Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2015. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier. Informationen über die Autoren der Wettbewerbsbeiträge findet ihr jeweils am Ende der Artikel.
——————————————
Heute war ich mit meinem Kollegen Florian im saarländischen Walhausen. Wir wollten uns den Exkurs mit Wünschelruten zum historischen Kupferstollen in der Nähe von Wadern ansehen, zu dem der Forschungskreis für Geobiologie geladen hatte. Angekündigt wurde das ganze einige Tage zuvor in der Saarbrücker Zeitung. Dort trafen wir dann auch Herrn Peter vom Forschungskreis für Geobiologie und Herrn Kilian von Bergwerksverein, seines Zeichens ausgebildeter Mess- und Regelmechaniker. Nach und nach füllte sich der Parkplatz des Dorfgemeinschaftshauses in Nohfelden mit den PKWs der überwiegend grau melierten Herren. Die Vertreter des weiblichen Geschlechts waren deutlich in der Unterzahl: Es fanden sich an diesem Samstagnachmittag lediglich zwei Frauen ein, eine inklusive ihres Kindes im Grundschulalter. Der Junge der Dame wurde anscheinend bereits vor dem Exkurs von seiner Mutter mit einer hochfunktionalen Wünschelrute ausgestattet. Auch zahlreiche Herren der Gruppe hatten bereits zu diesem Zeitpunkt ihr „Messgerät“ parat. Diese waren aus Metall (Eisen, Kupfer, etc.) oder ganz profan aus sogenannten Schweißdraht (Plastik!) gedengelt und gebogen. Bei den Luxusvarianten gab es auch noch einen Edelstein an der Spitze des Sensors, vermutlich zur Verbesserungen der Messsensibilität.
Wir wurden alle herzlich und dann eindringlich eingeladen uns in die Adressenliste einzutragen um sicherzustellen, dass wir auch künftige Termine und Veranstaltungen der Geobiologen nicht verpassen sollten. (Da es weder Florian noch mir lieb war unsere Klarnamen und echten Adressen zu benutzen wählten wir an dieser Stelle Pseudonyme: Ich war Adam Weishaupt, aus der Iluminatusstraße und Florian durfte heute Jon Doe sein)
Nun gab es zunächst eine kurze Einweisung durch Herrn Kilian in die Geschichte der Städte und des Bergbauhandwerks von „sellemols“ (einst). Dabei durften wir lernen, dass es im Saarland nicht nur Kohle- und Eisenerzbergwerke, sondern auch einige wenige Kupferstollen gab. Der tägliche Vortrieb mit den damaligen Mitteln in diesen Anlagen betrug im Schnitt 2,5cm! Die Existenz und Lage der Stollen und die Eingänge zu diesen waren teilweise über Jahrzehnte hinweg vergessen geglaubt. An dieser Stelle kam nun Herrn Kilian und sein Verein ins Spiel. Sie recherchieren und restaurieren alte Bergwerke in ihrer Umgebung anhand uralter Karten, die teilweise nur noch als schlechte Kopien existieren. Nun hätte man bei der Lokalisierung der vergessenen Stollen teilweise auf die Hilfe von „Mutern“ (1) zurückgegriffen.
Und ab diesem Zeitpunkt übernahm Herr Peter das Briefing zum Schwingrutengang, ließ zunächst den Spendenhut umgehen, und verteilte indes gleich Broschüren, welche deutlich ersichtlich, auf Schreibmaschine verfasst und auf gefühlte Schriftgröße 8 klein kopiert wurden. Darin fand sich zum einen ein Text über die Arbeit und das Selbstbild der „Rutenfühligen“ („Sehr gefreut hat uns auch wieder die Resonanz zu unserer Aufklärungsarbeit über so genannte „Erdstrahlen“ und deren gesundheitliche Beeinträchtigungen über geopathogenen Zonen, Wassergerinnen, geologischen Spalten und Verwerfungen, Elektrosmog und Baubiologie und die dadurch von uns geleistete Hilfe seitens der Medizin und … der Medien…“) und zum anderen der Veranstaltungskalender mit Vorträgen für das laufende Jahr mit solch spannenden Themen wie zum Beispiel „Strahlende Umwelt (Erdstrahlen und Elektrosmog) und ihr negativer krankmachender Einfluss. Wie können wir uns und unsere Kinder wirksam schützen?“.
