Die Region, in der heute der Ort Schmiedefeld zu finden ist, liegt nicht in Europa – diesen Kontinent gibt es noch gar nicht – und auch nicht in einem Mittelgebirge, sondern ist Meeresgrund in einem flachen Schelfmeer, welches Gondwana vorgelagert ist. Das Thüringische Mittelgebirge wird erst 100 – 150 Millionen Jahre später im Zuge der Variszischen Orogenese aufgefaltet werden, als Gondwana und Laurussia, ein aus der Vereinigung von Laurentia, Baltica und Avalonia hervorgegangener Großkontinent, miteinander kollidieren. Noch hat auch die Bildung der Eisenerzformation nicht begonnen, sondern auf dem Meeresgrund werden Schichten aus Ton abgelagert, die später den Griffelschiefer bilden werden.
Im Ordovizium liegt der Meeresspiegel rund 200 m höher als in der Jetztzeit. Dies ist weniger darauf zurückzuführen, dass es über den Polen der Erde keine Eiskappen gibt, wie man vielleicht annehmen könnte. Viel stärker wirkt die Tatsache, dass die Plattentektonik deutlich aktiver ist als in heutiger Zeit. An den Spreizungszonen entsteht neuer Meeresboden viel schneller als heute, er ist dadurch weniger dicht als alter Meeresboden, der sich unter seinem Eigengewicht gesetzt hat und folglich sinken die Schollen, auf denen er liegt, weniger tief in den Erdmantel ein.
Die Eiszeit kommt
Das Leben im Ordovizium floriert, jedoch droht Ungemach am Horizont. Durch starke Verwitterung von Gesteinen sinkt der Gehalt des Treibhausgases CO2 rapide auf 4500 ppm ab, was eine Abkühlung mit sich bringt. Gleichzeitig liegt über dem Südpol die große Landmasse von Gondwana, was stets eine Tendenz zur Vereisung verstärkt, da Niederschläge in Form von Schnee nicht mehr aufs offene Wasser fallen und von diesem aufgenommen werden, sondern liegenbleiben, die Albedo der Erde (Reflektionsgrad für einfallendes Licht) erhöhen und für weitere Abkühlung sorgen. In der Folge setzt eine Kaltzeit ein, die als die Silur-Ordovizische Vereisung oder auch Sahara-Vereisung bekannt ist; Sahara-Vereisung deswegen, weil die Region, in der heute die Sahara liegt, ein Teil von Gondwana war und sich genau über dem Südpol befand.
Weder dauert diese Kaltzeit mit wenigen Millionen Jahren so lange wie die großen Eiszeiten des Cryogeniums noch ist sie im Grad der Vereisung mit diesen vergleichbar, nichtsdestoweniger sind die Folgen drastisch. Die Meeresspiegelabsenkung beträgt mindestens 70 Meter (stellenweise deutlich mehr) und beraubt die flachmarinen Faunen und Floren ihres Lebensraumes; außerdem kommen viele an das warme Treibhausklima gewöhnte Lebewesen mit den deutlich kälteren Bedingungen nicht zurecht. Die Folge ist ein Massenaussterben, bei dem über 80% aller Lebensformen verschwinden.
Bildung der Schmiedefeld-Formation
Auch in der zukünftigen Schmiedefeld-Region ändern sich die Bedingungen. Diese liegt trotz der einsetzenden Eiszeit nach wie vor in tropischen Breiten mit entsprechenden Temperaturen. Der fallende Meeresspiegel und das flacher werdende Wasser verursachen sogar einen Anstieg der Wassertemperatur, der anfangs zur Ausfällung und Sedimentation von Phosphoriten führt, bevor mit weiter sinkendem Wasserstand die Bildung der eigentlichen Eisenerzformation einsetzt.
Das Meerwasser in der fraglichen Region ist sehr eisenhaltig, vermutlich durch Erosionseintrag vom nahen Land. Dieses Eisen fällt aus und bildet die untere Schicht des zukünftigen Eisenerzlagers von Schmiedefeld. Ein Teil des Eisens bildet sogenannte Ooide, kleine kreisrunde Kügelchen aus Eisenchlorit und Eisenphosporit mit einem Kern aus Quarzit.
Sie entstehen in 10 bis 50 m tiefem Wasser, wenn Sandkörnchen durch Wasserbewegung aufgewirbelt werden und sich die Eisenverbindungen im übersättigten Wasser Schicht für Schicht daran anlagern. Je stärker die Wasserbewegung, umso mehr Ooide enthält die Sedimentschicht und umso größer sind sie. Irgendwann sind die Kügelchen zu schwer, sinken zu Boden und werden früher oder später von Sediment bedeckt [Ellenberg, 2000]. Wer – dies als kleiner Exkurs – jetzt an die Martian Blueberries denkt, kleine Kügelchen aus Hämatit (Eisenoxid), die von den NASA-Rovern Spirit und Opportunity auf dem Mars gefunden wurden, liegt richtig. Der Entstehungsmechanismus ist möglicherweise der Gleiche und liefert begründeten Anlass für die Vermutung, dass der Mars früher von Meeren bedeckt war.
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