Unser Mond entstand bei einer gigantischen Kollision zwischen der jungen Erde und einem etwa marsgroßen Planeten (der dabei komplett zerstört wurde). Das Gold in der Erdkruste wurde beim Zusammenstoß der Erde mit einem etwa plutogroßen Himmelskörper auf unseren Planeten gebracht. Die Venus rotiert vermutlich so langsam um ihre Achse weil sie in der Frühzeit des Sonnensystems ebenfalls Opfer einer planetaren Kollision wurde und Merkur ist genau das wahrscheinlich ebenfalls passiert. In der Gegenwart des Sonnensystems gibt es diese gigantischen Zusammenstöße glücklicherweise nicht mehr. Alle großen Himmelskörper die miteinander kollidieren konnten, haben das schon getan und der Rest hat genug Raum um in Ruhe seine Runden um die Sonne ziehen zu können.

Rumms! Bild: NASA/JPL

Rumms! Bild: NASA/JPL

Aber wenn ein Planetensystem entsteht, entstehen im Allgemeinen immer mehr große Himmelskörper als Platz vorhanden ist. In der Schlussphase der Entstehungszeit sind planetare Kollisionen also zu erwarten und das nicht nur bei uns sondern auch anderswo. Wie das mit den Mega-Zusammenstößen in anderen Planetensystemen aussieht, haben Wissenschaftler vom NASA Ames Research Center kürzlich untersucht. Elisa Quintana und ihre Kollegen haben umfassende Computersimulationen durchgeführt um herauszufinden, wie oft große Kollisionen zwischen Planeten in der Frühzeit eines Sonnensystems vorkommen können (“Giant Impacts on Earth-like Worlds”).

Eigentlich ist das Problem ja nicht sonderlich schwer zu lösen. Sollte man zumindest denken, oder? Denn Computerprogramme mit denen man die gravitative Wechselwirkung zwischen Himmelskörpern und deren Bewegung berechnen kann, gibt es jede Menge (ich habe hier eines davon vorgestellt) und seit Jahrzehnten beschäftigt man sich mit diesem Thema. Aber wenn es um Kollisionen geht, ist die Sache nicht mehr ganz so einfach. Da ist zuerst einmal ein Problem mit der Berechnung selbst: Kollidieren zwei Himmelskörper, dann wird der Abstand zwischen ihnen gleich null. Der Abstand steckt aber in der Formel, mit der berechnet wird, wie stark die Gravitationskraft zwischen den Himmelskörpern ist und zwar im Nenner eines Bruchs (seit Newton wissen wir ja, dass die Kraft proportional zum Produkt der beteiligten Massen, geteilt durch das Quadrat des Abstands ist). Und will man durch Null dividieren, dann kriegt man jede Menge mathematische Probleme.

Die meisten Computerprogramme zur Simulation der Planetenbewegung brechen also ab, wenn eine Kollision stattfindet. Das reicht zwar, wenn man wissen will, ob irgendwas kollidiert. Aber nicht, wenn man wissen will, was bei dieser Kollision passiert und wie es danach mit den “Überlebenden” weitergeht. Verschmelzen beide Objekte zu einem größeren? Zerbrechen sie in viele kleinere Himmelskörper? Und so weiter: Das alles im Computer zu simulieren ist aufwendig, schwierig und deswegen immer noch nicht vollumfänglich möglich. Aber man kann sich zumindest annähern und das haben Quintana und ihre Kollegen getan. In insgesamt 280 Simulationen haben sie verschiedene Möglichkeiten von Verschmelzung und Fragmentation durchgespielt um zu sehen, was für Planetensysteme nach dem Ende der großen Kollisionen entstehen können.