Anschließend verteilte der Experte von seinem Kofferraum aus Leihruten an all diejenigen, die, wie Florian und ich, heute zum ersten Mal dabei und interessiert, aber schlecht ausgestattet waren. Auf Anfrage drückte mir Herr Peter ein sehr schickes, orangenes Rutengerät aus hochwertigem Vollplastik in die Hand und lobte alsbald meine Armhaltung und meine Lockerheit im Handgelenksbereich im Umgang mit dem Instrument. Er habe da schon deutlich weniger talentierte Leute gesehen.
Ich beschloss mir meine Fragen für später aufzuheben.
Kurz darauf ging es durch Wald und Feld zu einer Stelle auf einer Wiese, kaum 30m Luftlinie von einem Umspannwerk entfernt, unter der vor einiger Zeit ein moderner Stollen von Bergwerksverein testweise angelegt worden sei, wie uns Herr Kilian eröffnete. Diesen könne die Gruppe nun zu Übungszwecken „ermuten“, und schon schwang sich das anderthalb Dutzend grauer Häupter auf, um allerlei Pendel, skalierte Ruten und andere Tensoren (in etwa: Sensorschwingding mit total funkeltoller Glitzerapplikation mit mächtigem Fu!) über der Wiese schwenken und schwingen zu lassen. Selbstverständlich war es r e i n dem Zufall verschuldet das Herr Kilian, welcher wie gesagt diesen Stollen zuvor auch selbst mit angelegt hatte, an (wie wir später erfahren durften) genau der Wegstelle stehen blieb, unter der auch eben jener selbst angelegte unterirdische Gang querte. Auch fügte er hinzu, dass die frisch aufgefüllte Erde auf dem Wegstück dort, 2m von ihm entfernt, nichts bedeuten m u s s (*Zwinker*)! So dauerte es auch nicht lange bis ein glückliches Mitglied des Schwingschwarms an eben exakt jener Stelle seinen Stollendetektor richtig rüttelte.
Doch fielen die anderen 16-17 Senioren, die bei der Schachtsuche tatsächlich teilweise pendelnd durch Gebüsch und Gehölz stürzten, weder durch unzureichende Versiertheit am Gerät (inklusive regen Rutenausschlägen und positiven Pendelschwüngen) noch durch Mangel an Zuversicht auf Erfolg auf.
Sie hatten nur alle eins gemein: diese Gruppe wurde von Herr Kilian ganz einfach ignoriert. Somit war die Sicherstellung der Zielgenauigkeit der Methode quasi schon vorweg garantiert. Der Bergwerksvereinsmann war leider dem Confirmation Bias (zu deutsch: Bestätigungsfehler) unterlegen. Soll heißen, er sah nur das, was er in diesem Moment auch zu sehen bereit war. Ich unterstelle ihm hierbei keine böse Absicht, aber fair oder gar wissenschaftlich konnte man diese “Test“bedingungen nun wirklich nicht nennen.
Nun nahm ich mir Herrn Peter zur Brust…
Er erklärte uns, das der „wissenschaftliche“ Überbau der ganzen Methode zurück auf einen gewissen Dr. Hartmann geht. Schon die alten Kelten und Ägypter hätten an so genannten Kraftorten auf dem global verteilten Netzgitter ihre Kultstätten errichtet. Beim Faktencheck im Nachgang stolpere ich über den Psiramartikel zu Herrn Dr. Hartmann. Dieser weiß über die Persona Hartmann folgendes zu Berichten: „Zusammen mit seinem Bruder entwarf er das Modell eines so genannten Global-Gitters, das aus “Reizbändern” in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung (nach den Magnetfeldlinien der Erde) gebildet sein soll und das er Hartmann-Gitter nannte.“ (Quelle:https://www.psiram.com/ge/index.php/Ernst_Hartmann Stand: 29.06.’14).
Herr Peter holte nun aus. Er erzählte von Mutungen, die ein 40m² großes Areal abdecken könnten. Allerdings seinen die „Messungen“, da hochpräzise und empfindlich, eben auch leicht anfällig für Fehler. So geschehen in der Vergangenheit bei einer Mutung die Herr Peter und seine Gruppe selbst durchführten. Er konnte, nach einem Hinweis seines Mentoren, einen Messfehler ganz eindeutig auf eine Stromleitung eingrenzen, welche sich über das zu mutende Gelände spannte und ihnen die sauberen Ergebnisse verhagelte. Aus welchem Grunde nun genau das o.g. Umspannwerk (Hochspannung!), in Wurfweite der stollensuchenden Herren in der Waldlichtung, sich nicht störend auf die Auslesung des professionellen Pendelwerkzeuges a.k.a. „Volksempfänger“s (E.Hartmann) auswirken sollte, war und wird mir an diesem Punkt nicht ganz klar.
