Wenn alles klappt, dann wird übermorgen, am 20. Mai 2015 um 16:45 eine Atlas-V-Rakete von Cape Canaveral starten und den kleinen Satelliten LightSail-1 ins Weltall bringen. Er wurde nicht von einer großen Raumfahrtorganisation gebaut, sondern von der privaten Planetary Society und soll das Konzept des “Sonnensegels” testen.

Ein “Sonnensegel” klingt vielleicht zuerst ein wenig seltsam. Was genau “segelt” da und wo kommt im Weltall der “Wind” für ein Segel her? Aber eigentlich ist das Konzept recht einfach: Ein Sonnensegel im Weltall funktioniert im Prinzip tatsächlich so wie das Segel eines Schiffs auf der Erde. Dort trifft der Wind auf die große Segelfläche und überträgt seine Bewegungsenergie auf das Boot, das dadurch vorwärts bewegt wird. Im Weltall gibt es natürlich keinen Wind, aber es gibt Licht! Das hat zwar keine Ruhemasse, aber es hat Energie und es hat einen Impuls. Und kann deswegen auch Energie auf ein “Segel” übertragen.

Dazu braucht man nur eine möglichst große und spiegelnde Fläche im Weltall aufspannen und vom Sonnenlicht beleuchten lassen. Das Licht wird daran reflektiert und überträgt dabei seinen Impuls auf das Segel (ich habe das früher schon mal hier erklärt). Selbstverständlich ist die Kraft, die so auf das Sonnensegel ausgeübt wird, nur gering – ansonsten würden ja ständig irgendwelche Dinge durch die Kraft des Sonnenlichts durch die Gegend geschoben werden…

Aber wenn das Segel sehr groß ist und das Raumfahrzeug, das es antreiben soll, entsprechend leicht, dann funktioniert das Konzept. Und es hat einen unschlagbaren Vorteil: Der Antrieb durch das Sonnenlicht ist immer vorhanden. Will man ein Raumfahrzeug auf konventionellem Weg steuern, braucht man dafür Treibstoff, denn man zuerst ins Weltall schaffen muss. Das ist aufwendig und teuer. Ein Sonnensegel dagegen wird durch das Sonnenlicht ständig beschleunigt und wenn man nur lange genug wartet, kann es durchaus sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen!

Es lohnt sich also, dieses Konzept zu testen. LightSail-1 ist nicht das erste Projekt dieser Art – 2010 hat die japanische Raumfahrtagentur JAXA beispielsweise ihre IKAROS-Mission durchgeführt – aber es ist die erste private Initiative, die ein Sonnensegel ins All schickt.

LightSail-1 ist vorerst aber nur ein Test für den Test. Die Atlas-V-Rakete wird den kleinen Satelliten nicht hoch genug ins All bringen, um tatsächlich “segeln” zu können. Dazu muss man die Reste der Erdatmosphäre hinter sich lassen, die auch in ein paar hundert Kilometer Höhe die Bewegung eines Raumfahrzeugs noch beeinflussen sollen. Bei diesem ersten Versuch geht es aber nur darum zu testen, ob die Technik des Satelliten funktioniert. LightSail-1 ist ein sogenannter “CubeSat”, also einer der kleinen Mini-Satelliten, die aus standardisierten 10 Zentimeter großen Würfeln zusammengesetzt werden. Für das Sonnensegel hat man drei dieser Würfel verwendet; das ganze Raumfahrzeug ist also nur 30 Zentimeter lang und 10 Zentimeter breit bzw. hoch!

Ingenieurin Barbara Plante und der Mini-Satellit (Bild: Loren Roberts / The Planetary Society, CC-BY-NC 3.0)

Ingenieurin Barbara Plante und der Mini-Satellit (Bild: Loren Roberts / The Planetary Society, CC-BY-NC 3.0)

Trotzdem enthält es ausreichend Mylar-Folie, um sie zu einem 32 Quadratmeter großen Segel entfalten zu können! Das ist möglich, weil die Folie nur 4,5 Mikrometer dick ist und so auch in diesem Mini-Satelliten Platz findet. Beim Start am Mittwoch soll nun getestet werden, ob die Entfaltung des Segels auch in der Realität funktioniert. Wenn alles nach Plan verläuft, dann soll 2016 der nächste LightSail-Satellit ins All fliegen und diesmal dann auch tatsächlich segeln. Man hat vor dem Start zwar schon einige Software-Probleme entdeckt (im Podcast der Planetary Society gibts Details dazu), die aber wohl nicht so gravierend sind, um diesen ersten Test grundlegend zu stören. Hoffen wir also, dass nicht noch mehr Probleme auftreten und alles gut verläuft.

