In der Korona der Sonne aber offensichtlich schon. Heute weiß man, dass es dort einige Millionen Grad heiß ist! Im Vergleich zur Temperatur der Photosphäre, als dem Bereich, den wir normalerweise die Sonnenoberfläche nennen, und die nur knapp 6000 Grad beträgt ist das extrem heiß. Aber man darf den Begriff “Temperatur” in diesem Zusammenhang auch nicht falsch verstehen. Die Korona ist ja trotz allem fast ein Vakuum, dort ist also nichts, was im klassischen Sinne heiß sein könnte. Die Temperatur bezieht sich hier auf die Bewegung der Teilchen: Je heißer es ist, desto schneller können sie sich bewegen und die Geschwindigkeit in der Korona entspricht eben Temperaturen von einigen Millionen Grad. Und diese hohen Werte können auch nur deswegen erreicht werden, weil die Dichte dort so gering ist. Nur darum haben die Teilchen Platz, um sich zu bewegen. Wären sie dichter gepackt, würde sie viel öfter miteinander wechselwirken und dabei die Energie abgeben, so lange bis sich ein Temperaturgleichgewicht bei wesentlich niedrigeren Werten eingestellt hat.
Aber warum es in der Korona so heiß ist, gehört zu den großen offenen Fragen der Astronomie. Es gibt da viele mögliche Erklärungsansätze. Vielleicht sind Plasmawellen dafür verantwortlich: In einem normalen Gas wie der Luft können sich Schallwellen ausbreiten und dabei Energie übertragen. Das ist auch in einem Plasma möglich, nur das hier noch diverse elektromagnetische Effekte eine Rolle spiele. Es gibt in einem Plasma zum Beispiel Magneto-akustische Wellen, also Schallwellen, die von der magnetischen Feldern beeinflusst worden sind oder auch die nach dem Astronom Hannes Alfvén benannten Alfvén-Wellen, bei der geladenen Teilchen des Plasmas von Magnetfeldern zum Schwingen angeregt werden. Die Oberfläche der Sonne brodelt ja ständig vor sich hin, andauernd steigt heißes Plasma aus dem Inneren nach oben und kälteres Plasma sinkt wieder ab – und diese turbulenten Vorgänge können magneto-akustische oder Alfvén-Wellen anregen und so Energie von der Photosphäre nach außen in die Korona übertragen. Theoretisch zumindest, denn im Detail gibt es mit dieser Beschreibung noch jede Menge Probleme und nicht alles, was diese Hypothese der Aufheizung durch Schallwellen vorhersagt, kann auch durch Beobachtungen bestätigt werden.
Gleiches gilt für andere Hypothesen, bei denen die Energie zum Beispiel durch – vereinfacht gesagt – elektrische Kurzschlüsse übertragen wird. Die finden ja ebenfalls ständig statt, wenn die geladene Materie des Sonnenplasmas sich bewegt und dadurch die Magentfeldlinien verdreht, bis es irgendwann zu einem Kurzschluss und einer Entladung kommt. Das sind dann die Sonnenstürme, Protuberanzen und koronalen Massenauswürfe, die ich in Folge 10 der Sternengeschichten genauer erklärt habe und bei denen große Menge an Sonnenmaterie hinaus ins All geschleudert werden.
Es wird noch ein wenig dauern, bis wir die Korona verstanden haben. Es ist auch schwer, wirklich gute Daten zu bekommen. Die Sonne mit Raumsonden aus der Nähe zu untersuchen ist ein gefährliches Vorhaben. Die meisten Messinstrumente betrachten sie daher meistens aus großer aber sicherer Entfernung. Aber im nächsten Jahrzehnt soll sich die Sonde SolarProbe+ auf den Weg zu unserem Stern machen und sich ihm bis auf knapp 6 Millionen Kilometer, also nur 8 Sonnenradien Abstand nähern. Damit würde sie sich innerhalb der erweiterten Korona befinden und könnte direkt vor Ort Daten sammeln. Und dann wissen wir vielleicht auch endlich, was es mit der Krone der Sonne wirklich auf sich hat…
Kommentare (1)