Dornröschen

Schlafen bis der Retter kommt (Bild: Public Domain)

Schlafen bis der Retter kommt (Bild: Public Domain)

Was bleibt dann noch, wenn man kein Endlager will? Man kann den Atommüll an der Oberfläche stehen lassen und bewachen, bis uns eine bessere Lösung einfällt. Wir haben darin einige Jahrzehnte Erfahrung und es scheint bisher ziemlich sicher zu klappen. Und es gibt auch ein Industrieland, das diesen Zeitraum ganz offiziell auf Jahrhunderte ausdehnen will. An der Westerschelde in den Niederlanden hat die Centrale Organisatie Voor Radioactief Afval (COVRA) Lagergebäude errichtet, in denen alle radioaktiven Abfälle für mehr als 100 Jahre zwischengelagert werden sollen. Im Grunde umgehen die Niederlande mit ihrem Konzept erst einmal das Problem, dass für ihr kleines Atomprogramm ein Endlager unverhältnismäßig teuer wäre. Außerdem ist es in dem kleinen und dicht besiedelten Land schwer, einen geeigneten Standort zu finden. Allerdings gehen auch die Niederlande davon aus, dass die Abfälle irgendwann endgelagert werden müssen. Denn bei einer langfristigen Zwischenlagerung an der Erdoberfläche steht man vor einer Reihe ernsthafter Probleme.
Das vielleicht kleinste Problem ist, dass während des gesamtem Lagerzeitraums das nötige KnowHow zum Umgang mit den Abfällen erhalten bleiben muss. Nicht nur theoretisch in Lehrbüchern, sondern auch in der praktischen Anwendung. Außerdem müssen die Lagerstätten durchgehen bewacht werden. Das ist alles nicht unmöglich, bürdet unseren Nachfahren aber finanziell und organisatorisch einiges auf. Es kann darüber hinaus auch eine Menge schief gehen. Es mag nicht einfach sein, geologische Vorgänge für 1 Million Jahre vorherzusagen. Es ist wohl unmöglich, die Entwicklung der Menschlichen Gesellschaft für die nächsten Jahrhunderte vorherzusagen. Gesellschaftliche Umwälzungen, Kriege, terroristische Anschläge, Umweltkatastrophen – die Liste der Gefahren ist lang. Wenn uns dann nach ein paar Jahrhunderten immer noch nichts Besseres eingefallen ist, weiß hoffentlich noch jemand, was Atommüll ist, wo er steht und was man am besten damit macht. Das Vorherzusagen ist schon recht gewagt. Hinzu kommt, dass jede Zwischenlagerung auch immer mit einer Strahlenbelastung verbunden ist. In sehr geringem Maße für die Anwohner und schon weniger vernachlässigbar für die Arbeiter vor Ort. Diese Belastung muss man rechtfertigen können. Sie trifft Menschen, die im Gegensatz zu uns nie einen Nutzen von der Kernenergie hatten. International wird eine zeitlich unbegrenzte Zwischenlagerung nicht als Lösung angesehen.

Der Einäugige unter Blinden

Alle Alternativen zur Endlagerung haben schwere Nachteile. Wer gegen Endlagerung als solches ist, muss schon sehr gut darlegen, wie er diese Nachteile ausgleichen will. Das Internationale Regelwerk z.B. der IAEA und der EU sowie internationale Verträge schreiben mittlerweile die Endlagerung als letzten Schritt vor. Wie die Dinge derzeit stehen, werden wir nicht darum herum kommen, ein Endlager zu bauen.
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Hinweis zum Autor: Dieser Artikel wurde von “Kai” geschrieben: “Ich bin Geowissenschaftler mache in Atommüll. Endlager sind mein Beruf. Das kommt auf Partys nicht so gut wie Chirurg – verschafft aber Aufmerksamkeit von Menschen mit ziemlich festen Ansichten. Ich weiß nicht, ob es nur auf meinem Fachgebiet so ist – aber Wissen und feste Meinung scheinen negativ zu korrelieren…”

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Kommentare (81)

  1. #1 Gerhard
    18. September 2015

    Sauber, sachlich und ernüchternd. Sehr gut gefällt mir im Abspann: “aber Wissen und feste Meinung scheinen negativ zu korrelieren…

    Wie aber soll man die Information “bitte hier nicht graben” über 100.000 Jahre weitergeben bzw. erhalten. CDs, bedrucktes Papier, selbst in Stein meißeln hält nicht auf Dauer. Nichtmal Religionen halte so lange. Ein “heiliger Berg” wäre also auch keine Lösung. Einzig die Transmutation ist ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont. Vielleicht sollte man den Atommüll doch nicht gleich so verbuddeln, dass er nicht zurückgeholt werden kann.
    Hätten wir doch garnicht erst damit angefangen. Atomkraft wird wahrscheinlich nur 100 Jahre Energie für die Menschheit liefern/geliefert haben. Desertec hätte ich echt ganz gut gefunden.

  2. #2 Franz
    18. September 2015

    aber Wissen und feste Meinung scheinen negativ zu korrelieren…”
    Das ergibt sich ja fast automatisch, ohne Wissen bleibt mir nur meine feste Meinung 🙂

    Ich frage mich in diesem Zusammenhang oft, ob ein Atomkraftwerk wirklich wirtschaftlich Sinn macht wenn man alle Kosten berücksichtigt, oder ob da wieder nach dem alten Prinzip Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren vorgegangen wird.

    Frage an die Physiker: Warum gibt’s überhaupt Müll ? Wenn das Ding noch strahlt, also quasi Energie abgibt, kann man die nicht weiter benutzen ?

  3. #3 Kai
    18. September 2015

    @Gerhard
    Die Information irgendwo nicht zu graben kann man nicht über 100000 Jahre aufbewahren. Darum muss man so bauen, dass das nicht unabsichtlich passiert. Ob man irgendwelche Marker hinterlassen soll oder nicht ist eine ganz eigene Diskussion. Vergessen zu werden ist die geplante Zukunft eines jeden Endlagers. Aber du hast natuerlich recht – es gibt keine Antwort, die jeden zu 100 % zufrieden stelen wird. Und wie geschrieben – du musst gegen die anderen Alternativen abwägen….

  4. #4 Kai
    18. September 2015

    @ Franz
    Per Gesetz sind die Betreiber für alle Kosten verantwortlich und haben auch entsprechende Rücklagen gebildet, die natürlich im Strompreis enthalten waren. Ob diese Rücklagen reichen werden, ist eine ganz andere Diskussion.
    Zur Nutzung der Wärme: Um Strom zu produzieren brauche ich eine ziemliche Energiedichte – das können die Abfälle nicht liefern. Außerdem müssen auch viele Abfälle, die so gut wie gar keine Wärme entwickeln entsorgt werden…

  5. #5 Rainer Klute
    Dortmund
    18. September 2015

    Zum Thema Transmutation hier der Hinweis auf den PRISM-Reaktor von GE Hitachi Nuclear: https://gehitachiprism.com/.

    Als Schneller Reaktor und Komponente des Advanced Recycling Centers (ARC) nutzt der PRISM die langlebigen, hochaktiven Komponenten des Atommülls (Aktinide) als Brennstoff, spaltet sie und wandelt sie in kurzlebige Isotope um.

    Die Aufarbeitung der Brennelemente erfolgt völlig anders als im traditionellen PUREX-Verfahren. Per Elektroraffinierung werden Spaltprodukte und Aktinide voneinander getrennt. Eine genaue Separierung der Aktiniden ist nicht nötig. Sie werden wieder zu metallische Brennelemente gegossen.

    Der PRISM ist kommerziell verfügbar. Großbritannien will 2016 über den Einsatz des PRISM zur Verarbeitung des britischen Waffenplutoniums entscheiden. In Australien wird laut darüber nachgedacht, mit Hilfe des PRISM das Atommüllproblem der Welt zu lösen und sich damit eine goldene Nase zu verdienen. Mehr: https://nuklearia.de/2015/05/25/aus-fuer-kernenergie/

    Rainer Klute
    Nuklearia e. V. (Vorsitzender)

  6. #6 Kai
    18. September 2015

    @Rainer Klute,
    Bei einem neuerlichen Einstieg in die Kernkraft sähe die Diskussion in der Tat anders aus. Mit neuen Reaktortypen bieten sich da einige Möglichkeiten. Ich bin hier jetzt von der derzeitigen Situation ausgegangen (an der sich meiner Einschätzung nach auch nichts mehr ändern wird). Allerdings bleibt natürlich auch da noch Abfall übrig (halt weniger) und ich brauche trotzdem ein Endlager….

