Vor wenig mehr als einem Jahr hat Raumsonde Rosetta den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erreicht. Seitdem begleitet sie den Himmelskörper auf seinem Weg um die Sonne und beide haben heute, am 13. August 2015, um 4:03 MESZ einen ganz besonderen Punkt erreicht: Das Perihel also den Punkt der Bahn, der der Sonne am nächsten liegt. Im Vergleich mit anderen Kometen die der Sonne so enorm nahe kommen das sie dabei zerstört werden hält Tschurjumow-Gerasimenko allerdings einen ausreichend großen Sicherheitsabstand. Er hat sich nur auf 185 Millionen Kilometer angenähert und war damit weiter von der Sonne entfernt als es die Erde ist (deren mittlerer Abstand zur Sonne ca. 150 Millionen Kilometer beträgt). Trotzdem ist es ein wichtiger und vor allem interessanter Zeitpunkt für den Kometen und die Wissenschaftler, die ihn erforschen. Da es keine Atmosphäre gibt, über die sich die Wärme verteilen bzw. die das Licht reflektieren kann, wird es auf dem Kometen durchaus recht heiß werden: Bis zu 80 Grad Celsius hat es an den wärmsten Stellen. Das sorgt natürlich auch dafür, dass Tschurjumow-Gerasimenko in dieser Zeit der Annäherung besonders aktiv ist, also besonders viel seines Eises in Form von Gas ins All entkommt und dabei Staub und Gestein mit sich reißt.
Diese Aktivität ist eines der Phänomene, das die Wissenschaftler erforschen wollen und weswegen man sich mit Rosetta überhaupt so lange beim Kometen aufgehalten hat. Der viele Staub macht die Mission aber auch schwierig, denn die Sensoren, mit denen sich Rosetta orientiert, werden dadurch gestört. Normalerweise beobachtet eine Kamera die Sterne und bestimmt aus den Mustern ihre Position. Wenn da aber alles voll mit Staub ist, bringt das die Sensoren durcheinander und sie wissen nicht mehr, was Stern ist und was Staubkorn. Damit Rosetta nicht die Orientierung verliert und sich sicherheitshalber selbst abschaltet (was in der Vergangenheit schon einmal passiert ist), hält die Raumsonde derzeit einen Abstand von 300 Kilometern zum Kometen.
Daten werden aber natürlich weiterhin gesammelt – genau so wie in den letzten Monaten. Die Europäische Weltraumagentur ESA ist zwar mit ihren Daten nicht so freigiebig wie es sich manche wünschen, aber wissenschaftliche Arbeiten sind in der Vergangenheit natürlich trotzdem schon veröffentlicht und ein paar davon sogar frei verfügbar. Manche direkt von Rosetta-Forschern; manche von anderen Astronomen, die sich trotzdem mit dem Kometen beschäftigt haben. Ich möchte sie hier kurz zusammen fassen (und da ich nicht weiß, ob ich wirklich alle frei verfügbaren Artikel gefunden habe, würde ich mich über Hinweise freuen, falls ich etwas übersehen habe):
- “The rotation state of 67P/Churyumov-Gerasimenko from approach observations with the OSIRIS cameras on Rosetta” (September 2014): In dieser Arbeit wurden Daten ausgewertet, die schon während des Anflugs auf den Kometen gesammelt worden sind. Man hat untersucht, wie sich die Rotation des Himmelskörpers im Laufe der Zeit verändert. Bevor der Komet im Jahr 2009 das letzte Mal sein Perihel erreicht hatte, rotierte er mit einer Geschwindigkeit von 12,76 Stunden um seine Achse; nach dem Perihel waren es 12,4 Stunden. Es wird jetzt natürlich interessant zu beobachten, wie sich der aktuelle Perihel-Durchgang auf die Rotationsgeschwindigkeit auswirkt.
- “Orbital elements of the material surrounding comet 67P/Churyumov-Gerasimenko” (April 2015): Als Himmelsmechaniker finde ich diese Arbeit natürlich besonders interessant. Die Wissenschaftler haben sich Staubkörner in der Koma des Kometen extrem genau angesehen und probiert, deren Umlaufbahnen zu bestimmen. Das ist natürlich nicht so ganz einfach; vor allem weil man dazu auch wirklich genau Daten braucht. Aber immerhin hat man vier Staubkörner untersuchen und bei dreien eine zumindest annähernde Bahn bestimmen können. Sie befanden sich in einem elliptischen Orbit um den Kometenkern; waren also an 67P gebunden. Es kann aber auch durchaus sein, dass diese Teilchen irgendwann auf hyperbolischen Bahnen den Kometen verlassen. Untersuchungen dieser Art sind relevant, wenn man verstehen will, wie ein Komet seinen Staub im Sonnensystem verteilt (und beispielsweise Sternschnuppenschauer verursacht).
- “Spectrophotometric properties of the nucleus of comet 67P/Churyumov-Gerasimenko from the OSIRIS instrument onboard the ROSETTA spacecraft” (Mai 2015): In dieser Arbeit wurden dann schon Beobachtungen ausgewertet, die aus der unmittelbaren Nähe beim Kometen gemacht worden sind. Mit den Kameras von Rosetta hat man den Himmelskörper in verschiedenen Filtern beobachtet und aus der unterschiedlichen Reflektion des Lichts unterschiedlicher Wellenlänge Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Oberfläche gezogen. Der Komet ist, verglichen mit anderen Himmelskörpern, enorm dunkel; seine Oberfläche reflektiert also nur wenig Licht. Verglichen mit anderen Kometen die man bis jetzt aus der Nähe betrachtet hat, ist 67P aber einer mit einer sehr hellen Oberfläche. Es gibt auch starke Variationen, je nachdem, wo am Kometen man sich befindet. Manche Gegenden reflektieren bis zu 16 Prozent mehr Licht als der Durchschnitt, bei anderen sind es 10 Prozent unter dem Mittelwert. So lassen sich auch Regionen identifizieren, in denen besonders viel Eis vorhanden ist.
- “Comet 67P/Churyumov-Gerasimenko: Constraints on its origin from OSIRIS observations” (Mai 2015): Diese interessante Arbeit beschäftigt sich mit der Herkunft des Kometen. Schon recht früh wusste man ja, dass der Komet einen doppelten Kern hat. Es stellte sich daher die Frage, ob der Komet schon von Anfang an so beschaffen war, oder ob die beiden Hälften sich erst irgendwann später zusammengefügt haben. Mit Daten über die Dichte des Kometen und der verschiedenen Regionen und Modellrechnungen haben die Wissenschaftler diese Hypothesen untersucht und kommen zu dem Schluss, dass ein Ursprung durch eine “sanfte Kollision” durchaus möglich und sogar wahrscheinlich ist.
- “Regional surface morphology of comet 67P/Churyumov-Gerasimenko from Rosetta/OSIRIS images” (Mai 2015): Klingt auch interessant, aber obwohl dieser Artikel angeblich frei verfügbar sein soll schaffe ich es nicht, den Link zur pdf-Datei zu öffnen. Kann also auch nichts näheres darüber sagen – vielleicht klappt es ja später noch.
- “Geomorphology of the Imhotep region on comet 67P/Churyumov-Gerasimenko from OSIRIS observations” (Mai 2015): Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Gegend auf dem Kometen, die den Namen Imhotep bekommen hat. Die hat man mittlerweile wirklich gut analysiert und Bilder mit einer Auflösung von wenigen Zentimetern pro Pixel gemacht. Der Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen geologischen Strukturen die dort zu finden sind:
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