raum mit einer Rate von ca. 2,3·10^−18 s−1 ausdehnt. Das entspricht also einem Faktor von ca. 7,8·10^−11 pro Jahr. Für die Erde bedeutet das dass der Raum zwischen Sonne und Erde pro Jahr um ca. 12 m zunehmen würde.
    Wie kann es sein dass sich dieser Raumzuwachs nicht auf das System Sonne-Erde auswirkt? Wenn ich das System Sonne-Erde in einem statischen Universum (Hubblekonstante=0) mit unserem Universum vergleiche, dann muss die Expansion doch eine (noch so geringe) Auswirkung auf das System Sonne-Erde haben. Die Gravitationskraft der Sonne auf die Erde sollte also um einen kleinen, aber messbaren Faktor geringer sein als in einem statischen Universum. Umkreist die Erde die Sonne also auf einem minimal geringeren Radius als in einem statischen Universum um die minimal geringere Gravitationskraft auszugleichen?
    Grüße,
    Silava

  2. #2 Dietmar
    16. März 2015

    @Silava:

    Die Gravitationskraft hält die Dinge auf kleinen Skalen zusammen und sorgt dafür, dass Planeten bei ihren Sternen bleiben; Sterne in ihren Galaxien und nahe Galaxien in Galaxienhaufen zusammengehalten werden.

    und

    Die Antwort auf die Frage Wenn sich das Universum ausdehnt, wieso kommt dann die Andromeda-Galaxie auf uns zu? lautet also: Weil Andromeda durch die Gravitationskraft stark genug beschleunigt wird, so dass sie sich schneller durch den Raum bewegt, als dieser expandieren kann.

  3. #3 Alderamin
    16. März 2015

    @Silava

    Im Prinzip kann gebundene Materie kräftefrei über die Expansion hinwegrutschen, siehe einen Artikel von Martin Bäker dazu.

    Es wirkt nur eine Kraft, wo eine Beschleunigung vorhanden ist, und die ist im Sonnensystem sehr, sehr, sehr klein, weil sie erst entsteht, wenn der Abstand tatsächlich zunimmt (bei unverändertem Abstand ist die Hubble-Expansion eine konstante Geschwindigkeit, eben die Hubble-Konstante).

    Der verbeliebende Resteffekt ist übrigens sehr tricky auszurechnen, es gibt widersprüchliche Papers dazu, wenn ich mich recht entsinne.

  4. #4 Silava
    16. März 2015

    @Alderamin
    Danke für den Link, das war sehr interessant zu lesen.

  5. #5 Bodo Grebner
    A5412 puch
    17. März 2015

    Ja alles logisch,meine weitere frage wäre ist die hubbelsche konstante wirklich konstant.ich denke ,würde sie nämlch abnehmen,dann hätte ich das ein neues bild unseres universums in sicht und zwar das pulsierende, das fliehen der galazien würde irgend gestoppt sein und alles fällt wieder in richtung urknall zusammen und alles wiederholt sich.dazu müssten die summe dergravitationen eine bremsende wirkung auf die hubble konstante haben.
    Mfg
    Grebner

  6. #6 Alderamin
    17. März 2015

    @Bodo Grebner

    Ja alles logisch,meine weitere frage wäre ist die hubbelsche konstante wirklich konstant.

    Nein. Sie fällt gegen einen festen Wert.

    würde sie nämlch abnehmen,dann hätte ich das ein neues bild unseres universums in sicht und zwar das pulsierende, das fliehen der galazien würde irgend gestoppt sein und alles fällt wieder in richtung urknall zusammen und alles wiederholt sich

    Nach allem was wir wissen: nein. Das All wird ewig expandieren, weil dies eine Eigenschaft des Vakuums ist (Dunkle Energie, Vakuumenergie).

