Von 1. bis 20. April bin ich auf Reisen, halte Vorträge in der Pfalz und in Baden-Württemberg und mache auch ein wenig Urlaub. Für die Zeit meiner Abwesenheit habe ich eine Artikelserie über wissenschaftliche Paradoxien vorbereitet. Links zu allen Artikeln der Serie findet ihr hier.
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Ich kann mich gut an meine ersten Ausflüge im Internet erinnern. Das war damals noch auf Pentium-I oder Pentium-II Computern (oder noch früheren Modellen). Die hatten Prozessoren mit 200 MHz und 8MB RAM-Speicher. Darauf lief Windows 95 (oder eines der anderen obskuren Betriebssysteme, die mittlerweile ausgestorben sind) und als Browser nutzte man Netscape 1.0 oder 2.0 (ich war damals sogar noch mit Mosaic im Internet). Und trotzdem: Wenn ich mich an die damalige Zeit (Ende der 1990er Jahre) erinnere, dann lief das eigentlich alles recht gut. Die Programme machten das, was sie sollten; die Internetseiten wurden genau so angezeigt, wie man sich das erwartet hatte und die Menschen arbeiteten mit den Computern, so wie sie das auch heute tun.
Nur dass die Computer heute alle VIEL leistungsfähiger sind. Jedes Handy kann heute mehr als die großen Rechner damals konnten. Überall stecken schnellere Prozessoren drin, es gibt schnelleren und mehr Speicher, schnellere Datenleitungen, und so weiter. Aber das, was sich am Ende auf dem Bildschirm abspielt, läuft immer noch so wie früher. Auch die besseren Computer und neuen Browser mit großer Datenleitung brauchen oft nervig lange, um Dateien durchs Netz zu schicken. Programme sind nicht dramatisch viel schneller als ihre Vorgänger. Alles ist besser, aber irgendwie auch nicht. Das ist Jevons’ Paradoxon, benannt nach dem Ökonomen William Stanley Jevons, der 1865 festgestellt hatte, dass sich der Verbrauch von Kohle in England nach der Entwicklung der Dampfmaschine von James Watt enorm gesteigert hatte und das, obwohl Watts Maschine sehr viel sparsamer und effektiver beim Verbrauch war.
Aber gerade weil das so war, wurden nun sehr viel mehr Dampfmaschinen genutzt und insgesamt brauchte man mehr Kohlen. Bei den Computern ist es genau so. Vor 20 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, Dateien mit mehreren Gigabyte Umfang durch die Gegend zu schicken. Wozu auch; es gab ja auch kaum etwas, was solche großen Dateien erzeugte bzw. nichts, was man damit anfangen konnte. Aber dank der besseren Computer wurden auch neue Anwendungen möglich. Jetzt sind sie schnell genug, um ganze Filme live durchs Internet zu schicken und dazu sind entsprechend große Datenmengen nötig. Würden wir heute immer noch die gleichen Anwendungen nutzen wie damals in den 1990er Jahren, aber dafür die aktuelle Technik benutzen, wäre wahrscheinlich wirklich alles megaschnell. Aber so wie bei den Kohlen hat die Effektivität der Computertechnik dafür gesorgt, dass am Ende alles immer noch so lange dauert wie früher.
Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, von der Elektronik wieder auf Dampfmaschinen umzusteigen – Steampunk wird ja sowieso immer populärer…
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