Ich fragte Herrn Peter auf welche Art „Erdstrahlen“ denn nun seiner Ansicht nach unseren Globus verlassen würden: waagerecht, senkrecht, kugelförmig etc. und harke nach. Man könne ja auch, so spekuliere ich laut, lediglich ein, wie auch immer geartetes, schrägstrahlendes Störfeld von z.B. einer im Hang nebenan verlaufenden „Wasserader“ nicht gänzlich ausschließen. Hier wich nun unser Fachmann vor Ort von der Meinung der Mainstream-Tensisten ab und erklärte uns, dass diese „Strahlung“ in einem V-förmigen Fächer die „Störzone“ in Richtung Erdoberfläche verlassen würde. Er zog zur Veranschaulichung vor Ort seine Wünschelrute hervor. Die, einmal in einer Schleife geschwungene, Achse an dem Teil sei mit der Lage der Störzone tief im Erdinneren zu vergleichen. Die zur Demonstration nach oben gerichteten Schenkel des Apparates repräsentierten bei seinem Vergleich die Strahlenausbreitung in Richtung Erdoberfläche und darüber hinaus.
Die Wikipedia verrät uns, dass allgemein im Weltbild der Geobiologen „Erdstrahlen“ als „eine … senkrecht gerichtete Strahlung“empfunden wird (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdstrahlen Stand 29.06.’14, Hervorhebung von mir). Man ist da anscheinend auch innerhalb der Zunft flexibel. Oder hatte ich es hier doch nicht mit einem Schulgeobiologen, sondern etwa tatsächlich mit einem Alternativgeobiologen zu tun? Ich wollte die reine Lehre!
Und dann folgte das Unglaubliche: Messbar wären diese Störfelder durch das jeweilige Gerät (Rute, Pendel, Blingblingtensor o.ä.) sowieso gar nicht! Man solle die Rute nicht als Antenne/Empfänger, sonder als Verlängerung der Arme deuten. Das würde, seiner Meinung nach, auch ganz hervorragend die durch den Carpentereffekt (https://de.wikipedia.org/wiki/Carpenter-Effekt) beschriebenen, ausgelösten Kleinstbewegungen von Hand und Arm erklären. Diese unwillkürlichen Muskelzuckungen, so erklärte Herr Peter weiter, welche im Endeffekt Rute und Pendel zum Ausschlag zucken lassen, seien lediglich der sichtbare Ausdruck der Körperwahrnehmung des Muters. Hervorgerufen und beeinflusst seien diese ursächlich durch „Magnetfeldern/Spannungen/Schwingungen“ aus dem Erdinneren, welche aus postulierten Störzonen (vermutete unterirdische Bachläufe, Erzlager, dubiose Verwerfungen usw.) resultieren sollen.
Starker Tobak!
Neu war für mich hierbei, dass der Mensch einen Magnetsinn besitzt (Eine Sensation! Das riecht für mich verdächtig nach Nobelpreis!) und so bohre ich weiter nach, wo genau im Körper wohl dieser Sinn zu verorten sei. Hier blieb unser Experte wage, er wäre wohl entweder im Gehirn oder im Restkörper zu finden. (Okay, dann gibt es in diesem Jahr für diese bahnbrechende Erkenntnis vielleicht doch noch keinen hoch dotierten Forschungspreis..)
Das Feintuning des Muters auf das spezifisch zu erspürende Feld fände folglich auch im Kopf und in der persönlichen Vorstellungswelt statt. Wenn ich also z.B. nach Uran (oder Hohlräume, Wasseradern, Erdöl, Verwerfungen im Gestein etc.) suche muss ich mir eben dieses gaaanz intensiv als Gedankenbild hervorholen (visualisieren) und schon steht dem Sucherfolg nichts mehr im Wege! Bevor das Einschwingen auf die jeweilig richtige Frequenz reibungslos funktioniere, benötige der potentiell Rutenfühlige natürlich jede Menge Übung, beruhigte und motivierte Herr Peter die Novizen des anwesenden Suchtrupps. Diese Methode sei aber unbedingt zielführend und Wasser als Suchobjekt für den Anfang durchaus am einfachsten.
