Ich könnte meine Rubrik “Schlechte Schlagzeilen” ja eigentlich auch “Schlechte Schlagzeilen bei Focus Online” nennen. Ein Großteil der Artikel die ich in dieser Serie bespreche stammt jedenfalls aus dieser Online-Zeitung. Am Montag Abend wurde dort ein Beitrag veröffentlicht, den man kaum mehr übertreffen kann. Die Schlagzeile lautet “Millionen schwarze Löcher! Forscher entdecken große Gefahr für die Menschheit” (WebCite).
Es geht dabei um eine wissenschaftliche Arbeit die im Rahmen des National Astronomy Meetings in Großbritannien präsentiert worden ist. George Lansbury von der Durham Universität und seine Kollegen haben supermassereiche schwarze Löcher in den Zentren fremder Galaxien untersucht. Die findet man in jeder großen Galaxie und ihre Untersuchung verrät uns vieles über die Entstehung und Entwicklung dieser Sternensysteme.
In den Zentren von Galaxien findet man aber nicht nur schwarze Löcher, sondern oft auch jede Menge Gas und Staub. Das macht die Beobachtung der schwarzen Löcher schwierig. Wir können sie ja nicht direkt sehen, sondern nur aufgrund der Strahlung, die in ihrer Nähe entsteht. Das Material in ihrer Umgebung bildet eine Scheibe um das Loch, bevor es hineinfällt. In dieser Scheibe heizt es sich stark auf und gibt Strahlung ab, die man beobachten kann. Allerdings nur, wenn diese Strahlung nicht durch zu viel Gas und Staub blockiert wird. Genau das ist aber oft der Fall.
Lansbury und seine Kollegen haben nun das Röntgen-Weltraumteleskop NuSTAR benutzt, um durch den Staub hindurch zu sehen. Röntgenstrahlung wird in der Umgebung schwarzer Löcher ebenfalls in großen Mengen produziert und lässt sich nicht so leicht blockieren. Die Astronomen haben neun Galaxien beobachtet in denen sie verborgene schwarze Löcher vermutet haben und konnten in fünf davon die Röntgenstrahlung der supermassereichen schwarzen Löcher nachweisen.
Das ist ein schönes Ergebnis; solche Beobachtungen waren früher nicht möglich weil die bisherigen Satelliten und Weltraumteleskope nicht in der Lage waren, Röntgenstrahlung mit ausreichend hoher Energie zu registrieren. Das gelang nun erst mit NuSTAR. Man wusste zwar, dass hinter dem Staub irgendwo supermassereiche schwarze Löcher sitzen müssen, konnte sie aber nicht beobachten. Mit den neuen Daten kann man nun herausfinden, wieso manche schwarze Löcher sich in Staub hüllen und manche nicht. Und natürlich auch noch jede Menge andere Sachen anstellen.
Und wo ist hier nun die “große Gefahr für die Menschheit”? Keine Ahnung, die muss sich Focus Online einfach ausgedacht haben. In der Pressemitteilung ist dazu jedenfalls nichts zu finden. Das wäre auch ziemlich absurd, denn es geht hier um schwarze Löcher in anderen Galaxien. Die können uns nichts tun; die sind Millionen Lichtjahre weit entfernt! Apropos Millionen: Auch die Sache mit den “Millionen schwarze Löcher” ist in dem Zusammenhang Unsinn. Die Forscher haben, wie schon oben gesagt, fünf schwarze Löcher beobachtet. Und daraus dann extrapoliert, dass es noch viel, viel mehr von Staub verborgene Löcher geben muss. Was man aber auch schon vorher wusste, wie Lansbury in der Pressemitteilung extra sagt:
“Auch wenn wir nur fünf dieser versteckten supermassereichen schwarzen Löcher detektiert haben, können wir die Ergebnisse für das gesamte Universum extrapolieren und die so vorhergesagte Anzahl ist enorm und in Übereinstimmung mit dem, was wir erwartet haben.”
(“Although we have only detected five of these hidden supermassive black holes, when we extrapolate our results across the whole Universe then the predicted numbers are huge and in agreement with what we would expect to see.”)
Der Artikel bei Focus Online ist so absurd, dass ich gar nicht weiß, was ich damit anfangen soll. Besonders der letzte Absatz dort:
“Würde sich ein schwarzes Loch in die Nähe unseres Sonnensystems bewegen, würde das weitreichende Konsequenzen für das Leben auf der Erde haben. Die enorme Anziehungskraft eines schwarzen Lochs könnte unseren Planeten aus seiner Bahn werfen und den Abstand zur Sonne erheblich beeinflussen. Brennend heiße Sommer und eiszeitähnliche Winter würden das Leben enorm erschweren. ”
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