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Kommentare (21)

  1. #1 Grant
    18. Mai 2015

    Da war ja “Star Wars” einmal mehr Science als Fiction 🙂 Ich glaube in Episode 2 war es, wo Count Dooku in einen dieser Solarsegler zu sehen war:

    https://www.jedipedia.de/wiki/Punworcca_116-Klasse_Interstellare_Raumjacht?file=Punworcca_Coruscant.jpg

    Aber hier stimmt das Größenverhältnis zwischen Raumschiff und Sonnensegel sicherlich hinten und vorne nicht.

  2. #2 bruno
    18. Mai 2015

    Im Weltall gibt es natürlich keinen Wind

    Wieso? Heisst doch Sonnenwind

    Vielleicht magst du ja mal was über diese “CubeSats” schreiben?

  3. #3 Captain E.
    18. Mai 2015

    Wenn ich mich recht erinnere, hat er allerdings einen Interstellarflug durchgeführt. Ich schätze, der gute Dooku muss mit etwas kräftigerem als Licht gesegelt sein, also doch mehr Fiction als Science.

  4. #4 Karsten
    Duisburg
    18. Mai 2015

    Ich möchte kurz an Deep Space Nine erinnern, als der Sisko mit seinem Sohn mit einem Solarsegler geflogen ist und dabei auf überlichtschnelle Tachyonen getroffen sind. Damit wurden die EXTREM beschleunigt! 🙂

    Daran muss ich zumindestens die ganze Zeit denken, wenn ich diese Geschichte oben lese. ^^

  5. #5 Roland
    18. Mai 2015

    #4: Das war diese Folge: https://de.memory-alpha.org/wiki/Die_Erforscher
    Funktioniert das mit Solarsegeln eigentlich nur “vor dem Wind”, oder ist auch der Tragflächeneffekt (https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamischer_Auftrieb) nutzbar?

  6. #6 Grant
    18. Mai 2015

    @Captain E.
    Ich habe es so in Erinnerung, dass er aus einem Interstellarflug kam und danach die Segel aufgespannt hat.

    Wie auch immer, die Idee eines Segels hat was und vielleicht lässt sich dies in Zukunft noch mit ultraleichten Solarzellen erweitern.

    Was mir noch nicht klar ist (das Video habe ich jetzt allerdings noch nicht geschaut), in welche Richtung kann denn gesegelt werden? Nur von der Sonne weg oder auch z.B. parallel zur Sonne?

  7. #7 Thomas N.
    18. Mai 2015

    Ich denke man könnte nicht nur von der Sonne weg segeln, sondern in Kombination mit Swing-by Manövern an Planeten an beliebige Orte innerhalb der Planetenbahnen hin und herfliegen, und das alles ohne Treibstoff.

  8. #8 Ingo
    18. Mai 2015

    Frage:
    Was ist mit dem Sonnenwind.
    Dieser besteht meines Wissens aus “klassischen Partikeln” (Ionen etc) die natuerlich auch einen Impuls haben.
    Ist dieser “klassische Impuls” nicht viel hoher als der Druck der durch das Licht an sich ausgeuebt wird?

  9. #9 Pilot Pirx
    18. Mai 2015

    Da sollte doch vor langer Zeit mal so eine “Regatta” zum Mond stattfinden. Ist wohl nix geworden.
    Aber was mich interessiert…
    In den 70ern hab ich mal gelesen man denke darüber nach,
    die der Sonne zugewandte Seite des Segels mit einem passenden Alphastrahler zu beschichten.
    Es würde zusätzlichen Antrieb verleihen.
    klar, damals konnte man an die heutigen Folien und möglichen Flächen kaum denken. Aber hätte sowas Sinn? Prinzipiell vorstellbar wäre es ja.

  10. #10 Till
    18. Mai 2015

    @Grant: Was mir noch nicht klar ist (das Video habe ich jetzt allerdings noch nicht geschaut), in welche Richtung kann denn gesegelt werden? Nur von der Sonne weg oder auch z.B. parallel zur Sonne?

    Mit einem reflektierenden Segel sollte es prinzipiell auch möglich sein, eine Kraftkomponente Parallel zur Sonne zu erzeugen, indem man den Spiegel nicht direkt auf die Sonne zeigt, sondern zur Seite neigt. Da die Photonen dann seitwärts reflektiert werden, sollte auf das Segel auch eine Kraft (entgegengesetzt) seitwärts wirken. Wenn man dann das Segel geschickt orientiert, kann man die Raumsonde verlangsamen/beschleunigen und so auch ohne swing-by Manöver beliebige Orbits um die Sonne einnehmen.

    Was (im Gegensatz zum Segeln mit einer Yacht auf der Erde) nicht geht, ist direkt in Richtung der Sonne zu beschleunigen, dafür bräuchte man das Raumfahrzeugäquivalent eines Kiels und das dürfte schwierig sein… Aber wie gesagt, man kann der Sonne trotzdem näher kommen, einfach indem man die Orbitalgeschwindigkeit abbremst, den Rest erledigt dann die Gravitation.

