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sb-wettbewerb
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Frauen – die „anderen“ Menschen

Als ich im Jahr 2009 das Bachelorstudium Biologie an der Uni Wien anfing, gab es damals die Vorlesung „Die Frau in den Naturwissenschaften“ als Teil eines Pflichtmoduls über Bioethik und Gender. Darin wurde über Frauen gesprochen die wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert haben – Marie Curie, Rosalind Franklin und Barbara McClintock zum Beispiel. Es war eine rein historische Vorlesung, es ging ausschließlich um wichtige weibliche Persönlichkeiten in der Naturwissenschaft. Es wurde nicht darüber gesprochen, wie Sexismus in den Wissenschaften zu tragen kam und teilweise immer noch kommt. Es ging nicht darum, Diskriminierung zu erkennen und für das Thema sensibilisiert zu werden. Das einzige Statement war „Frauen sind auch ganz tolle Wissenschaftler!“
Im historischen Kontext betrachtet ist das natürlich absolut bewundernswert und wichtig zu erwähnen dass diese Frauen Dinge geschafft haben, die für viele Geschlechtsgenossinnen unmöglich gewesen sind, weil ihnen schlichtweg der Zugang zu ausreichend Bildung verwehrt blieb, und sie in einer Gesellschaft mit fix verankerten Rollenbildern lebten.
Heute ist das nicht mehr so, könnte man meinen. Mädchen und Frauen können Schulen und Universitäten besuchen. Sie können arbeiten gehen und die Berufe ergreifen, die sie wollen. Wir befinden uns an einem Punkt wo die persönliche Freiheit zur „Entfaltung“ theoretisch bereits eine Gleichberechtigung bietet. Warum gibt es dann aber immer noch solche Probleme mit dem Thema „Gender“ und Sexismus? Warum müssen wir eigentlich überhaupt noch darüber debattieren was man als Frau (oder Mann) kann, soll, darf oder nicht?

Mittlerweile ist viel Zeit vergangen, ich habe in mehreren unterschiedlichen Laboren mit vielen verschiedenen Menschen gearbeitet und konnte viele Erfahrungen sammeln. Nun stehe ich kurz vor dem Abschluss meiner Masterarbeit und frage mich manchmal immer noch, ob ich aus dieser Vorlesung außer ein paar Namen, Daten und Fakten noch etwas anderes hätte mitnehmen können oder sollen. Sind diese Frauen jetzt besser als ihre männlichen Kollegen gewesen und deswegen besonders wichtig? Ging es darum mir zu zeigen dass ich auch ganz Großes leisten kann „obwohl“ ich eine Frau in einem vermeintlich frauenfeindlichen Arbeitsumfeld bin?
Diese Vorlesung mag 6 Jahre her sein (und wird auch nicht mehr angeboten), aber die Aussage die bei mir dauerhaft hängen blieb und einen unheimlich schalen Geschmack hinterließ war „Frauen sind auch wichtig“. Ich für meinen Teil will nicht „auch“ etwas sein. Ich bin Wissenschaftler. Und ich will als Wissenschaftler gesehen werden und für meine Leistungen beurteilt werden, und eigentlich ist es mir dabei völlig egal ob man mich als Wissenschaftler oder –in bezeichnet, denn das ist völlig irrelevant für meine Leistungen. Es ist in dieser Hinsicht auch nicht wichtig was andere Frauen vor mir geleistet haben, wie viele Frauen sich für dieses Studium interessieren, wie viele Frauen noch in meinem Institut arbeiten und wie viele weibliche Rollenbilder ich hatte oder nicht.

Ich hatte das große Glück relativ frei von Geschlechtsstereotypen aufzuwachsen. Ich habe mit Puppen gespielt, aber auch mit Bauklötzen. Habe mir Zöpfchen geflochten und die Nägel lackiert, und Dinosaurier- und Flugzeugmodellfiguren gesammelt. Und habe schon als Kind nicht verstanden warum viele Jungs kategorisch Mädchen „doof“ finden und nicht mit ihnen spielen wollen. Ich hatte keine weiblichen Vorbilder die mich dazu gebracht hätten mein wissenschaftliches Interesse zu verfolgen und zum Beruf zu machen – ich habe nicht einmal einen akademischen Familienhintergrund. Aber meine Familie und vor allem meine Mutter, aber auch meine Lehrer haben mich schlichtweg immer darin bestärkt das zu machen was ich will und was mich interessiert. Niemand hat mir gesagt „Hey, du! Du bist ein Mädchen? Auch DU kannst Wissenschaftlerin werden!“. Mir wurde beigebracht: „Du kannst Wissenschaftler(in) werden. Oder Künstler(in). Oder Bäcker(in). Oder Lehrer(in). Was immer du willst.“

Ein einziges Erlebnis hatte ich, nach dem ich mir gewünscht hätte ich wäre in dieser Situation ein Mann gewesen: nach dem Abschluss meines Bachelors ein letztes Gespräch mit meinem Betreuer an der Fachhochschule. Er fragte mich was meine weiteren Pläne für die Zukunft seien. Ich erklärte, ich wolle an einer Uni weiterstudieren und dann in die Grundlagenforschung gehen. Woraufhin er mir entrüstet entgegnete „Aber, willst du das wirklich? Das muss dir schon klar sein, dass das sich das sehr schwer mit einer Familienplanung vereinbaren lässt!“ Er hat es sicherlich nicht böse gemeint, und daher nehme ich ihm diese Aussage nicht übel. Aber irgendwie nagte es doch an mir. Wieso muss ich mir nach Abschluss meines ersten Studienabschnittes mit ausgezeichnetem Erfolg so etwas anhören? Wieso werde ich auf meine Gebärfähigkeit reduziert? Wieso wird davon ausgegangen dass ich, nur weil ich eine Frau bin, die ersten 3 Lebensjahre meines Kindes zu Hause bleiben und auf meine Karriere verzichten möchte (und dass das nicht genausogut mein Partner übernehmen könnte)? Wieso wird überhaupt mal prinzipiell angenommen dass ich vorhabe Kinder zu bekommen? Ich kann damit leben dass mich meine 74-jährige Großtante fragt, wie ich das schaffen will, eine Familie zu gründen wenn ich jetzt mindestens 4 Jahre PhD vor mir habe und einen PostDoc im Ausland machen will. Aber als so eine Aussage von einem meiner Professoren kam, fühlte ich für einen kurzen Moment dass eben doch noch nicht alles getan ist, dass man als Frau eben doch nicht komplett gleichgestellt ist – nicht weil man nicht rein prinzipiell dieselben Möglichkeiten geboten bekommt, sondern weil man in der Gesellschaft leider in vielen Situationen zuerst als Frau gesehen wird, und dann erst kommt alles andere. Und leider können die momentan praktizierten Ansätze diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen, das Problem höchstens noch weiter verschlimmern.

Clownfische bei der Brutpflege – diese wird meist vom Männchen übernommen.  (Bild: Haplochromis, CC-BY-SA 3.0)

Clownfische bei der Brutpflege – diese wird meist vom Männchen übernommen. (Bild: Haplochromis, CC-BY-SA 3.0)

Meiner Meinung nach sind wir als Gesellschaft an einem Punkt wo ein Umdenken notwendig wäre. Wem ist geholfen durch den Ruf nach mehr weiblichen Rollenbildern, das Bestreben mehr Mädchen und Frauen für die Forschung motivieren, mehr Frauenförderung, Frauenquote, Frauen-bezogene Themen in den Wissenschaften und so weiter und so fort? Sieht so Gleichberechtigung aus? Können wir so wirklich eine Welt erschaffen, in der Mädchen genau dieselben Voraussetzungen wie Jungen haben, zu erreichen was sie wollen? Kann man ein Mädchen wirklich zu etwas motivieren indem man ihm sagt „Das kannst du sicher schaffen, obwohl du ein Mädchen bist!“ ? Nur damit man jungen Frauen dann erst recht komische Blicke zuwirft wenn sie Karriere und Familie eben nicht unter einen Hut bringen können oder wollen, und sich dann nur für das eine oder andere entscheiden?
Nein, ich denke das ist nicht der Weg den wir gehen sollten. Niemandem ist geholfen indem man ein binäres Geschlechter-Rollenbild noch verstärkt, indem man in den Köpfen der Erwachsenen und Kinder weiterhin den Glauben verankert dass das Geschlecht für die individuelle Person auch nur irgendeine Bedeutung hat.

Geschlecht – naturwissenschaftlich betrachtet und definiert

Wissenschaftlich betrachtet gibt es keinerlei Basis für eine derartig unterschiedliche Behandlung von „Männern“ und „Frauen“. In einer Vorlesung der Evolutionsbiologin Hanna Kokko stellte diese die vermeintlich simple Frage: „Was denken Sie, wie definiert man eigentlich männlich und weiblich?“. Sie zeigte am Beispiel des Seepferdchens, dass weder Paarungsverhalten noch Brutaufzucht (beim Seepferdchen ist es bekanntlich das Männchen, das die Larven in einer Art Bauchtasche aufzieht) die Basis für eine Definition liefern. Noch klarer wird dies bei der Betrachtung von zweihäusigen Pflanzen oder einfachen Lebewesen wir Schwämmen und Anemonen.

„Schwangeres“ männliches Seepferdchen (Bild: Richard Ling; CC-BY-SA 2.0)

„Schwangeres“ männliches Seepferdchen (Bild: Richard Ling; CC-BY-SA 2.0)

Es gibt auch keine klare Definition von „männlich“ oder „weiblich“ auf genetischer Basis die universell auf alle Lebewesen anwendbar ist. So gibt es Tiere die sequentiellen Hermaphroditismus zeigen – diese Tiere können ihr Geschlecht unter bestimmten Bedingungen ändern. Clownfische leben zum Beispiel in Gruppen von mehreren Männchen und einem weiblichen „Anführer“. Stirbt das Weibchen, ändert sich das Geschlecht des dominantesten Männchens und es nimmt seinen Platz ein. Auch umgekehrt ist so eine Geschlechtsänderung bei manchen Arten möglich. Schließlich gibt es sogar „Environmental Sex Determination“, also die Festlegung des Geschlechts durch Umweltbedingungen, wie zum Beispiel die Temperatur des Lebensraums. Es reicht also nicht zu sagen „XX ist Weibchen, XY ist Männchen“. Stattdessen ist die universelle Definition viel simpler: Das Weibchen ist schlichtweg, wer die größere Zelle zur sexuellen Fortpflanzung besteuert, das Männchen die Kleinere.

Dieses Wissen kann man nun nützen um nicht-biologische Definitionen zu hinterfragen. So ist es an dieser Stelle wichtig zu bedenken, dass es für den Deutschen Begriff „Geschlecht“ ja eigentlich zwei Bedeutungen gibt, die im Englischen jeweils ein eigenes Wort haben. „Sex“ ist das biologische Geschlecht, grundsätzlich orientiert an der oben stehenden Definition und im Menschen im speziellen über die An- oder Abwesenheit eines Y Chromosomes. Es ist nämlich Gene auf diesem speziellen Chromosom die in einem Embryo bei der Entwicklung männliche Geschlechtsorgane entstehen lässt und die Entwicklung weiblicher Geschlechtsorgane unterbindet. Man könnte also sagen, Menschen entstehen standardmäßig als Weibchen, und werden nur zu Männchen wenn dieses spezielle genetische Programm angeschaltet wird. Das ist also das biologische Geschlecht, bei gesunden Menschen ist es an die Aufgabe bei der Reproduktion gekoppelt – Ei- oder Spermienproduktion.

Bei manchen Pflanzenarten gibt es „Männchen“ und „Weibchen“. Hier zu sehen ist weiblicher Ginkgo. Eine männliche Pflanze bildet „Kätzchen“ ähnlich denen einer Birke. (Bild: Marcin Kolasiński", CC-BY-SA 4.0)

Bei manchen Pflanzenarten gibt es „Männchen“ und „Weibchen“. Hier zu sehen ist weiblicher Ginkgo. Eine männliche Pflanze bildet „Kätzchen“ ähnlich denen einer Birke. (Bild: Marcin Kolasiński”, CC-BY-SA 4.0)

„Gender“ hingegen ist das soziale Geschlecht, und das ist viel, viel Komplizierter, weil es hier eben keine klare Definition gibt. Zwar gibt es haufenweise Attribute die wir mit „männlich“ (stark, rational, ehrgeizig) oder „weiblich“ (schwach, emotional, fürsorglich) assoziieren, aber wenn ich nun fragen würde, welche dieser Attribute für die „Definition“ einer Frau unabdingbar sind, könnten wir noch ewig diskutieren und fänden keine Einigung. Ich bin zum Beispiel nicht sehr fürsorglich (tue mir schwer mich um Menschen zu kümmern wenn es ihnen schlecht geht), zeige nicht wirklich viele Emotionen, und habe manche Hobbies und Verhaltensweisen die gesellschaftlich als eher „männlich“ gesehen werden – aber ich habe auch „weibliche“ Verhaltensweisen und Hobbies. Mir selbst fällt es extrem schwer mich in einem oder dem anderen „Rollenbild“ wiederzufinden. Aber wer ist schon die perfekte Hausfrau oder der 100%ige Macho-Mann?
Dennoch beharren viele Menschen auf diesen Begriffen und dieser doch ziemlich willkürlichen Einteilung, die rein gar nichts mit der individuellen Person zu tun hat, und wirklich nichts über individuelle Talente, Leistungsfähigkeit oder sonstiges aussagt.

Erschwerend hinzukommt, dass vieles was heute vor Allem im deutschen Sprachraum die Etikette „Gender“ aufgedrückt bekommt hat, meint eigentlich „Sex“. Das beste Beispiel liefert wohl die medizinische Forschung: „Gender-Medizin“ beschäftigt sich z.B. mit Krankheiten die bei Männern und Frauen unterschiedlich häufig oder ausgebildet sind, und Therapien deren Wirkung sich bei Männern und Frauen unterscheidet. Dabei liegt der Fokus aber eigentlich immer auf physiologischen Aspekten: Frauen erkranken nicht so häufig wie Männer an Herz-Gefäß-Erkrankungen, zumindest bis sie die Menopause erreichen, da Östrogen eine Schutzwirkung gegen Gefäßverkalkung bietet. Mit Abfall des Östrogenspiegels sind Frauen ab Ende 50 mehr und mehr gefährdet und die Morbidität gleich sich an. Ebenso ist heutzutage bekannt dass es bei Männern und Frauen unterschiedliche pharmakologische Effekte bei ein und demselben Medikament geben kann.
Das hat aber nichts mit der Geschlechterrolle – dem sozialen Geschlecht der Frau – zu tun, sondern mit Eigenheiten des (biologisch) weiblichen bzw. männlichen Körpers. Es ist also eigentlich „Sex-specific medicine“ und nicht Gender-Medizin. „Gender-Medizin“ – so hat ein Dozent in einer Vorlesung mal zu uns Studenten gesagt – das ist, wenn in Afrika ein Großteil der an Flussblindheit erkrankten Menschen Frauen sind. Flussblindheit wird so genannt weil sie durch Infektion mit einem Parasiten verursacht wird, dessen Überträger sich in der Nähe von Gewässern aufhalten. Und es sind schlichtweg größtenteils die Frauen die zum Wäsche waschen oder Wasser holen zum Fluss gehen – die Infektion betrifft sie wegen ihrer Geschlechterrolle, nicht weil sie aufgrund ihres physiologischen Geschlechts anfälliger wären.