Hierzu muss gesagt werden, dass es so etwas wie die angesprochenen Wasseradern in der Geologie nicht wirklich gibt. Lediglich in einigen wenigen geologischen Spezialfällen, z.B. in Karstgebieten, findet man eine Art „unterirdischer Bachlauf“.
(Grund-)Wasser kommt allgemein im Untergrund in flächiger Form vor und sammelt sich oberhalb wasserundurchlässiger Schichten. Hier zu Lande ist es sogar schwer auf eine Stelle in der Landschaft zu stoßen unter der man in der Tiefe kein Wasser findet.
Die Gruppe zog nun weiter. Wir schritten gemeinsam, manch einer pendelnd, den Weg entlang in Richtung Wald. Unser nächstes Ziel war jetzt der Eingang des besagten historischen Kupferstollens. Dabei trat ein Herr deutlich reiferen Alters, ich schätze ihn auf +/-85 Jahren, aus der Karawane auf uns zu, erkannte unser reges Interesse an dem Thema und sprach uns schließlich an. Er kenne sich bestens mit der Pendlerei aus, sei aber, aus privaten Gründen, kein Vereinsmitglied. Ob wir schon einmal etwas von Pyramidenenergie und Bovis-Einheiten (2) gehört hätten, wollte er wissen („Fleisch verwest hierdurch nicht – es verdorrt lediglich“). Florian und ich hatten in diesem Moment einen gemeinsamen, unausgesprochenen Gedanken: Nun gehen sie los, die Erfahrungsberichte und die Lobhudeleien der Kunden/Vertreter des esoterischen Gemischtwarenladens.
Seit Dekaden, so führte er weiter aus, pendele er gemeinsam mit seiner Ehegattin Lebensmittel sogar im Kaufhaus aus, um zu sehen ob diese schädlich oder gut für sie seien . Wichtig wäre hierbei die Richtung in der das Pendel ausschlage. Dieses solle man vorher allerdings eichen um keine falschen Ergebnisse zu erhalten, was aber denkbar einfach wäre: Man fragt einfach sein Pendel „wann ist Ja Ja?“ und schaut wie das Instrument reagiert. Auch habe man eine Art Notfalldekontaminierungs“brettchen“, auf das man Lebensmittel, welche ein Restrisiko an Schlecht enthalten könnten, zum Wohle des Paares umpolt.
Er habe einen Bekannten aus dem Forschungskreis, der benötige überhaupt kein physikalisches Mittel mehr um Schwingungen zu detektieren. Er wäre uns, samt seiner weiblichen Begleitung, beim Gang über dem Feldweg in Richtung Bergwerkseingang mit nur wenigen Meter Abstand bereits auf den Fersen. Man solle einander kennen lernen, meint der weißhaarige Mann. Seine Augen glänzen dabei.
Alsbald fühlte sich eben dieser Bekannte ermutigt mir die Macht der Schwingungen zu demonstrieren und schlug ein Liveexperiment an mir vor. Ich solle mich mit seitlich ausgestrecktem Arm vor ihn hinstellen, instruierte mich der Mittefünfzigjährige freundlich. „Nun bitte laut und deutlich die Worte „Ja Ja Ja“ sprechen“ – fuhr er fort. Er würde nun bei mir, so erzählte er uns, einen (angeblich) senkrecht nach unten gerichtete Armdruck in Höhe des Ellenbogens durchführen. Er erklärte weiter, dass der Widerstand des ausgestreckten Armes und die Standstabilität der Testperson „Deutlich stärker, da Positiv“ sei und daher als Indikator für Erfolg gesehen werden kann. Diesen Trick kenne ich u.a. von den Hologrammarmbändern und ich überlegte kurz, ob ich ihm die anderen mir bekannten Tricks und Finten auch noch zeigen soll, ließ es aber. Und so schlug ich ihm kurzerhand vor, dass ich den Test an ihm selbst durchführe!
