1606 kehrte Marius wieder zurück nach Deutschland und lebte in Ansbach, wo er seinen Job als Hofmathematiker wieder aufnahm. Er war aber kein Mathematiker im heutigen Sinn; im wesentlichen nahm er am Fürstenhof die Rolle eines Astrologen ein, der regelmäßig Prognosen über die Zukunft anstellen sollte. Dazu waren aber umfassende mathematische Kenntnisse nötig, denn im Gegensatz zu heute gab es damals keine Computerprogramme, die den Astrologen die händische Berechnung der Planetenpositionen abnehmen konnte. Wer Astrologe werden wollte, musste sich zwangsläufig auch sehr intensiv und genau mit der Mathematik beschäftigen.
Im Jahr 1609 änderte sich die astronomische Forschung dann aber fundamental. Denn da stand den Astronomen das erste Mal in der Geschichte ein Instrument zur Verfügung mit dem sie mehr sehen konnten als mit ihren eigenen Augen. In all den Jahrhunderten und Jahrtausenden davor blieb ihnen nichts anderes übrig, als selbst in der Nacht zum Himmel zu blicken und das aufzuschreiben, was sie dort sahen. Natürlich gab es auch damals schon Hilfsmittel, mit denen sie zum Beispiel Positionen von Sternen und Planeten messen konnten. Aber sie konnten eben nur das messen, was ihre eigenen Augen sehen konnte. Und das Auge ist ein sehr kleines optisches Instrument und kann nur eine geringe Menge an Licht sammeln. Dann aber wurde in den Niederlanden das Teleskop erfunden! Es war, ganz vereinfach gesagt, ein künstliches und vor allem größeres Auge. Ein Auge, das mehr sehen konnte und den Astronomen all das zeigte, was sie bisher verpasst hatten.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es aber kaum jemanden, der damit auch tatsächlich den Himmel beobachtete. Galileo Galilei gilt heute als der erste Wissenschaftler, der das Teleskop zur astronomischen Forschung einsetzte und seine Entdeckungen aus dem Jahr 1609 demonstrieren eindrucksvoll, wie mächtig dieses neue Instrument war. Galilei beobachtete zum Beispiel das erste Mal die Phasen der Venus. So wie beim Mond ist von der Erde aus gesehen auch die Venus nicht immer voll von der Sonne beleuchtet. So wie wir einen Vollmond beobachten können, können wir auch eine Vollvenus beobachten. Oder eine Halbvenus. Allerdings nicht mit unseren Augen alleine, denn dafür sind sie nicht leistungsstark genug. Die Phasen der Venus zu beobachten war aber enorm wichtig, denn die Abfolge dieser Phasen ändert sich, je nachdem ob man davon ausgeht, dass sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde dreht! Und Galileos Beobachtungen wiesen stark darauf hin, dass es eben tatsächlich die Erde ist, die sich um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt.
Galileo entdeckte auch die vier großen Monde des Jupiters, ein weiterer Hinweis darauf, dass die Erde nicht das Zentrum des Universums ist. Denn diese Monde bewegten sich eindeutig NICHT um die Erde, sondern um den Jupiter. Und wenn diese Monde das nicht tun, dann bewegen sich vielleicht auch die anderen Himmelskörper nicht um die Erde. Galileos Beobachtungen leiteten die wissenschaftliche Revolution ein, die am Ende in unserem modernen, heliozentrischen Weltbild mündeten. Aber er war damals nicht der einzige, der mit einem Teleskop zum Himmel blickte.
Auch Marius hatte eines dieser damals neuen Geräte zur Verfügung und nutzte es für astronomische Forschung. Und auch Marius beobachtete den Jupiter. In seinem Buch “Mundus Jovialis”, das im Jahr 1614 erschien, verkündete er, selbst die Monde des Jupiters entdeckt zu haben und zwar am 29. Dezember 1609. Als Galileo Galilei davon erfuhr, war er ein wenig verärgert. Er hatte die Monde des Jupiters am 7. Januar 1610 enteckt und Marius wäre demnach der erste gewesen. Galilei vermutete, dass Marius seine Beobachtungen einfach gestohlen und unter seinem Namen mit einem früheren Datum versehen veröffentlicht hatte, um als eigentlicher Entdecker zu gelten. Diese Vermutung war nicht ganz aus der Luft gegriffen, denn schon früher hatte ein Schüler von Marius eine Arbeit von Galilei unter seinem eigenen Namen veröffentlicht und es war unklar, ob Marius damals davon wusste oder nicht.
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