Der Juni ist schnell vergangen und wegen der vielen Reisen zu Vorträgen und jeder Menge anderer Arbeit bin ich nur wenig zum Lesen gekommen. Ein paar Bücher habe ich dann aber doch geschafft, und die möchte ich euch so wie jeden Monat auch diesmal wieder vorstellen. Diesmal sind kaum Sachbücher dabei, dafür aber jede Menge spannende Krimis und Science-Fiction-Bücher
Historische Mathematik-Krimis von Catherine Shaw
Ich dachte ja eigentlich, ich hätte meine Krimi-Phase schon im März und April abgeschlossen. Aber nachdem ich das großartige Science-Fiction-Buch “The Three-Body-Problem” gelesen habe, habe ich mich noch ein wenig umgesehen, ob dieses Thema auch noch anderswo in der Literatur behandelt wurde. Und bin dabei auf den Krimi “The Three Body Problem” von Catherine Shaw gestoßen.
Es handelt sich um einen historischen Roman, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts spielt. Also genau in der Zeit, in der das berühmte mathematische Dreikörperproblem im Rahmen eines vom schwedischen König ausgerufenen Wettbewerbs gelöst werden sollte. Der Krimi von Shaw spielt im Cambridge der damaligen Zeit, also dem Ort, an dem im 17. Jahrhundert Isaac Newton die Grundlagen für das Verständnis der Bewegung der Himmelskörper gelegt hat. Wie das in Krimis so ist, beginnt alles mit einer Leiche: Ein Mathematiker ist umgebracht worden und er soll sich vor seinem Tod mit dem Dreikörperproblem beschäftigt haben. Tatzeuge und Verdächtiger ist ein anderer Mathematiker; der Nachbar der Lehrerin Vanessa Duncan. Auch sie interessiert sich für Mathematik und kommt über eine ihrer begabten Schülerinnen in Kontakt mit der akademischen Mathematikerszene von Cambridge. Und wird ungewollt zur Detektivin im Fall des Dreikörper-Problems. Denn – und wie sollte das bei diesem Titel anders sein! – es bleibt nicht bei einer Leiche. Es folgen zwei weitere Mathematiker und Vanessas Nachbar wird als Hauptverdächtiger verhaftet. Dumm nur, dass sich die beiden davor ineinander verliebt haben. Jetzt muss Vanessa alles daran setzen, seine Unschuld zu beweisen. Das – und das ist kein großer Spoiler – schafft sie natürlich und lernt unterwegs nicht nur jede Menge über das Dreikörperproblem, sondern auch den schwedischen König und den berühmten Mathematiker Gösta Mittag-Leffler kennen.
Der Krimi ist erfrischend intelligent und schreckt nicht davor zurück, auch ein paar mathematische Details zu erklären. Das Buch bleibt aber trotzdem immer verständlich und immer spannend. Die Mathematik und die Mathematiker sind alle sehr authentisch und korrekt dargestellt und das ist kein Wunder. “Catherine Shaw” ist das Pseudonym der realen Mathematikern Leila Schneps, die natürlich weiß, worüber sie schreibt.
Weil mir das Buch so gut gefallen hat, habe ich mir auch gleich die nächsten Bände aus der Serie besorgt. In “Flowers Stained with Moonlight” muss Vanessa einen weiteren Mordfall aufklären. Die Mathematik ist diesmal nicht mehr direkt involviert, aber der berühmte “Letzte Satz von Fermat” spielt eine wichtige Nebenrolle. Auch in diesem Buch lernt man neben der Mathematik viel über das Leben der damaligen Zeit und ganz besonders viel über die Rolle der Frau im England zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und all die Probleme, die die rigiden Moralvorstellungen damals verursacht haben.
In Teil 3 der Serie, “The Library Paradox”, ist Vanessa mittlerweile hauptberuflich als Privatermittlerin tätig und wird von Londoner Universitätsprofessoren beauftragt, einen seltsamen Mordfall aufzuklären. Ein Historiker wurde in einer Bibliothek ermordet, obwohl logisch einwandfrei nachgewiesen werden kann, dass er zur Tatzeit dort alleine gewesen sein muss. Die Mathematik taucht hier in Form des berühmten Russellschen Paradox auf – aber eigentlich geht es um Antisemitismus, das Judentum in England und die Dreyfus-Affäre.
Im vierten Teil, “The Riddle of the River”, wird es dann schließlich zur Abwechslung physikalisch. Das Mordopfer ist diesmal eine Schauspielerin und der Fall scheint seltsame Verbindungen zu einem Professor für Experimentalphysik, dem Verständnis elektromagnetischer Wellen und der Suche nach dem “Äther” aufzuweisen. Neben Guglielmo Marconi, dem Erfinder der drahtlosen Telegrafie taucht auch der Physiker Oliver Lodge auf, der nicht nur als Radiopionier bekannt wurde, sondern auch für seinen Versuch, Geister und die Kommunikation mit Verstorbenen als elektromagnetische Phänomene zu erklären.
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