(Der Kniff bei der Sache ist denkbar einfach wie raffiniert: Bei der gewünschten positiven Reaktion drückt der Tester den ausgestreckten Arm der Versuchsperson in Richtung Körperstamm, stabilisiert diese so. Bei anders gewünschtem Ergebnis wird ganz subtil ein wenig fester und in die Außenrichtung gedrückt und schon gerät die Versuchsperson ins Wanken.)
Ein wenig widerwillig stimmte er zunächst zu, ließ mir den Vortritt. Ich wollte nun seine Methode umdrehen: Er spricht NeinNeinNein und ich stabilisiere ihn, beim Ja-Spruch will ich ihn zum Wanken bringen. Ich muss ihm lassen, er gab sich alle Mühe die Ergebnisse meines Test zur positiven Bestätigung seiner Methode ausfallen zu lassen: Es gelang mir nicht, ihn ins Wanken zu bringen. Vom Meister lernen! Wir verstehen uns.
Doch nun wollte der (noch) nette Herr an mir mit seiner Beweisführung beginnen. Er positionierte mich, bat mich das „JaJaJa“-Mantra zu sprechen und drück meinen Arm sanft nach unten/innen, ich blieb stehen. Nun zur Kontrolle „NeinNeinNein“: Er drückte erneut, allerdings nun deutlich fester und eindeutig nach unten/außen und ich beginne zu Schwanken. „Sehen sie!“, rief die Dame hinter mir begeistert wie zur Bestätigung. Direkt protestierte ich, er habe nicht beide Male gleich gedrückt, sondern eben einmal sanft nach innen/unten und einmal kräftiger nach außen/unten. Er war aufgebracht, erhob Widerspruch. Das sei unmöglich – dies fühle sich für mich nur so an! Nun klinkte sich auch seine Begleitung wieder ein und sprang unserem Experimentator zur Seite. Sie meinte festzustellen, dass Ich hier das Problem wäre, da ich wohl zu skeptisch und zu unaufgeschlossen für diese Themen sei. Sie versuchte wohl in diesem Moment mich zu einem personifizierten Störfeld zu deklarieren.
Hiervon ließ ich mich nicht beeindrucken, dachte bei mir, dass ein Thermometer wohl bei allen Anwesenden gleich zuverlässig die Körpertemperatur ermitteln würde – unabhängig von der jeweiligen persönlichen Aufgeschlossenheit zum Thema Körperkerntemperatur, und schlug vor man müsse wohl das Experiment anhand von aufgehängten normierten Gewichten wiederholen, wozu der latent angesäuerte Fußschwinger nur meinte, das Ergebnis würde sicher auch gleich ausfallen und sich alsbald darauf verkrümelte.
Und so gingen wir alle gemeinsam weiter Richtung historischem Stollen. Hier angekommen führte der Veranstalter allerdings aus, das Gummistiefel, Helm und Lampe zum Einfuhr in den Schacht angebracht und auch notwendig seien, er diese aber, zu unserem Bedauern, nicht in ausreichend großer Anzahl vorliegen habe. Er hatte sie schlicht am Auto vergessen. Florian und ich versuchten uns soweit in den Tunnel vor zu wagen wie es unsere Sneaker und die LED im Smartphone als Lichtschein zuließen. Eine Kleingruppe mit Helm und gutem Schuhwerk wird von Herrn Kilian zur weiteren Besichtigung in den Schacht begleitet. Der Rest verharrte vor dem Portal und so ergab sich für uns die Gelegenheit für weitere Fragen.
Wir kamen mit einem Herren ins Gespräch, den unsere Fragen offensichtlich auch beschäftigen. Er eröffnete uns, dass er bis dato noch ein Anfänger im Bereich der Rutenkunst sei. Nun packte es mich und ich ergriff die Gelegenheit uns zum Kern des Pudels vorzustoßen: Ich fragte in die Runde, wie man denn ihrer Meinung nach einen seriösen von einem unseriösen Geobiologen unterscheiden könne und zog hierbei zum besseren Verständnis den Vergleich zum Gesundheitswesen (Zertifizierung von Ärzten und Qualitätsmanagement in der Heilkunst) zur Hilfe. Die Frage wurde angeregt diskutiert und man kam zum Schluss, dass dies nicht so einfach zu bewerkstelligen sei, wenn nicht gar unmöglich. Eine eindeutige und aussagekräftige Methode zur Identifizierung eines Scharlatans innerhalb der Zunft kenne die Gruppe allerdings auch nicht. Doch wisse man schon um den ein oder anderen Blender auf dem Gebiet und kam kurz auf einen ehemaligen Vereinskollegen zu sprechen, der die Gruppe aber verlassen hatte. Dies wurde von den Anwesenden allerdings nicht weiter vertieft und ich bohrte auch nicht weiter nach.
