Von 1. bis 20. April bin ich auf Reisen, halte Vorträge in der Pfalz und in Baden-Württemberg und mache auch ein wenig Urlaub. Für die Zeit meiner Abwesenheit habe ich eine Artikelserie über wissenschaftliche Paradoxien vorbereitet. Links zu allen Artikeln der Serie findet ihr hier.
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So ein Spiegel ist schon eine praktische Sache. Wenn man mal eben schnell sein Aussehen überprüfen will, dann leistet er gute Dienste. Aber wenn man ihn benutzen möchte, um zum Beispiel ein Buch zu lesen, dann wird es schwierig. Denn dann sieht man sehr deutlich, dass links und rechts vertauscht werden und nur unleserliche Spiegelschrift erscheint. Aber warum tut der Spiegel das? Wieso vertauscht er die Bilder entlang der vertikalen Achse, aber nicht auch entlang der horizontalen Achse? Wieso bleibt oben oben und unten unten – aber links und rechts nicht?
Das ist das Spiegelparadoxon und es ist gar nicht so einfach aufzulösen. Der Spiegel an sich trifft natürlich keine Entscheidung bezüglich irgendwelcher Reflexionsachsen. Er reflektiert einfach nur das auf ihn treffende Licht. Die Sache wird vielleicht ein klein wenig verständlicher, wenn man sich klar macht, dass der Spiegel eigentlich nicht rechts und links vertauscht, sondern vorne und hinten. Das Bild im Spiegel wurde nicht entlang der vertikalen Achse gedreht, sondern quasi von innen nach außen gestülpt. Stellt euch vor, ihr steht direkt vor einem Spiegel; so knapp, dass eure Nase das Glas berührt. Jetzt werdet ihr von hinten flach gedrückt; solange bis ihr nur noch eine zweidimensionale Ebene seid, die direkt auf dem Spiegel aufliegt. Und dann wird weiter gedrückt, durch das Glas des Spiegels hindurch, bis ihr wieder dreidimensional seid – nur jetzt eben hinter dem Spiegel (und mit der Nase auf der anderen Seite des Glas). Ein Bild im Spiegel wird also invertiert und nicht gedreht.
Beim Spiegelparadox spielt aber auch die Psychologie eine Rolle. Wir sind es gewohnt, aufrecht zu stehen und uns auch vor einem Spiegel nur entlang der vertikalen Achse zu drehen. Bis auf ein paar Artisten käme niemand auf die Idee, vor einem Spiegel eine Drehung um die horizontale Achse zu machen und einen Kopfstand auszuführen. Denn dann würde man sehen, dass oben und unten vertauscht sind. Da wir aber mit vertikalen Drehungen viel vertrauter sind, gehen wir davon aus, dass das Bild in einem Spiegel auch um diese Achse gedreht worden sein muss obwohl eigentlich gar nichts “gedreht” wurde.
Hört euch Richard Feynman an, der das ganze – wie üblich – sehr schön erklärt:
So – und ich gehe jetzt mal Kopfstand üben!
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