Sex vs. Gender

Diese Vermischung der beiden Begriffe schadet dem Ziel einer Gleichberechtigung massiv. Immer und immer wieder werden biologisches und soziales Geschlecht in einen Topf geworfen und in kaum einer Diskussion über die Rolle oder Situationen von Frauen – sei es in den Wissenschaften, generell in der Berufswelt oder allgemein in der Gesellschaft – wird differenziert über diese beiden Aspekte gesprochen. So fällt es natürlich vielen Menschen umso schwerer das Konzept einer Gleichberechtigung ernst zu nehmen oder zu verstehen wenn Argumente wie „Frauen werden in technischen/wissenschaftlichen Berufen/Situation XY benachteiligt“ (sozial) gegenüber Aussagen wie „das Gehirn von Frauen ist anders entwickelt weswegen sie für Situation XY weniger begabt sind“ (biologisch und negativ verallgemeindernd).
Sicherlich gibt es auf physiologischer Ebene Aspekte die Männer und Frauen voneinander Unterscheiden – statistisch gesehen, im Durchschnitt betrachtet. So sind Frauen durchschnittlich kleiner als Männer (haben daher auch durchschnittlich ganz logischerweise ein kleineres Gehirn, wie auch alle anderen Organe kleiner sind). Es mag auch sein dass durchschnittlich weniger Frauen als Männer Begabungen für räumliches Denken oder höhere Mathematik zeigen, und umgekehrt mag es auch stimmen dass mehr Frauen aufgrund ihrer natürlichen Mutterinstinkte sehr fürsorglich sind. Genauso gibt es aber auch Frauen die für einen klassischen „Frauenberuf“ wie Kindergärtnerin oder Krankenpflegerin absolut ungeeignet wären, so wie es auch Männer gibt die dafür quasi prädestiniert sind, weil sie sehr aufopferungsbereit sind. Sicherlich würden mich die meisten Männer in meinem Umfeld beim Armdrücken besiegen. Ich kenne aber auch Frauen die die meisten Männer in meinem Umfeld besiegen würden.
Der Knackpunkt ist, dass jede biologische Voraussetzung oder Veranlagung nur die Rahmenbedingungen stellt, innerhalb derer es große Variabilität gibt. So sind nicht alle Menschen oder Männer oder Frauen gleich groß, nicht alle sind gleich klug oder dumm, und genauso wenig teilen sie sich alle ihre Begabungen nur mit ihren Geschlechtsgenossen. Dennoch beharren viele Menschen darauf, dass diese Unterschiede existieren und Naturgegeben seien – und was viel schlimmer ist, dass sie so wichtig seien, dass sie in unseren Lebensalltag implementiert sein müssten.

Manchmal ist es nicht nur völlig egal ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hat, sondern schlichtweg nicht einmal klar erkennbar…  (Bild: DFID - UK Department for International Development, CC-BY 2.0)

Manchmal ist es nicht nur völlig egal ob man einen Mann oder eine Frau vor sich hat, sondern schlichtweg nicht einmal klar erkennbar… (Bild: DFID – UK Department for International Development, CC-BY 2.0)

Menschen neigen sehr stark dazu, alles kategorisieren zu wollen. Alles braucht einen Begriff um es zu beschreiben, alles muss irgendwie unterteilt werden – vermutlich fühlen sich einige nur dann sicher, wenn sie ihre Welt in „gut“ und „böse“, „Schwarz“ und „weiß“ und eben „Mann“ und „Frau“ einteilen können. Alles andere, alles dazwischen, ist beängstigend und wird daher nicht akzeptiert. So kam es in der Vergangenheit dazu, dass Menschen aufgrund ihrer „Rasse“ unterschiedlich behandelt wurden. Auch diese problematische Einstellung ist leider noch nicht aus der Welt, dennoch sind Menschen unterschiedlicher „Rasse“ soweit gleichgestellt, dass sie theoretisch dieselben Rechte und Möglichkeiten haben (ich sage theoretisch, weil das natürlich aufgrund sozialer Aspekte noch lange nicht in einer realen 100%igen Gleichberechtigung resultiert). Jedenfalls würde niemand mehr heutzutage auf die Idee kommen zu sagen „Natürlich können Sie sich Vorne im Bus hinsetzen OBWOHL Sie Schwarz sind“. Wenn es aber um Frauen und ihre Rolle in der Gesellschaft geht, müssen wir uns aber immer wieder sagen lassen, was wir nicht alles erreichen können „obwohl“ wir Frauen sind.

Ich, du, er, sie, es – und unser aller Gleichberechtigung

Der wahre Sexismus und das eigentliche Problem beginnt schon dort, wo man der Meinung ist dass es unentbehrlich und wichtig ist dass wir Menschen in Männer und Frauen unterteilen – nach welchen Kriterien auch immer – in einem Kontext, wo dies keinerlei reellen Nutzen bringt. Natürlich ist es im Kontext einer Suche nach – zum Beispiel – einem Samenspender wichtig dass dieser ein (biologischer) Mann ist. Aber es gibt realistisch betrachtet nur sehr, sehr wenige solche Situationen, wo die Frage ob jemand ein Mann oder eine Frau ist, wirklich relevant ist. Während meines Erasmus-Semesters in Finnland sah ich das mit besonderer Deutlichkeit. Im Finnischen gibt es für die Wörter „er“ und „sie“ nur einen Begriff, „hän“. Auf die Frage eines Schülers im Sprachkurs, wie man denn dann wissen könne ob von einem Mann oder einer Frau die Rede sei, überlegte die Finnischlehrerin kurz, und meinte dann: „Meistens ist es einfach nicht wichtig“. Und statt wegzugehen von einem binären Weltbild, einer binären Sprache, versuchen wir im Moment anscheinend alles nur noch immer weiter zu unterteilen – Sprache wird gegendert damit sich Frauen mitangesprochen fühlen können, weibliche Vorbilder müssen her damit kleine Mädchen sich mit jemandem identifizieren können, Frauenförderung muss her damit Frauen gezielt motiviert werden dies oder jenes zu machen. Wollen wir das eigentlich wirklich, eine Welt in der Mädchen sich nur mit Frauen identifizieren können und Jungen nur mit Männern? Eine Welt in der wir genau dieselben blöden Stereotype und Rollenbilder immer und immer wieder durchexerzieren, und nur bei Bedarf ein bisschen erweitern (Frauen dürfen jetzt auch studieren/wählen gehen/Ärzte werden etc.) aber im Endeffekt genau gar keinen Schritt näher an einer realen Gleichberechtigung in den Köpfen der Menschen kommen?
Dabei wäre es so viel wichtiger zu verstehen dass die Unterschiede zwischen zwei Menschen viel, viel größer sind als die gemittelten Unterschiede zwischen „allen Frauen“ und „allen Männern“. Es wäre wichtig zu verstehen, dass es völlig irrelevant ist ob jemand als biologischer Mann oder biologische Frau geboren wurde, sondern welche Fähigkeiten und Begabungen die individuelle Person hat. Keine „Schublade“ in die Menschen andere Menschen steckt ist so gigantisch groß wie die die Schublade „Mann“ oder „Frau“. Und genau das macht sie so lächerlich obsolet dass man doch im Jahr 2015 doch endlich einmal aufhören könnte alles danach zu kategorisieren.

Mir ist es völlig egal ob jemand seinem Geschlecht entsprechend Hosen trägt oder Röcke oder Nagellack oder lange oder kurze Haare oder in seiner oder ihrer Freizeit Cupcakes bäckt, Beauty-Tutorials auf Youtube schaut, oder Motocross fährt und Paintball spielt, oder Kinder hat oder haben will oder nicht. Ich habe durch meinen Beruf so viele völlig unterschiedliche und wunderbare Menschen kennengelernt – Freunde, Vorbilder, Kollegen, Vorgesetzte – es gibt abertausende Begriffe mit denen ich diese Menschen beschreiben kann, die so viel mehr aussagen als „Mann“ oder „Frau“.
Alles was ich mir wünsche, ist eine Gesellschaft in der auch ich zuerst als „Wissenschaftler“ gesehen werde. Vielleicht, für die die mich näher kennen, auch als „umgänglich“ oder „humorvoll“. Als jemand der gerne bäckt und Computerspiele spielt. Und nicht als „Frau“ die all diese Dinge ist oder tut, entweder weil oder obwohl sie eine Frau ist.

Gleichberechtigung ist schlichtweg nicht dann erreicht, wenn genau jeweils 50% Frauen und Männer den Aufnahmetest zum Medizinstudium an der Uni Wien schaffen. Sie ist dann erreicht wenn es dem Patienten egal ist ob ihn eine weibliche Chirurgin operiert und ein männlicher Krankenpfleger seine Bettpfanne leert oder umgekehrt. Wenn Mütter nicht mehr sagen sie haben ein „schlechtes Gefühl“ ihre Kinder in der Obhut eines männlichen Kindergärtners zu lassen. Wenn Kinder nicht mehr andere dafür hänseln dass sie mit „Mädchen-„ oder „Jungsspielzeug“ spielen, weil sie von ihren Eltern keine solche binäre Einteilung zu so etwas banalem wie Spielzeug vermittelt bekommen haben!
Und – sie ist dann erreicht, wenn eine Frau sich nicht mehr routinemäßig und völlig ohne Kontext die Frage anhören muss, wie sie ihre wissenschaftliche Karriere mit ihrer Familienplanung vereinbaren will.

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Hinweis zur Autorin: Dieser Artikel wurde von Stephanie K. geschrieben: “Ich studiere Molekulare Medizin, bin jedoch seit einem knappen Jahr im Alltag im Labor und forsche im Bereich synthetische Physiologie für meine Masterarbeit, ab Herbst dann als PhD Student. Seit ein paar Jahren schreibe ich einen privaten Alltags-Blog unter einem Pseudonym, wo ich aufgrund meines Studiums auch immer wieder mal wissenschaftliche Themen aufgreife. Seit längerer Zeit überlege ich, parallel dazu einen wissenschaftlichen Blog zu schreiben – mein Beitrag ist also eine Art „Testlauf“ dafür.”

Kommentare (77)

  1. #1 Jannick
    11. September 2015

    Sehr guter Artikel dem ich nur zustimmen kann. Ich finde das Selbe gilt im Prinzip auch für die Frauenquote, Girls’ day Frauenbeauftragte usw.. Einerseits ist es zwar nett gemeint aber, genau wie du es beschreibst, betonen diese Begriffe gleichzeitig den Unterschied der Geschlechter und die Wichtigkeit der Unterteilung. Ich bin dabei immer wirklich zwiegespalten. Soll man nun Frauen explizit fördern und nimmt die beschriebenen Konsequenzen in Kauf oder lässt man es sein und läuft Gefahr, dass bestehende diskriminierende Strukturen bzw. Geschlechterklischees erhalten bleiben.

  2. #2 Florian Freistetter
    11. September 2015

    Ich hab den Artikel auch gerne gelesen; liest sich flüssig, ist interessant und es gibt viel, worüber man nachdenken und/oder diskutieren kann!

  3. #3 jochen
    11. September 2015

    Schöner Artikel. Und beschriebt sehr gut, wie ich meine Tochter erziehen will. Nie das “auch” oder “trotz” verwenden.

    @Jannick
    Bei Quoten ist immer entscheidend, was für einen Sinn sie haben soll. Und gerade bei den Führungskräften ist es so, dass viel über Beziehung läuft. Das Geschlecht und Können ist eigentlich egal, wenn die Beziehungen stimmen. Leider sind Führungskräfte überwiegend Männlich mit vielen Vorurteilen*, die geschäftliche Beziehungen lieber mit anderen Männern pflegen. Für mich ist die Frauenquote dazu da, um diese gewachsenen Sturkturen aufzubrechen, damit mehr Können und weniger Beziehungen* die Hauptqualifikation bei Führungskräften ist.

    *Vorurteil von mir.
    *Weiteres Vorurteil von mir.

  4. #4 JW
    11. September 2015

    Genau, gleichberechtigt wird es erst dann, wenn es egal ist, ob Männlein oder Weiblein. Problematisch ist nur, dass unsere Sprache genau diese Kategorien hat. Und wie man diese los wird, weiss ich nicht. Ich merke nur, das mich LeserInnen. Leser*nnen, Leser_innen und ähnliches im Lesefluss stocken lassen. Ich denke, dass das noch sehr viel Zeit braucht, aber auch, dass das der unwichtige Teil ist.
    Zum Professor und der Bemerkung, dass es als Frau mit Kind schwer ist in der Wissenschaft Karierre zu machen. Meine Beobachtung zeigt, dass es eh schwer ist mit Familie an der Uni Karierre zu machen. Die Anforderungen sind nicht famileintauglich. Ich habe mal grob die mir bekannten Professorinnen und Professoren durchgerechnet. Vielleicht 10 % schienen ein “normales” Familienleben zu haben: Alleinstehend, in Beziehung mit Alkohol stehend, junge Studentinnen bevorzugend (trotz Ehe), junge Professorinnen bevorzugend, geschieden oder den Lebenspartner nur selten sehend.
    Da habe ich dann für entschieden, dass mir meine Familie wichtiger ist.

  5. #5 MartinB
    11. September 2015

    Ich finde den Artikel sehr schön, sehe aber einen gewissen Widerspruch. Ich gebe dir recht, dass es in einer idealen Welt egal sein sollte, welches geschlecht jemand hat. In so einer Welt wäre es dann auch unnötig (und unsinnig), Mädchen zu sagen “Auch du kannst Wissenschaftlerin werden.”

    Wir leben aber nicht in so einer Welt – gerade bei Kindern hat sich die Geschlechtertrennung z.B. bei Spielzeug ja eher verstärkt als abgeschwächt. Kinder werden so sozialisiert, dass Mädchen eben andere Dinge zugeschrieben werden als Jungen.
    Und so lange das so ist (und du hast ja selbst beispiele gebracht, wo du als Frau anders behandelt wurdest), denke ich, dass Maßnahmen zur Frauenförderung wichtig sind, um eben zu zeigen “Auch wenn dir Spielzeugabteilungen, Bücher und Kinofilme was anderes suggerieren, du kannst Wissenschaftlerin werden.”

    In ähnlicher Weise verstehe ich auch eine Vorlesung zum Thema “frauen in der Wissenschaft”. Die zeigt auf, dass es Frauen *trotz massiver Nachteile* in der Vergangenheit gelungen ist, Großes zu leisten.

  6. #6 Natalie
    11. September 2015

    Liebe Stephanie,

    herzlichen Dank für deinen tollen Artikel zum Thema!
    Ich würde gern mehr von dir lesen; twitterst du evtl. auch?

    Viele Grüße
    Natalie (@ahamnatalie)

  7. #7 Gerhard
    11. September 2015

    Sehr gut geschrieben, flüssig zu lesen, da war ein Profi am Werk. Wie ist eigentlich die weibliche Form von Profi?
    Das Problem ist ja paradox: das Gender-Thema soll aus dem Fokus rücken, indem wir uns anstrengen, die Vorurteile und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Es ist ein bisschen wie die Aufforderung, nicht an einen lila Elefanten zu denken.
    Das ist ja in vielen Bereichen so: Atheismus gibt es nur, solange es Religion gibt. Gender-Problematik gibt es nur, solange es Vorurteile gibt. Aber die lösen sich nicht durch ignorieren auf. Titel in Spiegel Online heute: Esa-Chef Wörner: Wie Deutschland endlich eine Astronautin bekommen kann.

  8. #8 Florian Freistetter
    11. September 2015

    @JW: “ch merke nur, das mich LeserInnen. Leser*nnen, Leser_innen und ähnliches im Lesefluss stocken lassen.”

    Was ja durchaus auch beabsichtigt sein kein, eben weil du dann ein bisschen darüber nachdenken musst. Aber es wäre egal WIE man die Sprache modifiziert: Da es eine Abweichung von der aktuellen Norm darstellen wird, wird es dir immer auffallen. So wie damals nach der Umstellung auf neue Rechtschreibung allen ständig die Unterschiede aufgefallen sind. Jetzt nicht mehr, weil man sich dran gewöhnt hat. Das würde im aktuellen Fall wahrscheinlich auch irgendwann so sein und dann würde niemand mehr im Lesefluss stocken.

  9. #9 Artur57
    11. September 2015

    Also ich muss schon sagen: wir haben nicht mehr 1965, sondern 2015. Damals gab es das tatsächlich, dass Buben und Mädchen in vorgegebene Rollen gedrängt wurden. Die 68-er haben damit aber wirklich gründlich aufgeräumt und den Unsinn beendet. Eine Frau, die in eine eindeutige Geschlechterrolle gedrängt wurde, ist über 50, um das mal festzustellen.