  7. #7 Julian
    Berlin
    17. März 2015

    Ich liebe Ihren Blog! Alles wunderbar erklärt und dadurch auch für Laien wie mich verständlich. Mir fallen leider immer wieder orthografische und grammatikalische Schwächen und Fehler in den Texten auf. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, das lektorieren zu lassen?
    Nichts für ungut! 🙂
    Julian

  8. #8 Florian Freistetter
    17. März 2015

    @Julian: Ein Lektorat kann es schon geben. Aber dann werden hier auch nur noch ein bis zwei Artikel pro Woche erscheinen können. Denn ein Lektor kostet Geld und das muss ich erst mit anderer Arbeit verdienen. Außerdem braucht ein Lektor Zeit und arbeitet nicht immer genau dann, wenn ich zeit habe zu bloggen. Wenn du fehlerfrei lektorierte Texte von mir lesen willst, dann kann ich dich auf meine Bücher und Zeitungsartikel verweisen. Bei den kostenlosen Texten hier im Blog mit denen ich auch nur wenig Geld verdiene, wirst du wohl weiterhin mit den Rechtschreibfehlern leben müssen, die ich nun mal eben ab und zu mache…

  9. #9 Rob
    17. März 2015

    Eine Frage habe ich gerade (vielleicht bin ich auch zu doof 🙂 )

    Warum kommt denn Andromeda ausgerechnet auf uns zu? Warum nicht auch umgekehrt die Milchstraße zu Andromeda ? Wenn ja, merken wir davon etwas und können wir das vielleicht auch messen?

  10. #10 Alderamin
    17. März 2015

    @Rob

    Beide Galaxien bewegen sich aufeinander zu und man kann die Bewegung der Milchstraße am Dopplereffekt der kosmischen Hintergrundstrahlung feststellen (unten, Punkt 2. im Text).

  11. #11 Monkey
    17. März 2015

    Ich habe mich gerade gefragt, wenn das Universum expandiert und somit neuer Raum immer dazu kommt, dann muss dieser Raum ja von irgendwoher kommen. Kann es sein, dass das Universum “Falten” hat und die Aufstülpung dieser Falten neuer Raum ist. Das Universum konnte doch also in einer höheren Dimension in sich gefaltet sein und die Entfaltung erleben wir als Raumzunahme und somit Expansion.

    Das könnte man sich ja so vorstellen, wie ein zerknülltes DIN-A4 Papier. Total zusammengepresst wäre dies die ursprüngliche Singularität und die initial gewaltige Expansion das entknüllen. Das geht zu Beginn relativ schnell und einfach, doch wenn das Papier mal ganz entknüllt ist, ist der Prozess die einzelnen Falten noch zu entknüllen und zu glätten langwieriger. Das DIN-A4 Blatt ist ausgefaltet 2D und wurde in einer Dimentsion höher (3D) gefaltet. Unser Universum könnte doch dann auch also in einer höheren Dimension gefaltet sein und sich langsam und stetig “entfalten”? Wir sind also momentan im Entfaltungsprozess.

    Wieso der Raum in gravitativ-lokaler Umgebung nicht expandiert, könnte man sich ja dadurch erklären wie …: Auf dem Blatt Papier ist eine schwere Kugel, innerhalb dieser lokalen Umgebung sorgt die Schwere der Kugel dafür das alle Falten rausgedrückt werden. Dh, die Gravitation hat in diesem Bereich alles schon entfaltet.

    ist das ein hirngespinnst Modell und nur eine hübsche Vorstellungmethode oder gibt es in dieser Richtung schon mathematische Modelle?

  12. #12 Krypto
    17. März 2015

    @Monkey:
    Das Modell bzw. die Theorie heißt ART und der diesbezügliche Parameter ist die kosmologische Konstante.
    Deine Idee würde hingegen ihren Fingerabdruck in Messungen hinterlassen, worauf es jedoch keinen Hinweis gibt.