  7. #7 Rainer Klute
    Dortmund
    18. September 2015

    Ich glaube nicht, daß es beim Atomausstieg bleibt. Es gibt ja viele gute Gründe für Kernenergie https://rainerklute.wordpress.com/2014/01/02/warum-kernenergie/, und die Energiewende wird an der Physik und an der Ökonomie scheitern.

    Wenn Deutschland für den Atommüll nur die direkte Endlagerung als Lösung kennt und Transmutation in Schnellen Reaktoren oder subkritischen Transmutationsanlagen nicht einmal als Alternative öffentlich diskutiert wird, dann kann das nur ideologische Gründe haben.

    Ein Wandel in der Einstellung zu Kernenergie ist in Deutschland ganz sicher keine kurzfristige Angelegenheit und eher eine Frage von Jahrzehnten als von Jahren. Das schnelle Scheitern der Energiewende könnte die Dinge aber beschleunigen. Andererseits könnten Kohle, russisches Erdgas sowie Atomstrom aus Frankreich, Tschechien, der Schweiz und indirekt aus Österreich die Energiewende noch etwas länger künstlich am Leben halten. Aber sicher nicht für immer.

    Rainer Klute
    Nuklearia e. V. (Vorsitzender)

  8. #8 Kai
    18. September 2015

    @Rainer Klute,
    wenn es beim Ausstieg bleibt, sehe ich Transmutation aus den beschriebenen Gründen nicht besonders enthusiastisch. Wenn nicht – und ich erlaube mir den Luxus, dazu keine feste Meinung zu haben – sieht das natürlich ganz anders aus. Eines stimmt natürlich: Sobald es um Atome geht, wird es schnell politisch und unsachlich…

  9. #9 werner
    18. September 2015

    “So gesehen findet Tranmutation in jedem Kernreaktor statt”

    Made my day!

  10. #10 Captain E.
    18. September 2015

    Tja, man stelle sich mal ein Gespräch mit einem Kernkraftgegner vor:

    “Wie stellen Sie sich die kerntechnische Zukunft Deutschlands vor?

    Antwort: (entrüstet) “DEUTSCHLAND HAT KEINE KERNTECHNISCHE ZUKUNFT !!!”

    “Es tut mir sehr leid, aber diese Option existiert leider nicht.”

  11. #11 strahlenbiologe
    18. September 2015

    @Rainer
    leider sind PRISM und ähnliche Konzepte wie der Laufwellenreaktor immer noch theoretische Konzepte. Selbst die modernsten zur zeit im Bau befindlichen AKWs wie Hinkley Point C oder Olkiluoto 3 sind noch alles “alte Dreckschleudern”. Und dazu noch alle massiv verspätet, massiv teuer als geplant, und schon jetzt nicht mehr. rentabel. Dass sich Areva-Siemens und TVO gegenseitig um Millarden verklagen hilft auch nicht weiter. Deshalb sehe ich kein “schnelles sterben” der Energiewende.

  12. #12 Rainer Klute
    Dortmund
    18. September 2015

    @strahlenbiologe:

    Das stimmt nicht. Der PRISM ist wie gesagt kommerziell verfügbar. Man kann ihn bestellen. Daß man dafür eine Bau- und Betriebsgenehmigung braucht und natürlich auch das Geld für die Investition, steht auf einem anderen Blatt. Da der PRISM auf dem EBR-II fußt, sollte man auch nicht von einem theoretischen Konzept sprechen. Das klingt doch arg nach der üblichen Antiatomrhetorik.

    Der EPR als evolutionäre Weiterentwicklung bestehender Reaktorlinien ist ebenfalls mehr als ein bloßes theoretisches Konzept. Leider ist er in der Tat viel zu teuer, allerdings macht ihn das noch lange nicht zu einer »alten Dreckschleuder«. Wer sich auch nur ein wenig auskennt, weiß das. Antinukleare Phrasen zeugen von Unkenntnis.

    Und selbst der zweifellos überteuerte EPR in Olkiluoto wird den Strom immer noch viermal günstiger liefern als die deutsche Photovoltaik: https://thebreakthrough.org/index.php/programs/energy-and-climate/cost-of-german-solar-is-four-times-finnish-nuclear. Auf dem Weltmarkt wird der EPR jedoch nicht das Rennen machen. Da liegen russische WWER-Reaktoren mit Abstand vorn. Künftig kommen sehr wahrscheinlich chinesische hinzu, siehe KKW Bradwell. Nur deutsche Reaktoren werden nicht mehr dabei sein. Diese Lücke füllen andere, aber gefüllt wird sie. Wer gegen deutsche Reaktoren ist, kriegt halt welche aus China. Nun ja.

    Die Energiewende hängt natürlich nicht vom Erfolg oder Mißerfolg eines bestimmten Reaktortyps wie des EPR ab. Sie wird an der Physik scheitern, weil Sonne und Wind keine Versorgungssicherheit bieten. Und sie wird an der Ökonomie scheitern, weil die Kapazität der nötigen Speicher die Vorstellungskraft der meisten Menschen sprengt und weder genügend Platz noch genügend Geld dafür da ist. Auch nicht in einem reichen Land wie Deutschland. Und erst recht nicht im globalen Maßstab, wo das Geld knapp und der Energiehunger hoch ist.

    Rainer Klute
    Nuklearia e. V. (Vorsitzender)

  13. #13 Orci
    18. September 2015

    Gibt’s eigentlich einen bestimmten Grund, warum in Dikussionen um Chemie, Gentechnik oder Kernenergie die Befürworter sich gleich zu Anfang in ihr Schneckenhaus zurückziehen und unmotiviert darüber schimpfen, dass nicht sachlich darüber diskutiert werden könne?

    Ich hab hier einen Beitrag zum Thema Risiko geschrieben – ein ganz heißes Thema. Ich bezieh mich auf Tschernobyl und Fukishima Daiichi explizit. Und die Diskussion dort lief trotz dessen so völlig ohne Spott und Häme für die Gegenseite ab…

  14. #14 Orci
    18. September 2015

    Das ist übrigens nicht an den Autor des Artikels selbst gerichtet. Den fand ich sehr angenehm zu lesen und die Gedankengänge kann ich – eigentlich müsste ich sagen leider gut nachvollziehen.

  15. #15 Kai
    18. September 2015

    @ Orci : Das ist wirklich oft ärgerlich und ich weiß auch nicht woran es liegt……..

  16. #16 Rainer Klute
    Dortmund
    18. September 2015

    Viele Kernenergiebefürworter, die vom Fach sind, haben vom Arbeitgeber einen Maulkorb verpaßt bekommen und dürfen daher nichts oder nicht viel sagen – für mich völlig unverständlich!

  17. #17 strahlenbiologe
    18. September 2015

    @Rainer,
    es existiert aber noch keiner, deshalb ist er immer noch “theoretisch”. Und bitte nicht gleich schubladendenken auspacken. gal wie gut ein EPR, CANDU, PRISM etc. abbrennt, das problem mit der Lagerung ist NICHT gelöst, wie im Artikel schön dargelegt. HEUTE verfügbare, gebaute oder gerade in Bau befindliche AKWs SIND noch “Dreckschleudern”, egal wie gut da zukünftige AKWs im Vergleich darstehen. Deshalb, F&E massiv vorantreiben auch und gerade im bereichFusion, aber bitte keine “alte” AKWs mehr. Und wegen Preis Atom vs. PV, je nachdem was man lesen möchte findet man was
    https://www.agora-energiewende.de/de/presse/agoranews/news-detail/news/klimaschutz-wird-mit-erneuerbaren-deutlich-preiswerter-als-mit-atomkraft/

  18. #18 Rainer Klute
    Dortmund
    18. September 2015

    Zum EPR und zum geplanten KKW Hinkley Point C ist übrigens vorhin ein lesenswerter Beitrag von George Monbiot, Mark Lynas und Chris Goodall erschienen. Sie sind ganz klar für Kernenergie, fordern aber die Einstellung des Projekts Hinkley Point C, weil es zu teuer, zu komplex und zu spät sei. Das sehe ich genauso.