    Nein, da ist wirklich viel getan worden. Ein Vater, der eine Auszeit für die Kinder nimmt, ist spätestens seit den 80-ern keine Ausnahme mehr und er hat dadurch auch keine gesellschaftlichen Nachteile. Eine Gymnasialklasse in der Oberstufe besteht heute zu zwei Dritteln aus Mädchen und das Thema hat durchaus eine Dauerpräsenz in der öffentlichen Wahrnehmung.

    Also wo hängt es denn jetzt? Nun ja, ich würde schon sagen, an den Frauen selbst. Die Erstsemester im Maschinenbau sehen quasi immer noch so aus, wie ein Infantriezug der Bundeswehr in den 70-ern. Nur Männer. Wobei da garantiert keine Frauenfeindlichkeit mitspielt. Alle finden es verstörend, dass da keine Frauen sind. Und eben auch politische Foren wie die von Florian: auch hier 95 Prozent Männer. Ich bedaure das.

    Also man sollte den Frauen jetzt schon mal sagen: die Gesellschaft hat euch auf den Ast gesetzt. Fliegen müsst ihr jetzt selbst.

  10. #10 Barbaz
    11. September 2015

    Wirklich ein sehr guter Artikel.

    @Jochen:
    Denkst du, du musst deine Tochter irgendwann “warnen”, dass sie es als Frau schwerer haben könnte (falls sie sich für eine entsprechende Karriere entscheiden sollte)?

    Bzgl der Frauenquote sehe ich das genauso. Auch das scheinbar sinnlose Gendern der Sprache hat den Effekt dass es aufweckt und zu Diskussionen führt.

  11. #11 Withold Ch.
    11. September 2015

    Der Artikel gefällt mir sehr gut, interessant, anschaulich, schöner Stil.

    Allerdings, auf die nach wie vor krassen Ungerechtigkeiten in Sachen nicht gleicher Lohn bei gleicher Beschäftigung, finanzieller Abhängigkeit und ungenügender Repräsentanz in wirtschaftlichen und politischen Führungspositionen und Entscheidungsgremien könnte “man” schon noch stärker hinweisen, denn das sind doch die nicht zu vernächlässigenden Bedingungen für eine wirkliche Gleichberechtigung.

    (Auf literarischer Ebene wird das Thema sehr schön auch von John Irving, In One Person (dt., In einer Person) dargestellt, empfehlenswerte Lektüre.)

  12. #12 R. Hormann
    hier
    11. September 2015

    Hier einige interessante Buchvorschläge zum Thema:
    Vergewaltigung der menschlichen Identität – Über die Irrtümer der Gender-Ideologie

    Gehirnforscher Manfred Spreng und Religionsphilosoph Harald Seubert zerlegen
    das Konstrukt des Gender Mainstreaming

    Kopierten Text entfernt. Fremde Texte einfach hier rein zu kopieren ist eine Urheberrechtsverletzung. Ich bitte das zu unterlassen.

  13. #13 JW
    11. September 2015

    @FF Nur leider klappt bei mir nur das Stocken des Leseflusses. Mit der Botschaft dahinter will es bei mir nicht so klappen. Vielleicht weil ich bei “normaler” Schreibweise auch nicht gleich Geschlechterollen sehe. Das Experiment von MartinB hingegen irritiert mich i.d.R. überhaupt nicht.
    Aber ich mache auch keinen Aufstand deswegen. Für mich ist es der unwesentliche Teil der Geschichte.
    Ach ja, dass die Frauen trotz Überzahl an den Gymnasien und mittlerweile auch an den Unis noch nicht so stark in den Führungspositionen vertreten sind, mag einfach dem Faktor Zeit geschuldet sein. Es muss erst die aktuelle Führungsgeneration und deren Schüler abgetreten sein. Generationswechsel dauern halt und sind schwer zu beschleunigen.

  14. #14 Crazee
    11. September 2015

    Danke!

  15. #15 MartinB
    11. September 2015

    @Artur57
    “Nun ja, ich würde schon sagen, an den Frauen selbst. ”
    Schön wär’s. Die Forschung sagt was anderes:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2014/10/08/gleichstellung-laengst-ueberfluessig/

  16. #16 kari90
    11. September 2015

    Ein großes Lob an die Autorin, sie bringt viele Dinge hier sehr schön auf den Punkt.

    Auch wenn von vielen hier die Meinung vertreten wird, dass Frauenquoten und -förderung hilft eine gewisse Gleichberechtigung zu schaffen und eventuell auch Vorurteile zu beseitigen, bin ich da anderer Meinung. Meiner Erfahrung nach verstärken solche Aktionen die Voruteile gegen Frauen nur noch mehr. Viele Menschen, die vorher schon sehr treu an den Geschlechterrollen und -bildern festgehalten haben, fühlen sich doch nur bestärkt in ihren Gedanken, dass Frauen für technische Berufe oder Führungspositionen nicht geeignet sind, sondern nur durch besondere Förderung und Quotenregelungen an solche Positionen kommen oder gar ihre Ausbildung beenden.

    Ich glaube auch nicht, dass wir dieses Problem in absehbarer Zeit komplett aus der Welt schaffen können. Es wird immer wieder engstirnige Menschen geben, die Frauen nichts zutrauen. Oft sind es ja nicht einmal die Männer, die uns nichts zutrauen, sondern andere Frauen. Der einzige Lichtblick sind Menschen wie Jochen, der versucht sein Kind so zu erziehen, dass es merkt, dass ihm die ganze Welt offen steht und es alles erreichen kann, egal welchem Geschlecht man “angehört”. Personen, die solch eine Erziehung genossen haben, werden in Zukunft auch andere Menschen überzeugen können, dass sie sich durch Talent und Ehrgeiz, aber nicht durch Quoten und Sonderbehandlungen an ihr Ziel gekämpft haben.

  17. #17 Tina_HH
    11. September 2015

    @Stephanie K.

    Dein Text hat mir sehr gut gefallen und in vielem bin ich gleicher Meinung wie du. Insbesondere, dass es wirklich klasse wäre, wenn das Geschlecht eine viel weniger wichtige Rolle in all den vielen Situationen im Alltagsleben spielen würde, in denen es eigentlich völlig schnuppe ist, ob die Person nun eine Frau oder ein Mann ist. Aber leider ist die Realität nun mal nicht so.

    Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind hier sicher in vielen Bereichen schon besser als früher (man denke z.B. nur an die auffallend Frauen-diskriminierende Werbung vergangener Jahrzehnte, die man heute nur noch wahlweise mit Kopfschütteln, Verzweiflung oder bestenfalls Humor ertragen kann), aber es bleibt eben noch sehr viel zu tun.

    Dass du dich über den Prof. und seinen Spruch geärgert hast, kann ich gut nachvollziehen, aber das ist im Vergleich zu dem, was auch heute in Firmen noch möglich ist, noch ziemlich harmlos, wenn du z..B. das Pech hast, einen Macho-Chef direkt aus der Hölle zu haben.

    Heutzutage ist es oftmals so, dass Frauen die Diskriminierung erst richtig merken, wenn sie ins Berufsleben starten, weil es dort in vielen Bereichen erheblich schlimmer zugeht als man es sich vorher in der Schule oder im Studium vorstellen konnte – eben weil in diesen beiden Institutionen schon viel erreicht wurde.

    Deshalb denke ich, dass Maßnahmen zur Gleichstellung weiterhin notwendig sind – solange bis sie vielleicht irgendwann in einer besseren Zukunft hoffentlich nicht mehr nötig sein werden.

  18. #18 gaius
    11. September 2015

    Der Artikel hat mir sehr gut gefallen. Macht Spaß zu lesen, ist im richtigen Maß persönlich, regt zur Diskussion an …

    Ein Gedanke dazu: Ich fürchte, dass uns beim “Vergessen” der Frage, ob wir mit einer Frau oder einem Mann reden, im Wege steht, dass es für uns (ich trau mich kaum, es zu sagen) biologisch viele Jahrzehnte in unserem Leben von alles überragender Wichtigkeit ist, ob das Gegenüber zur Fortpflanzung geeignet und vielleicht sogar geneigt ist. Und zwar auf einer so tiefen Ebene, dass es mit “Bewusstsein” kaum zu beeinflussen ist.

  19. #19 MartinB
    11. September 2015

    @gaius
    “Und zwar auf einer so tiefen Ebene, dass es mit “Bewusstsein” kaum zu beeinflussen ist.”
    Das glaube ich ehrlich gesagt nicht – schon deswegen nicht, weil sich ja in den letzten 100 Jahren extrem viel getan hat. Warum sollte ausgerechnet der heutige Stand der sein, der nicht mehr änderbar ist, nicht der von vor 20, 40 oder 100 Jahren?

  20. #20 Phil
    11. September 2015

    Gleichberechtigung ist schlichtweg nicht dann erreicht, wenn genau jeweils 50% Frauen und Männer den Aufnahmetest zum Medizinstudium an der Uni Wien schaffen. Sie ist dann erreicht wenn es dem Patienten egal ist ob ihn eine weibliche Chirurgin operiert und ein männlicher Krankenpfleger seine Bettpfanne leert oder umgekehrt. Wenn Mütter nicht mehr sagen sie haben ein „schlechtes Gefühl“ ihre Kinder in der Obhut eines männlichen Kindergärtners zu lassen. Wenn Kinder nicht mehr andere dafür hänseln dass sie mit „Mädchen-„ oder „Jungsspielzeug“ spielen, weil sie von ihren Eltern keine solche binäre Einteilung zu so etwas banalem wie Spielzeug vermittelt bekommen haben!

    Das wird sich so nie erreichen lassen. Rollenbilder sind für die psychologische Entwicklung von Kindern enorm wichtig. Man sollte aber ein Klima schaffen, von wo es klar ist, dass man jederzeit von diesem Rollenbild abweichen kann und das dieses Können auch gut ist.
    Wichtig sind einheitliche Kriterien und keine Boni für (angeblich) benachteiligte Gruppen. Dann klappt es auch mit der rein leistungsbezogenen Bewertung.

    Und – sie ist dann erreicht, wenn eine Frau sich nicht mehr routinemäßig und völlig ohne Kontext die Frage anhören muss, wie sie ihre wissenschaftliche Karriere mit ihrer Familienplanung vereinbaren will.

    Da Frauen (meiner Erfahrung nach) selten wissen, was gut für sie ist, ist dies in der Regel ein gut gemeinter Rat. Natürlich gibt es 10% der Frauen, für die der Rat falsch ist, aber deswegen ist er nicht schlecht, sondern gut.
    Bedenke auch, dass eine Schwangerschaft mit einer extremen hormonellen Verschiebung einher geht. Viele Frauen wollen dann gar nicht mehr (Vollzeit) arbeiten. Frauen zu empfehlen, am Ende nicht zwischen Familie (emotionales Bedürfnis) und Arbeit (Karriere) entscheiden zu müssen ist ein sehr gut gemeinter Rat. Es geht einfach darum, den Frauen die Tür zur Familie offen zu halten, auch wenn das manchmal mit gewissen Karriereschritten unvereinbar ist.

  21. #21 Volker
    Berlin
    11. September 2015

    Klasse geschrieben und volle Zustimmung zum Inhalt!
    Mir fällt dazu grad diese vielzitierte Studie zur Präferenz bei der Spielzeugwahl bei Primaten ein. Ali hatte nebenan vor ein paar Jahren einen wie ich finde sehr guten Artikel dazu geschrieben.

  22. #22 gaius
    11. September 2015

    @MartinB

    Mir geht es eher um Zeitskalen von 100.000en von Jahren. Und wirklich nur um die Frage: Ist das ein Mann oder eine Frau? Ich behaupte, dass diese Frage (die sogar älter sein dürfte als die Menschheit) so grundlegend ist, dass sie die Irritation darüber, nicht zu wissen, wen man vor sich hat, erklärt. Und zwar völlig unabhängig davon, ob es heute (in unserer dünnen Lackschicht Kultur) als wünschenswert angesehen wird.

    Ich glaube, diese spezifische Frage abzuschaffen, wäre ein Kampf, den man nicht gewinnen kann. Und dann sollte man den sinnvollen Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht damit belasten.

  23. #23 Volker
    Berlin
    11. September 2015

    @Phil

    Da Frauen (meiner Erfahrung nach) selten wissen, was gut für sie ist

    Das ist jetzt aber nicht ernst gemeint, oder?!?

  24. #24 Phil
    11. September 2015

    @Tina_HH

    Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind hier sicher in vielen Bereichen schon besser als früher (man denke z.B. nur an die auffallend Frauen-diskriminierende Werbung vergangener Jahrzehnte, die man heute nur noch wahlweise mit Kopfschütteln, Verzweiflung oder bestenfalls Humor ertragen kann), aber es bleibt eben noch sehr viel zu tun.

    Früher wie heute tätigen Frauen 80% der Konsumausgaben. Werbung richtet sich also primär an Frauen, bzw. zeigt das Bild das Frauen in der jeweiligen Zeit gerne von sich selbst haben.

    @MartinB

    @gaius
    “Und zwar auf einer so tiefen Ebene, dass es mit “Bewusstsein” kaum zu beeinflussen ist.”
    Das glaube ich ehrlich gesagt nicht – schon deswegen nicht, weil sich ja in den letzten 100 Jahren extrem viel getan hat. Warum sollte ausgerechnet der heutige Stand der sein, der nicht mehr änderbar ist, nicht der von vor 20, 40 oder 100 Jahren?

    Weil sich (sowohl bei Männer, als auch bei Frauen) alles nur um Sex dreht. Ohne Frauen machen Männer keine Karriere und Frauen zicken nicht. Kommst ein Vertreter des anderen Geschlechts dazu, ändert sich die ganze Gruppendynamik. I.d.R. ohne das es den Individuen bewusst ist.
    Deswegen werden in Japan inzwischen zeit junge Frauen eingestellt, welche nichts anderes zu tun haben, als die Männer zur (Mehr-) Arbeit zu motivieren.
    Alle (gesunden) Männer schauen sich Frauen zuerst nach Fortpflanzungskriterien an. Hübschen Frauen wird hinterhergeschaut (primär um den Gang zu bewerten: Paarungsbereitschaft und Hüftstellung). Da kann so viel gegendert werden wie man will, das Programm zu Fortpflanzung kann man nicht besiegen (weil dann würde man aussterben).
    Das Verhalten (insbesondere die Unterschiede) wird sehr verständlich, wenn man bedenkt das Frauen eine Eizelle pro Zyklus (also 20-30 Tagen) produzieren und Männer 4,3 Millionen Spermien pro Stunde. Frauen müssen den Besten suchen, Männer die Nächstbeste.
    Die grundsätzlichen Triebe lassen sich auch nicht mit modernen Gesellschaftsstrukturen unterbinden, jedoch oft ziemlich stark einschränken.

  25. #25 Tina_HH
    11. September 2015

    Oh, wir haben Besuch von einem Zeitreisenden namens Phil. Aus welchem Jahrhundert mag er wohl sein? /Sarkasmus Ende.

  26. #26 MartinB
    11. September 2015

    @gaius
    Aber wenn es um die große zeitskala geht, und wir sehen, dass wir bei der Geschlechterfrage in den letzten 100 Jahren ziemliche Fortschritte gemacht haben, dann gibt es eben keinen Anlass zu glauben, dass genau jetzt Schluss ist.
    Ob das Ideal einer das Geschlecht meist ignorierenden Gesellschaft irgendwann erreicht werden kann, ist sicher nicht klar – aber da wir uns diesem Ideal in den letzten 100 Jahren deutlich angenähert haben, gibt es keinen Grund zu glauben, das könne nicht so weitergehen.

    @Volker, Tina_HH
    Ja, Phil ist ein alter Bekannter, der gern solche Sätze heir von sich gibt:
    “Die Wahrscheinlichkeit einen leistungsfähigen und -willigen Mann zu bekommen ist nun einmal erfahrungsgemäß großer als die Wahrscheinlichkeit eine leistungsfähige und -willige(!) Frau zu bekommen. ”
    “Das bei Frauen aber die Leistung meistens geschönt sind, weil sie generell besser bewertet werden (sonst Gender-Keule”
    “Wikipedia ist von Feministischen Kamptschreibern verseucht.”
    (Aus dem oben verlinkten Artikel)

  27. #27 Lulu
    11. September 2015

    @Volker

    Oh, doch. Phil meint das ernst.