  13. #13 Wolfgang Lafferthon
    Hamburg
    17. März 2015

    Hallo Florian,
    zunächst einmal muss ich zugeben, dass ich über diese Frage auch schon sehr lange nachdenke. Die Idee, dass es quasi 2 Bewegungen gibt und dass in diesem Fall die eine stärker ist als die andere klingt auch zunächst sehr einleuchtend. Trotzdem habe ich so meine Zweifel, kann aber auch daran liegen, dass ich hier absoluter Laie bin.
    Ein paar Fragen, ich hoffe ich nerve Dich damit nicht:
    1. Ist die Ausdehnung des Raumes eine rein theoretische Überlegung oder gibt es belastbare Messungen, die das belegen?
    2. Wenn sich der Raum ausdehnt, warum entfernt sich der Bildschirm vor dem ich sitze nicht immer weiter von mir? Warum ändern sich nicht Maßeinheiten? Das kann doch sicher nicht mit der Anziehung der Körper erklärt werden, die “zufällig” immer genau so groß ist, dass der Ausdehnungseffekt auf den Millimeter aufgehoben wird.
    3. Gilt diese Ausdehnung des Raums überall? Also dehnt sich z.B. auch der Raum in einem Atom oder der Raum in einem Molekül immer weiter aus? Falls nein, welche Kraft verhindert das und bedeutet das, dass sich der Raum auch in Universum unterschiedlich ausdehnt?
    4. In was dehnt sich der Raum aus? Ist das, in das sich der Raum ausdehnt stabil oder dehnt sich “das” auch aus und falls ja in was?

  14. #14 Alderamin
    17. März 2015

    @Wolfgang Lafferthon

    1. Ist die Ausdehnung des Raumes eine rein theoretische Überlegung oder gibt es belastbare Messungen, die das belegen?

    – Die Messung der Rotverschiebung der Galaxien zeigt, dass diese sich symmetrisch von uns entfernen. Die Geschwindigkeit, die dieser Rotverschiebung entspricht, nimmt ziemlich linear mit der Entfernung zu (“Hubble-Konstante”).
    – Ferne Galaxien erscheinen vergrößert, weil der Raum früher kleiner war und auf die Himmelskugel vergrößert projiziert erscheint.
    – Die kosmische Hintergrundstrahlung zeigt Abhängigkeiten über Winkelabstände von ca. 1°. Berücksichtigt man ihre Rotverschiebung (Faktor 1080) und die Vergrößerung, so entspricht 1° Abstand 380000 Lichtjahren. 380000 Jahre ist genau das Alter, das zu der Dichte/Temperatur der Hintergrundstrahlung passt. Im damaligen Gas konnten sich Störungen mit Lichtgeschwindigkeit nur 380000 Lichtjahre weit fortpflanzen.
    – sämtliche zeitliche Vorgänge erscheinen um den Faktor der Rotverschiebung verlangsamt, auch Gamma-Bursts oder die Lichtkurven von Supernovae. Es handelt sich also nicht einfach um eine abstands-/altersabhängige Frequenzänderung des Lichts, sondern um einen echten Dopplereffekt.

    2. Wenn sich der Raum ausdehnt, warum entfernt sich der Bildschirm vor dem ich sitze nicht immer weiter von mir? Warum ändern sich nicht Maßeinheiten? Das kann doch sicher nicht mit der Anziehung der Körper erklärt werden, die “zufällig” immer genau so groß ist, dass der Ausdehnungseffekt auf den Millimeter aufgehoben wird.

    Das hat mit Zufall nichts zu tun. Durch Kräfte gebundene Objekte expandieren nicht, sie rutschen gewissermaßen über die Expansion weg, weil die Kräfte sie auf Position halten. Siehe den Link in #3 oben.

    3. Gilt diese Ausdehnung des Raums überall? Also dehnt sich z.B. auch der Raum in einem Atom oder der Raum in einem Molekül immer weiter aus? Falls nein, welche Kraft verhindert das und bedeutet das, dass sich der Raum auch in Universum unterschiedlich ausdehnt?

    Der Raum dehnt sich prinzipiell überall aus, aber die elektromagnetische Kraft hält die Elektronen bei den Atomkernen und die Atome in Molekülen und Ionengittern zusammen. Die Kerne werden durch die starke Kernkraft zusammengehalten und die Kernteilchen ebenso.