In den Simulationen wurde die späte Phase der Planetenentstehung betrachtet. Sie starten mit ein paar Dutzend etwa marsgroße Planeten-“Embryos” und ein paar hundert mondgroße “Planetesimale”, die sich gegenseitig gravitativ beeinflussen; sich bei Kollisionen gegenseitig zerstören oder aber auch verschmelzen können. Dieses Diagramm zeigt einen Teil der Ergebnisse:

Man sieht hier, wie sich die Zahl der Himmelskörper im Laufe der Zeit verringert; entweder durch Verschmelzung, durch Zerstörung oder weil sie aus dem System geflogen bzw. mit dem Stern kollidiert sind. In rot die Fälle in denen in der Simulation keine Fragmentation berücksichtigt wurde; in grau die anderen in denen das der Fall war. Während der 300 Millionen Jahre der Entwicklung tut sich einiges, am Ende landet man in beiden Varianten mehr oder weniger beim gleichen Zustand. Nur der Weg dorthin ist unterschiedlich. Während sich bei Berücksichtigung der Fragmentation die Zahl der Himmelskörper nach 23 Millionen Jahren halbiert hat, geschieht das im Modell, bei dem sie bei einer Kollision verschmelzen schon nach 4 Millionen Jahren. Mit Fragmentation ist das Planetensystem nach circa 200 bis 300 Millionen Jahren im Endzustand angekommen; ohne Fragmentation geschieht das schon nach knapp 100 Millionen Jahren.

Hier sieht man, wie sich die Zahl der Kollisionen im Laufe der Zeit verändert:

Der Großteil der Zusammenstöße findet also recht früh in der Entwicklung des Systems statt. Mit Fragmentation gibt es Anfangs mehr Kollisionen; insgesamt finden aber nur die Hälfte der Kollisionen während der ersten 20 Millionen Jahre statt. Ohne Fragmentation sind es 80 Prozent.

Interessant fand ich die Untersuchung zur Frage, wann bei den in der Simulation übrig geblieben erdähnlichen (d.h. erdgroß und im gleichen Abstand von ihrem Stern wie unsere Erde) die letzte große Kollision stattfand. D.h. ein Zusammenstoß mit einem Körper von planetarer Größe; in etwa so wie bei der Kollision die unseren Mond erzeugt hat. Das fasst dieses Diagramm zusammen:

Ein wenig mehr als die Hälfte – 56 Prozent – der erdähnlichen Planeten hat den letzten großen Zusammenstoß gleich in den ersten 50 Millionen Jahren hinter sich gebracht. 75 Prozent waren in den ersten 100 Millionen Jahren dran. Und bis auf eine Ausnahme hat jeder erdähnliche Planet der am Ende der Simulation übrig blieb zwischendurch eine solche Kollision erdulden müssen.

Das ist natürlich sehr interessant wenn es um die Frage geht, ob unser System aus Erde und Mond eher die Ausnahme oder etwas Normales ist. Wie diese Simulation nahelegt, scheint zweiteres der Fall zu sein. Eine große Kollision zwischen einem erdähnlichen Himmelskörper und einem anderen großen Brocken im Rahmen der Planetenentstehung ist durchaus typisch. Natürlich ist damit noch nicht belegt, das es wirklich so ist und vor allem nicht, das bei jeder solcher Kollision auch wirklich ein “Mond” entsteht.

Solche Untersuchungen sind aber auch wertvoll wenn es um die Frage der Habitabilität eines erdähnlichen Planeten geht. Findet die letzte große Kollision spät in der Entwicklung eines Planeten statt, kann er die dabei verlorenen Teile seiner Atmosphäre (sofern die vorher vorhanden war) nicht mehr ersetzen weil im System nicht mehr genug Material übrig ist. Findet sie früh statt, kann die Zeit noch reichen, sich erneut genug Gase zuzulegen um den Verlust auszugleichen.

Die Arbeit von Quintana und ihren Kollegen zeigt einerseits, dass es wichtig ist, bei solchen Simulationen nicht auf die Fragmentation der Himmelskörper zu verzichten. Auch wenn am Ende das gleiche Resultat entsteht: der Weg dorthin und damit auch die Eigenschaften der entstandenen Planetensysteme sind unterschiedlich. Nur 64 Prozent aller Kollisionen im Modell mit Fragmentation endeten mit einer Verschmelzung und die restlichen 36 Prozent darf man nicht vernachlässigen. Andererseits hat die Arbeit auch gezeigt, dass erdähnliche Planeten am Ende der Zusammenstöße recht häufig übrig bleiben. In 94 Prozent aller Fälle entstand mindestens eine “Erde”. Große Kollisionen sind in der Vergangenheit dieser “Erden” häufig, aber sie finden früh statt. Nur in ganz seltenen Fällen zeigten die Simulationen Kollisionen die mehr als eine Milliarde Jahre nach Beginn der Entstehung stattfanden (immerhin eine Zeit, für die es auf der Erde schon fossile Spuren frühen Lebens gibt).

