Vorteil: während des Lesens und Abtippens, bekam ich immer mehr Ideen, wie ich dieses Thema in meiner Diplomarbeit bearbeiten wollte.
Nebenbei stellte sich heraus, dass mir noch ein kleines Wahlfach fehlte und so setzte ich mich zusätzlich in die letzte Vorlesung meines Lebens – auf der Germanistik.
Dezember 2014:
Unser Betreuungsprofessor wollte bis spätestens 17.12. unsere Diplomarbeiten zugeschickt bekommen, damit er über die Weihnachtsferien schon mal die ersten Teile korrigieren konnte.
Ich brach in Panik aus, da ich de facto noch NICHTS hatte. Also biss ich mir in den Allerwertesten und quälte mich durch die Rezeptionsgeschichte, Aufbau und Formales und schickte ihm meine glorreichen ersten 30 Seiten zum gewünschten Termin. Gleichzeitig fragte ich, wann und wie ich eigentlich mein Thema einreichen soll (keine Antwort erhalten).
Der restliche Dezember lässt sich so zusammenfassen:
Keine Weihnachtsfeiern. Mehr Bücher, mehr Referenzen! Arbeiten gehen, schreiben. Kein Punschtrinken. Kollegin 3 Wochen krank: noch mehr arbeiten! Kein Weihnachten mit der Familie. Keine schönen Feiertage. Kein Silvester. Diplomarbeit schreiben.
Jänner 2015:
Die Nervosität und die Anspannung stiegen bereits rapide an. Man hörte ja ständig Horrorgeschichten über Leute, die beim Schreiben ihrer Bachelor- oder Diplomarbeit völlig ins Klo griffen und alles neu machen mussten. So etwas durfte mir nicht passieren! Zu meinen 30 Seiten hatte ich noch immer kein Feedback bekommen und meine Arbeit war inzwischen 90 Seiten lang. Zusätzlich waren die ersten 30 Seiten bereits überarbeitet. Ich hatte tolle Bilder gefunden, mit denen ich meine Arbeit auflockerte. Also schickte ich meinem Betreuer die neue Version, mit Bitte die alte zu verwerfen. Endlich kam er dazu, sich meine Arbeit durchzusehen, und ich starb fast an Selbstzweifeln. Hoffentlich passte alles, weil alles komplett umändern war unmöglich!
Episode 2) Passierschein A 38
Eines Mittwoch-Morgens kam ein panisches E-Mail von meinem Prof, dass ich mein Diplomarbeitsthema ja noch nicht eingereicht habe! Ich müsste das schnellstmöglich erledigen, er hätte das Formular bereits bei der Sekretärin hinterlegt. Verschlafen, im Pyjama und mit dem obligatorischen Kaffeehäferl in der Hand checkte ich also die Sprechstunden dieser Sekretärin. Mittwoch ab 10Uhr. Was tut man also in so einem Moment? Man springt auf, macht sich fertig und stürmt zur Uni, wo man bei der Sekretärin anklopft, um sein Formular abzuholen.
Na mehr hab’ ich nicht ‘braucht.
Die Dame, außer sich vor Wut, erklärte mir zuerst lautstark, wie unhöflich es sei, ihre laufende Sprechstunde zu stören, gefolgt von Belehrungen, dass man sich gefälligst über ihr Doodle zur Sprechstunde anmelden sollte, und einigen Rügen über meine verspätete Erkenntnis mein Thema einreichen zu wollen. Mit einem geschickten Handgriff öffnete sie ihre Schublade und drückte mir mein Formular in die Hand. Schließlich erklärte sie mir eindringlich, dass ich das Formular so schnell wie möglich ausgefüllt zum Studien-Service-Center (SSC) am Campus bringen sollte. Eine Aktion von 5 Sekunden wurde durch ihren Gefühlsausbruch also auf 5 Minuten hinausgezögert.
Als ich eine halbe Stunde später mein Formular beim SSC abgab, betrachtete die Dame dort zuerst mein Formular, dann mich, dann wieder das Formular und fragte ganz verblüfft: “Du weißt aber schon, dass dein Studium am 30. April abläuft?”
JA. Danke für die Info.
Dann wurde ich mit gefühlten 100 Formularen überhäuft, auf denen ich immer den gleichen Scheiß ausfüllen musste:
Name, Matrikelnummer, persönliche Daten, Thema der DA, Name des Betreuers
Irgendwie unterschieden sich immer nur die Überschriften. Man bekam Leitfäden, Infobroschüren, war plötzlich offiziell ein Diplomand, obwohl man sich schon seit Monaten den Arsch dafür aufriss. Ich schrieb TO-DO Listen, um durch den Dschungel an Formularen durchzublicken, die man alle von unterschiedlichen Leuten unterschreiben, abstempeln und bewilligen lassen musste. Warum das in Zeiten der elektronischen Datenerfassung überhaupt noch nötig war, ist mir bis heute ein Rätsel.
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