    Die Gravitation kann die Raumexpansion aufhalten und abbremsen, und tat dies ursprünglich auch, bis vor rund 7 Milliarden Jahren eine bisher unbekannte Kraft, genannt Dunkle Energie, die Oberhand gewann und die Expansion wieder beschleunigte. Bevor man die Wirkung der Dunklen Energie entdeckte, ging man noch von der Möglichkeit aus, dass die Materiedichte groß genug sei, die Raumexpansion irgendwann zum Stillstand und zur Umkehr zu bringen. Dies erscheint mit der Dunklen Energie nicht mehr möglich.

    Im Prinzip würde sich der Raum bei verschiedener Materiedichte verschieden schnell ausdehnen, aber auf den Entfernungen, auf der die Raumexpansion nennenswerte Beträge erreicht und sich von der Eigenbewegung der Galaxien umeinander unterscheiden lässt, ist die Materie schon einigermaßen homogen verteilt, so dass man dergleichen nicht beobachtet.

    4. In was dehnt sich der Raum aus? Ist das, in das sich der Raum ausdehnt stabil oder dehnt sich “das” auch aus und falls ja in was?

    Der Raum wächst aus sich selbst heraus. Er braucht keinen umgebenden Raum. So ähnlich, wie die vergehende, zunehmende Zeit keine umgebende Zeit braucht. Der Raum wird in jeder Dimension einfach mehr. Er ist keine Erhaltungsgröße.

  15. #15 Monkey
    17. März 2015

    @Krypto:
    Woher willst du wissen, wie ein Fingerprint zu diesem Strukturmodell auszusehen hat? Von welchen Hinweisen sprichst du? Du kannst nicht behaupten es gibt keine Hinweise, ohne zu wissen nach welchen Hinweisen du zu suchen hast. Zeige mir wissenschaftliche Arbeiten zu dieser Theorie, bevor du alles pauschal verneinst.

    Und was hat bitteschön die ART damit zu tun? Ja die ART ist eine wundervolle Theorie, aber hat nur bedingt mit dem zu tun, was ich geschrieben habe. Es ist immernoch gut möglich, dass die ART nur eine Randlösung einer viel wunderbareren Theorie ist.

  16. #16 Artur57
    Mannheim
    17. März 2015

    Die sichtbarste Auswirkung dser Raumdehnung ist ja ihre Wirkung auf die Hintergrundstrahlung. Diese ist entstanden bei ca. 2000 K, als die ersten H-Atome entstanden. Dies nun ist auf etwa 3 K “abgekühlt”, was natürlich so nicht stimmt. Die Raumdehnung hat sich auf das Licht übertragen und die Wellenlänge entsprechend auseinander gezogen. Ich denke mal, da herrscht Einigkeit.

    Wenn dem aber so ist, dann müsste dieser Faktor aus den Entfernungen stets herausgerechnet werden. Nehmen wir an, wir beobachten bei einem Objekt eine Rotverschiebung, die zu einer Entfernung von 5 Milliarden Lichtjahren passt. Dann hieße das, dass das Licht während dieser Zeit der Raumdehnung ausgesetzt war und die Rotverschiebung daher eine zu große Entfernung vortäuscht. Korrigiert wäre es dann beispielsweise nur 3 Milliarden Jahre unterwegs gewesen.

    Ich sehe ehrlich gesagt nirgends, dass dieser Effekt berücksichtigt wird.

  17. #17 Alderamin
    17. März 2015

    @Artur57

    Diese ist entstanden bei ca. 2000 K, als die ersten H-Atome entstanden. Dies nun ist auf etwa 3 K “abgekühlt”

    3000 K ursprünglich. Jetzt 2,73 K. Dopplerspreizung um Faktor 1100.

    Nehmen wir an, wir beobachten bei einem Objekt eine Rotverschiebung, die zu einer Entfernung von 5 Milliarden Lichtjahren passt. Dann hieße das, dass das Licht während dieser Zeit der Raumdehnung ausgesetzt war und die Rotverschiebung daher eine zu große Entfernung vortäuscht. Korrigiert wäre es dann beispielsweise nur 3 Milliarden Jahre unterwegs gewesen.