    Hier der Beitrag: https://www.theguardian.com/environment/2015/sep/18/we-are-pro-nuclear-but-hinkley-c-must-be-scrapped

  19. #19 Markus
    18. September 2015

    @Rainer: es birgt eine gewisse Komik, wenn Sie das Ende der Energiewende prophezeien, weil die Speicher so groß und teuer sind. Vor langer Zeit haben wir hier mal ganze Bergkuppen abgetragen, weil unsere Atomkraftwerke nicht vernünftig modulierbar sind und Atomkraft ohne Speicher nicht funktioniert hätte. Das wäre heute wegen des massiven Eingriffs in den Wasserhaushalt einer ganzen Region gar nicht mehr denkbar.

    Ansonsten glaube ich nicht, dass wir bei vernünftigem Lastmanagement und mit etwas Übertragungsnetzausbau sooo wahnsinnig viel Speicher brauchen werden. Aber beides führt leider dazu, dass sich Dinge ändern, die die heutigen 30…50-Jährigen seit ihrer Kindheit so kennen. Und das führt leider immer zu einem enormen Widerstand, weil Menschen Änderungen einfach nicht leiden können. Die Strommasten, die seit 40 Jahren vor der Tür stehen sind in Ordnung. Einer, den man heute hinstellen würde, wäre ein gigantisches Desaster und obendrein auch noch eine ökologische Katastrophe. Die vielen völlig unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken nicht zu vergessen.
    Die größte Gefahr für eine Energiewende in Deutschland ist nicht die Technik, sondern das träge deutsche Volk, dem es einfach zu gut geht, so dass jeder umgefallene Grashalm zum Problem wird.

  20. #20 Hans Brandl
    München
    18. September 2015

    Rosatom in Russland hat inzwischen den BN-800 Reaktor fertiggestellt ( https://en.wikipedia.org/wiki/BN-800_reactor ) mit dem die russischen Plutonium Vorräte verbrannt werden sollen (“scheller Brenner”) . Man kann mit dieser Technik natürlich auch das bei der Kernspaltung entstehende Plutonium aus den Brennstäben unserer Leichtwasserreaktoren verbrennen. Damit wäre der gefährlichste Teil der abgebrannten Brennelemte entfernt und zusammen mit der Transmutation der Actiniden aus der Kernspaltung wäre die gefährliche Lagerzeit etwa im Bereich von 1000 Jahren. Bei uns hat allerdings eine SPD-Regierung die dafür notwendige Wiederaufbereitung zur Trennung von Uran und Plutonium verboten. Aber vielleicht kommt man da ja mal mit den Russen ins Geschäft, wenn sich die Endlagerdiskussion wegen der ideologischen Aspekte wie jetzt schon abzusehen ist, über weitere Jahrzehnte erstrecken wird.
    Übrigens , China will den BN-800 in Sanming nachbauen.
    Wir werden davon ausgehen müssen, dass sich in Zukunft Russland und China den mittlerweile wachsenden Reaktormarkt teilen. Alleine China plant bis 2030 den Bau von etwa 150 Reaktoren. Was die Chinesen wirklich können ist die Nutzung von Skalierung für die preisgünstige Massenproduktion.

  21. #21 strahlenbiologe
    18. September 2015

    @Hans
    was günstige massenproduktion angeht hast du recht. Der Zubau an PV in China ist riesig, bis 2020 sollen 200 GW installiert sein 😉

  22. #22 Hans Brandl
    18. September 2015

    @Markus, 19. Auch wenn es von der Propaganda immer anders dargestellt wird, unser Druckwasserreaktoren (und auch fast alle anderen ähnlichen Reaktoren lassen sich hervorragend regeln mit Regeltransienten die sogar noch deutlich besser sind als die der so hochgelobten GuD -Kraftwerke. Man nennt das Lastfolgebetrieb , die Beschreibung ist im Internet .
    Da das wichtigste in einem Netz die schnelle Regelung und damit verbunden auch die Speicherung von elektrischer Energie ist , die Bundesregierung aber beim Kernenergie-Ausstieg und der Energiewende auf Regelung und Speicherung entweder aus Inkompetenz, Dummheit oder Berechnung verzichtet hat, bekommen wir jetzt eine typische deutsche Lösung : Wird zuviel Energie erzeugt wird sie zu den Nachbarn verramscht (finanziert über die EEG-Abgabe ) und damit auch bei Dunkelflaute noch genügend da ist , laufen eben die preisgünstigen, fossilen Kraftwerke durch und exportieren ebenfalls in der Zwischenzeit ins Ausland .
    Unsere CO2-Emission steigt und steigt deswegen. Aber wir sind ja Klimakanzler!

  23. #23 Hans Brandl
    München
    18. September 2015

    @strahlenbiologe, 17: Agora , als Lobbyorganisation der EEG-Wirtschaft hat es sich bei diesem Preisvergleich sehr einfach gemacht. Man hat geschönte und optimierte zukünftige Kosten von PV etc. auf der einen Seite , mit den zugegeben hohen Kosten des KKW Hinkley Point verglichen , das sich aber ausgezeichnet regeln lässt. Was Agora natürlich nicht einbezieht, sind die Speicher- und Regelaufwendungen der deutschen Lösung mit erheblichen Kosten und der höchsten CO2 Emission der EU. Rechnet man das mit ein, dann ist Hinkley Point eindeutig die preisgünstigere Lösung, vor allem auch weil Hinkley Point kein CO2 emittiert, eine Anforderung der EU.

    Die Kosten von Hinkley Point wären sicher auch geringer, wenn man sich in GB eher überlegt hätte, dass man für deren Windräder usw. auch CO2 freie Regel- und Ausgleichsenergie braucht und man dann auch mit der Konkurrenz hätte verhandeln können .

  24. #24 strahlenbiologe
    18. September 2015

    @hans,
    ich schrieb ja, je nachdem was man lesen möchte findet man entsprechende Zahlen im Netz. Deshalb argumentiere ich persönlich nie mit Preisvergleichen Atom vs. PV/Wind. Bezüglich Regelenergie, da läge eine schnelle Besserung in einer kleinen Änderung im EEG, nämlich bei Windspitzen einfach die Anlagen stillzulegen, was problemlos möglich ist. Und nicht stur weiterproduzieren und einspeisen. Bei PV-Anlagen gibt es ja schon länger Regelmechanismen wie z.b. RSE (pflicht bei Anlagen über 30kwp, zwischen 10-30 hat man die wahl ob 70% Regelung oder RSE)

  25. #25 Herr M.
    18. September 2015

    Vielen Dank für diesen schön geschriebenen und informativen Artikel!
    Für mich ganz klar einer der besten in diesem Wettbewerb.

  26. #26 Artur57
    18. September 2015

    Eben wollte ich schreiben, dass die Suche nach einem Endlager lange Zeit überhaupt nicht in Angriff genommen wurde, weil man felsenfest davon überzeugt war, das Müllproblem in den Griff zu bekommen. Im Euratom-Vertrag von 1957 zum Beispiel steht das völlig außer Frage.

    Dann wollte ich eben schreiben, es habe solche Leute bis etwa 2000 gegeben, aber da sprang Herr Kluthe in den Ring, mit dem wir nun tatsächlich ein lebendes Exemplar an Bord haben.

    Herr Klute, die Versuche sind gemacht. Der ambitionierteste Versuch in dieser Hinsicht war wohl der “Schnelle Brüter”. Ein idealer Brüter verwandelt das ganze Uran in andere Elemente, die man dann restlos mit E=mc^2 in Energie verwandelt. Theoretisch. Praktisch sieht es so aus, wie Klaus Traube, der damalige Projektleiter das beschreibt (Seite 13)

    Diese, heute nur mehr absurd anmutende Studie war die Grundlage der politischen und
    industriellen Entscheidungen für ein deutsches Brüterprogramm, das 1972 zum Bau des
    300MW-Brüters in Kalkar führte, der schließlich rd. das 25-fache kostete und nach 19 Jahren
    Bauzeit aufgegeben wurde.

    Ich bin ja Ihren Links gefolgt, habe aber nicht den geringsten Hinweis gefunden, dass man mit diesem PRISM oder anderen Verfahren irgendwie weiter wäre als seinerzeit Traube. Also da müsste etwas kommen. Sie dürfen hier ruhig etwas technisch werden, wir vertragen das. Haben Sie da etwas?

  27. #27 BreitSide
    Beim Deich
    18. September 2015

    Kernenergie ist doch in D längst von den Regenerativen überholt worden. Eine wirklich große Rolle hat sie nie gespielt. Weltweit schon gar nicht.