    @Stephanie K.

    Ein sehr guter Blogbeitrag. Dennoch finde ich es sehr wichtig, Vorbilder zu zeigen, die nicht in die gängigen Geschlechterklischees passen. Gerade Kinder sind sehr empfänglich für das soziale Geschehen um sie herum. Gibt es für Mädchen z.B. keine Frauen in den Naturwissenschaften als Vorbilder, dürfte es schwierig werden, von sich aus dieses Klischee zu durchbrechen und eventuell vorhandene Interessen zu verfolgen, die nicht dem gängigen Rollenbild entsprechen. Maßnahmen wie den Girl’s Day finde ich wichtig. Wobei dieser jedoch zu spät erfolgt und zu kurz greift.

    Allerdings – und da gebe ich dir recht – sollte das Geschlecht nicht gesondert hervorgehoben werden. Marie Curies Leistungen in den Wissenschaften kamen zustande, weil sie eine geniale Wissenschaftlerin und nicht, obwohl sie eine Frau war.

  28. #28 Jan
    11. September 2015

    @Phil:

    Rollenbilder sind für die psychologische Entwicklung von Kindern enorm wichtig.

    Das halte ich für ein Gerücht ohne Beleg.

    Da Frauen (meiner Erfahrung nach) selten wissen, was gut für sie ist, ist dies in der Regel ein gut gemeinter Rat. [..]

    Bedenke auch, dass eine Schwangerschaft mit einer extremen hormonellen Verschiebung einher geht. Viele Frauen wollen dann gar nicht mehr (Vollzeit) arbeiten. Frauen zu empfehlen, am Ende nicht zwischen Familie (emotionales Bedürfnis) und Arbeit (Karriere) entscheiden zu müssen ist ein sehr gut gemeinter Rat.

    Wer Frauen als hormongesteuerte Dummchen hinstellt, überschätzt zum Einen den Einfluss von Hormonen auf unser Denken und Handeln und kaschiert zum Zweiten nur seinen eigenen Chauvinismus mit vermeintlich biologischen Fakten.

    @all: Hat zwar jetzt nichts mit dem Wissenschaftsbetrieb zu tun, aber ich wundere mich mein Leben lang schon über die sinnbefreite Trennung der Toiletten nach Geschlecht.

  29. #29 Tina_HH
    11. September 2015

    @MartinB
    Danke für den Hinweis.

    Weitere Worte spare ich mir im Moment lieber…

  30. #30 Volker
    11. September 2015

    @MartinB
    Ok, so ein möchtegern-Alphamännchen. Da fällt mir eine Szene aus Futurama ein:

    Leela (als Mann verkleidet): “Sorry Sir, i got carried away. You know how testoterone works.

    Zapp Brannigan: “As a bubbling pile of male hormons, i should know!

  31. #31 Franz
    11. September 2015

    Der wahre Sexismus und das eigentliche Problem beginnt schon dort, wo man der Meinung ist dass es unentbehrlich und wichtig ist dass wir Menschen in Männer und Frauen unterteilen – nach welchen Kriterien auch immer – in einem Kontext, wo dies keinerlei reellen Nutzen bringt
    Danke für diesen Satz in diesem sehr interessant geschriebenem Artikel. Genau dieser Punkt stößt mir immer sauer auf wenn es um Gleichberechtigung geht. Wenn irgendwie künstlich eine Unterscheidung eingeführt wird, wo im Grunde keine sein sollte.

    @Witthold
    gleicher Lohn bei gleicher Beschäftigung,
    warum ist das so ? wer verbietet Frauen härter zu verhandeln ? übrigens ist das auch bei Männern üblich, im Staatsdienst z.B. verdient ein Akademiker mehr als ein Angelernter obwohl der Output oft andersrum ist: was wird dagegen gemacht ?

    finanzieller Abhängigkeit
    wovon genau ? wer verbietet einer Frau arbeiten zu gehen ? vielleicht sehe ich das falsch weil ich viel mit Frauen in technischen Berufen zusammengearbeitet habe und die sich manchmal beschwert haben, weil ich sie nicht als Frau behandle (sondern wie alle anderen).

    und ungenügender Repräsentanz in wirtschaftlichen und politischen Führungspositionen und Entscheidungsgremien
    Da stimme ich teilweise zu, aber gerade bei den typischen Diskussionen um Frauen in Führungspositionen wird oft vergessen, dass auch Männer die nicht in diversen Netzwerken sind, keine Chance haben. .

    Dieser Punkt berührt auch die meisten Quoten. Wieso heißt es ‘Frauenquote’ ? Warum führt man nicht einfach eine ‘Belegschaftsquote’ ein. Maximal 70% dürfen von einem Geschlecht sein. Das Ziel wäre das gleiche ohne Diskriminierung in eine Richtung.

    Und im Bezug auf das erste Zitat nehme ich mir die Freiheit heraus, Schriften mit meiner Meinung nach grammatikalisch widersinnigen Eiertänzen einfach zu ignorieren, vor allem wenn sie mir per Gesetz mit Strafandrohung verordnet werden.

  32. #32 LasurCyan
    11. September 2015

    Sehr guter Artikel. Und wenn ich jetzt schon wieder die Chauvis anrücken sehe, ist es leider immer noch ein wichtiger Artikel.

  33. #33 Franz
    11. September 2015

    @Gerhard
    Wie ist eigentlich die weibliche Form von Profi?
    Weiblicher Profi. Sie ist ein Profi klingt doch ok.

  34. #34 Franz
    11. September 2015

    @LasurCyan
    Wo genau siehst du die Chauvis ?

  35. #35 Artur57
    11. September 2015

    @Martin

    “Nun ja, ich würde schon sagen, an den Frauen selbst. ”
    Schön wär’s. Die Forschung sagt was anderes:

    Ja, es mag noch Hürden geben, aber die sind doch überwindbar. Inzwischen werden auch Ingenieure im Metallbereich nach ERA-Tarif bezahlt und der bewertet die Tätigkeit rein nach den Anforderungen und zwar mit einem Höchstmaß an Objektivität. Das Problem der Minderbezahlung dürfte damit auch weitgehend vom Tisch sein.

    Eins sollte noch erwähnt werden: im Ostblock wurden Frauen ja einfach ins Maschinenbau-Studium gesteckt und damit wurde ein Anteil von 50 Prozent einfach festgelegt. Kritik am Ostblock ist ja äußerst wohlfeil, seltsamerweise kommen an dieser Stelle aber keine Beschwerden. Auch wird gelobt, dass es da immer Kita-Plätze gab. Der Ostblock hat damit bewiesen, dass Frauen im Maschinenbau mühelos integrierbar sind.

    Obwohl das natürlich nicht die Lösung sein kann, denn damit wurde ja das Recht auf freie Berufswahl außer Kraft gesetzt.

    Es muss bei einem gut gemeinten Aufruf bleiben: Mädels, schreibt euch ein.

  36. #36 LasurCyan
    11. September 2015

    Wo genau siehst du die Chauvis ?

    Ertappt?

  37. #37 Franz
    11. September 2015

    Nö, nicht wirklich und auch sonst habe ich keinen Überhang an chauvis in den Kommentaren ausgemacht. Deshalb die Frage.

  38. #38 Withold Ch.
    11. September 2015

    @ Franz # 30

    ad … gleicher Lohn bei gleicher Beschäftigung …

    Es stimmt, wenn nicht Frauen vor hundert Jahren auf die Strasse gegangen wären, gäbe es vielleicht heute immer noch kein Stimm- und Wahlrecht für sie …
    Für mich ist das einfach eine Selbstverständlichkeit, dass für gleiche Arbeit auch gleicher Lohn bezahlt werden soll, und dass dies vom Gesetzgeber endlich durchgesetzt werden sollte. Hier gilt meiner Ansicht auch nicht der Grundsatz: Wo kein Kläger, da ist kein Recht!

    ad … finanzieller Abhängigkeit …

    Werden Frauen, die Kinder in die Welt bringen und grösstenteils auch aufziehen, etwa gerecht entlöhnt? Nein, sie befinden sich in ziemlich umfassender, finanzieller Abhängigkeit vom Erzeuger.

    ad … ungenügender Repräsentanz in wirtschaftlichen und politischen Führungspositionen und Entscheidungsgremien ..

    Ich bin und bleibe zuversichtlich, dass “einige Dinge” besser laufen würden, wenn beide Geschlechter in gleichem Masse Zugriff und Verantwortung in okonomischen und politischen Belangen erhalten und tragen würden.

    Man könnte es ja zumindest mal versuchen …

  39. #39 MartinB
    11. September 2015

    @Artur57
    “Ja, es mag noch Hürden geben, aber die sind doch überwindbar. ”
    Wie soll ich das verstehen? Überwindbar durch jede einzelne Frau, oder eben doch durch gesellschaftliche Maßnahmen.
    Und falls du mal in den von mir verlinkten Artikel schaust, wirst du dort diverse Aspekte finden, bei denen Frauen heutzutage nachgewiesenermaßen benachteiligt sind.

    Hier übrigens noch ein schönes historisches Beispiel, wie eine “typische Männerdomäne” (Computerprogrammierer) entstanden ist:
    https://gender.stanford.edu/news/2011/researcher-reveals-how-%E2%80%9Ccomputer-geeks%E2%80%9D-replaced-%E2%80%9Ccomputergirls%E2%80%9D

  40. #40 Franz
    11. September 2015

    @Withold
    dass für gleiche Arbeit auch gleicher Lohn bezahlt werden soll, und dass dies vom Gesetzgeber endlich durchgesetzt werden sollte.
    Was hat das mit Frauen zu tun ? Genau aus diesem Grund fand ich den Beitrag sehr gut der zeigte, dass es schlecht ist ein globales Problem auf ein Frauenproblem zu reduzieren. Außerdem, wie willst du das durchsetzen ? Wie misst du den Output ? Alle Techniker verdienen das selbe, obwohl es Leistungsträger gibt ? Bei Frauen fällt es auf, aber das Problem ist global.

    Werden Frauen, die Kinder in die Welt bringen und grösstenteils auch aufziehen, etwa gerecht entlöhnt?
    Werden Männer die Kinder in die Welt bringen gerecht entlohnt ?

    Nein, sie befinden sich in ziemlich umfassender, finanzieller Abhängigkeit vom Erzeuger.
    Nur wenn sie dem zustimmen. Dass sozialer Druck dies oft erzwingt steht auf einem anderen Blatt, aber es gibt mittlerweile kaum mehr ein Gesetz welches obiges erzwingt.

    Man könnte es ja zumindest mal versuchen …
    Deshalb: Geschlechterquote, max. 70% pro Geschlecht in einer Einheit, wenn nicht, dann spezielle Maßnahmen.

  41. #41 brian
    11. September 2015

    Sehr guter und sachlich geschriebener Beitrag, vielen Dank an die Autorin!
    @Gerhard, #11 und Frank, #33: Wie ist eigentlich die weibliche Form von Profi?:
    Es gibt keine weibliche Form von Profi, weil Profi bereits weiblich ist, wie die meisten Worte, die im Singular auf “i” enden und nicht aus der Schweiz stammen. Die meisten Männer wissen das nicht, daher benutzen sie das Wort falsch und beziehen es auf sich selbst und ihre Geschlechtsgenossen
    Andere sind der Meinung, Profi sei nur die Abkürzung von Professionell und behaupten, Abkürzungen hätten kein Geschlecht und kein Genus. Das sind allesamt humorlose Ignoranten die alle miteinander falsch liegen und vom eigentlichen Thema ablenken 😉

  42. #42 Stephanie
    11. September 2015

    Hallo & erstmal Danke für die vielen Kommentare und Rückmeldungen 🙂
    Ich freue mich sehr dass der Artikel hier so diskutiert wird, schließlich ging es mir genau darum, zum nachdenken und diskutieren anzuregen!
    Ich erlaube es mir, die Kommentatoren im folgenden zu Duzen – ich bin es sonst eher gewohnt auf Englisch zu schreiben und käme mir auch ansonsten etwas seltsam vor beim Kommentieren. Ich hoffe es wird mir verziehen!
    Und ich gehe das ganze einfach mal chronologisch durch, da WP ja leider keine Funktion zum direkten Antworten bietet….

    @Jannik
    Ich stehe Frauenquoten auch sehr kritisch gegenüber. Schon viel zu oft habe ich von manchen Menschen gehört dass eine Frau ihre Position ja nur bekommen hätte wegen einer Quote. Selbst wenn dem nicht so ist – allein die Vorgabe einer Quote versetzte alle Frauen die die betreffende Position erlangt haben in die unangenehme Situation dass es ja sein könnte dass sie die Position nur wegen der Quote haben, und nicht weil sie wirklich besser qualifiziert sind. D.h. statt vllt 15-20% Frauen in einem Feld, die sich teilweise durchaus gegen Sexismus behaupten mussten/müssen, die aber meistens auch mehrheitlich von ihren Kollegen für ihre Leistung geschätzt werden, gibt es dann 50-55% Frauen in diesem Feld, und 50-45% Männer die diese argwöhnlisch beäugen weil es ja sien könnte dass mehr als die hälfte davon eigentlich nicht wirklich so gut für ihren Job geeignet sind…
    Ganz zu schweigen daovn dass ich es z.B. bei Stipendien schlicht ungerecht finde dass Frauen/Mädchen in gewissen Feldern mehr gefördert werden als Männer. Einen reinen finanziellen Anreiz zu schaffen einen MINT-Beruf zu ergreifen kann auch nicht wirklich zielführend sein, denke ich…

    @jochen
    Da hast du natürlich recht. Die Frage ist nur, ob man einer Frau wirklich einen gefallen tut wenn man sie in so ein – sei es nun absichtlich oder völlig unbewusst – sexistisches Feld über eine Quote hineinbringt. Eine alternative Problemlösung habe ich leider auch nicht parat…

    @JW
    An meinem Institut zeichnet sich da schon ein leicht anderes Bild. Wobei viele von den jüngeren (PhDs und PostDocs) ihren jeweiligen Partner oftmals hier an der Uni kennengelernt haben. Generell haben viele einen Partner der selbst forschend tätig ist.
    In der universitären Forschung ist man ja generell was Arbeitszeiten und -bedingungen betrifft ein bisschen zwischen den Stühlen, wenn ein Büroarbeiter, Lieferant oder sonstwer 60h in der Woche arbeiten muss ist das Unerhört, aber wenn man als Forscher 7x die Woche 10h im Labor steht ist man irgendwie selbst schuld weil man es sich ja so ausgesucht hat… dementsprechend fände ich es gerade hier wichtig dass es zumindest für die die wollen die Möglichkeit gibt vor Allem eine Vaterkarenz in Anspruch zu nehmen.

    @MartinB
    ” (…) gerade bei Kindern hat sich die Geschlechtertrennung z.B. bei Spielzeug ja eher verstärkt als abgeschwächt. Kinder werden so sozialisiert, dass Mädchen eben andere Dinge zugeschrieben werden als Jungen.”