    Ich sehe ehrlich gesagt nirgends, dass dieser Effekt berücksichtigt wird.

    Da wird nichts “vorgetäuscht”, die Rotverschiebung wird eindeutig abgebildet auf mehrere zulässige Entfernungsmaße, und man muss wissen, über welche man gerade redet.

    Lichtlaufzeitentfernung vs. Eigendistanz (proper distance)/Mitbewegte Entfernung. Natürlich wird das berücksichtigt. Die Astronomen sind doch nicht dumm.

    Nur die Presse kommt da gerne durcheinander.

  18. #18 Wolfgang Lafferthon
    Hamburg
    17. März 2015

    Vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten, Alderamin. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist die Ausdehnung ein Ergebnis verschiedener Annahmen, die aber gut zueinander passen und somit diese Ausdehnung als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. Kann man das so sagen, oder habe ich es falsch verstanden?

    Die 2. Frage empfinde ich als beantwortet. Die Annahme des über die Expansion hinwegrutschen, finde ich sehr anschaulich 🙂 Damit ist im wesentlichen dann auch die 3. Frage beantwortet. Allerdings schreibst Du, dass vor
    “rund 7 Milliarden Jahren eine bisher unbekannte Kraft, genannt Dunkle Energie, die Oberhand gewann und die Expansion wieder beschleunigte.” Nehme mal an, dass das das Ergebnis einer Berechnung ist und daher auch in den Bereich der Annahmen gehört oder gibt es irgendwo einen Teil des Universums, wo man das konkret beobachten kann?

    Mit Deiner Antwort auf meine 4. Frage (In was dehnt sich der Raum aus? Ist das, in das sich der Raum ausdehnt stabil oder dehnt sich “das” auch aus und falls ja in was?) kann ich allerdings nichts anfangen. Was ist da heute, wo sich dann morgen durch Ausdehnung der Raum befindet? Diese Frage ist nicht beantwortet. Aus meiner Sicht gilt, dass alles was sich ausdehnt dies immer in etwas anderem machen muss. Dehnt sich mein Bauch aus, dann verdrängt er die Luft, die da vorher gewesen ist. Er beansprucht im “Raum Wohnzimmer” nun mehr Platz und hat anderes verdrängt.

    Der Raum wächst aus sich selbst heraus. Er braucht keinen umgebenden Raum. So ähnlich, wie die vergehende, zunehmende Zeit keine umgebende Zeit braucht. Der Raum wird in jeder Dimension einfach mehr. Er ist keine Erhaltungsgröße.

  19. #19 Wolfgang Lafferthon
    Hamburg
    17. März 2015

    Bitte den letzten Absatz streichen, der gehört nicht mehr zu meinem Text …

  20. #20 Jens
    18. März 2015

    Warum dehnt sich der Raum nicht wesentlich schneller aus?

  21. #21 Alderamin
    18. März 2015

    @Wolfgang Lafferthon

    Allerdings schreibst Du, dass vor
    “rund 7 Milliarden Jahren eine bisher unbekannte Kraft, genannt Dunkle Energie, die Oberhand gewann und die Expansion wieder beschleunigte.” Nehme mal an, dass das das Ergebnis einer Berechnung ist und daher auch in den Bereich der Annahmen gehört oder gibt es irgendwo einen Teil des Universums, wo man das konkret beobachten kann?

    Das kann man beobachten, wenn man die Entfernung von Galaxien aus der entsprechenden Zeit anhand von Supernovae misst und die Rotverschiebung damit kalibriert. Wenn man ferne Galaxien beobachtet, sieht man bekanntlich in die Vergangenheit. Aus der Entwicklung der Rotverschiebung über die Zeit (= Entfernung) folgt, dass die Expansion zuerst gebremst wurde und dann wieder beschleunigte. Erwartet hatte man eigentlich, dass sie stets gebremst wurde. Die Dunkle Energie hatte niemand auf dem Plan.