    Der eigentliche Grund für die Kernenergie waren doch die Nuklearwaffen. Dafür hat der Staat der 4erBande gehörig Zucker in den Allerwertesten geblasen.

    Und freilich könn(t)en Akws lastabhängig runtergeregelt werden. Das würde aber die schon knappe Wirtschaftlichkeit noch schneller ruinieren. Deswegen haben die uns doch die unsäglichen Nachtspeicherheizungen aufgedrängt.

    Ist eigentlich klar, wie stark Hinckley Point subventioniert wird? 100 Mrd €, mit 12,7 ct/kWh höher als Wind (OnShore) und 50% höher als Solarenergie. Kernenergie war nie wirklich und wird erst recht nicht wirtschaftlich sein.

    Und während die Vergütung für Regenerative hierzulande jedes (oder sogar halbes) Jahr GESENKT wird, STEIGT die Vergütung für Hinckley Point C jährlich mit der Inflation.

    Ich frage mich sowieso, warum die Leute sich wegen nicht einmal 30 ct pro Tag und Kopf für EEG aufregen.

  28. #28 Hans Brandl
    19. September 2015

    @BreitSide#26
    Verschonen Sie uns doch bitte mit Ihren aus der Greenpeace Propaganda abgeleiteten Populismen. Die sind immer noch falsch , auch wenn Sie zum hundertsen male wiederholt werden:
    -Die deutschen Druck- und Siedewasserreaktoren waren und sind einfach aus ihrer Bauweise heraus nicht geeignet, waffenfähiges Plutonium oder ähnliches Waffenmaterial zu produzieren.
    -Dass die deutschen KKW subventioniert wurden ist ebenso gelogen. Dazu gibt es die Antwort auf eine Bundestagsanfrage aus dem Umweltministrium noch zu Zeiten von Trittin:
    dip.bundestag.de/btd/14/080/1408084.pdf
    27. Abgeordneter Dr. Paul Laufs (CDU/CSU):
    „Wie viele Kilowattstunden (kWh) elektrischen Stroms sind bisher in Deutschland in Leichtwasserreaktoren erzeugt und in öffentliche Netze eingespeist worden, und wie hoch waren die durchschnittlichen direkten und indirekten Subventionen je kWh aus öffentlichen Haushalten?“
    Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Siegmar Mosdorf, BUM, Minister Trittin vom 15.1. 2002
    „In Deutschland sind bisher in Leichtwasserreaktoren ca. 3 225 Mrd. kWh erzeugt und in öffentliche Netze eingespeist worden. Subventionen für die kommerzielle Stromerzeugung aus Kernenergie gab es nicht”.
    Ich gehe jetzt auf Grund meiner Lebenserfahrung davon aus, dass das BMU unter Trittin hier nicht gelogen hat, wohl aber die Greenpeace Hetzer.
    Das KKW Hinkley Point deckt auch noch den Strombedarf wenn die sogenannten Erneuerbaren nicht ausreichend liefern und das ist bei Wind in De etwa 75% der Zeit der Fall (siehe jährlicher EEG-Report in De) . In Deutschland erfüllen diese Rolle eben die fossilen Kraftwerke (deswegen müssen auch trotz Erneuerbaren davon ca. 70 GW vorgehalten werden um die versorgungssicherheit zu gewährleisten ) , in England ist das eben CO2 frei Hinkley Point und die geplanten weiteren baugleichen Kraftwerke. Der Vergleich lediglich mit PV und Wind auf der Kostenseite ist eine grüne Milcmädchenrechnung die für einfache Gemüter gedacht ist. Warum sind wohl in De die Gestehungs-Gesamtkosten bei unterbrechungsfreier Versorgung für die KWh bei ca. 15-18 cent (beim Verbraucher dann ca. 30cent ) und nicht im Bereich 10-15 cent EEG Subventionspreis ? Und damit sind wir wieder bei der Preiskalkulation von Hinkley Point die man auch zu deutschen Kostensätzen nachvollziehen könnte, wenn man denn ideologisch wollte oder aus der Kompetenz heraus könnte.

    Übrigens mit den deutschen EEG Subventionen von nur 1.5 Jahren könnte man ohne Probleme sogar die projektierten , überzogenen Endlager-Kosten von € 30 Mrd. finanzieren .

  29. #29 good vibration
    Wien
    19. September 2015

    Danke für die sachlich verständliche, umfassende Kurzdarstellung der Lagermöglichkeiten des Atommülls, ein meist vernachlässigter bzw. ausgelagerter Aspekt der Kern-Energie-bzw.Waffen-Lobby.

    @Rainer Klute: sie scheinen typischer Vertreter der Kernenergie-Wirtschafts-Lobby zu sein und die Risiken der Kernenergie in die Zukunft auszulagern und sehr unsachlich mit der Energiewende zu den Erneuerbaren umzugehen und dabei den Spargedanken ganz auszublenden.
    Ich halte es da lieber mit Physikern wie Lesch, der meint, daß man in Summe betrachtet, die Finger von der Kernenergienutzung lassen sollte, weil die Risiken zu unwägbar!
    Kolb, ein Risikoforscher aus Wien, meint, die Potentiale der Kernenergie seien eng begrenzt. Außerdem: Aufgrund der Engpässe sowohl beim Brennstoff, aber auch bei der Verfügbarkeit potenzieller Kraftwerks-Standorte sei dieser [Beitrag zum Klimaschutz] verschwindend klein:
    https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/chronik/531030_Atomenergie-ohne-Zukunft.html

  30. #30 Martin
    19. September 2015

    Die Kernenergie steckt technologisch gesehen in den Kinderschuhen. Daher ist ein komplett Ausstieg ohne weiter an Reaktoren der nächsten Generation zu forschen nicht sehr weitsichtig.
    Auf der anderen Seite kommt innerhalb von einer Stunde soviel Sonnenenergie auf der Erde an wie die gesamte Menschheit in einem Jahr produziert.

  31. #31 Kai
    19. September 2015

    Etwas weniger Vorwürfe a la “Kernenergielobby” oder “Greenpeacepropagande” würden das ganze versachlichen. Ich muss noch eines klarstellen. Es geht bei dem Artikel um die Alternativen zur Endlagerung. Ich habe nichts über die Endlagerung selber gesagt. Die halte ich im Prinzip für technisch weitgehend gelöst. Allerdings wäre das ein ganz neues Thema….

  32. #32 good vibration
    19. September 2015

    @ Kai: Mächte wie Kernenergielobby und Greenpeace gleichzusetzen oder sogar ausbleneden zu wollen, ist Realitätsverweigerung …

  33. #33 rolak
    19. September 2015

    das ganze versachlichen

    Dann sei der Kreis geschlossen, Kai, genau das ist das Thema da hinten, wo dieses Thema hier just thematisiert wurde…

  34. #34 Kai
    19. September 2015

    @good Vibration
    Kann man lange und kontrovers drüber diskutieren. Aber es zerstört hier jede sinnvolle Diskussion, ein Argument dadurch entkräften zu wollen, dass es von Lobby xy kommt. Dieser Versuchung erliege ich ja selber oft und es führt eigentlich nie zu was. Insbesondere führt es dazu, dass man über evtl. berechtigte Einwände nicht richtig nachdenkt, weil sie ja von den Ökos oder den Atomfuzzys (je nach Vorliebe) kommen. Wie und warum wir so gebaut sind, nur Argumente unserer eigenen “In-group” ernst zu nehmen ist ein ganz eigenes Feld. Allerdings gibt es natürlich nichts gegen Emotionen bei Diskussionen zu sagen.

