“Handystrahlung” ist ungesund und verursacht Krebs! Das zumindest denken viele Menschen und es gibt sogar wissenschaftliche Studien, die das belegen. Oder vielleicht doch nicht? Ist das, was aus den Handys kommt, wirklich so schlimm und ungesund? Eine gute Frage; eine interessante Frage – und im Jahr des Lichts auch eine passende Frage.
Denn die “Strahlung”, die aus dem Handy kommt, ist ja auch nichts anderes als Licht. Nur eben mit einer Wellenlänge, die unsere Augen nicht sehen können. Das allein wäre aber noch kein Grund, warum Handys harmlos sein müssen. Je nachdem, wie viel Energie im Licht steckt, kann es durchaus schädlich sein. Immerhin gehören ja auch Röntgenstrahlung und Gammastrahlung zum elektromagnetischen Spektrum und die sind definitiv schädlich und krebserregend, wenn der Körper ihnen zu lange ausgesetzt ist. Aber Handys funktionieren nicht mit energiereicher, kurzwelliger Röntgen-, Gamma- oder UV-Strahlung, sondern nutzen energiearme und langwellige Mikrowellen; die gleichen, die auch beim WLAN, Bluetooth oder den Fernsehsignalen zum Einsatz kommen. In den “Handystrahlen” steckt viel zu wenig Energie, um die Atome in unseren Körperzellen direkt zu schädigen.
Aber es könnte ja auch indirekt zu Auswirkungen kommen. Zum Beispiel über die Wärme die erzeugt wird und die dann Gehirntumore auslöst. Das zumindest ist das Resultat einer Studie schwedischer Forscher aus dem Vorjahr: Die intensive Nutzung von Mobiltelefonen erhöht die Chance, einen Gehirntumor zu bekommen, um bis zu 200 Prozent. Das klingt dramatisch und gefährlich. Aber es ist eine gute Gelegenheit, sich über Statistik und das Design medizinischer Studien Gedanken zu machen. Derek Muller vom Videoblog Veritasium hat das getan. Schaut euch das Video an, es ist wirklich sehenswert!
Das Hauptproblem an den Studien über Gehirntumore ist also, dass es eine vergleichsweise seltene Krankheit ist. Eine “Erhöhung der Wahrscheinlichkeit um 200 Prozent” klingt gefährlich. Wenn man aber weiß, dass im ersten Fall 3 von 100.000 Leuten erkrankt sind um zweiten Fall 9 von 100.000 Menschen, dann relativiert sich das ganze schon ein wenig. Und, wie im Video ja auch ausführlich erklärt worden ist, eine Studie die statistisch eindeutige Aussagen machen kann, lässt sich auch kaum vernünftig durchführen. Man müsste sehr, sehr, sehr viele Handynutzer über lange Zeit hinweg beobachten und dann eine gleich große Kontrollgruppe finden, die während des gleichen Zeitraums kein Handy benutzt hat. Das ist heutzutage kaum möglich. Und wenn man – wie in der Studie – nur Menschen beobachtet, die schon erkrankt sind, handelt man sich jede Menge methodische Schwierigkeiten, die es schwer bis unmöglich machen, die Ursache für den Tumor eindeutig auf die Handynutzung zurück zu führen.
Andere Ansätze die sich bemühen, trotzdem möglichst viele Leute in die Auswertung zu inkludieren, wie die im Video erwähnte Studie mit der gesamten dänischen Bevölkerung, zeigen keinen statistischen Zusammenhang. Und da mittlerweile schon sehr viele Menschen seit langer Zeit regelmäßig Handys nutzen, sollte im Laufe der Zeit die Zahl der Gehirntumore in der allgemeinen Bevölkerung generell gestiegen sein. Aber auch das ist nicht der Fall (eine detaillierte Besprechung findet ihr hier). Wenn es also tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Handynutzung und Gehirntumoren gibt, dann ist der entweder so gering, das er nicht weiter auffällt oder er wirkt sich nur auf sehr, sehr langen Zeitskalen aus.
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