    Mit Deiner Antwort auf meine 4. Frage (In was dehnt sich der Raum aus? Ist das, in das sich der Raum ausdehnt stabil oder dehnt sich “das” auch aus und falls ja in was?) kann ich allerdings nichts anfangen. Was ist da heute, wo sich dann morgen durch Ausdehnung der Raum befindet?

    Weniger Raum. Erstens gibt’s kein Außendrumherum. Das Weltall könnte unendlich groß sein, oder es könnte endlich, aber unbegrenzt sein (eine Kugeloberfläche ist z.B. endlich und unbegrenzt, aber nur in 2 Dimensionen; das Weltall wäre es in dreien). Es gibt also nichts, wohinein sich das All ausdehnen könnte. Es bringt seinen Raum sozusagen selbst mit.

    Ein Beispiel: gegeben eine ferne Galaxie, weit genug weg, dass sie gravitativ nicht an unsere nahen Galaxien gebunden ist. Diese Galaxie steht an ihrem Ort still. Ein Beobachter dort würde, wenn er die Dopplerverschiebung der Hintergrundstrahlung messen würde, in keiner Richtung einen Unterschied messen, er wäre in Bezug auf die Hintergrundstrahlung in Ruhe.

    Das gleiche können wir hier tun. Bis auf die Bewegung der Milchstraße in Bezug auf den Schwerpunkt der lokalen Gruppe und des lokalen Superhaufens sind wir in relativer Ruhe zur Hintergrundstrahlung. Wir haben also nun zwei Galaxien in relativer Ruhe.

    Dazwischen entsteht nun jedoch neuer Raum. Das Vakuum quillt auf wie ein Hefekuchen im Backofen. Wenn die Galaxie hinreichend weit weg ist, kommen beachtliche Prozent der Lichtgeschwindigkeit an Zuwachs zusammen. Oder sogar noch mehr (weil sich ja nichts bewegt, sondern der Raum mit sagenhaft geringen Rate von 2,6*10^-18 pro Sekunde in jeder Dimension größer wird). Insofern dehnt er sich in nichts aus, sondern er wächst in sich und aus sich heraus.

    Anderes Beispiel: eine (nicht unbedingt richtige, aber auch nicht ausgeschlossene) Hypothese besagt, dass in einem Schwarzen Loch eine so hohe Dichte entsteht, dass daraus ein Urknall und ein Universum hervorgehen könnte. Dieses Universum wäre von innen gesehen riesig mit Milliarden Lichtjahren Durchmesser, aber das Schwarze Loch, aus dem es hervorging, hat einen Ereignishorizont von nur ein paar Kilometern Durchmesser, und da kann nichts heraus.

    Aus meiner Sicht gilt, dass alles was sich ausdehnt dies immer in etwas anderem machen muss. Dehnt sich mein Bauch aus, dann verdrängt er die Luft, die da vorher gewesen ist. Er beansprucht im “Raum Wohnzimmer” nun mehr Platz und hat anderes verdrängt.

    Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass Raum etwas absolutes, unveränderliches ist, weil das unsere Alltagserfahrung ist, das gilt im Großen und bei hohen Schwerefeldern (oder Beschleunigungen) nicht mehr. Schon die Anwesenheit von Masse verzerrt ihn gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie, verändert Entfernungen und Abmessungen. Ein außen mit fast Lichtgeschwindigkeit rotierendes Rad verkürzt seinen Umfang, es gilt dann nicht mehr Umfang = Pi mal Durchmesser, der Umfang geht gegen 0 wenn die Geschwindigkeit gegen die Lichtgeschwindigkeit geht. Raum ist in der Relativitätstheorie wie Kaugummi. Und daraus kann man Blasen aufpusten.