  35. #36 strahlenbiologe
    19. September 2015

    @hans, ok sie wollten es so 😉

    Wenn sie so fragen sind auch Wind und PV nicht “subventioniert”. sie kennen ziemlich sicher den Unterschied zwischen Subvention und umlagenfinaziert, ignorieren sie aber brav um weiter “kernlobby” zu betreiben, siehe ihren letzten satz.
    Hier mal die echten Staatskosten etwas genauer
    https://www.web.archive.org/web/20140418192407/https://www.erneuerbare-energien.de/fileadmin/ee-import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/diw_abschlussbericht.pdf

    Tabelle 11 und 12, wenn man das ganze nicht lesen möchte

  36. #37 good vibration
    19. September 2015

    @Kai: die Interessen der Mächtigen mitzudenken und die Risiken bzw. Kosten/Nutzen für wen oder was abzuwägen ist absolut wichtig – sich nicht zu fragen was deren Interessen sind kann gefährlicher für längerfristig sinnvolle Diskussion und Forschung und für die ganze Gesellschaft sein als dies nicht zu tun, wie die Geschichte gut zeigt …

  37. #38 strahlenbiologe
    19. September 2015

    p.s.
    um meinen Standpunkt nochmal klar zu machen. Die Weltstromproduktion basiert heute zu über 80% auf fossilen Energieträgern, mit all den bekannten Nachteilen.
    Zitat:
    Die Neuen Erneuerbaren Energien und die Kernenergie decken heute zusammen weniger als 6% der Energieversorgung ab. Doch es sind die einzigen Energieformen, welche das Potenzial haben, langfristig stark wachsende Anteile an die weltweite Energieversorgung zu erbringen. Der Weg zur schrittweisen Ablösung der fossilen Brennstoffe ist jedoch noch sehr weit und ohne intensive Forschung und Entwicklung in allen betroffenen Bereichen kommen wir leider zu spät!
    /Zitat
    Deshalb wie ich schon schrieb: Wir sollten jetzt auf eneuerbare setzten und gleichzeitig massiv in F&E investieren (sowohl erneuerbare als auch Atom/Fusion).
    Aber NICHT heutige Fissionstechnik verwenden, da deren verwendung zu viel Atommüll verursacht für deren Endlagerung noch kein sinnvolles Konzept existiert

  38. #39 Kai
    19. September 2015

    @Strahlenbiologe
    Dass kein sinnvolles Konzept für die Endlagerung existiert kann man nicht sagen. Für schwach und mittelaktive Abfälle werden bereits zahlreiche Endlager betrieben. Für hochaktive Abfälle gibt es sehr durchdachte Konzepte. Diese wurden bisher noch nicht umgesetzt – und das hatte nicht zwingend immer was mit Fehlern im jeweiligen Konzept zu tun. Von allen Argumenten gegen die Kernenergie halte ich die fehlende Endlagerung für das schwächste.

  39. #40 strahlenbiologe
    19. September 2015

    @kai,
    die mittel- und schwach-strahlenden Abfälle lies ich außen vor, da sehe ich auch kein Problem Aber wie und wo hat man denn schon durchdachte Konzepte für die alten Brennelemente? Ehrliche Frage, keine Provokation. Denn immerhin reden wir nicht von “überschaubaren” Zeiträumen, sondern schon von Geologischen.

  40. #41 Kai
    19. September 2015

    @ Strahlenbiologe
    Die Skandinavier z.B. sind da schon sehr weit. Die Franzosen und Schweizer sind auch gut dabei. WIPP in den USA kann man auch als Beispiel nehmen. Gorleben lassen wir mal außen vor – der Standort hat zu viel “Historie”. Der Charme der geologischen Endlagerung ist ja, dass man sich auf die Geologie als Barriere verlässt und deshalb in geologischen Zeiträumen denken darf. Man KANN da natürlich viel falsch machen und man darf z.B. die Geologie natürlich nicht erst beim Bau der Anlage komplett auf den Kopf stellen und sich dann nachher auf die Geologie verlassen wollen. Etwas ganz anderes ist natürlich die tatsächliche Umsetzung. Da gibt es erhebliche Widerstände.

  41. #42 Questor
    19. September 2015

    Wieso wird bei der Endlagerdiskussion immer dezent außer acht gelassen, daß wir genauso gefährliche nichtradioaktive Stoffe (hochgiftige Chemieüberreste) schon seit Jahrzehnten unter vergleichbaren Bedingungen zwischen/endlagern, ohne daß die Frage nach der Sicherheit für Jahrtausende und länger relevant wäre. Im Gegensatz zu “Atommüll” verringert sich auch nicht die Gefährlichkeit über die Zeit (Halbwertszeiten), sondern die Stoffe bleiben letztlich “Ewig” ein Risiko, zumal die Mengen deutlich größer sind.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Endlagerung#Endlagerung_fester_konventioneller_Abf.C3.A4lle
    https://de.wikipedia.org/wiki/Untertagedeponie_Herfa-Neurode

  42. #43 Orci
    19. September 2015

    Weil die Bedingungen ein bisschen anders sind – Chemikalien geben in der Regel keine ionisierende Strahlung ab und entwickeln von sich aus keine Wärme.

    Es werden ja ebenfalls seit Jahrzehnten Schwach- und Mittelaktive Abfälle (Gehäuseteile, nicht mehr brauchbare Strahler, Labormittel, etc.) endgelagert, aber für den wärmeentwickelnden Müll gibt es nirgendwo auf der Welt bisher ein offizielles Endlager, obwohl Erkundungsbergwerke in verschiedensten Gesteinsformationen überall auf der Welt schon ähnlich lange bestehen, wie Gorleben.

  43. #44 BreitSide
    Beim Deich
    19. September 2015

    Oh Hans, verschon uns doch bitte mit den Märchen der pro-Akw-Hetzer, die – wiewohl völlig falsch – gern immer wieder wiederholt werden.

    Akws sind NICHT CO2-frei. Im Gegentum, sie emittieren doppelt so viel CO2 wie Windenergie. Und das mit steigender Tendenz.. Bei Windenergie mit fallender Tendenz.

    Verständlicherweise kommt von den pro-Akw-Hetzern nichts zur faktischen Regelunfähigkeit der Akws. War ja zu erwarten.

  44. #45 BreitSide
    Beim Deich
    19. September 2015

    Sorry, Kai, ich habe Deinen Appel, sich sachlicher zu halten, erst nach Absenden meines Posts gelesen.

    Ich wollte damit nur Hans´ Polemik spiegeln.

  45. #46 Moon
    19. September 2015

    @4, Kai

    Per Gesetz sind die Betreiber für alle Kosten verantwortlich und haben auch entsprechende Rücklagen gebildet, die natürlich im Strompreis enthalten waren.

    Und wie rechnet man die Ewigkeitskosten ein, die auch in 1000 Jahren (für Lagerung, Bewachung, etc.) noch anfallen, wenn der Strom längst verbraucht ist?

  46. #47 Kai
    19. September 2015

    @ Moon
    Bei einem Endlager gibt es keine Ewigkeitskosten. Geologische Endlager sind “nachsorgefrei”. Da kommt keiner rein, ohne speziell dafür ein Bergwerk zu bauen. Nach Verschluss des Bergwerkes fallen also keine weiteren Kosten an. Wenn man NICHT endlagert sieht das natürlich anders aus. Die Endlagerung ist übrigens gar nicht der eigentliche Preistreiber. Das könnte man mit den vorhandenen Rückstellungen mehrfach bezahlen. Der eigentliche Kostenfaktor ist der Rückbau – also der Abriss – der Kernkraftwerke.

  47. #48 Hans Brandl
    München
    19. September 2015

    @Moon, #45: Genauso wie bei den Endlagern für gefährliche Abfälle (zB. starke Gifte) die auch ( im Gegensatz zu abgebrannten Brennelementen) in einigen Million Jahren noch immer gleich gefährlich sind.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Endlagerung
    In Deutschland existieren an vier Standorten Möglichkeiten, konventionelle Abfälle langzeitsicher von der Biosphäre abzuschließen:
    • Herfa-Neurode (Hessen) mit der UTD Herfa-Neurode,
    • Heilbronn (Baden-Württemberg),
    • Zielitz (Sachsen-Anhalt),
    • Untertagedeponie Niederrhein in Borth, Nordrhein-Westfalen,
    • Untertagedeponie Niedersachsen in Riedel,
    • Untertagedeponie Sondershausen im stillgelegten Kaliwerk Glückauf Sondershausen, Thüringen.
    In Herfa-Neurode und Zielitz werden Grubenbaue von Kalibergwerken als Endlager genutzt.

    Unsere grünen Politiker und die Umweltminister aller Couleur finden das alles absolut sicher und ok ! Im Gegensatz zu Endlagern für aktive Abfälle ist das hier benutzte Kalisalz absolut stabil über Mrd. von Jahren und muss auch nicht bewacht werden, habe ich mir sagen lassen ! Wahrscheinlich ist es Öko-Kali? Deshalb wird dagegen auch nicht demonstriert.

