2002 reduzierte die Deutsche Stratigraphische Kommission den von Knüpfer genannten Zeithorizont auf 20 Millionen Jahre [Menning, DSK, 2002]. Eine Neubewertung aufgrund der Erkenntnisse von Haq und Schutter über die Meeresspiegeländerungen erfolgte bislang anscheinend jedoch nicht.
Ist die Schmiedefeld-Formation in wenigen hundert Jahren entstanden?
Wie beschrieben gibt es deutliche Diskrepanzen bei den verschiedenen Belegen, die für die Datierung der Schmiedefeld-Formation herangezogen wurden. Das ist jedoch bei geologischen Formationen, die tief im Paläozoikum entstanden sind, nichts Ungewöhnliches. Das Zusammentragen von Daten über eine Zeit, die 450 Millionen Jahre zurückliegt, bedeutet mühsame Kleinarbeit. Die meisten geologischen Schichten aus dem Ordovizium sind längst in den Subduktionszonen der Erde verschwunden, daher müssen sämtliche Informationen, die nicht aus der Gesteinsformation selbst abgelesen werden können, aus den vergleichsweise wenigen anderen Lagerstätten gewonnen werden, die noch existieren. Dennoch dürfte kaum ein ernsthafter Geologe den Bildungszeitraum der Formation auf weniger als ein paar Millionen Jahre schätzen.
Nicht jedoch Manfred Stephan, Mitarbeiter der kreationistischen „Studiengemeinschaft Wort und Wissen e. V“ und anscheinend studierter Geologe. Aus den vorliegenden Diskrepanzen zieht er den atemberaubenden Schluss, dass weder die von Knüpfer ermittelten 30 Millionen Jahre noch die von der Deutschen Stratigraphischen Kommission angesetzten 20 Millionen Jahre oder sonst ein Zeitraum im Bereich von mehreren Millionen Jahren reell sein könne. Stattdessen sei die gesamte Formation in wenigen Jahrhunderten (!) entstanden.
Seine Begründungen muten zumindest originell an. Auf die der Eisenerzschicht unterliegende Phosphoritlage bezogen, deren Mächtigkeit allerdings nur wenige cm beträgt, schrieb er etwa, auf der Bahamabank gäbe es heute Algenmatten, die ein Wachstum von 1mm pro Tag aufweisen würden, somit sei eine vielfach schnellere Ablagerung als vom “Langzeit-Paradigma der Geologie” propagiert möglich. Auch seien vor der kalifornischen Küste Eisen-/Manganknollen gefunden worden, die zehn- bis hunderttausendmal schneller wüchsen als allgemein angenommen. Belege, dass dies auch bei der Schmiedefeld-Formation der Fall gewesen sei, hat er leider keine, ganz abgesehen davon, dass Stephan diskret unter den Tisch fallen lässt, dass aus einem Millimeter Algenmattenschicht nicht ein Millimeter kompaktifizierte Gesteinsschicht wird.
Konkreter möchte Stephan bezogen auf das Wachstum der Eisenerzschicht offenbar nicht werden. Vage merkt er noch an, dass die Ablagerung der Ooide “einem rasch abgesetzten Tiefsee-Trübestrom” ähnelten, also einer starken Strömung, die u. a. von untermeerischen Hangrutschungen verursacht wird, folglich sehr viel Sediment mit sich führt und in kurzer Zeit große Mengen davon ablagern kann. Als Beleg führt er wiederum das Papier von Ellenberg an, unterschlägt aber, dass Ellenberg in einem Diagramm zur Analyse von Korngrößen zwar kurz die Ähnlichkeit mit einem Trübestrom-Muster erwähnt, aber anmerkt, dass die Korngrößen um das Zehnfache höher lägen als bei einem echten Trübestrom.
Auf einen anderen wichtigen Punkt bei den von ihm behaupteten extrem hohen Sedimentationsraten geht Stephan ebenfalls nicht ein. Das sedimentierte Material muss von irgendwoher kommen. Würde in früheren Zeiten eine solch hohe Sedimentation flächendeckend vorgelegen haben, müsste das Material woanders in extrem hoher Rate abgetragen worden sein. Allgemeiner gesprochen: Der Kreislauf aus Gebirgsauffaltung, Erosion und Sedimentation müsste, wenn wir Zeithorizonte von Millionen bis hunderte Millionen Jahre auf ein paar tausend Jahre eindampfen wollten, zigtausendfach schneller ablaufen, genauso wie auch die Gebirgsauffaltungen verursachende Plattentektonik um den gleichen Faktor schneller ablaufen müsste. Stephan erläutert nicht einen der Prozesse, die hierfür notwendig wären.
Stephans Resümee legt bloß, worauf er eigentlich mit seinem Papier zielte: Auf die radiometrische Datierung. Hierfür wählt er einen hanebüchen zu nennenden Umweg: Die Schmiedefeld-Formation sei mittels Leitfossilien datiert worden, deren Alter andernorts mit der radiometrischen Datierung bestimmt wurde. Jedoch würde diese Datierung nicht zu dem von Stephan ohne jegliche Belege behaupteten Bildungszeitraum der Schmiedefeld-Formation von wenigen Jahrhunderten passen und somit müsse die radiometrische Datierung als solche in Frage gestellt werden. Dass die RD bei der Altersbestimmung der Schmiedefeld-Formation überhaupt nicht zum Einsatz kam, stellt da nur das Sahnehäubchen dar.
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