Die gigantischen Kollisionen, die wichtig sind um einen Planeten wie die Erde zu dem zu machen, der er ist, scheinen also nichts Außergewöhnliches zu sein. Außerdem scheinen sie wirklich nur früh in der Entwicklung aufzutreten und nicht spät, wo sie für schon entstandenes Leben gefährlich werden können. Das klingt optimistisch, wenn es um die Frage der Suche nach Leben auf anderen Planeten geht. Aber man darf nicht vergessen, dass es sich hier um Simulationen handelt. Die sagen uns, was sein kann. Um herauszufinden, was wirklich ist brauchen wir konkrete Beobachtungsdaten. Aber auch die werden wir kriegen! In ein paar Jahren/Jahrzehnten sind die neuen Teleskope fertig, mit denen wir das bewerkstelligen können. Und dann werden wir wissen, wie es anderswo aussieht und welche Folgen die planetaren Kollisionen tatsächlich gehabt haben!

Kommentare (21)

  1. #1 Alderamin
    17. November 2015

    Interessant. Auf welche Einheit ist denn die Frequenz im letzten Bild bezogen? Kollisionen pro Planet und Millionen Jahren?

  2. #2 Florian Freistetter
    17. November 2015

    @Alderamin: Hmm. Gute Frage. Das Bild ist eines von vier im gleichen Diagramm. Und die anderen drei y-Achse sind alle mit einem Intervall von 0 bis 1 beschriftet. Im Text hätte ich auch keine weiterführenden Infos gefunden. Obs vielleicht nur eine falsche Beschriftung ist?

  3. #3 Artur57
    18. November 2015

    Zur Venus: diese dreht sich als einziger Planet rechts herum, wenn auch langsaam. Alle anderen Planeten bewegen sich links herum, sowohl um die Sonne, als auch bezüglich der Eigendrehung.

    Kann man daraus nicht folgern, dass der bremsende Einschlag von einem Objekt kam, das aus einer sonnennäheren Bahn kommend aufgeschlagen ist? Denn diese schlagen immer so ein, dass die Eigendrehung gebremst, bzw. umgedreht wird.

    Dasselbe beim Merkur: der dreht sich einmal in 58 Tagen.

    Schnelle Drehungen hingegen weisen auf Einschläge von Objekten hin, die sich bisher weiter außen befanden. Das trifft auf die großen Gasplaneten zu, dier sich beide erstaunlich schnell in 10 Stunden um ihre Achse drehen.

    Wenn das stimmt, dann haben die Kollisionen insgesamt eine Zusammenziehung des Materials bewirkt, also eine Konzentration auf Bereiche, in denen stabile Bahnen möglich sind.

    Kann man das so sehen?

  4. #4 Bullet
    18. November 2015

    “Planet pro Million Jahre” wäre eigentlich die (in meinen halbblinden Augen) logischste Angabe. Ich habs auch intuitiv so gelesen.

  5. #5 Alderamin
    18. November 2015

    @Artur57

    Kann man daraus nicht folgern, dass der bremsende Einschlag von einem Objekt kam, das aus einer sonnennäheren Bahn kommend aufgeschlagen ist?

    Ja.

    Denn diese schlagen immer so ein, dass die Eigendrehung gebremst, bzw. umgedreht wird.

    Nein. Es kommt darauf an, wo der Planet getroffen wird.

    Beispiel: Man denke sich den großen Körper auf einer Bahn wie die des Pluto, den kleineren auf einer engeren wie die des Neptun (die Bahn von Pluto hat eine größere Halbachse, ist aber elliptischer als die des Neptun und schneidet die Neptunbahn). Also gewissermaßen Pluto und Neptun vertauscht.