  48. #49 Kai
    19. September 2015

    @ Breitside
    späte Reue angenommen 🙂
    Ich versteh nicht, warum man bei dem Thema nicht sachlich bleiben kann. Ja – AKWs sparen CO2 sein – zumindest solange wir noch ernsthaft Kohle verbrennen. Ja – Kernkraft wurde am Anfang auch heftig gefördert. Ja – beim Ökostrom gibt noch viele Punkte die technisch ungelöst sind. Ob und wie man die lösen kann, könnten Techniker sachlich diskutieren. Passiert aber nie…..
    Der Punkt hier ist, dass Endlagerung alternativlos ist. Wer dagegen ist, OHNE eine begründete Alternative zu bringen, katapultiert sich aus der Diskussion. Endlagerung wiederum ist technisch gelöst und kein gutes Argument gegen die Kernenergie. Schon weil es – wenn ich schon ein HAW – Endlager baue – keinen großen Unterschied mehr macht, wie groß das gesamte Inventar ist….

  49. #50 BreitSide
    Beim Deich
    19. September 2015

    Richtig, Kai, Endlager sind alternativlos.

    Die Alternative ist aber nicht, Kernkraft weiterlaufen zu lassen. Dafür ist das Potenzial zu gering. Vordergründig ist das schon eine interessante Alternative, sie würde aber nur dazu führen, dass die festgefahrenen Oligarchischen Strukturen weiter zementiert werden.

    Hätte man mehr in Regenerative gesteckt, anstatt weiter Kohle&Co zu subventionieren (wir wissen ja, 30 Mrd für Regenerative vs. 130 Mrd für Fossile), wäre das Problem heute schon gelöst.

    Und so ein bisschen Sparen hätte auch nicht geschadet. Aber dazu ist der Marktpreis für Energie viel zu gering 🙄

  50. #51 Moon
    20. September 2015

    “Bei einem Endlager gibt es keine Ewigkeitskosten. Geologische Endlager sind “nachsorgefrei”.

    Theoretisch vielleicht, in der Praxis doch nie im Leben.

    Genauso wie bei den Endlagern für gefährliche Abfälle (zB. starke Gifte) die auch ( im Gegensatz zu abgebrannten Brennelementen) in einigen Million Jahren noch immer gleich gefährlich sind.

    Heißt also, die Kosten sind NICHT in den Preis eingerechnet und somit kann bswp. Atomkraft niemals wirtschaftlich sein.

  51. #52 Hans Brandl
    20. September 2015

    Gerade in der Praxis sind geologische Endlager nachsorgefrei.
    Oder haben sie schon einmal einen der KKW- und Strahlungsbedenkenträger aus Politik- und NGO gesehen der sich um die Billionen von Bequerel die in einem Kalisalzstock (K40 mit 16Kbq /Kg ) enthalten sind , Sorgen macht ? Da muss nicht einmal eines der vielen deutschen Warnschilder aufgestellt werden. Das gleiche gilt für die Endlager für gefährliche nichtstrahlende Abfälle . Oder um die ca 50kg Uran die ein 1 GW Kohlekraftwerk pro Tag über den Schornstein bzw. Filter abgibt. Bzw. haben Sie sich schon mal gefragt, wo denn diese Filterstäube mit dem Uran endgelagert werden? Ach ja ich vergaß das ist ja Bio-Uran!?
    Das ist da genauso wie im praktischen Leben, man ist sofort dabei den Nachbarn zu kritisieren wenn er seinen Rasen falsch düngt, aber man fährt bedenkenlos mit dem Öko-SUV zur Umweltschutzveranstaltung.
    Dieses sehr selektive und temporäre Umwelt-Gewissen ist dann immer nützlich wenn die praktischen Argumente, speziell auch bei Risikobetrachtungen , nicht mehr reichen. Wie man auch deutlich in der öffentlichen Endlagerdiskussion sehen kann.

  52. #53 Kai
    20. September 2015

    @Moon: ” in der Praxis doch nie im Leben”
    Darüber würde ich jetzt natürlich gerne diskutieren. Das ist aber sinnvoller, wenn ich wüsste, welche Kosten da auftreten sollen. Wovon reden wir hier?

  53. #54 Kai
    20. September 2015

    @ Moon: “Heißt also, die Kosten sind NICHT in den Preis eingerechnet”
    Doch – sind sie. Ob ausreichend – darüber kann man diskutieren. Aber die Endlagerkosten sind wie gesagt gar nicht so teuer im Vergleich zum Rückbau. Falls das Geld nicht reichen solle, dann beim Rückbau.

  54. #55 Dampier
    20. September 2015

    @Kai, danke für den aufschlussreichen Artikel. Das ein oder andere war mir darüber bekannt, aber dies ist mal eine wirklich gute Zusammenfasung.

    Mich wundert aber die Behauptung, Endlagerung wäre “technisch gelöst”. Damit wagst du doch eine Prognose über zigtausende von Jahren. Und wenn ich mir den Schweinkram ansehe, der in der Asse angerichtet wurde, möchte ich doch stark bezweifeln, dass da irgendwas nachhaltig gelöst wäre und wir nur noch drauflosbauen müssten.

    Dass die genannten Alternativen zur Endlagerung nicht praktikabel sind, finde ich einleuchtend. Aber wie die “technische Lösung” bei der Endlagerung selbst aussieht, würde mich jetzt echt mal interessieren. Das wäre vielleicht einen Fortsetzungsartikel wert.

    Gruß
    Dampier

  55. #56 Kai
    21. September 2015

    @Dampier
    Ich sollte das mit dem „technisch gelöst“ wirklich noch einmal erklären:
    Die langen Zeiträume sind zunächst einmal ein kleineres Problem als man denkt, wenn man sich auf die Geologie als Schutz verlassen kann. Die Kunst ist, ein Endlager so zu bauen, dass ich die Geologie auch wirklich nutze. Wenn ich mich da auf ein menschengemachtes Bauwerk verlassen müsste, sähe ich auch schwarz.
    Man muss allerdings schon erklären, was man mit „technisch gelöst“ meint. Für hochaktive Abfälle wurde immerhin noch kein Endlager in Betrieb genommen. „Technisch gelöst“ bedeutet, dass man das technische Rüstzeug hat, um ein sicheres Endlager zu bauen. Man weiss, wie man es eigentlich machen sollte. Da kann man natürlich viel falsch machen. Nicht nur technisch sondern auch organisatorisch und gesellschaftlich (siehe Asse). Das waere jetzt allerding wirklich ein ganz eigener Artikel. Spontan empfehle ich da den Blog “Kerngedanken” von Jan Gottwald.

    Und die Gefahr in einem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spannungsfeld gefährliche faule Kompromisse einzugehen muss man sehr ernst nehmen.
    Ausserdem – und da muss man selbstkritisch Wasser in den Wein tun – weiß man natürlich erst, dass man ein Problem gelöst hat, wenn man es denn auch wirklich in der Praxis getan hat…

  56. #57 Till
    24. September 2015

    @RainerKlute Und selbst der zweifellos überteuerte EPR in Olkiluoto wird den Strom immer noch viermal günstiger liefern als die deutsche Photovoltaik

    Ich habe das selbst mal durch gerechnet. Wenn man die gesamten Subventionen für Kohle und Kernenergie seit 1950 zusammen nimmt und auf die Kilowattstunde umrechnet, dann kommt man auf ca. 15 cent pro kWh. Allein für die Subventionen, nicht inflationskorrigiert! Wohlgemerkt: dabei sind die Entsorgungskosten und – Risiken noch nicht eingerechnet. Dagegen sind die 6 cent Abgabe für erneuerbare Energie doch wenig. Der Unterschied in der Wahrnehmung kommt daher, dass jeder die 6 cent auf seiner Stromrechnung sieht während die Subventionen für Kohle und Kernenergie irgendwo im Haushalt und in Steuererleichterungen versteckt sind. Das war ein genialer Schachzug der Lobbyisten (ich vermute auf dem Gebiet kennen Sie sich aus).

  57. #58 BreitSide
    Beim Deich
    24. September 2015

    @Till: und wenn man das dann noch pro Kopf und Tag rechnet, wird´s völlig lächerlich: Keine 30 ct pro Kopf und Tag.

    Und daran ziehen die Energiewende-Gegner sich hoch 🙄

  58. #59 Kai
    24. September 2015

    @Till
    Ich habe die anderen Zahlen nie überprüft. Aber das die Entsorgungskosten nicht eingerechnet sind stimmt so nicht. Per Gesetz sind da die Verursacher in der Verantwortung und die Rückstellungen waren natürlich im Strompreis enthalten.
    Insgesamt würde ich mich aber über die Subventionen für die Erneuerbaren auch nicht aufregen. Die Frage ist eher, ob die subventionierten Techniken da die Versprechen halten können. Das ist dann aber nicht mehr mein Fachgebiet….