    Also ich sehe da den Widerspruch eher bei dir:

    ” denke ich, dass Maßnahmen zur Frauenförderung wichtig sind, um eben zu zeigen ‘Auch wenn dir Spielzeugabteilungen, Bücher und Kinofilme was anderes suggerieren, du kannst Wissenschaftlerin werden.’ ”
    …denn genau darum geht es ja, WIR sind diejenigen die diese Klischees vorgeben. WIR sind diejenigen die unsere Kindern all das vermitteln. Die Kleinen sind ja nicht doof, wenn jemand der ungeprägt ist von Geschlechterstereotypen eine Barbie- oder Legowerbung im Fernsehen sieht wird dem Kind das egal sein ob da Mädchen oder Jungs mit diesem Spielzeug spielen.
    Mir geht es auch gar nicht darum gewisses “jungenhaftes” oder “mädchenhaftes” Spielzeug zu kritiseren – es ist schon okay dass es das gibt. Sollen die Hersteller nur machen. Die Aufgabe von UNS als Gesellschaft (und da eben in erster Linie der Eltern) ist es ihren Kindern beizubringen dass es absolut okay ist mit dem zu spielen was einen interessiert, unabhängig davon ob es rosa oder blau ist und ob auf der Verpackung ein Junge oder Mädchen abgedruckt ist.
    Klar ist das einfacher gesagt als getan, weil es nicht reicht das eigene Kind so zu erziehen, und ein gewisser Peer-Pressure nicht durch die Eltern beeinflussbar ist. Aber gerade hier zeigt sich dan eigentlich das Phänomen dass es für ein Mädchen wesentlich “einfacher” ist mit “Jungspielzeug” wie Lego, Matador, Actioniguren oder dergleichen zu spielen, wohingegen ein Junge der mit einer Puppe spielt oder “mädchenhafte” Dinge wie Glitzer oder Nagellack toll findet, auch von Erwachsenen viel weniger akzeptiert wird.

    Und genau das ist der Punkt. Es reicht eben nicht, den Mädchen zu erklären was sie nicht alles können, obwohl die Mädchen in der Werbung nur mit Barbies spielen, wenn wir parallel dazu eine Generation Jungs aufwachsen lassen die glauben sie dürfen nur mit Lego und Actionfiguren spielen. BEIDE sollten so aufwachsen, dass sie ihr Interesse frei entfalten können, und wenn rosa Glitzerbarbies im Geschäft stehen ist das nicht das Problem – es ist nur ein Problem wenn ein Junge dafür ausgelacht wird, wenn er sie haben und damit spielen möchte.

    @Natalie
    Dankeschön! Habe derzeit nur einen privaten Account, aber ich folge dir mal, dann findest du mich und kannst dich ja selbst entscheiden ob dich die Mischung interessiert 🙂

    @Gerhard
    Da hast du absolut recht. Ich sehe nur in meinem (erweiterten) Umfeld immer wieder dass der “klassische” Ruf nach Gleichberechtigung langsam aber sicher an seine Grenzen gelangt, weil es viel zu viele Menschen gibt die dem “Mann- oder Frausein” so immense Wichtigkeit zubemessen dass es ihre Fähigkeit, objektiv zu beurteilen, massiv beschränkt. Es geht ja nicht darum die Probleme zu ignorieren – stattdessen wäre es wichtig Vorurteile abzubauen, und Menschen darauf aufmerksam zu machen wenn sie bewusst oder unbewusst ihre Vorurteile ablassen. Das fängt im ganz normalen Alltagsgespräch an, wenn jemand eine “typisch Mann/typisch Frau” Story bringt oder ein Missverständnis auf Geschlechterunterschiede zurückführt. Statt zu lachen und es so stehen zu lassen, könnte man auch lachen und ein Gegenbeispiel bringen, wo sich ein vertreter des jeweils anderen Geschlechts so verhalten hat. Einfach um zu zeigen dass nicht “alle Männer vom Mars, alle Frauen von der Venus” sind.

    @Artur57
    Es scheitert aber auch daran, dass all diese Möglichkeiten und Optionen für ein Mädchen, sich zu verwirklichen, genau da aufhören wo die Gesellschaft sie dafür kritisiert dass sie nicht 3 Jahre nach der Geburt ihres Kindes zu Hause bleibt, ja vielleicht nicht einmal mehr als ein paar Monate, und vielleicht dann obendrein auch nicht stillt…. und so weiter. Dass Väter in karenz gehen und sich um die Kinder kümmern ist sicherlich keine Ausnahme und vielleicht auch keine Seltenheit mehr, aber es ist trotzdem noch so dass in der Gesellschaft, wenn ein Paar ein Kind bekommt, erstmal standardmäßig davon ausgegangen wird dass die Mutter zu Hause bleibt und sich kümmert bis das Kind alt genug für den Kindergarten ist. Die Möglichkeit für den Vater, einen Teil dieser Zeit zu übernehmen besteht zwar, wird aber immer noch als etwas “besonderes” empfunden, eben als Nicht-Standard. Genauso wie standardmäßig davon ausgegangen wird dass junge Frauen Kinder haben wollen. Junge Männer werden dass sicherlich nicht halb so oft gefragt wie junge Frauen.
    Mit anderen Worten: Die Gesellschaft hat uns auf den Ast gesetzt, aber wer so dreist ist zu fliegen wird (übertrieben gesagt) abgeschossen.

    @Barbaz:
    Aber irgendwie scheint das ja in beiden Fällen nicht so recht zu funktionieren – ich kenne fast NUR Menschen die sich über das Gendern aufregen und es unnötig finden. Nachdenken ist bei diesen Reaktionen eher selten involviert – wenn man mit Ruhe und Muße ein Gespräch beginnt, sind das auch in den seltensten Fällen Menschen die Frauen irgendwelche Rechte aberkennen würden, sondern sie sehen schlichtweg nicht wie das irgendwem helfen soll ob da jetzt Lehrer_innen, Lerher/innen oder LehrerInnen steht…
    Bezüglich Frauenquote – ähnliches Dilemma. Sie erschafft mit der “minderqualifizierten Quotenfrau” nur ein weiteres Stereotyp in den Augen vieler, das ganz sicher nicht dazu führen wird dass diese ihr Verhalten ändern oder Umdenken.

    @Withold Ch.
    Zum Thema Lohn kann ich nichts sagen außer dass ich genau den selben Vertrag habe wie jeder andere PhD Student an diesem Institut. Finanziell Abhängig sind wir alle, unabhängig vom Geschlecht, bis wir unseren ersten eigenen Job haben. Wer sich danach für eine Beziehung entscheidet in der er oder sie seine finanzielle Unabhängigkeit aus welchen Gründen auch immer aufgibt, muss das selbst entscheiden…
    Eine Unter-Repräsentanz (an solchen Worten merke ich dass ich wieder mehr auf Deutsch lesen/schreiben muss..) ist natürlich gegeben, genauso gilt es umgekehrt: Warum gibt es so wenige männliche Kindergärtner? So wenige männliche Krankenpfleger? So wenige Hausmänner/Väter die zu Hause bleiben? Das Problem geht in beide Richtungen, natürlich ist es von größerer Brisanz dass die politischen Fürungspositionen und Entscheidungsträger vornehmlich männlich sind. Aber der GRUND ist der selbe wie der, dass diejenigen die den Haushalt und die Kinderziehung schmeißen vornehmlich weiblich sind.
    Und man kann das eine Problem nicht lösen und auch das andere anzugehen, und damit sind wir wieder beim Eingansthema: weg von den Rollenbildern/Steoeretypen in den Köpfen der Menschen..

    @R. Hormann
    Da ich diese Bücher nicht gerade eben mal zufällig im Regal stehen habe, wäre es für eine Diskussion zuträglich wenn du eventuell ein paar inhaltliche Aspekte zum Thema zur Debatte bringen könntest…?

    @kari90
    Danke für deinen Kommentar!
    Ich sehe das auch so. Ich hatte das selbe Glück wie Jochen’s Tochter und wünsche es einfach allen Kindern dass das bald nicht mehr “Glück” ist sondern Standard, weil hoffentlich mit der Zeit mehr und mehr Menschen verstehen dass es viel sinnvoller ist sein Kind so offen zu erziehen.

    @Tina_HH
    “Aber leider ist die Realität nun mal nicht so.”
    Ja aber genau darum geht es doch – dass man sich überlegt wie man etwas an der Situation ändern kann. Und mein Vorschlag ist, Menschen zum Umdenken bewegen und ihnen zeigen, dass vermeintliche Geschlechterunterschiede nicht so wichtig sind wie viele vielleicht annehmen.
    Dass die Realität anders ist, ist doch kein Argument, natürlich ist sie anders, sonst gäbe es ja keinen Diskussions-/Verbesserungsbedarf 🙂
    Der Punkt ist eben auch, dass der Macho-Chef aus der Hölle sich eher wenig für eine Frauenquote interessieren wird oder dafür, ob man ein FFG-Stipendium zur Frauenförderung in MINT-Berufen bekommen hat. Die Maßnahmen zur Gleichstellung muss es geben – aber ich frage mich ob sie in der derzeitigen Form zielführend sind. Vielleicht würde es mehr bringen wenn man etwas mehr Energie in den Abbau von Vorurteilen steckt, so dass es vielleicht auch irgendwann bei potentiellen Macho-Chefs durchsickert…?

    @gaius (und MartinB)
    Da mag mir persönlich als Mensch mit, ich sage mal, eher freier sexueller Ausrichtung das Vermögen fehlen das nachzufühlen… aber ich wage zu behaupten dass wir uns als Spezies weit genug entwickelt haben nicht mehr alle Entscheidungen nur noch aufgrund des “Bauchgefühls” und dergleichen zu treffen. Klar gibt es Sympathien, Abneigung, und Menschen die einfach nicht “miteinander können”. Wichtig ist, dass man sich im klaren ist ob eine Entscheidung oder Handlung auf einer rationalen/faktischen EInschätzung beruht (“Ich mag Person X nicht weil er/sie mich nie grüßt und immer abfällig behandelt”) oder ob es eher Bauchgefühl oder Sympathie ist (“Ich mag Person X nicht weil er/sie ein doofes Lachen hat”). Und man muss eben wissen in welcher Situation man sich auf was verlassen sollte…
    Leider wird heutzutage ja gerne dem “Bauchgefühl” der Vorzug vor der “kalten Ratio” gegeben, aber das ist eigentlich auch ein wichtiger Punkt in der Debatte – bei manchen Menschen reicht es nämlich absolut ihnen das rationale Denken wieder ein bisschen näher zu legen, um ihnen ein bisschen die Vorurteile zu nehmen 🙂

    Aber ich stimme dir zu, was du in #22 schreibst: Viele Meschen sind irritiert wenn sie mit etwas konfrontiert werden, was sich nicht in “Mann” und “Frau” einteilen lässt (Stichwort Conchita Wurst…). Allerdings denke ich dass das auch ganz stark von der Erziehung abhängt. Wenn man nicht viel Wert darauf legt zu evaluieren ob das Gegenüber ein Mann oder eine Frau ist, weil es im Kontext (also alles, was nicht mit potentieller Paarung zu tun hat wie z.B. Tanzen/Feiern gehen usw) nicht wichtig ist, dann stört das – zumindest meiner Erfahrung nach – nicht wirklich.

    @Phil
    “Rollenbilder sind für die psychologische Entwicklung von Kindern enorm wichtig. Man sollte aber ein Klima schaffen, von wo es klar ist, dass man jederzeit von diesem Rollenbild abweichen kann und das dieses Können auch gut ist.”
    Rollenbilder, Vorbilder und “Werte” haben aber rein gar nichts mit dem Geschlecht zu tun. Warum sollte es wichtig für die Entwicklung eines Kindes sein, dass die fürsorgliche Bezugsperson die Abends die Bettgeschichte vorliest und bei Halsweh den kartoffelumschlag kocht eine Frau ist, und die ‘strenge” Bezugsperson, die viel arbeitet und das Geld nach Hause bringt ein Mann?
    Werte können vermittelt werden, unabhängig davon ob das Rollenbild des “Fürsorglichen” oder “Ehrgezigen” von einem Mann oder einer Frau eingenommen werden.

    “Wichtig sind einheitliche Kriterien und keine Boni für (angeblich) benachteiligte Gruppen.”
    Was halt wesentlich einfach wäre wenn die Unterteilung in diese Gruppen nicht mehr so wichtig genommen wird, was bei keinen zwei Gruppen so einfach ist wie bei den zwei größen Menschengruppen überhaupt….

    “Da Frauen (meiner Erfahrung nach) selten wissen, was gut für sie ist, ist dies in der Regel ein gut gemeinter Rat. Natürlich gibt es 10% der Frauen, für die der Rat falsch ist, aber deswegen ist er nicht schlecht, sondern gut.”
    Es ist vielleicht gut gemeint, aber deswegen nicht gut. Der Ratschlag ist in dem Sinne jetzt auch nicht inhaltlich “schlecht”, weil er natürlich ein wichtiges Thema zur Sprache bringt, aber schlichtweg in der Situation unpassend gewesen. Genausogut hätte man sagen können “Dir ist aber schon bewusst dass das sehr stressig ist, einen hohen zeitaufwand bedeutet, eventuell mit Umzug ins Ausland usw.?” – das wären Punkte die für 100% aller Frauen in der universitären Forschung passend wären, und darauf hinzuweisen wäre ein einigermaßen sinnvoller Ratschlag.

    “Frauen müssen den Besten suchen, Männer die Nächstbeste. Die grundsätzlichen Triebe lassen sich auch nicht mit modernen Gesellschaftsstrukturen unterbinden, jedoch oft ziemlich stark einschränken.”
    So schlecht scheint es aber dann doch nicht zu funktionieren, wenn man bedenkt dass die meisten Menschen (darunter auch Männer!) in serieller Monogamie leben und die Frauen in unserer Gesellschaft nicht alle 9-10 Monate gebären…?

    @Volker
    Der Link funktioniert bei mir irgendwie leider nicht? 🙁 Aber ich werd mal versuchen zu ergoogeln, die Studie klingt interessant!

    @Franz
    “Belegschaftsquote” finde ich eine tolle Idee! 🙂
    Wobei zu dem Quoten-Thema noch anzumerken ist, dass es ja auch hier ziemlich verlogen ist wie die Gesellschaft damit umgeht… in den MINT-Berufen und Führungspositionen ist es super wichtig dass wir mindestens 50% Frauen haben… aber alles “darunter”? Wo ist der ruf nach 50% weiblichen Automechanikern? Oder Müllfrauen? Feuerwehrfrauen……?

    PS: Die Vorschau ist sehr seltsam formatiert…. ich hoffe das bleibt nicht so wenn es gleich abgeschickt wird…

  43. #43 Nika
    11. September 2015

    @Artur57 zu #9: Ich bin in der gymnasialen Oberstufe und wir sind in unserer Stufe mehr Jungen als Mädchen und in meinem Physikkurs bin ich eines von drei Mädchen neben ca. 18 Jungen…
    Ich fand den Artikel sehr gut und habe ebenfalls schon öfters darüber nachgedacht obwohl ich zum Glück weitestgehend verschont blieb von Wörtchen wie “auch”. Aber trotzdem ist das natürlich in vielen Situationen ein Thema. Aus meiner Familie sind diese Wörtchen vielleicht deshalb vollständig verschwunden, weil in der einen Hälfte meine Großmutter Chemikerin war und in der anderen Hälfte meine Mutter Ingenieurin ist.

  44. #44 rolak
    11. September 2015

    Sehr schön zu lesender Text, man merkt gar nicht wie die Daten aufgenommen werden – und trotzdem tiefgreifend und ohne zu kompliziert zu werden umfassend. Aufgelockert durch persönliche Erlebnisse – sehr schön, wie schon gesagt.

    Chauvis anrücken

    Hintertür aufmachen und durchrücken lassen, LasurCyan, eigenangetrieben von der geäußerten heißen Luft…

    Nebenan rödelt die Hilfstruppe an meinen Fenstern zur Straße hin, befreundetes Ehepaar, sie ist Profi und er macht (teils im Wortsinne) den Wasserträger – während meiner einer uns bekochte und dann Küche räumte, ganz klar die MachoRolle 😉

  45. #45 gaius
    11. September 2015

    @Stephanie

    Danke für die ausführliche Antwort!

    “Da mag mir persönlich als Mensch mit, ich sage mal, eher freier sexueller Ausrichtung das Vermögen fehlen das nachzufühlen…” Ich würde mich selber als Mensch mit eher freier sexueller Ausrichtung betrachten 🙂 Ich bin nur beruflich mit Wahrnehmungsfragen befasst und gehe davon aus, dass das Meiste davon tief in unserer Evolution begründet ist. Das könnte erklären, warum Menschen irritiert sind, wenn ihnen die Information “vorenthalten” wird, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.