    Der größere Körper schneidet also die Bahn des kleineren und ist auf dem inneren Teil schneller unterwegs (den Schwung braucht er, um später wieder weiter weg von der Sonne zu kommen), als der kleinere Körper. Jetzt holt er an einem der Schnittpunkte auf den kleineren Körper auf und kollidiert mit diesem (der kleinere prallt also auf die vorauseilende Seite des größeren Körpers). Der kleinere Körper wird vom größeren angezogen, was ihm zusätzlich Einschlagwucht verleiht. Trifft der kleinere Körper die sonnennähere Seite des größeren, so wird der größere danach schneller rotieren (prograde Rotation angenommen, also gleicher Drehsinn wie die Umlaufrichtung). Trifft er hingegen die sonnenfernere Seite, dann wird der größere Körper in der Rotation gebremst. Ist wie beim Billiard, wo man eine Kugel rechts oder links anschneiden kann.

  6. #6 bikerdet
    18. November 2015

    @ Artur57 :
    Zur Venus: diese dreht sich als einziger Planet rechts herum

    Das ist falsch. Neben der Venus dreht sich auch Uranus rechts herum, ebenso der (Zwerg-)Planet Pluto. Deshalb sind auch Deine Rückschlüsse nicht unbedingt korrekt. Speziell bei Pluto kommen natürlich sehr viele Körper eben nicht aus Richtung Sonne. Die bisher identifizierten 1700 Krater sollen vor allem aus dem Kuipergürtel stammen.

    Schnelle Drehungen hingegen weisen auf Einschläge von Objekten hin, die sich bisher weiter außen befanden. Uhr

    Auch diese Aussage finde ich sehr weit hergeholt. Du setzt damit voraus, das die Kollisionen immer auf der ‘gleichen’ Seite erfolgen. Schematisiert kann man sagen, das ein Körper, der die Erde IN SEINER FLUGBAHN auf der ‘3Uhr-Position’ triff diese beschleunigt, ein Treffer auf ‘9 Uhr’ sie abbremst. Hierbei ist es völlig egal, woher der Körper kommt, die Erde dreht sich gegen den Uhrzeigersinn. Deine Schlußfolgerung würde bedeuten, das von der Sonne kommende Körper IMMER auf ‘9 Uhr’ einschlagen, von Außen kommende Körper aber IMMER auf ‘3 Uhr’.

    Die Planeten mußten bei ihrer Entstehung den Drehmoment aller Körper, die Teil ihrer Masse wurden, aufnehmen. Da sich alle Körper der ‘Geburtswolke’ unserer Sonne im gleichen Sinn drehten, ist es doch sehr viel wahrscheinlicher das sich die großen Gasplaneten einfach auf Grund des summierten Drehmomentes so schnell drehen.

    Das EInschläge bei den inneren Planeten normal sind, zeigt Florian ja in seinem Artikel. Somit können wir die Einschläge bei Merkur, Venus und Erde als sehr wahrscheinlich ansehen. Unsere Erde hat sich nach der Entstehung des Mondes jedenfalls sehr schnell gedreht und wurde erst durch die Gezeitenreibung des Mondes abgebremst. Ob sich die Erde vor dem Impakt von Theia schneller oder langsamer drehte, weis ich jetzt nicht. Es wäre allerdings sehr unwahrscheinlich, das ein solches Ereigniss die Drehgeschwindigkeit der Erde nicht verändert hätte.

  7. #7 bikerdet
    18. November 2015

    @ Alderamin in #5 :

    Könntest Du Dein ‘JA’ evtl. erklären ? Aus dem verlinkten Artikel geht es nicht hervor, oder habe ich was überlesen ??

  8. #8 Alderamin
    18. November 2015

    @bikerdet

    Ich zitiere mal aus Florians Artikel:

    Wenn ein fast fertiger Planet mit einem anderen, ebenso großen fast fertigen Planet zusammenstößt oder beide auch nur streifend aneinander vorüber ziehen, kann das massive Auswirkungen auf die Rotationsperiode haben. Je nach Richtung und Ablauf der Kollision kann die Rotation stark beschleunigt oder auch gebremst werden.