  59. #60 Folke Kelm
    25. September 2015

    Ich muss Kai da recht geben, wenn er schreibt, dass Endlager im prinzip technisch als gelöst angesehen werden können. Die Schweden und Finnen haben das Prinzip eigentlich gut gezeigt. Allerdings kommen hier die Kostenaspekte sehr deutlich ins Spiel. Gerade in Schweden sieht man die Kostendiskussion sehr deutlich. Das Projekt was hier läuft und momentan im Genehmigungsverfahren ist, läuft unter der Federführung von SKB, einem privatwirtschaftlichen Konsortium. Gerade hier sieht man einen Interessenkonflikt und die Tendenz die Kosten niedrig zu halten und herunterzuspielen. Es gibt durchaus Gutachten, die die Kosten um den Faktor 10 höher schätzen als SKB das tut.
    Die Abhängigkeit der Kerenergie von Subventionen wird auch schön deutlich an der Diskussion zwischen den Betreibern und dem schwedischen Staat, der ja unter der vorigen Regierung prinzipiell den Betrieb und den Neubau von Kernkraftwerken erlaubt hat, unter der Voraussetzund dass alle Kosten von den Betreibern übernommen werden.
    Der einhellige Kommentar der Betreiber war daraufhin, dass unter diesen Voraussetzungen noch nicht einmal der weitere Betrieb der bestehenden Anlagen gewährleistet werden kann, da Aufrüstung und Wartung der Reaktoren zu teuer ist.

  60. #61 Dampier
    25. September 2015

    @Kai, @Folke Kelm Danke für eure Antworten.

    @Kai

    Man weiss, wie man es eigentlich machen sollte.

    Wie denn?

    @Folke, wo verbuddeln denn die Schweden und die Finnen das Zeug?

  61. #62 Hans Brandl
    26. September 2015

    @dampier:
    Dazu empfehle ich ihnen an ihrem Rechner in einem Browser doch einmal folgende Buchstaben einzutippen :
    giyf.com
    Sollten sie mit dieser Neuland-Technik aber schon stärker vertraut sein, dann hilft eine sogenannte Suche, evtl. mit folgenden Buchstaben:
    https://www.endlagerung.de/language=de/7119/internationaler-vergleich
    Wenn sie aber eine politisch korrekte, deutsche Antwort ohne ausländische Einflüsse haben wollen , dann hilft nur noch greenpeace .

  62. #63 Kai
    26. September 2015

    @Dampier
    Im Grunde ist das Prinzip klar. Man braucht stabile geologische Formationen, die Nuklide nicht so einfach durchlassen oder erst gar kein Wasser an die Abfälle lassen. Solche Formationen kennt man. Jetzt muss man die Abfälle da platzieren, ohne die Geologie zu zerstören und man muss darauf achten, dass die Abfälle selber nichts tun, was die Geologie beeinträchtigt. Wie solche geologischen Formationen aussehen müssen und was man mit den Abfällen machen darf wird seit einigen Jahrzehnten untersucht und man hat da sehr gute Vorstellungen. Die Asse als Beispiel zählt da nicht – die wurde gebaut, BEVOR man einige Jahrzehnte geforscht hat. Das wäre als würde man den schiefen Turm von Pisa als Beweis dafür nehmen, dass man keine Hochhäuser bauen kann….

  63. #64 Dampier
    26. September 2015

    @Kai, danke. Die Info hat mir im Artikel noch gefehlt 😉

    @Hans Brandl, warum so herablassend? Natürlich könnte ich dem hinterherrecherchieren, aber eine gepflegte Unterhaltung in der Community ziehe ich allemal vor. Dafür sind wir ja hier.

  64. #65 Kai
    27. September 2015

    @ Folker Kelm
    das klingt interessant. Kannst du mir sagen, welche Gutachten die Endlagerkosten in Schweden so hoch einschätzen? Ich kenne da nur die SKB-Sicht…

  65. #66 Captain E.
    29. September 2015

    Allerdings hat man früher auch über die Asse gesagt, dass sie ein sicheres Endlager werden könnte. Dem war offensichtlich nicht so.

    Sarkastisch gesprochen, hat man in der Asse wissenschaftlich erforscht, was man alles in einem Endlager falsch machen kann.

  66. #67 Kai
    29. September 2015

    @ Captain E.
    Die Asse stammt aus der Frühzeit der Kernenergienutzung. Die Entscheidung für die Asse viel vor fast einem halben Jahrhundert. Und trotzdem ist nicht klar, ob jemals mehr aus der Asse rauskäme als erlaubt ist – man hat es nur nicht richtig geschafft, das Gegenteil nachzuweisen.
    In der Tat ist die Asse ein Negativbeispiel. Sie taugt aber nicht als Totschlagargument. Wir dürfen davon ausgehen, dass wir in den letzten 50 Jahren das eine oder andere gelernt haben. Zum Beispiel gab es erst nach den 70ern Mikroprozessoren, E-Mail, Handy, Personal-Computer, Space Shuttle (was schon wieder out ist), Compact Disc, die Raumstation Mir, das World Wide Web und die DVD.
    https://www.eine-frage-der-technik.de/seit-1970.htm
    Man muss darüber reden, was bei der Asse falsch lief. Und das tut man auch wirklich mehr als ausgiebig. Aber wie ich oben schrieb: man nimmt auch nicht den schiefen Turm von Pisa als Beweis dafür das Hochhäuser unmöglich sind!

  67. #68 Captain E.
    29. September 2015

    Das Problem ist aber leider eines der Glaubwürdigkeit. Hinterher genau erklären zu können, warum sich die ursprünglichen Erwartungen nicht erfüllt haben, ist zwar wissenschaftlich einwandfrei, hinterlässt aber einen schlechten Eindruck, so wie bei Astrologen oder Börsenanalysten, die nach Eintreffen eines Ereignisses erklären, dass sie vorher schon alles gewusst haben.

    Experten haben gesagt, dass die Asse sicher ist. Sie haben sich geirrt. Carl Friedrich von Weizsäcker hat in den 60er Jahren die Schätzung abgegeben, dass Deutschland im Jahr 2000 gerade einmal einen Würfel mit 20 m Kantenlänge an Atommüll haben würde, was er als sehr gering eingeschätzt hat. Die Menge hat er locker überschätzt (vielleicht wegen einer erwarteten höheren Anzahl an Reaktoren?), die Schwierigkeiten des Umgangs damit aber unterschätzt. Tja, und nun sagen heutige Experten, dass Gorleben sicher sein wird. Vielleicht haben sie Recht, aber was ist, wenn in 20 oder 30 Jahren sich auch diese Annahmen als zu optimistisch erweisen werden?

  68. #69 Kai
    29. September 2015

    Der arme Weizäcker – er wurde dieses Zitat nie los. Das war aber schnell vom Tisch. Es gibt übrigens auch auf der anderen Seite nicht minder aberwitzige Zitate z.B von Robert Spaemann, wenn er von „No-go-Areas“ durch Endlager fabuliert.
    Na klar. Sogenannte Experten können sich irren. Es ist sogar meist ziemlich seltsam, wer so alles als Experte gilt. Und Experten haben sich reichlich geirrt. Die Plattentektonik hat sich teilweise erst in den 50ern durchgesetzt. Der Mond hat sich nach einer alten Hypothese langsam von der Erde abgespalten und darum gibt es den Pazifik. Man hielt den Quastenflosser für ausgestorben. Man glaubte an ein statisches Universum und noch früher an eine kreisrunde Erdumlaufbahn. Alles falsch. Aber wie Asimov so schön gesagt hat: Wir irren uns nach oben!
    Die Frage ist, wie gehen wir mit unserer Fehlbarkeit um. Der Ansatz niemandem gar nichts mehr zu glauben führt uns praktisch nicht weiter. Bei einem Endlager muss die Sicherheit öffentlich glaubhaft gemacht werden – auf der Basis von allem was wir wissen. Und man muss glaubhaft machen, das System für so eine Aussage auch ausreichend verstanden zu haben. Heute würde niemand mehr glaube, dass irgendein Standort sicher ist, nur weil „Experte“ xy das sagt.
    Wenn wir nicht mehr auf der Basis unseres heutigen Wissens handeln können, machen wir gar nichts mehr. „Du kannst das nicht sicher wissen“ ist ab einem bestimmten Punkt keine gute Entscheidungsgrundlage mehr.