  22. #22 Alderamin
    18. März 2015

    @Jens

    Warum dehnt sich der Raum nicht wesentlich schneller aus?

    Weil dann keine Galaxien hätten entstehen können (das Gas wäre zu schnell auseinandergerissen worden), keine Sterne, keine Planeten und keine Erde. Dann gäbe es Dich nicht, und Du könntest die Frage nicht stellen.

    Besser kann man die Frage wohl nicht beantworten. Außer mit “ist eben so”. Wir sprachen schon beim Thema “Feinabstimmung der Naturkonstanten” darüber.

  23. #23 Monkey
    18. März 2015

    Wenn sich der Raum überall ausdehnen würde, also auch hier auf der Erde und in den Atomen, so auch in unserer Wahrnehmung und Gedanken. Würde wir dann diese konstante Verschiebung von allem überhaupt wahrnehmen? Außerhalb unserer Galaxie beobachten wir andere Konstanten, aber wenn es hier und jetzt auch so ist, dann merken wir das vllt doch gat nicht, oder?

  24. #24 Wolfgang Lafferthon
    Hamburg
    18. März 2015

    Noch einmal Danke, Alderamin. Muss ich erst einmal “verdauen” und viele weitere Gespräche führen. Habe zum Glück einen Grundlagenforscher in meinem Freundeskreis (Neutrinoforschung), der darf sich auf einige nette Gesprächsabende freuen 🙂
    Aber noch eine Verständnisfrage:
    Du schreibst: “Erstens gibt’s kein Außendrumherum.” Was gibt es denn dann? Bedeutet dass, dass Du davon ausgehst, dass da, wo keine Raum ist, einfach “Nichts” ist? Gibt es denn ein Nichts oder ist nicht selbst ein “Nichts” schon wieder etwas und somit kann es ein “Nichts” gar nicht geben und dann auch kein “kein Außendrumherum”. Selbst wenn da “Nichts” ist, ist da was, nämlich das “Nichts”, was immer es auch ist, aber ich gehe davon aus, dass ein wirkliches “Nichts” unmöglich ist und es somit dort wohin sich der Raum ausbreitet etwas geben muss, allerdings wird der menschliche Verstand wohl zu klein sein um das zu erfassen.

  25. #25 Alderamin
    18. März 2015

    @Wolfgang Lafferthon

    Du schreibst: “Erstens gibt’s kein Außendrumherum.” Was gibt es denn dann? Bedeutet dass, dass Du davon ausgehst, dass da, wo keine Raum ist, einfach “Nichts” ist?

    Da ist jedenfalls kein Raum, den man erreichen könnte oder der irgendeine physikalische Relevanz haben könnte, indem er irgendwie auf uns wirken könnte. Eine der vorgeschlagenen Topologien für das Universum, wenn es nicht unendlich sein sollte, ist der 3-Torus. Wie bei einem Computerspiel, bei dem man links am Bildschirm wieder hereinkommt, wenn man ihn rechts verlässt, und oben, wenn man ihn nach unten verlässt, nur in 3 Dimensionen: egal in welche Richtung man geht, man kommt am Ende wieder am Anfangsort aus (allerdings kann man mit der Raumexpansion nicht Schritt halten, deswegen klappt das nicht [obwohl es auch Vorschläge gibt, dass das Weltall nur ein paar Milliarden Lichtjahre durchmessen könnte und man irgendwo in der Ferne die frühe Milchstraße würde sehen könne, wenn man sie nur erkennen würde; diese Hypothese ist aber nicht unbedingt wahrscheinlich, nur ein interessanter Gedanke]).

    Und dieser Torus ist dann alles, das ganze Universum. Sonst ist da kein Raum mehr, der Torus schwebt nicht in einem umgebenden Raum, sondern er ist der ganze Raum.

    Das ist eine Möglichkeit.