    Das ist vermutlich der Grund für die seltsame Rotation der Venus. Im Gegensatz zu fast allen anderen Planeten des Sonnensystems rotiert sie retrograd.

    Dass für die retrograde Drehung der Venus ein Einschlag verantwortlich sein könnte, steht auch in der Wikipedia:

    Die Ursache des retrograden Drehsinns und der besonders niedrigen Geschwindigkeit der Venusrotation ist nicht bekannt. Einer Hypothese zufolge könnte es das Resultat einer Kollision mit einem großen Asteroiden sein.

    Ansonsten stimmen wir doch in unseren Antworten #5 und #6 überein, oder?

  9. #9 Artur57
    18. November 2015

    @Alderamin

    Ja, da habe ich natürlich angenommen, dass ein Körper, der von einer sonnennäheren Bahn kommend, auf der Tagseite der Venus einschlägt, also der der Sonne zugewandten Seite. Würde er auf der Nachtseite einschlagen, dann müsste man annehmen, dass er irgendwie “überschwingt”, d.h. noch über die Bahn der Venus hinaus katapultiert wird. Das halte ich aber für äußerst unwahrscheinlich.

    Aus diesem Grunde halte ich auch Einschläge auf Jupiter und Saturn auf der Nachtseite für wahrscheinlicher als auf der Tagseite, wenn die Objekte von sonnenferneren Bahnen kommen.

    @bikerdet

    Ja nun, der Uranus hat eine um 97 Grad geneigte Achse. Ob das nun noch als “retrograd” zu bezeichnen ist, darüber kann man ja streiten. In unserem Sinne müsste man da einen Einschlag eines Objekts von außerhalb der Ekliptik vermuten. Aber da tappen wir völlig im Dunkeln.

    Neptun passt wieder in das Schema, er dreht sich in 15 Stunden um seine Achse. Pluto könnte von Objekten aus dem Kuiper-Gürtel getroffen worden sein, richtg. Obwohl der ja ziemlich weit weg ist. Da aber sind die Verhältnisse durch das Doppelsystem mit Charon doch etwas kompliziert. Ich glaube, das sollte man in diesem Zusammenhang nicht betrachten.

  10. #10 Alderamin
    18. November 2015

    @Artur57

    Würde er auf der Nachtseite einschlagen, dann müsste man annehmen, dass er irgendwie “überschwingt”, d.h. noch über die Bahn der Venus hinaus katapultiert wird. Das halte ich aber für äußerst unwahrscheinlich.

    Warum? Planetenbahnen sind Ellipsen und äußerst selten kreisförmig. Wenn zwei Körper ohnehin in der gleichen Gegend unterwegs sind, dann ist die Chance groß, dass sich die Bahnen dort schneiden, wo einer gerade in Perihelnähe ist und der andere nicht. Der im Perihel kommt dann von weiter außen und ist dann der Schnellere. Siehe Neptun und Pluto (die sich übrigens nie nahe kommen und kollidieren können, da ihre Umlaufzeiten in 2:3-Resonanz sind; sonst wäre Pluto schon längst Geschichte).

    Ob das nun noch als “retrograd” zu bezeichnen ist, darüber kann man ja streiten.

    Heißt offiziell jedenfalls so.

    In unserem Sinne müsste man da einen Einschlag eines Objekts von außerhalb der Ekliptik vermuten.

    Hier gilt dasselbe wie für einen Treffer weiter innen oder außen: der Treffer kann auch oberhalb oder unterhalb der Bahnebene stattfinden. Die Bahnen sind ja nicht perfekt in einer Ebene, und an den Knotenpunkten schneidet die eine Bahn die andere. Ohnehin können Kollisionen nur da auftreten. Dann aber auch wieder mit seitlichem Versatz, wenn beide Körper nicht gerade exakt im Knotenpunkt zusammentreffen.