    Mehr habe ich nicht gesagt. Über “Entscheidungen” habe ich keine Aussage gemacht.

  46. #46 LasurCyan
    11. September 2015

    eigenangetrieben von der geäußerten heißen Luft…

    Hehe, jetzt verstehe ich ‘LuftHoheit’ völlig neu..

    ganz klar die MachoRolle

    Kommt mir irgendwie bekannt vor, rolak^^

  47. #47 Stephanie
    11. September 2015

    Oh man…. ich glaub mein Kommentar wurde vom Browser verschluckt. Ich hoffe das kommt jetzt doppelt an:

    @gaius

    Das ist dann wohl die klassische nature/nurture Debatte 🙂
    Ich bin da schlichtweg eher der Meinung, dass es stark darauf ankommt wie man aufwächst, wie man in solchen Situationen reagiert. Man sieht das ja in vielen vermeintlich kontroversen Bereichen (die Einstellung zum Thema Homosexualität z.B. aber auch Rassismus/Fremdenfeindlichkeit), dass Kinder sehr stark von der Meinung erwachsener Bezugspersonen beeinflusst werden. Zumindest was die Reaktion auf eine “nicht-binäre” Person angeht, denke ich dass da “nurture” eine größere Rolle spielt. Alleine durch “nature” lässt sich das mMn nicht erklären dass manche Menschen so extrem irritiert, um nicht zu sagen aggressiv auf Crossdresser/Transgender People oder androgyne Menschen reagieren, während es andere komplett gelassen nehmen.
    Vermutlich ist es schon auch eine Verbindung von beidem – wer selbst nicht unbedingt in nur einem Geschlecht einen potentiellen Partner sieht tut sich vielleicht leichter diesen Aspekt bei der Beurteilung des Gegenübers außer acht zu lassen.
    Aber es streift erneut ein weiter oben in meinem Kommentar angesprochenes Thema – Evolution hin oder her, man kann natürlich viele Phänomene und viel “Bauchgefühl” dadurch erklären, aber genau da sollte man sich dann als Mensch im 21. Jahrhundert die Frage stellen ob es jetzt in dieser Situation Sinn macht, nach Bauchgefühl zu urteilen, oder vielleicht doch lieber nochmal genau darüber nachzudenken. Und ich denke dass ist eine wichtige Botschaft, die der Gleichberechtigung förderlich wäre.

    @rolak
    Vielen Dank! 🙂

  48. #48 Helga
    11. September 2015

    Ich habe leider keine Zeit nachzulesen, ob in einem Kommentar schon darauf verwiesen wurde, aber es gibt einiges an wissenschaftlicher Forschung, die den Sinn geschlechter-gerechter Sprache und die Notwendigkeit von weiblichen Vorbildern für Mädchen belegt. Als Einstieg:

    https://www.scilogs.de/sprachlog/frauen-natuerlich-ausgenommen/

    https://www.sprachlog.de/2015/06/09/geschlechtergerechte-sprache-und-lebensentscheidungen/

    Was dazu kommt: Wörter wie „Naturwissenschaftler“ sind im Deutschen bereits gegendert. Naturwissenschaftlerinnen mitzunennen oder neue Formen (Naturwissenschaftler_innen, Naturwissenschaftlerx…) zu bilden, ist der Versuch geschlechter-gerechter Sprache oder sogar der Abschaffung der Binarität. Das wird leider genauso selten verstanden wie die Unterscheidung von Sex und Gender.

  49. #49 bikerdet
    11. September 2015

    @ Stephanie :
    Auch mir gefällt der Artikel sehr gut. Er beschreibt ein großes Problem unserer Gesellschaft sehr treffend. Als bereits älterer Vater zweier Töchter,( die eine studiert Biologie im Masterjahrgang, die andere ist in der Oberstufe mit dem Berufswunsch Erzieherin) sehe ich ein paar Dinge ein kleines bischen anders. Da Du ja sehr offen und höflich mit anderen Meinungen umgehst, möchte ich sie DIr nicht vorenthalten.
    1.) Babyjahre :
    Ich arbeite in einem großen Industriebetrieb. Bei uns gibt es Tariflöhne, die einzig vom Arbeitsplatz abhängen. Finanzielle Geschlechterunterschiede gibt es bei uns nicht. Aber im Durchschnitt verdienen Frauen in ‘D’ etwa 22% weniger als ihre Kollegen. Für Personen in kleineren Firmen sieht es nochmal schlechter aus. So bekommt (nicht verdient) meine Frau nur 1/2 soviel Geld wie ich. Somit war es mehr eine Frage des Geldes als des Genders das meine Frau die Freistellung genutzt hat. Wenn man sich also überlegt, das : Mann bleibt zu Hause = 2/3 weniger Geld oder Frau bleibt zu Hause = 1/3 weniger Geld bedeutet, ist die Wahl erzwungen. Da aber vor allem die typischen Frauenberufe insgesamt schlechter bezahlt sind, wird das einen großen Teil der Familien betreffen.
    2.) Typische Berufe
    Es ist ein wichtiger Aspekt, das vor allem Frauen schlechter bezahlt werden. Besonders krasse Missverhältnisse gibt es z.B. in diesen Berufen:
    https://www.focus.de/finanzen/karriere/perspektiven/frauen/bis-zu-37-prozent-unterschied-in-diesen-berufen-sind-frauen-am-staerksten-benachteiligt_id_4530618.html

    Aber diese Ungleichbezahlung führt dazu, das es überhaupt ‘typische’ Berufe gibt. So verdient z.B. eine Grundschullehrkraft weniger Geld als eine Lehrkraft am Gymnasium. Dort trifft man mehr Männer, wogegen deutlich mehr Frauen an den Grundschulen unterrichten. Ebenso im Verkauf, Pflege, Erziehung. Hier klafft zwar keine große Lücke zwischen den Geschlechtern, aber der Verdienst ist so gering, das Männer diese Berufe nur sehr selten ergreifen.
    Gerade im Bereich Erziehung hat man als Mann sehr große Probleme. Ich selber habe nach 14 Jahren Jugendarbeit im Verein das Handtuch geworfen, da Männer anscheinend grundsätzlich als heimliche Pädophile gelten, sobald sie sich in der Jugendarbeit engagieren. Was, freiwillig und ohne Bezahlung ? Das muss ein …. sein. Auch der Sohn eines Kollegen hat viele Jahre vergeblich versucht eine Stelle als Erzieher zu bekommen. Aber trotz spezieller Weiterbildung um mit behinderten KIndern arbeiten zu können / dürfen Fehlanzeige. Aber das hast Du ja auch schon kritisiert.
    3.) Frauenquote :
    Ich bin strikt FÜR eine Frauenquote. Es ist schon traurig, das sich selbst die Frauen dagegen ausprechen. Eigendlich werden hier die ‘Totschlagargumente’ der Männer übernommen. O Gott, sie ist eine Quotenfrau. Ja, ist sie. Weil Männer ansonsten keine Frauen in ihre Domänen lassen. Wie war es in der Politik ? Redet dort noch jemand über Quotenfrauen ? Als Frauen nicht lesen / schreiben / komponieren / studieren durften, galten sie auch als zu dumm und ungeeignet. Welche Frau bildet sich heute aus, um Fußball – Bundesligatrainerin zu werden ? Nicht bei den Frauen, bei den Männern. Keine, klar. Sie hätte keine Chance. Genauso ist es bei den Vorständen. Erst wenn überhaupt ein Bedarf ist, werden Frauen diese Ausbildung / Studium beginnen. Und es wird in ein paar Jahren niemand mehr von Quoten reden, weil es dann ‘Normal’ ist. Die erste Frau in der ‘Sportschau’ ist über ‘Schalke 05’ gestolpert, heute sind dort Frauen selbstverständlich. Geben wir also den jungen Frauen eine Chance, die sie aber nur durch die Quote bekommen. Freiwillig wird das nie passieren. Wen man sich mal überlegt, wäre der Versicherungsvorstand auch dann nach Budapest ins Bordell gefahren wenn es damals schon Frauen im Vorstand gegeben hätte ?

    Tatsächlich sind wir leider erst ganz am Anfang der Gleichbehandlung. In den Köpfen der älteren Generation sind größtenteil noch die Ideen und Verhaltensmuster der Vergangenheit vorhanden. Menschen in dieser Altersklasse (+60 ) sehen es noch als selbstverständlich an, das der Mann das Geld verdient und die Frau den Haushalt und die Kinder versorgt. Meine Oma war noch der Ansicht, das sie als Ehefrau ihrem Gatten zu gehorchen habe. Es liegt also an der jungen Generation die Verhaltensmuster zu durchbrechen und neues auszuprobieren. Wir Alten schaffen das nicht mehr.( Was man ja gut an einigen Kommentaren hier sehen kann). ‘ Was in den letzten 50 Jahren gut war, kann nicht plötzlich schlecht sein.’ Doch, kann es. Neue Generation, neues Spiel. Ich habe es bereits in einem anderen Beitrag geschrieben : Es ist die Aufgabe der Gesellschaft dafür zu sorgen, das die Frauen die alleinige und freie Entscheidung für Karriere, Kinder oder Beidem haben. Davon sind wir weit entfernt. Ich habe versucht meine Töchterzu überzeugen, das sie in die Politik gehen und selber für Änderungen sorgen sollen. Okay, sie haben sich anders entschieden.

  50. #50 Sulu
    11. September 2015

    Dabei wäre es so viel wichtiger zu verstehen dass die Unterschiede zwischen zwei Menschen viel, viel größer sind als die gemittelten Unterschiede zwischen „allen Frauen“ und „allen Männern“. Es wäre wichtig zu verstehen, dass es völlig irrelevant ist ob jemand als biologischer Mann oder biologische Frau geboren wurde, sondern welche Fähigkeiten und Begabungen die individuelle Person hat. Keine „Schublade“ in die Menschen andere Menschen steckt ist so gigantisch groß wie die die Schublade „Mann“ oder „Frau“. Und genau das macht sie so lächerlich obsolet dass man doch im Jahr 2015 doch endlich einmal aufhören könnte alles danach zu kategorisieren.

    So wahr… wenn da nicht die lieben Mitmenschen wie Phil wären, die vor allem wissen müssen, ob der jeweilige Mitmensch für Geschlechtsverkehr infrage kommt…

  51. #51 dgbrt
    11. September 2015

    Liebe Stephanie,
    das ist eine sehr interessante Auseinandersetzung mit dem Thema. Ich wünsche mir, dass viel mehr Frauen das so angehen würden. Der Feminismus oder auch Frauen-Quoten verstärken den Gender-Effekt doch nur.

    Ich hoffe, dass die Gleichberechtigung in diesem Stil weiter diskutiert wird. Frauen können nicht “auch” etwas, sondern Menschen können das, was sie gelernt haben und wo sie Talent zu haben.

    Ich möchte aber auch hier nochmal meine Kritik an dem Begriff des Sexismus betonen. Sex wird im Deutschen eigentlich nur mit Geschlechtsverkehr gleichgesetzt, im Englischen hat der Begriff unter anderem ja auch diese Bedeutung. Damit wird die Benachteiligung der Frauen auf die, durchaus auch vorhandenen, sexuellen Übergriffe von Männern reduziert. Das ganze Gender-Problem wird von vielen Männern dann nicht verstanden, da sexuelle Gedanken in den meisten Fällen gar keine Rolle spielen.

    Und zum Schluss die neusten (nicht ganz ernst gemeinten) Forschungsergebnisse, warum Männer immer nur an das Eine denken (Mauszeiger auf das Bild gibt einen Bonus):
    xkcd: Every Seven Seconds

  52. #52 griesl
    11. September 2015

    @bikerdet
    “Wen man sich mal überlegt, wäre der Versicherungsvorstand auch dann nach Budapest ins Bordell gefahren wenn es damals schon Frauen im Vorstand gegeben hätte ?”

    Wer weiss. Ich denke Frauen haben auch Spass an Sex.

  53. #53 Dampier
    11. September 2015

    Klasse Artikel, spricht mir in vielem aus der Seele (wobei – oder gerade weil – das Genderthema bei mir keine hohe Priorität hat).

    Dabei wäre es so viel wichtiger zu verstehen dass die Unterschiede zwischen zwei Menschen viel, viel größer sind als die gemittelten Unterschiede zwischen „allen Frauen“ und „allen Männern“.

    Das bringt es auf den Punkt. Den Artikel werde ich Forendiskussionen wahrscheinlich öfter verlinken.

    #35 Artur57

    Der Ostblock hat damit bewiesen, dass Frauen im Maschinenbau mühelos integrierbar sind.
    Obwohl das natürlich nicht die Lösung sein kann, denn damit wurde ja das Recht auf freie Berufswahl außer Kraft gesetzt.
    Es muss bei einem gut gemeinten Aufruf bleiben: Mädels, schreibt euch ein.

    Interessanter Aspekt. Deine Schlussfolgerung teile ich auch.

  54. #54 gaius
    12. September 2015

    @ Stephanie
    Ich bin beeindruckt, wieviel Zeit Du Dir zur Beantwortung nimmst. Vielen Dank. Allerdings geht das in meinem Fall (auch schon bei MartinB) an meinem Thema vorbei. Ich habe nicht über Homosexualität oder Transgender gesprochen. Meine Anmerkung bezog sich nur auf den einen Satz von Dir:

    “Auf die Frage eines Schülers im Sprachkurs, wie man denn dann wissen könne ob von einem Mann oder einer Frau die Rede sei, überlegte die Finnischlehrerin kurz, und meinte dann: „Meistens ist es einfach nicht wichtig“”

    und ich wollte erklären, warum es “wichtig” sein könnte, in einem archaischen, unbewußten Sinn. Mehr nicht. Wir können das damit auch gerne beenden, so wichtig ist dieses Detail nicht 🙂

  55. #55 Alex
    12. September 2015

    Hallo,
    Nur ein kleiner Beitrag:
    In deinem Artikel steht, dass es nur eine Situation hab, in der du dir wünschtest ein Mann zu sein, weil der “Hinweis” den dir dein Betreuer gab dich auf deine Gebährfähigkeit reduziere. Das mag auch so gewesen sein. Mir fiel nur in diesem Moment ein, dass mein jetziger Doktorvater mir das gleiche sagte. Also in dem Sinne:” du solltest beachten dass ein phd und auch der Weg in die Wissenschaft nicht familienfreundlich ist” und er hat recht! Alle zwei, drei Jahre um zuziehen etc. Ist bestimmt nicht förderlich.
    Ich habe das nicht als diskriminierend empfunden. Vielleicht nimmt man wohlgemeinte Ratschläge manchmal als Mann anders auf als als Frau?? Das soll nur ein kurzer Kommentar zu diesem Teil des Artikels sein.

  56. #56 hampel
    12. September 2015

    Vielen dank für diesen Artikel!
    Gerne mehr 🙂

    Zum Thema von Alex#55
    Hab es jetzt von drei unterschiedlichen Studienrichtungen gehört:
    Ganz am Anfang des Studiums wird klar gemacht:
    “Wenn ihr Kinder Kinder haben wollt. . Dann jetzt!
    Die nächsten 20 Jahre habt ihr keine Zeit”

    Mag an der Politik der Uni liegen es so deutlich zu formulieren, und über die Art und weise kann man diskutieren, grundsätzlich finde ich es aber keine blöde Idee das klar zumachen. Der Hinweis auf funktioniert ja auch geschlechtsübergreifend.

  57. #57 hampel
    12. September 2015

    -.-

    “Der Hinweis auf mögliche Probleme mit der Familienplanung funktioniert ja auch geschlechterübergreifend” soll es natürlich lauten

  58. #58 Erzblume
    12. September 2015

    Danke für diesen Beitrag, er ist schon unter meinen Favoriten 🙂

    Ich hatte auch mein ganzes Leben lang mit diesen Rollenvorgaben zu kämpfen, und hab immer versucht möglichst “unmädchenhaft” zu sein, weil mir solche Einteilungen immer schon am Nerv gingen.
    Mein jüngerer Bruder dafür spielte mit Barbies, schmücke seine Haare mit Harreifen und Spangen, etc…
    Heute sind wir beide starke und erfolgreiche Individuen, in den Dingen, die wir tun.