  69. #70 Captain E.
    29. September 2015

    Die Abschätzung der anfallenden Menge war natürlich sogar noch zu hoch. Sein Würfel hätte 8.000 cbm im jahr 2000 bedeutet, und bislang (Stand: 2015) sind es wohl immer noch weniger als 7.000 cbm. Nur hatte er anscheinend auch nicht so richtig darüber nachgedacht, was man mit seinem Würfel genau anstellen sollte.

  70. #71 Moon
    4. Oktober 2015

    Asse Fehleinschätzung hin oder her. Es war aber doch selbst für ein Kleinkind absehbar, dass ein Sturzbefüllung totaler Schwachsinn ist, oder?

  71. #72 Kai
    6. Oktober 2015

    @ moon
    Die Fehler bei der Asse sind aus heutiger Sicht früher passiert. Erst mal hat man ohne einen Sicherheitsnachweis eingelagert. Dann hat man das Bergwerk nicht gleich verschlossen, sondern über Jahrzehnte offen gelassen Dann hat man aus heutiger Sicht in den 90ern (noch unter der damaligen Umweltministerin Griefhahn) falsch auf den festgestellten Wasserzutritt reagiert, als das erste Mal Waser zufloss.
    Als dann letztlich das Konzept einer absichtlichen Flutung der Asse entwickelt wurde, stand man vor folgendem Problem:
    1: Die Ase würde AUF JEDEN FALL volllaufen. Das war nicht mehr zu verhindern.
    2: Man ging nicht davon aus, dass man die Abfälle sicher rückholen könnte (das ist man sich auch heute noch nicht so sicher).
    Also hat man beschlossen – wenn die Asse denn schon vollläuft – wenigstens zu entscheiden WOMIT sie vollläuft.
    Das Wort „Sturzbefüllung“ ist zwar nicht unüblich, weckt aber falsche Bilder. Da wären keine Kavernen geflutet worden, in denen nachher Abfallfässer durch die Gegend geschwommen wären, sondern es ging um das Aufsättigen der verbliebenen Porenräume in dem Salz, mit dem das Bergwerk verfüllt werden sollte,
    Damit wollte man die Chemie kotrollieren und verhindern, das zutretendes War zusätzliche Hohlräume löst, die dann quasi eine Autobahn für die Nuklide auf ihrem Weg aus dem Bergwerk gewesen wären.
    Es ist unklar, ob dieses Konzept wirklich nicht funktionieren würde. Allerdings wurde das nicht ausreichend gezeigt. Das Problem ist nicht, dass sich da jemand ein schlechtes Konzept ausgedacht hat. Das Problem ist, dass man sich über Jahrzehnte in eine Position manövriert hat, in der dies Konzept die beste Lösung zu sein schien.

  72. #73 Captain E.
    6. Oktober 2015

    Unter „Sturzbefüllung“ in der Asse stelle ich mir immer dieses Video von dem riesigen Bergbau-Radlader vor, der eine Schaufel voller gelber Fässer auf eine Schräge kippt und diese dann in die Tiefe rumpeln. Es ist wirklich schwer vorstellbar, dass diese Befüllungsmethode tatsächlich Teil eines ausgeklügelten Konzepts gewesen soll.

  73. #74 gaius
    6. Oktober 2015

    @Kai: “Sogenannte Experten können sich irren. ”

    Ja, das ist in allen Bereichen der Technik so und in sofern tatsächlich nichts besonderes.

    Allerdings sprechen wir bei der Atomkraft über eine der wenigen Techniken, bei denen wir uns keine Irrtümer erlauben können, weil die Folgen unbeherrschbar sein können. Das ist der zentrale Unterschied. Dadurch wird auch irrelevant, wie selten solche Irrtümer sind.

    Eine Technik, bei der menschenübliche Irrtümer zu menschheitsbedrohenden Schäden führen, sollte sich von selbst verbieten.

  74. #75 Kai
    6. Oktober 2015

    @Gaius
    Ein schwerer Fehler in einem Kernkraftwerk ist sicher etwas anderes als ein falsch zusammengebautes Windrad. Wie sicher genau Kernkraftwerke sind ist nicht mein Fachgebiet. Allerdings moechte ich bei diesem Thema schon eine Linie ziehen: Es geht hier um radioactive Abfaelle und nicht um Kernkraftwerke. Da gibt es keinen Gau, keine Explosionen und keine Kernschmelze. Wir reden von ziemlich gefaehrlichem Abfall – nicht mehr und nicht weniger.

  75. #76 Kai
    6. Oktober 2015

    Captain E:
    Diese Enlagerung mit Radladern hatte tatsaechlich einen Sinn. man minimierte so due Strahlenbelastung fuer die Mitarbeiter. Schoen symetrisch aufgestellte Faesser sind ja kein Selbstzweck. Da die Behaelter nie als verlaessliche barrier dienen solten, war das fuer due Langzeitsicherheit auch egal. uer die Rueckholung ist es natuerlich unguenstig.

  76. #77 Ursula
    6. Oktober 2015

    @ gaius

    Eine Technik, bei der menschenübliche Irrtümer zu menschheitsbedrohenden Schäden führen, sollte sich von selbst verbieten.

    Große Worte gelassen ausgesprochen!
    Wie soll das funktionieren? Nur ein Beispiel: Gebrochener Staudamm.
    Die Frage ist doch, hat die Kernenergie nicht zuletzt auch durch Endlagerung ein höheres Gefährdungspotenzial als andere Energiegewinnungsformen? Ich kann für mich diese Frage noch immer nicht beantworten.

  77. #78 Captain E.
    6. Oktober 2015

    @Kai:

    Diese Enlagerung mit Radladern hatte tatsaechlich einen Sinn. man minimierte so due Strahlenbelastung fuer die Mitarbeiter. Schoen symetrisch aufgestellte Faesser sind ja kein Selbstzweck. Da die Behaelter nie als verlaessliche barrier dienen solten, war das fuer due Langzeitsicherheit auch egal. uer die Rueckholung ist es natuerlich unguenstig.

    Hatte man auch die Gegenrechnung gemacht, wieviele der Behälter bereits beim Abladen beschädigt werden würden und wie sich das auf den Austritt des radioaktiven Inhalt und die Strahlenbelastung der Mitarbeiter auswirken würde?

  78. #79 Kai
    6. Oktober 2015

    captain E,
    Das kann ich nur vermuten/hoffen. Ein staendiges monitoring gab es schon. Vorderguendig ist es auch erst einmal einleuchtend, das ich mehr Strahlung abkriege, wenn ich vor einer sauber aufgestelten Wand aus Faessern stehe, als wenn ich das sozusagen einfach ueber die Kante rollen lasse. Ich denke, gerade das was du da sagst, ist einer der Gruende dafuer, dass sich dieses Vorgehen nicht wirklich durchgesetzt hat….

  79. #80 Captain E.
    6. Oktober 2015

    Mehr Strahlung – oder weniger?

    Also, mal kurz überlegt: Was spricht für eine geometrisch “saubere” Anordnung? Die Fässer werden fast sicher nicht beschädigt, und man kann sie sehr platzsparend verstauen. Und was spricht für das Schütten? Es geht viel schneller.

    Aber nur mal so im Hinterkopf: Aus intakten Behältern dringt kein Material heraus, und sowohl Alpha- wie auch Betastrahlung werden zurück gehalten. Nur für die Gammstrahlung gibt es keinen wirksamen Schutz, dicke Wände einmal ausgenommen. Aber die kann es beim Transport ja gerade eben nicht geben.

    Allerdings sieht man es ja an den Standorten der havarierten Reaktoren. Die Arbeiter tragen Strahlenschutzanzüge, um sich zu schützen. Gegen Gammstrahlung helfen die in etwa so viel wie Badehosen. Es geht also auch hier in erster Linie um die Alpha- und Betastrahlung, und davor allem gegen die Aufnahme des radioaktiven Materials in den menschlichen Körper. Dagegen helfen die Schutzanzüge.

  80. #81 gaius
    6. Oktober 2015

    @Kai: “Wir reden von ziemlich gefaehrlichem Abfall – nicht mehr und nicht weniger.”

    Hast recht! 🙂