  11. #11 Artur57
    18. November 2015

    @Alderamin

    Warum? Planetenbahnen sind Ellipsen und äußerst selten kreisförmig. Wenn zwei Körper ohnehin in der gleichen Gegend unterwegs sind, dann ist die Chance groß, dass sich die Bahnen dort schneiden, wo einer gerade in Perihelnähe ist und der andere nicht.

    Schon. Aber der Ausgangspunkt des Ganzen war ja die protoplanetare Scheibe. Auch in der Scheibe kann man natürlich elliptisch unterwegs sein, aber eben nicht lang. Ich denke schon, dass die Scheibe weitgehend kreisförmige Bahnen erzwungen hat. Heute immer noch zu sehen am Asteroidengürtel: der ist quasi ein exakter Kreis. Die Planetenbahnen erlauben nun wieder eine gewisse Exzentrität, aber die ist doch, von Plurto abgesehen, eher gering.

  12. #12 bikerdet
    18. November 2015

    @ Alderamin in #8 :

    Kann man daraus nicht folgern, dass der bremsende Einschlag von einem Objekt kam, das aus einer sonnennäheren Bahn kommend aufgeschlagen ist?

    Ja

    Mich interessierte nun, warum Du die Aussage von Artur57 bejaht hast. In Florians Artikel stand ja nichts darüber, das Einschläge die ‘von Innen ‘ kommend immer bremsenden Einfluss haben.
    Ich bin ja immer noch davon überzeugt, das die Einschlagsstelle wichtiger ist als die Richtung aus der der Körper kam …

    @ Artur54 in #9 :
    Nun, wenn Du DIr eine eigene Definition zurechtlegst, können wir nicht drüber diskutieren. Genau aus diesem Grund gibt es verbindliche offizielle Bezeichnungen. Und die reden eben von einem retrograden Drehsinn von Venus, Uranus und Pluto.
    Wenn man einen Zustand allgemein erklären will, sollte der idealerweise an mehreren Objekten passen. Es macht wenig Sinn, eine Verallgemeinerung bei den Impakten zu machen und dann die ‘nicht passenden’ Objekte auszuklammern.

    Eigendlich ist Dein ganzer Denkansatz falsch. Die Erde dreht sich gegen den Uhrzeigersinn. Somit wirken ALLE Einschläge auf der rechten Hälfte (aus der Flugrichtung des Impaktors gesehen ! ) beschleunigend, alle auf der linken Hälfte bremsend. Ob es einen meßbaren Einfluss hat, hängt natürlich von der Auftreffenergie ab, tut der Aussage aber keinen Abbruch. Es ist also, analog zu Alderamins Bemerkungen, egal unter welchem Winkel der Körper einschlägt, oder woher er kam. Es zählt nur wo er einschlägt.
    Leider kann ich hier keine Bilder / Zeichnungen einbinden, dann wäre es klarer. Evtl. geht es so : Stelle Dir bitte einen Kreisel vor, den Du von oben beobachtest. Wenn Du den Kreisel, egal an welcher Stelle ! , nun in Drehrichtung streifend berührst, wird er schneller. Entgegen der Drehrichtung wird er langsamer.

  13. #13 Captain E.
    18. November 2015

    Wenn sie immer gering gewesen und vor allem auch geblieben wäre, hätte es vermutlich keine Kollisionen gegeben. Da es solche Zusammenstöße aber vermutlich gegeben hat, waren die Bahnen zu einem gewissen Zeitpunkt viel elliptischer als heutzutage.

  14. #14 Alderamin
    18. November 2015

    @bikerdet

    Mich interessierte nun, warum Du die Aussage von Artur57 bejaht hast. In Florians Artikel stand ja nichts darüber, das Einschläge die ‘von Innen ‘ kommend immer bremsenden Einfluss haben.

    Das “Ja” bezog sich eigentlich auch nur darauf, dass die retrograde Rotation der Venus auf einen Einschlag zurückgeführt werden kann. Danach hatte ich ja erklärt, dass es genau darauf ankommt, wo der Einschlag einschlägt, nicht so sehr, ob der Körper von innen außen kam.