    Aber gegen solche Mechanismen anzukommen ist nicht immer leicht, ein Umdenken sehr notwendig. Danke für deine tolle Auflistung der Probleme und Unterschiede zwischen Sex und Gender!

  59. #59 Tina_HH
    12. September 2015

    @Stephanie

    Die Maßnahmen zur Gleichstellung muss es geben – aber ich frage mich ob sie in der derzeitigen Form zielführend sind. Vielleicht würde es mehr bringen wenn man etwas mehr Energie in den Abbau von Vorurteilen steckt, so dass es vielleicht auch irgendwann bei potentiellen Macho-Chefs durchsickert…?

    Vielleicht habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, also noch ein Versuch. Natürlich ist es sinnvoll und wichtig, Vorurteile abzubauen – das sehe ich genauso wie du.

    Mit dem “Macho-Chef aus der Hölle” wollte ich eigentlich darauf hinweisen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, die wir jetzt (hier und heute) haben, eben leider noch nicht so sind, dass man auf unterstützende politische Maßnahmen verzichten kann.
    Vielleicht sind nicht alle Maßnahmen zur Gleichstellung “elegant”, aber sie können funktionieren.

    “bikerdet” hat in #49 meiner Meinung nach sehr gut begründet, warum Quoten wichtig und sinnvoll sind.

    Aus meiner bisherigen persönlichen beruflichen Erfahrung kann ich nur sagen: Je kleiner die Firma, desto weniger Schutz gibt es (z.B. keine Tarifverträge, kein Betriebsrat usw.) und desto mehr bist du als Angestellte/r den “Charaktereigenschaften” des Chefs ausgesetzt. (Ich könnte jetzt natürlich zur Veranschaulichung so einige “Anekdoten aus dem Berufsleben” bringen, aber das erspar ich mir an dieser Stelle mal. Die meisten werden das ohnehin kennen.)

    Das Problem (Zustände in den Firmen) gilt selbstverständlich auch für angestellte Männer, aber die haben zumindest nicht noch zusätzlich damit zu kämpfen, dass sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden.

    Deshalb auch mein Hinweis darauf, dass viele Frauen heutzutage die Diskrimierung erst so richtig bermerken, wenn sie ins Berufsleben starten. In der Schule und im Studium sieht die Welt meist noch sehr viel freundlicher aus.

    (Ich merke gerade, dass ich fast schon wie die älteren Leute klinge, die früher immer gesagt haben, dass das richtige Leben (also der Ernst es Lebens) erst anfängt, wenn man selber arbeiten und Geld verdienen muss… Ich habe solche Sprüche früher gehasst, weil sie ja unterstellten, man selber sei irgendwie noch nicht so ganz im richtigen Leben angekommen, also noch zu naiv). Heute muss ich zugeben, dass da zumindest was dran war. Ob solche Warnungen pädagogisch besonders geschickt waren, lass ich mal beiseite.)

    Ich hoffe, ich konnte jetzt etwas besser verdeutlichen, worauf ich hinaus wollte. 😉

  60. #60 Desolace
    12. September 2015

    @Alex
    “Vielleicht nimmt man wohlgemeinte Ratschläge manchmal als Mann anders auf als als Frau??”

    Ich denke, es liegt auch daran, dass von Frauen einfach erwartet wird, dass sie Kinder bekommen. Ich zB möchte keine, aber egal wem ich das erzählt habe (wenn das Thema denn mal aufkam), die Antwort war immer gleich: “Du bist ja noch jung, das kommt schon noch!” Und diese Antwort ist, seit ich das erste Mal meine Entscheidung ausgesprochen hab, die gleiche gewesen, egal ob ich 15 oder 25 war. Und das geht einem irgendwann MEGA auf den Keks… -.- Deshalb reagiere ich mittlerweile richtig fuchsig, wenn die Sprache dann auf “Familienplanung” kommt. Und ich denke dass es vielen anderen Frauen genauso geht. Wir werden da einfach öfter drauf angesprochen und sind deshalb schneller genervt 😀

  61. #61 ulfi
    12. September 2015

    @Stephanie “Aber, willst du das wirklich? Das muss dir schon klar sein, dass das sich das sehr schwer mit einer Familienplanung vereinbaren lässt!”

    Ich weiss nicht, ob dir das hilft, oder das Gespräch eine weitere Geschlechtsbezogenen Konnotation hatte, aber ich hatte dieses Gespräch auch mit meinem Professor und das warein Gespräch unter Männern. Wie gesagt, ich weiss nicht, wie euer Gespräch da ablief, aber ich enpfand das als “gut meinter Rat”, dass Familie und Forschung zusammen kompliziert werden kann (und ich sehe es zum Beispiel bei meiner Schwester mit ihrer Familie, da war vor kurzem wieder das Bangen um den nächsten Anschlussvertrag angesagt 🙁 ).

  62. #62 Stephanie
    12. September 2015

    @Helga
    Es scheint aber schon auch den Zusammenhang zu geben, dass geschlechtsneutral besser wäre als “geschlechtergerecht” weil die Unterteilung von Wörtern und sogar abstrakten Begriffen in “männlich” und “weiblich” dazu zu führen scheint dass man eben nicht mehr “neutral” mit diesen Dingen umgeht:
    https://www.voxeu.org/article/language-matters-gender-grammar-and-observed-gender-discrimination
    Deswegen bin ich voll und ganz für geschlechtsneutrale Sprache, aber eben nicht durch ein generisches Femininum.
    “Naturwissenschaftlerinnen mitzunennen oder neue Formen (Naturwissenschaftler_innen, Naturwissenschaftlerx…) zu bilden, ist der Versuch geschlechter-gerechter Sprache oder sogar der Abschaffung der Binarität”
    Wo ist das eine Abschaffung der Binarität wenn ich schreibe “Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler” ?
    “Das wird leider genauso selten verstanden wie die Unterscheidung von Sex und Gender.”
    Ich verstehe es leider auch nicht wirklich was das bezwecken soll, und ich sehe bisher fast nur negative Auswirkungen – dass genau diejenigen, die ihr stereotypes Denken hinterfragen sollten, sich nur nochmehr aufregen und in die frauenfeindlichkeit (“Haben die sonst keine Probleme” etc) abdriften. Wenn diese Methode, die Srache geschlechtsneutral zu gestalten, ganz offenbar nicht wirklich Fuß fasst, wäre es dann nicht sinnvoll über andere Wege nachzudenken, diese Ziele zu erreichen?

    @bikerdet
    Dankeschön!
    Ad 1)
    Aber deine Frau verdient(e) ja wahrscheinlich auch primär deswegen weniger Geld als du, weil sie einen anderen Job macht, oder weil sie nur Halbtags arbeitete oder nur die hälfte deiner Qualifkationen hat…? Ihr habt doch wohl nicht die selbe Position inne und sie verdient nur 50 % ? Die Entscheidung dass in so einer Situation die Frau ihren Beruf aufgibt, ist natürlich absolut logisch nachvollziehbar. Die “ungerechtigkeit” fängt aber eigentlich schon da an, wo Frauen aufgrund der gesellschaftlichen Attitüde eher in solche “50% Jobs” gedrängt werden, und das passiert leider unter anderem auch deswegen, weil man ihnen erklärt dass sie ja sonst keine Familie gründen können. Es schließt sich also quasi der Kreis, und ebenso müsste man das Problem eben auch auf all diesen Ebenen angreifen – auf sozialer Ebene, daran arbeiten dass Frauen auch wirklich die Freiheit eingeräumt wird, sich für ihren WUnschberuf zu entscheiden und Karriere zu machen, wenn sie das wollen, und dass Männer bestärkt werden wenn sie eine Familie gründen wollen und dafür selbst beruflich zurückstecken wollen. Auf legislativer Ebene, dass die Möglichkeiten dafür geschaffen werden. Und auf wirtschaftlicher Ebene, dass strenger geprüft wird dass Menschen in der selben oder ähnlichen Position mit ähnlichen Qualifikationen nicht aufgrund ihres Geschlechts bei der Bezahlung diskriminiert werden.
    Das Argument “Frauen verhandeln weniger hart” ist für mich absolut nachvollziehbar (scheint wohl eine Art “imposter-Effekt” zu sein), und würde sich zB dadurch bekämpfen lassen, dass man in unserer Gesellschaft anfängt offener über Geld zu sprechen bzw. Gehaltszahlen offen gelegt werden (von den Firmen selbst). Denn wenn man weiß was jemand in einer ähnlichen Position verdient, hat man einen besseren Anhaltspunkt für Verhandlungen.
    Ad 2)
    Ich kenne auch so eine Geschichte, wo eine junge Mutter meinte sie wolle ihre Kinder nicht in Kindergarten XY geben, weil es dort einen männlichen Betreuer gibt und da hätte sie ein “schlechtes Gefühl”. Sowas finde ich wirklich traurig 🙁
    Ad 3)
    Genau diese “Todschlagargumente” sind aber leider das Problem. Wenn die Männer, bei denen eine Quote her muss um sie dazu zu bringen mehr Frauen einzustellen, genau mit diesen Argumenten reagieren, dann kommt die richtige Botschaft einfach nicht an. Stattdessen sollte man die Menschen sensibiliseren für die eigenen Stereotypen. ich glaube eben nicht, dass die Quote die einzige Chance für Frauen ist, sich in diesen Berufsfeldern zu behaupten, es ist höchstens ein komplizierter Umweg der bei vielen Menschen vielleicht ein noch viel negativeres Frauenbild der “Quotenfrau” und als Resultat eine noch frauenfeindlichere Einstellung zur Folge haben könnte.
    Ad ältere Generation:
    Ich glaube jedoch nicht dass da “Hopfen und Malz” verloren ist. Ich sehe es zB an meiner Oma, die bald 90 wird, und trotz ihrer sonst sehr emanzipierten Einstellung bei gewissen Dingen wiederum extrm konservativ ist (Frauen sollen zu Hause bleiben und die Kinder groß ziehen bis sie in die Schule gehen, und dann auch wenn überhaupt nut halbtags arbeiten – obwohl ihre eigene Tochter, meine Mutter, schon ein krasses Gegenbeispiel geliefert hat), oder meinem Stiefvater (1949 geboren) – wenn man mit RUhe und Muße diskutiert und gute Argumente bringt, kann man viele Leute langsam aber doch zum umdenken bewegen und für solche Dinge sensibiliseren.
    Schlussendlich muss man ja “auch” die Alten überzeugen – denn die erziehen wiederum die “Jungen” und machen vor Allem oftmals die Gesetze an die wir uns alle halten müssen. Ich fürchte es reicht nicht quasi zu warten bis die “Generation Chauvi” ausstirbt und zu hoffen dass was besseres nachkommt.

    @dgbrt
    Darüber war ich mir gar nicht so bewusst, aber es stimmt natürlich. Es schwingt da auch wieder dieses Argument mit dass man als Mann doch durch seine Triebe gesteuert seit, dass man quasi nichts dafür könne, und dass diese Unterschiede alle Natur-gegeben sein. Dabei ist es eigentlich ein sehr stark soziologisch geprägtes Phänomen, schließlich gibt es ja auch viele Kulturen in denen Frauen eben nicht als “das schwache Geschlecht” gesehen werden.
    Danke!

    @gaius
    Okay, dann hab ich das wohl falsch verstanden, tut mir leid!
    Ich denke aber schon auch, dass gerade dieses Beispiel schön zeigt dass dieser uterbewusste Drang zu kategorisieren erst durch die Sprache mit der man aufwächst geprägt wird. Sonst würden die Finnen ja alle verrückt werden ^^

    @Alex & hampel & Desolace
    “Vielleicht nimmt man wohlgemeinte Ratschläge manchmal als Mann anders auf als als Frau??”
    Wenn es um dieses Thema geht, kann das schon sein. Die grundlegende Rolle bei der “Familienplanung” unterscheidet sich ja auch insofern zwischen Mann und Frau, dass die Frau das Kind 9 Monate in sich trägt und dann zur Welt bringt. Ein Mann hat quasi immer eine relativ freie Wahl, inwiefern er die Entscheidung zur Familienplanung auf seine Karriere Einfluss nehmen lässt. Eine Frau kann nicht so einfach sagen “Hach, ich nehm mir einfach ein paar Tage Urlaub und dann geh ich wieder arbeiten.” Ich empfand es jedenfalls eher als Kritik an meiner Entscheidungsfähigkeit bzw. Bevormundung – generell auch weil ich keinen Kinderwunsch verspüre und mir seit Jahren anhören darf “Das kommt schon noch”, genau wie von Desolace beschrieben. Trotzdem treffe ich meine Entscheidungen im hier und jetzt. Und wenn ich dann irgendwann doch einen so sehnlichen Kinderwunsch habe, und unbedingt zu Hause bleiben will, dann werde ich das wohl auch dementsprechend entscheiden, vielleicht keinen PostDoc oder 2. PostDoc machen und mir danach einen Job woanders suchen. Ich weiß nicht ob ich grade so ganz rüberbringen kann was ich meine :’D
    Generell ist ein PhD bzw eine Karriere in der Forschung ja nicht nur schwer mit einer “eigenen” Familie zu vereinbaren. Ich merke es ja jetzt schon dass es mit meiner jetzigen Familie mit allen Eltern und Omas und Großtanten und was nicht noch alles, schwer zu vereinbaren ist. Man könnte also genausogut sagen “Kiss your private life goodbye” und es sollte jedem klar sein was das bedeutet.

    @Tina_HH
    Das verstehe ich schon, aber wie auch in der Antwort auf bikerdet kann ich nur sagen dass anhand von dem was ich in der realen Welt sehe/höre, ich nicht das Gefühl habe dass diese Methoden funktionieren.
    Gerade in einer kleinen Firma, vielleicht auch noch sehr spezialisiert wie ein Startup-Unternehmen das ein neues Produkt entwirft, kann eine gesetzlich auferlegte Quote doch extrem fatal sein, weil der Vorgesetzte die weibliche Angestellte dadurch, dass er sie jetzt nehmen “musste” weil er die Quote erfüllen muss, sicherlich deswegen nicht besser behandeln wird.
    In meinem Job sind wir ja im Labor eigentlich auch nur ein kleines “Team” aus 9 Leuten. Ich bin äußerst froh dass mir bei all meinen bisherigen Berufserfahrungen solche Erlebnisse bisher erspart geblieben sind. Aber ich glaube nicht dass es das Gesetz war, das mich vor Diskriminierung geschützt hat, sondern dass ich einfach Glück hatte mit netten, intelligenten Leuten zusammenzukommen. Umgekehrt denke ich eben auch dass ein Gesetz oder eben eine Quote vor Diskriminierung in der Arbeitswelt nicht wirklich effizient schützen und langfristig etwas bewirken kann.

    @ulfi
    Gut gemeint war es sicherlich. Ich denke gerade beim Thema Kinder/Familienplanung bin ich vermutlich etwas empfindlich (siehe auch die Antwort an Alex, hampel und Desolace) weil ich das Thema einfach schon nicht mehr hören will ^^ Für mich ist eindeutig klar dass Kinder einfach in den nächsten ~10 Jahren keinen Platz in meinem Leben haben – der Plan ist nach dem PhD einen PostDoc im Ausland zu machen, und dann bin über 30 und werde mir überlegen was ich mit dem Rest meines Lebens anfange. Dann kann ich immernoch sehen ob ich irgendwo in der Industrie oder einem kleinen Unternehmen unterkomme, wo sich eine Familienplanung vielleicht besser vereinbaren lässt und ich eine sicherere berufliche Situation habe. Aber wie gesagt – die Entscheidung an einer Uni zu studieren und danach einen PhD zu machen ist ja keine Sackgasse und bedeutet nicht, dass ich bis in alle Ewigkeit von der Möglichkeit eine Familie zu gründen ausgeschlossen bin. Auch wenn ich jetzt meine Entscheidung zugunsten der Karriere treffe, heißt das ja nicht dass ich nicht in 10 Jahren eine Entscheidung Zugunsten der Familienplanung treffen und meine Karriere beenden kann.
    Was macht denn deine Schwester beruflich wenn ich fragen darf?