    Möglich wäre aber auch, dass es da draußen sehr wohl noch andere Universen gibt und eine Art übergeordneten Raum, in dem diese sich befinden (so wie bei dem Beispiel mit dem Schwarzen Loch, das ein Universum enthalten könnte). Es könnte sich um einen inflationär wachsenden Raum handeln, in dem Blasen entstehen, die das gemächliche Wachstum (Hubble-Expansion) unseres Raums vollführen, und der Übergang von der inflationären zur Hubble-Expansion war der eigentliche Urknall. Für die Hypothese einer kosmologischen Inflation gibt es sogar gute Gründe, sie würde erklären, warum in der Hintergrundstrahlung Orte im Temperaturgleichgewicht sind, die niemals haben Strahlung austauschen können. Und wo überhaupt die Strahlung und Materie im Universum herkommen. Ob diese Inflation aber nur unser Universum betraf und vollständig endete, oder ein ganzes Multiversum geschaffen hat, ist nicht belegt (auch nicht, ob sie wirklich stattgefunden hat, aber man arbeitet daran).

    Eine Unterscheidung zwischen den beiden Möglichkeiten ist derzeit nicht möglich. Ein Draußen ist physikalisch nicht existent, es gibt kein Experiment, das irgendetwas über den Raum außerhalb in Erfahrung bringen könnte, bzw. ob es diesen überhaupt gibt. Bestenfalls kann eine anhand von Messungen (z.B. der Polarisation der Hitnergrundstrahlung) belegte Theorie der Inflation verlangen, dass diese beispielseise ewig anhalten muss und nur lokal enden kann, dann wäre es praktisch zwangsläufig, dass es viele (unendlich viele?) Universen gibt, die als Blasen im inflationär wachsenden Raum entstanden sind. Vielleicht ist eine davon zu Beginn mit unserem Universum kollidiert, und wir finden darauf Hinweise in der Hintergrundstrahlung, was ein Beleg für ein Multiversum wäre. Vielleicht auch nicht, was dann dennoch kein Gegenbeleg wäre.

    Und wohin wächst dann dieser Raum? Gleiche Antwort wie für unser Universum: in sich und aus sich heraus. Nur etwas schneller. Unser Raum wächst um den Faktor 1+2,6*10^-18 pro Sekunde. Bei der Inflation (so sie denn statt fand) wuchs er alle 10^-35 s um den Faktor 2, also 2^(10^35) pro Sekunde. Diese Zahl ist unvorstellbar und kein Taschenrechner kann sie darstellen; sie wäre etwa 3*10^34 Ziffern lang. Wenn jede Ziffer drei Millimeter breit wäre, wäre sie hintereinander geschrieben 10 Trillionen Lichtjahre lang. Etwa das hundertttausendfache des Durchmessers des beobachtbaren Universums. Und wenn man sich nun noch vorstellt, dass diese Inflation vielleicht schon seit Urzeiten im Gange ist und nie endet, dann kann man nur feststellen: es ist genug Platz da oben.

    (ok, das war alles ziemlich spekulativ; über die tatsächliche Topologie des Universums und seine Größe kann man bisher nur spekulieren; sicher ist nur die Expansion und ihre Geschichte über die vergangenen 13,8 Milliarden Jahre)

  26. #26 Wolfgang Lafferthon
    Hamburg
    21. März 2015

    Sehr, sehr spannend, Alderamin … die Grenzen unseres Wissens werden hier von Dir ziemlich deutlich aufgezeigt. Gleichzeitig ist damit aber irgendwie auch klar, dass es uns Menschen wohl nie möglich sein wird die wahre Natur des Universums zu erfassen. Aber noch einmal vielen Dank für die ausführlichen und sehr interessanten Antworten. Wenn ich noch einmal auf diese Welt kommen sollte (die Idee der Wiedergeburt erinnert mich stark an das von Dir beschriebene “links raus rechts rein – Prinzip”) werde ich zu 100% Astrophysiker 🙂

  27. […] 16. März 2015: Wenn das Universum sich ausdehnt, warum kommt die Andromeda-Galaxie dann auf uns zu? […]