Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterschiede zwischen beiden Methoden tatsächlich nicht allzu groß sind und typischerweise im Bereich von ungefähr einem Tag liegen. Die mit der Asteroseismologie bestimmten Werte sind dabei systematisch kleiner als die, die man von der Analyse der Sternflecken erhalten hat. Interessant wird es dann aber, wenn die sogenannte Gyrochronologie ins Spiel kommt. So bezeichnet man den Zusammenhang, der zwischen der Rotationsperiode eines Sterns und seinem Alter bestimmt. Das Sternalter lässt sich ja nicht direkt messen sondern muss immer über indirekte Methoden bestimmt werden. Eine davon hängt mit seiner Rotation zusammen, die bei bestimmten Klassen von Sternen im Alter nachlässt. Das hängt mit der Wechselwirkung des Magnetfeldes des Sterns und der geladenen Materie die er in Form des Sternwinds ins All hinaus schleudert zusammen. Und die Stärke des Magnetfeldes wird wiederum von den Vorgängen im Inneren bestimmt, zum Beispiel von der Art und Weise, wie dort Material durch Konvektion aus tieferen Bereichen in höhere Bereiche transportiert wird. Und diese Vorgänge ändern sich im Laufe der Zeit, was am Ende zu einem Zusammenhang zwischen Rotation und Alter führt. Da man dafür aber einige Annahmen machen muss, die nur aus theoretischen Modellen der Sternentwicklung stammen, sind die gyrochronologischen Beziehungen nicht exakt und es existieren verschiedene Näherungsformeln. Manche hängen zum Beispiel stark von der Masse des Sterns ab; manche weniger stark oder gar nicht. Andere inkludieren andere Effekte – aber eigentlich sollten alle Formeln zu mehr oder weniger dem gleichen Ergebnis kommen.
Und diese Ergebnisse sollten dann nach Möglichkeit auch mit anderen Methoden zur Altersbestimmung übereinstimmen, denn die Gyrochronologie ist natürlich nicht der einzige Weg mit dem man das Alter eines Sterns bestimmen kann. Die Asteroseismologie liefert (wieder unter Berücksichtigung theoretischer Modelle) zum Beispiel ebenfalls einen Wert für das Sternalter. Nielsen und seine Kollegen haben nun das Sternalter, das direkt aus der Asteroseismologie folgt mit dem verglichen, das man aus der Gyrochronologie erhält. Und festgestellt: Das passt nicht wirklich gut zusammen!
Das Diagramm zeigt das recht gut. Man sieht hier den Unterschied zwischen den beiden Methoden der Altersbestimmung für die fünf Sterne und für drei verschiedene Varianten gyrochronologischer Beziehungen. Nur beim Stern KIC006933899 sind die Werte zumindest innerhalb der Fehlergrenzen identisch, bei allen anderen weichen sie teilweise um mehrere Milliarden Jahre voneinander ab.
Die Arbeit von Nielsen und seinen Kollegen zeigt also einerseits, dass man die Rotationsperiode eines Sterns sowohl durch Asteroseismologie als auch durch eine Analyse von Sternflecken bestimmen kann und beide Methode keine statistisch signifikant unterschiedlichen Werte liefern. Andererseits zeigt sich aber auch, dass die Bestimmung des Sternalters sehr wohl sehr unterschiedlich ausfällt, je nachdem ob man asteroseismologische Daten nutzt oder es mittels Rotation und gyrochronologischen Beziehungen berechnet. Wenn man also keine Asteroseismologie betreibt oder bei manchen Sternen nicht betreiben kann und nur die mit anderen Methoden bestimmte Rotationsperiode für die Altersbestimmung nutzt, stehen die Chancen gut, dass man dabei einen großen Fehler macht!
Was tun? Das, was man in der Wissenschaft immer tun muss: Mehr Daten sammeln und die Dinger besser verstehen! Wenn neue Teleskope – wie zum Beispiel PLATO (wird 2024 ins All geschickt) – mehr und genauerer Informationen zu den Helligkeitsschwankungen der Sterne gewinnen, dann verstehen wir hoffentlich auch die Vorgänge in ihrem Inneren besser und können auch bessere Modelle und bessere gyrochronologische Zusammenhänge aufstellen.
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