  11. #11 Grant
    18. Mai 2015

    Danke Till für Deine Antwort. Ja, so hätte ich es mir auch ungefähr vorgestellt. Ist dann halt die Frage, ob man damit tatsächlich “die Kurve” kriegt. Aber mit der Graviation der Sonne könnte es ja klappen, daran hatte ich gar nicht gedacht.

    Da muss der Segelmatrose nur aufpassen, dass er der Sonne nicht zu nahe kommt. Bzgl. Gravitationskraft vs. Sonnenwindskraft…

  12. #13 fehlfarbe
    Dresden
    18. Mai 2015

    Coole Sache! Ich weiß noch, dass ich vor ein paar Jahren, als ich im Dorf gewohnt und dunklen Himmel hatte, den [Nanosail D2][1] mit meinem 8″ Newton beobachten konnte.

    [1]: https://en.wikipedia.org/wiki/NanoSail-D2

  13. #14 Kosta(s)
    18. Mai 2015

    Wenn ich Scifi mal aufgreifen darf:
    Also ich habe bei Star Trek gesehen wie Sisko mit Sohnemann einen Segelflug machen wollte.

    Könnte man nicht mit einem Laser das ganze etwas mehr Pepp geben?

  14. #15 Captain E.
    19. Mai 2015

    Könnte man wohl – bei Larry Niven (Der Splitter im Auge Gottes) hat es zumindest geklappt. Die Aliens bei Michael McCollum (Die Segel von Tau Ceti) sind sogar auf der Schockwelle ihrer explodierenden Sonne geflogen.

    Im echten Leben dürfte es allerdings an der nötigen Energie scheitern.

  15. #16 Thorsten
    19. Mai 2015

    Wie hält man das Segel zur Sonne ausgerichtet? Bereits geringste Asymmetrien erzeugen ja ein Drehmoment, welches mit der Zeit das Segel aus dem Sonnenwind drehen?
    Eine Frage, die ich mir bereits bei Philae gestellt habe, wie der mit den Füssen voran landen (resp. hüpfen) konnte.

  16. #17 Tomtom
    19. Mai 2015

    Wenn ich es richtig verstehe sind die Cubesats ja so der Standard für private / universitäre Kleinstsatelliten. Die schweben bis jetzt nur so umher, da sie keinen chemischen Antrieb haben (dürfen) und auch keinen Platz für Sprit haben.

    Wenn hier ein neuer “Out-of-the-box” Standard für Sonnensegel geschaffen wird, der zuverlässig und erprobt ist, und den man im Cubesat Onlineshop einfach in den Einkaufswagen legen kann, dann ist das ein mächtiger Schritt! Achtung, Planeten: Die Cubesats kommen!

  17. #18 ZeT
    20. Mai 2015

    @Till
    Nein, es ist nicht möglich direkt gegen den Wind zu segeln. Man muss immer kreuzen, sonst geht nix voran. 😉
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzen_%28Segeln%29

    Das Problem um gegen die Sonne zu segeln wurde hier imho schon erwähnt. Da anders als das Wasser das All keinen Widerstand bietet, würde doch theoretisch der Sonnenwind das Schiff weg drücken.

  18. #19 Alderamin
    20. Mai 2015

    @ZeT

    Das Problem um gegen die Sonne zu segeln wurde hier imho schon erwähnt.

    Da gibt’s m.A.n. kein Problem. Man ist ja immer in einem Orbit und schwebt nicht direkt von einem Punkt zum anderen. Wenn man weiter weg von der Sonne will, muss man sein Segel aufspannen, wenn es gerade weg von der Sonne geht, dann wird man schneller. Wenn man näher ran an die Sonne will, dann spannt man sein Segel auf, wenn es auf die Sonne zugeht, dann wird man langsamer. Wie beim Ionenantireb spiralt man sich dem Ziel entgegen. Man kann halt nur nicht auf dem ausgehenden Ast langsamer oder auf dem eingehenden schneller werden.

    Sich von einem Planeten einfangen lassen, ist natürlich nicht ganz einfach, da müsste man dann geschickt das 3-Körper-Problem ausnutzen, und genau mit der richtigen Geschwindigkeit an der richtigen Stelle vorbeifliegen, um im Flyby so viel Energie zu verlieren, dass man vom Planeten eingefangen wird. Ich weiß nicht genau, wie das geht, aber da Planeten auch schon mal Asteroiden als Monde eingefangen haben, muss das irgendwie auch ohne extra Abbremsen möglich sein (Florian schrieb, glaube ich, schon mal was über einen solchen Einfang).

  19. #20 kagrra
    Osnabrück
    20. Mai 2015

    @ GRANT

    Man kann auch gegen die Sonne segeln, in dem man das segel entsprechend verstellt.

    Das sagte Harald Lesch in seiner 192. Alpha Centaury Sendung.

  20. […] zwei Wochen habe ich über den Start von LightSail-1 berichtet. Dabei handelt es sich um einen kleinen Satelliten der von der privaten Planetary Society […]