Just an dieser Stelle der Diskussion trat Herr Peter wieder aus dem Stollen an das Tageslicht. Er hatte sich die Schachtsichtung nicht entgehen lassen und sogar zur Feier des Tages ein Spezialmessgerät im schicken Köfferchen dabei (Ein „UKW-Messgerät“, wie er uns später erklärt. Kurz und einfach: ein Radio!), welches allerdings bei der gesamten Tour nicht einmal zum Einsatz kam.
Er klinkte sich in die Rederunde ein und ergänzte, dass man bei seinem Verband eine, angeblich, doppelt verblindete Prüfung machen könne und dann zertifiziert sei. Das sollte einem vor den größten Patzern auf diesem Spezialgebiet bewahren. Allerdings garantiere er damit nicht, dass man damit vor James Randi oder der gwup würde bestehen können. Er zweifelte jedoch an, dass es je einem Muter unter solch stressigen Bedingungen (Kamera, Versuchsleiter, fremde Umgebung) gelingen könne ein positives Ergebnis zu erwünschlen. Dafür sei seine Arbeit mit und an der Rute dann doch zu sehr Gefühlssache und als solche zu sehr anfällig für externe Störfaktoren. (zur Entschuldigung seines Fernbleibens und dem der anderen Koryphäen auf dem Gebiet der Radästhesie bei unabhängigen Testreihen fügte er später noch hinzu „…Man muss sich ja nicht immer so produzieren…“).
Siehe an! Er kennt also James Randis Eine-Million-Dollar-Herausforderung (One Million Dollar Paranormal Challenge) für den Beweis paranormaler Fähigkeiten und die deutsche Entsprechung in Form der Psi-tests der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften, kurz gwup.
Auf dem Rückweg brannte mir doch noch eine Frage an Herrn Peter auf den Nägeln. Ich wollte wissen, ob die postulierten „Störzonen“ krank machen können und was er von der Wirksamkeit der mannigfaltig auf dem Markt erhältlichen (Erd-)Strahlenschutzprodukten halten würde. Er führte aus, dass die oftmals exorbitant teuren Gerätschaften (wie Metallgewebeunterlagen für unter die Matratze, Kupferringe {∅2m} für unter den Bettkasten etc.pp.) seiner Überzeugung nach nutzlos, nichts als Humbug und Geldmacherei seien. Da aber tatsächlich eine Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung bestünde (Peter: „ein Bekannter bekam durch Störzonen unter der Schlafstätte Lungenkrebs“, später dann „…vielleicht könnte das aber auch seinem Zigarettenrauchen geschuldet sein…“) sei es Seitens des Bauherrn und des Architekten schon fast grob fahrlässig bei der Erkundung für ein neues Baugebiet, für z.B. ein neues Krankenhaus, keinen Rutengänger zu engagieren. Bei Mehrstöckigen Gebäuden seien ja auch schließlich eine Vielzahl an unbedarften Über-Wasserader-schlafern gefährdet, wenn der Geobiologe nicht konsultiert würde. Mutungen könnten ja schließlich auch, so wird aus der Gruppe der Informierten ergänzt, in hunderten Metern Höhe über Erdoberfläche, z.B. vom Flugzeug aus, und in bis über 70m Tiefe ins Erdreich durchgeführt werden um geeignete Brunnenbohrstellen in Wüsten zu finden.
Florian und mir rauchte der Kopf und in mir kam nach dem dreistündigen Wünschelrutenlauf und der drei Tassen Kaffee im Vorfeld (ja, die vorhergehende Nacht war wegen der Recherchearbeiten zum besagten Thema doch recht kurz, denn das Thema ist bunt und vielfältig!) langsam das dringende Bedürfnis auf meine persönliche Wasserader ins Gebüsch zu entlassen. Und so verabschiedeten wir uns von Herrn Peter, Herrn Kilian und dem Rest der Gruppe. Zum Abschied ermunterte ich Herrn Peter sich die Kohle von James Randi zu erwünschlen. So könnte er den Ruf der Geobiologen rein waschen und das gewonnene Geld in die Radiästhesieforschung stecken.