  63. #63 bikerdet
    12. September 2015

    @ Stephanie :
    Vielen Dank für Deine ausführliche und sehr freundliche Antwort. Ich hatte ja schon gesagt, das ich nur ein kleines bischen neben Deiner Einschätzung liege. Das wir bei der Quote nicht einig sind ist evtl. eine Definitionsfrage. Du siehst es als Problem in kleinen Betrieben an, ich eher als Chance für Vorstände in Großbetrieben. Das führt natürlich zu entgegengesetzten Positionen. Meine positive Bewertung der Quote stammt aus meinem Vergleich mit der Politik. Ich habe aus meiner langjährigen Praxis in der Parteiarbeit den Wandel als positiv empfunden. Heute sind Frauen in der Politik selbstverständlich, ich hatte daher (evtl. zu optimistisch ) angenommen das es in den Betrieben ebenso verlaufen könnte / würde. Ich teile aber Deine Einschätzung, das es in kleinen Firmen mehr Schaden als Nutzen bringen würde. Schon alleine das es für weibliche Mtarbeiter eigene Sozialräume geben muss, bedeutet für viele Kleinbetriebe das Aus. Selbst in unserer Abteilung mit ~ 120 Mitarbeitern, war das ein Problem. Gelöst wurde es vom Werkstattmeister, der seine ungenutzte ‘Meisterdusche’ für die Frauen zur Verfügung gestellt hat. Das sich die Frauen im Betrieb überhaupt nicht duschen, weil sie sich im Labor / Büro gar nicht schmutzig machen, war dabei irrelevant. Gesetz ist halt Gesetz, auch wenn die ‘Meisterdusche’ immer noch ungenutzt bleibt.

    P.S. Einen sehr gut lesbaren Weg des genderfreien Buches hat Kristin Kopf in dem auch von Florian resensierten Buch ‘Das kleine Etymologicum’ genutzt. Sie hat einfach zufällig die männliche / weibliche Form genutzt. Wenn man das einmal verstanden hat, liest sich so ein Text extrem einfach.

    P.P.S. Eine sehr schöne SciFi Geschichte zum Thema Geschlechterverhalten hat die Autorin Ursula LeGrain mit ihrem Buch : ‘Die linke Hand der Dunkelheit’ abgeliefert. Dort haben die Menschen nur für wenige Tage im Monat ein Geschlecht, welches ist zufällig. Diesen Monat ein Mann, nächsten Monat evtl. eine Frau. Die übrige Zeit sind sie ein Neutrum, geschlechtsbezogene Vor- / Nachteile gibt es nicht.

  64. #64 Gregor
    13. September 2015

    Ich tue mir sehr schwer mit dem Artikel, da mir das Thema sehr am Herzen liegt.
    Auf geschlechtergerechte Sprache zu verzichten, weil man der Meinung ist, Frauen SOLLTEN Männern gleichgestellt sein, löst nicht das Problem, dass das in unserer heutigen Gesellschaft immer noch nicht der Fall ist. So etwas stört mich viel mehr als ein Innen, /innen, _innen oder *innen – bin aber auch sehr sensibilisiert gegenüber dem Thema.
    Klar wäre es schön, Kindern nicht sagen zu müssen, du kannst das und das werden obwohl du so oder so bist (Frau, PoC, Mensch mit Behinderung), aber sie werden auf so viele Barrieren in ihrem Leben stoßen, die sie eben nicht aufhalten dürfen, sondern mit denen umgegangen werden muss.
    Diese Aspekte dürfen im Jahr 2015 (leider) nicht unter den Teppich gekehrt werden, auch wenn ich deine Hauptaussage voll unterstützte, dass wir eine Welt anstreben sollten, wo das Geschlecht (Gender) keine Rolle spielt. Mittels Sprache kann ein erster Schritt vollzogen werden (siehe dein finnisches Beispiel). Mein finnischer Arbeitskollege tut sich im übrigen total schwer she/he bzw. sie/er zu unterscheiden – weil er nicht versteht, warum das von Relevanz sein soll. Funktioniert also.

  65. #65 meregalli
    13. September 2015

    Interessante Ansicht über Einsichten.
    Aber ist das Thema doch nicht längst vom Tisch?
    Wer will denn diesem Herren widersprechen:

  66. #66 jochen
    14. September 2015

    @Stephanie
    Ich gehe davon aus, dass Frauen, die nach Führungspositionen streben, ein entsprechendes gefestigtes Selbstvertrauen haben, um in so einem sexistisches Feld überstehen können. Die sind nicht dumm und wissen was sie erwartet. Aber du hast recht, diese Frauen müssen dann ausbaden, was Männer verbockt haben.

    @Barbaz
    Ich denke nicht, dass ich meine Tochter warnen muss. Wenn sie in den naturwissenschaftlichen Bereich geht oder eine Führungsposition anstrebt, dann denke ich mal, dass die Intelligent genug ist und selber versteht, wie die Sache aussieht. Ausserdem hoffe ich, ihr genügend Selbstvertrauen mit auf dem Weg geben zu können.

  67. #67 Franz
    14. September 2015

    Noch eine Frage an alle Quotenfans:
    Was spricht gegen eine geschlechtsneutrale Quote oder Aussage. Statt ‘Gleicher Lohn für alle Frauen’ gleicher Lohn für alle. Statt mindestens 30% Frauen mindestens 30% eines Geschlechts.
    Denn schreibt man explizit ‘Frau’ hin, erzeugt man einen Angriffspunkt für Gegner und erzeugt ein sexistisches Denken anstatt dieses zu beseitigen.
    Das gleiche gilt für die Sprache. Anstatt einfach die sowieso geschlechtslose Mehrzahl zu verwenden und zu sagen: alle Personen, viele, Anwesende usw. wird explizit eine grammatikalisch falsche weibliche Form verstärkt dargestellt, und damit der Unterschied der im Grunde entfernt werden soll auch noch erhöht.

    Bezüglich Beruf: Welches Gesetz verbietet einer Frau Karriere zu machen und den Mann die Kinder betreuen zu lassen ?

  68. #68 Nicole
    14. September 2015

    @ Stephanie: Sehr gut auf den Punkt gebracht! Danke für den tollen Artikel!

  69. #69 Lulu
    15. September 2015

    @Franz

    Bezüglich Beruf: Welches Gesetz verbietet einer Frau Karriere zu machen und den Mann die Kinder betreuen zu lassen ?

    Ein Gesetz ist es natürlich nicht, doch die Sozialisation hat eine große Wirkung auf unser Verhalten bzw. unsere Anschauungen. Es gibt in unserer Gesellschaft eine bestimmte Vorstellung, was typische Frauenberufe sind. An diesen Berufen orientieren sich viele Mädchen, Eltern etc. Das geschieht oft ohne irgendwelche Hintergedanken. Es ist eben so und kaum jemand kommt auf die Idee, dass es auch anders sein könnte. (Deshalb finde ich den Girl’s Day gut, da er andere Perspektiven aufzeigen kann) Diese Berufe werden leider auch weniger gut entlohnt. Daher ist es eine rein ökonomische Überlegung, wer sich zuhause um den Nachwuchs kümmert, und wer weiter arbeiten geht. Die Ursprünge dieser Entscheidung sind jedoch weitreichender und nur auf den ersten Blick rein ökonomischer Natur.

    Um ein wenig besser zu verdeutlichen, was ich mit dem großen Einfluss der Sozialisation meine: es gibt kein Gesetz, das Männern verbietet, Röcke und Kleider zu tragen. Und dennoch sieht man eher selten einen Mann in einem Rock.

    Eine kleine persönliche Anekdote: ich kenne ein Paar, das sich in den 90ern aus rein ökonomischen Gründen dazu entschlossen hatte, dass der weniger verdienende Part sich zuhause um die Kinder kümmert. Der Mann hat ganz viel Spott und Häme einstecken müssen. Weil er weniger verdiente als seine Frau und deshalb so unmännliche Tätigkeiten wie Kinderhüten und Putzen verrichten musste. Ich wage zu bezweifeln, dass sich wirklich viel in dieser Hinsicht verändert hat.

  70. #70 Crazee
    15. September 2015

    Bei mir im Bekanntenkreis geht es gerade in der Zeit wieder rückwärts, habe ich den Eindruck, Die Frauen bleiben zuhause, kümmern sich um Haus und Kinder und geben dafür ihren Job ganz auf. Die Männer kommen nach der Arbeit heim und meckern, wenn das Essen nicht rechtzeitig auf dem Tisch ist oder nicht gut genug schmeckt. Und am WE gehen die Kerle (ja, so benehmen die sich zum Teil) dann noch alleine Angeln oder auf Tour.

    Dafür brauche ich keine Familie

  71. #71 bikerdet
    15. September 2015

    @ Franz :
    Okay, DU wärest also bereit als 30% Quote für 1000 Euro BRUTTO im Monat als Verkäufer zu arbeiten ? Oder wie willst Du die Quote in ALLEN Berufen durchsetzen ? Die Quote soll dazu führen, das Frauen mit ENTSCHEIDEN dürfen. Für 8,50 Euro / Std. dürfen sie auch heute schon bei irgendeinem Discounter Kartons auspacken oder putzen.

    @ Lulu :
    Ja, das sehe ich auch als großes Problem. Sozialisation. Wer macht das eigendlich ? Doch die Eltern/ Gesellschaft. Aber was soll sich ändern, wenn alte Männer entscheiden wie es läuft ? Man sieht es sehr deutlich an der Kirche, wie verkrustet da alles ist. Also bitte, junge Generation, engagiert Euch, sorgt für einen Wandel. Meine Töchter sind groß, meine Chance vertan. Ich habe meine Kinder zwar frei aber doch in einem Rollendenken erzogen, das auch ich als Kind erlernt habe.
    Mir hat mal ein Arzt gesagt, das jeder bei der Kindererziehung zuerst einmal Anfänger ist. Evtl. ist es also wirklich gut, das die Entscheidung für ein Kind heute später gefällt wird.

  72. #72 greisser
    18. September 2015
  73. #73 Tara
    18. Oktober 2015

    Mir gefällt der Artikel auch sehr gut, zumal ich die Erfahrungen der Autorin teilweise teile. Der Text ist schön geschrieben und regt zum Nachdenken an. Nach meinem Abitur wollte ich Raumfahrttechnik studieren. Der Weltraum hat mich schon als Kind fasziniert, damals wollte ich allerdings noch Astronaut werden 😉 Meine Verwandtschaft hat massiv Druck auf mich ausgewirkt, dieses Fach nicht zu studieren, da sie der Ansicht waren, dass so etwas nichts für eine Frau sei. Ich habe es dann auch nicht gemacht (ich war damals 18), um den Streit nicht ausufern zu lassen. Gegen Protest meines Umfelds habe ich dann Informatik und Physik studiert und promoviert. Da kamen dann noch Aussagen wie “Excel Tabellen kann man wenigestens von zuhause aus ausfüllen und sich dann noch um das Kind kümmern”. Ich habe die letzten Jahre eine eigene Forschergruppe geleitet und war erfolgreich in der Wissenschaft. Leider sind meine Vorgesetzten der Meinung, dass ich unheimlich bin und keine normale Frau, da keine in der Lage wäre, auf diese Weise zu forschen (Originalton). Hinter meinem Rücken wurde gemutmaßt, dass meine Kollegen die ganze Arbeit gemacht hätten. So etwas mitzubekommen, ist sehr verletzend. Ich habe mir mittlerweile einen Beruf außerhalb der Wissenschaft gesucht (Luftfahrttechnik :-)). Diese Entscheidung habe ich nicht nur aufgrund meiner Erfahrungen und der menschlichen Enttäuschung getroffen, sondern auch wegen der schlechten Situation des wissenschaftlichen Mittelbaus in Deutschland. Ich sehe es somit nicht als Kapitulation und ich freu mich auf mein neues Aufgabengebiet, zumal es über Umwege ähnlich zu dem ist, was ich sowieso vor meinem Studium machen wollte. Trotzdem nagt es noch gelegentlich an mir, da ich meine Forschung sehr gerne gemacht habe und meinen Beruf als Wissenschaftler einfach lieben gelernt habe. Natürlich ist die Situation von Frauen eine bessere als noch vor 60 Jahren, aber die Ansichten über Frauen- und Männerrollen sind stark in der Gesellschaft verwurzelt. Natürlich hätte ich mit 18 sagen können, dass mich alle mal können, aber es ist doch schade, dass man sich wegen sowas mit seiner Familie verkrachen muss. Solange die Leute zu Tausenden eher auf die Straße rennen um gegen Gleichmacherei und krumme Gurken zu demonstrieren als z.B. gegen die kürzlich beschlossene ausgeweitete Vorratsdatenspeicherung, wird sich daran auch nichts ändern…

  74. #74 SWA
    25. Oktober 2015

    Es ist ein Trauerspiel mit Scienceblogs. Wirklich kompetente Leute, die den Rest der Menschheit mit ihrem Voodoo-Quatsch belästigen.

    Belege? Gibts keine. Wenn es welche gibt, brechen sie in sich zusammen sobald man sie schief anguckt. Gegenbelege werden grundsätzlich ignoriert.
    Im schlimmsten Fall läuft es dann so wie mit MartinB (vor ein oder zwei Jahren), der einem dann einfach “Das Patriachat fügt auch Männern schaden zu” um die Ohren feuert. Ja das habe ich nicht vergessen Martin.

    Ja, Gottes Wege sind unergründlich. Ist bekannt. Das mir aber solch ein Schwachsinn von jemandem, der sich selbst für einen Wissenschaftler hält, um die Ohren gefeuert wird, ist schon erbärmlich.

    Oder man setzt wieder die alten Geschlechterrollen durch, die man im Satz vorher noch zerstört sehen wollte. (“Chavi in den Kommentaren entdeckt”, mal frei zitiert von einem Kommentar unter diesem Artikel).

    Leute, beschäftigt euch mal etwas mehr mit dem “Gender Kram”. Ihr schafft es doch auch Astrologen usw. als Unfug zu entlarven. Warum versagt hier euer Verstand?

  75. #75 SWA
    25. Oktober 2015

    Kurzer Edit: Vergiss es MartinB, hab gerade gesehen dass du anscheinend Freethougtblogs verlinkst. Schaut mal nach was PZ Myers alles so treibt. Vorher besser nichts essen.

    Ok, denk dir einfach eine Beleidigung deiner Wahl in deine Richtung, ich möchte eigentlich Florian nicht nötigen so einen alten Artikel zu moderieren. Wir brauchen da garnicht zu diskutieren.

  76. #76 Stephanie
    25. Oktober 2015

    Hallo SWA,

    Ich verstehe dein Problem nicht ganz, oder besser gesagt, deinen Bezug zu meinem Artikel (oder einem speziellen Kommentar von MartinB? Oder von mir? Oder von jemand anderem?).

    Worin siehst du denn “Voodoo-Quatsch” – wenn ich der Meinung bin, dass man Menschen nach ihren individuellen Begabungen und Qualifikationen beurteilen sollte, und nicht in erster Linie nach ihrem biologischen Geschlecht?
    Oder geht es darum dass du findest dass Menschen die so urteilen, nicht existieren und daher gäbe es kein Problem das zu diskutieren wäre? Oder bist du im Gegenteil selbst der Meinung, dass das biologische Geschlecht an einem Menschen die wichtigste Eigenschaft ist um ihn oder seine Qualifikationen zu beurteilen?

  77. #77 rolak
    25. Oktober 2015

    verstehe [deinen Bezug] nicht ganz

    Dürfte auch kaum möglich sein, Stephanie, schon wg des etwas unpassenden “so einen alten Artikel”. Wird wohl das erste passend Scheinende zum Gefühl der ungemein dringend notwendigen NotdurftVerrichtung gewesen sein. Auch “hab gerade gesehen dass du anscheinend” ist ein ziemlich morbides Stück Text…