Über “Supererden” habe ich schon sehr oft berichtet. Diese spezielle Klasse von Planeten ist ja auch höchst interessant! Es handelt sich um felsige Planeten mit einer festen Oberfläche, die aber deutlich größer sind als unsere Erde. In unserem Sonnensystem gibt es so etwas nicht; hier ist die Erde selbst der größte Gesteinsplanet (und es interessant sich zu überlegen, warum das so ist). Aber bei anderen Sternen haben wir schon viele dieser Himmelskörper entdeckt.
Ihre Entstehung gibt uns aber immer noch ein paar Rätsel auf. Denn das klassische Bild der Planetenentstehung kann die Existenz mancher Supererden nicht erklären. Diese Himmelskörper haben typischerweise einen Radius der zwischen dem 1 und dem 4fachen des Erdradius liegt und Massen zwischen dem 2 und 20fachen der Erdmasse. Damit sollten einige von ihnen aber gar keine Gesteinsplaneten mehr sein, sondern sich längst zu Gasplaneten entwickelt haben.
Planeten entstehen aus einer Scheibe voll Gas und Staub die einen jungen Stern umgibt. Das Material ballt sich zusammen und bildet Planeten. Zuerst entstehen Kerne aus Gestein und erst wenn die groß genug werden, entwickeln sie genug Anziehungskraft, um auch das Gas festhalten zu können. Je mehr Gas sie ansammeln, desto schwerer werden sie und desto mehr Anziehungskraft haben sie, um noch mehr Gas festzuhalten. Es gibt eine Art Schneeball-Effekt, an dessen Ende dann riesige Gasplaneten wie Jupiter oder Saturn stehen, die fast nur noch aus reiner Atmosphäre bestehen und höchstens in ihrem Inneren noch einen kleinen Gesteinskern haben (obwohl der auch verschwunden sein kann).
Viele Supererden haben Massen, die eigentlich zu genau so einem Wachstum führen hätten sollen. Sie sollten eigentlich längst im Inneren einer riesigen Gashülle stecken. Stattdessen sind sie Gesteinsplaneten geblieben, die eine vergleichsweise dünne Atmosphäre haben. Eine der offenen Fragen lautet also: Warum sind so viele Supererden keine Jupiter geworden? Eine Antwort auf diese Fragen haben Eve Lee und Eugene Chiang von der Universität Berkeley in Kalifornien in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit vorgeschlagen (“Breeding Super-Earths and Birthing Super-Puffs in Transitional Disks”).
In Modellrechnungen und Computersimulationen zeigen sie, dass sich die Entstehung der großen Supererden erklären lässt wenn man davon ausgeht, dass sie sich erst spät während der Phase der Planetenentstehung gebildet haben. Das klingt auf den ersten Blick logisch: Je länger die Planetenentstehung schon andauert, desto weniger Gas ist in der Scheibe vorhanden, das eine Supererde zu einem Jupiter machen kann. Die Details sind aber knifflig. Wie schnell ein Planet zum Beispiel Gas aus einer Scheibe an sich ziehen kann, hängt von der Temperatur des Gases ab und vor allem seiner Fähigkeit, sich abzukühlen. Je heißer das Gas, desto stärker ausgedehnt ist die Atmosphäre eines Planeten. Kühlt es ab, schrumpft die Atmosphäre und es ist Platz, damit der Planet neues Material aus der Scheibe in seinen Einflussbereich ziehen kann. Die Kühlungseigenschaften des Gas werden nun aber von der Art und Menge des Staubs beeinflusst, mit dem es vermischt ist. Hinzu kommt noch die Wechselwirkung zwischen den entstehenden Planeten und dem Gas/Staub, die dazu führt, dass die Planeten durch die Scheibe wandern (diese planetare Migration habe ich hier ausführlich erklärt) und in Regionen gelangen, in denen andere Bedingungen herrschen. Denn natürlich ist die Menge von Gas und Staub und ihr Verhältnis nicht überall in der Scheibe identisch! All das muss in den Modellen entsprechend berücksichtigt werden, wenn man das Problem verstehen will.
Lee und Chiang hatten zuerst die Möglichkeit untersucht, ob sich die Supererden vielleicht in Scheiben mit sehr viel Staub gebildet haben. Dann würden die Atmosphären sich nur langsam abkühlen und daher auch nur langsam anwachsen. Das hat sich aber als unbrauchbarer Mechanismus herausgestellt, weil dann die Masse des Staubes selbst durch ihre Anziehungskraft das durch die Wärme verlangsamte Wachstum ausgeglichen hätte. Die zweite Möglichkeit: Die Supererden entstehen in Scheiben in denen nur noch wenig Gas vorhanden ist. Beziehungsweise in Bereichen, in denen nur noch wenig Gas vorhanden ist. Das ist besonders in der Nähe des Sterns der Fall. Hier wird viel Gas direkt vom Stern beeinflusst und entweder hinaus in den Weltraum geschleudert oder direkt auf den Stern gezogen. Ist genügend Gas verschwunden können die sich dort gebildeten Planetenkerne zu größeren Planetenkernen verschmelzen. Von den immer noch gasreichen äußeren Regionen der Scheibe können weiterhin kleinste Mengen in die innere Scheibe gelangen, was – zumindest laut Modell – ausreicht, um zu erklären wie sich so Supererden bilden können.
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