Vermutlich aus Dank für meinen wohl gemeinten Vorschlag und zur Verabschiedung überließ er mir die aus gebogenem PVC gefertigte Leihrute, welche er sonst für 6€ das Stück an Neukunden und Interessierte verkauft.
Vielleicht hatte er auch einfach nur mein Potential als Rutenschwinger erkannt!
Auf ein fröhliches Wünscheln und Wedeln…
Um sich über das historische Muten zu informieren, empfehle ich den Eintrag auf der Seite https://www.wandern-auf-bergmannsspuren.de/erzefinden.html . Laut Wikipedia leitet sich „der Begriff muten {..} vom alt- und mittelhochdeutschen muoten {ab}, was begehren, verlangen, etwas haben wollen bedeutet – nämlich das Bergwerkseigentum zwecks Ausbeute der Bodenschätze.“ und weiter heißt es hier: „Voraussetzung für eine erfolgreiche Mutung war der Nachweis, dass die in der Lagerstätte vorbehaltenen Mineralien entdeckt worden waren.“ Also ist streng genommen das, was der Forschungskreis für Geobiologie hier unter Muten versteht und präsentiert, gar kein Muten. Soll heißen das der Begriff lediglich entlehnt und zweckentfremdet wurde, da die Erforschungen durch die Mitglieder der Gruppe keine wirklichen Nachweise erbringen (können) und sich lediglich auf Anekdoten und (teils) überholtes „Erfahrungswissen“ berufen. Auch konnten auf Nachfragen, im Bezug auf den vorliegenden Fall des (Kupfer-)Erzfundes, im speziellen bezugnehmend auf die präsentierten Methoden, keine belastbaren Zahlen zur Erfolgsquote des Wünschelrutengehens in der Vergangenheit erbracht werden. Stattdessen beruft man sich fast ausschließlich auf den stetigen, persönlich erfühlten Erfolg der Methode, freut sich über Zufallsfunde und gibt Hörensagen wieder. Auf der anderen Seite allerdings macht man es sich, wenn man das Muten mal nicht geklappt hat, recht einfach mit der Begründung: dann gab es eben (mindestens) einen externen Störfaktor. Lediglich im Bereich von ertragreichen Wasserfunden bei Brunnenbohrungen gibt es Erfolgsmeldungen zu Hauf zu vermelden, was in unseren Breiten auch nicht sonderlich verwunderlich ist.
Bovis-Einheit = Phantasieeinheit in der Pseudowissenschaft. „In Bovis-Einheiten (BE) wird von Befürwortern der Radiästhesie die Stärke einer nicht näher bekannten ‘Lebens-‘ oder ’feinstofflichen’ Energie angegeben. Die Bovis-Einheit ist der Pseudowissenschaften zuzurechnen.“ und weiter „Tatsächlich ist die Bovis-Einheit nicht exakt definiert, und es gibt keine wissenschaftlich anerkannten Methoden oder Geräte zur genauen Feststellung und eindeutigen Anzeige derselben. Die von den Befürwortern verwendeten Objekte unterliegen dem Carpenter-Effekt. Die ermittelten Zahlen scheinen intuitiv und nicht falsifizierbar.“, „Der Wert von 6.500 BE wird in der Radiästhesie als neutral angesehen. Orte, Gebäude, Wasser, Lebensmittel usw., die nach ’Messungen’ und Vorstellungen von Radiästhesisten weniger Lebensenergie enthalten, entzögen dem Menschen Energie; solche, die mehr Lebensenergie enthielten, dagegen Energie spenden. Bei Werten über 10.000 BE komme der ‘ätherische Bereich in Bewegung’. Noch stärkere Werte wirken angeblich auf das, was als ein ‘höheres Bewusstsein’ bezeichnet wird. (…) Orte, an denen Radiästheten sehr hohe Zahlenwerte nennen, werden von ihnen manchmal als ’Kraftorte’ bezeichnet; für solche Orten werden Werte bis zu 750.000 BE genannt.“, vgl. https://www.psiram.com/ge/index.php/Bovis-Einheit (Stand 30.06.’14)
————————————————-
Hinweis zum Autor: Dieser Artikel wurde von Pascal Heischreiber geschrieben.
Kommentare (16)