  15. #15 Alderamin
    18. November 2015

    @Artur57

    Ich denke schon, dass die Scheibe weitgehend kreisförmige Bahnen erzwungen hat.

    Anfangs schon, aber wenn größere Objekte enstanden sind, entstehen “Unwuchten”: wenn sich Planeten überholen, ziehen sie sich gegenseitig an, und durch Migration (unter anderem verursacht durch das Abräumen der protoplanetaren Scheibe) entstehen auch solche Bahnen, die in Resonanz sind, was typischerweise auch die Exzentrizität der Bahnen verändert. Nur so kann es ja überhaupt zu Kollisionen größerer Objekte kommen. Ansonsten hat ja jedes größere Objekt seine Bahn bereits von Trümmern gereinigt und schwebt dort alleine herum. Aber nur solange es dem bösen Nachbarn nicht missfällt.

  16. #16 Artur57
    19. November 2015

    @ Alderamin

    Gut, ich möchte in der Sache nicht hundertprozentig recht haben. Aber es ist schon wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Einschläge auf der Venus von Objekten mit zunächst sonnennäherer Bahn erfolgt sind. Unter anderem daran zu sehen, dass die Bahn des Merkur von allen Planeten die unstabilste ist. Kleinere Objekte konnten sich da wohl nicht halten.

    Ebenso ist eine Migration vom äußeren Planetensystem zu Jupiter und Saturn hin recht einfach erklärbar. Diese waren ja nicht immer so groß, nach der Zündung der Sonne wurden ihnen die Gase von der Sonne her zugeblasen. Die größere Masse hat dann die äußeren Objekte aus der Bahn gebracht. Die weiter innen natürlich auch, aber da war schon ziemlich abgeräumt.

  17. #17 Alderamin
    19. November 2015

    @Artur57

    Aber es ist schon wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Einschläge auf der Venus von Objekten mit zunächst sonnennäherer Bahn erfolgt sind.

    Woraus folgerst Du das denn? Aus dem Drehsinn kann man es nicht folgern, weil eine einzelne Kollision den Drehsinn komplett ändern kann und die ganze vorherige Historie gewissermaßen löscht. Ich würde sogar so argumentieren: außen hat man mehr Umfang der Bahnen als innen, also findet sich außen potenziell auch mehr Material bei gleicher Entfernung. Folglich sollte ein Planet mehr von Außenbahnen einsammeln als von Innenbahnen.

    Unter anderem daran zu sehen, dass die Bahn des Merkur von allen Planeten die unstabilste ist. Kleinere Objekte konnten sich da wohl nicht halten.

    Es gibt viele Planetensysteme, in denen hat man gleich mehrere Planeten innerhalb des Bahnradius des Merkur, das geht schon. Was meinst Du mit “instabiler Bahn” des Merkur? Dass sich die Bahnparameter schneller verändern? Liegt an der ART (Periheldrehung), dem schnellen Umlauf (viele Zyklen pro Zeiteinheit) und der benachbarten, recht massiven Venus.

    Ebenso ist eine Migration vom äußeren Planetensystem zu Jupiter und Saturn hin recht einfach erklärbar. Diese waren ja nicht immer so groß, nach der Zündung der Sonne wurden ihnen die Gase von der Sonne her zugeblasen. Die größere Masse hat dann die äußeren Objekte aus der Bahn gebracht. Die weiter innen natürlich auch, aber da war schon ziemlich abgeräumt.

    Das musst Du mal näher erläutern. Die großen Planeten haben nicht viel Masse verloren und das würde ihre Bahn auch kaum ändern (was anderes wäre, wenn die Sonne viel Masse verlöre). Die Migration kam zustande, weil die Planeten mit der protoplanetaren Scheibe wechselwirkten. Außerdem wechselwirkten die Planeten untereinander durch Resonanzen und tauschten so Energie aus (ähnlich, wie der Mond mit der Erdrotation wechselwirkt und sich von der Erde allmählich entfernt). Mit Masseverlust der Planeten durch den Sonnenwind hat das alles nichts zu tun (der bestimmte lediglich, welches Material zur Entstehung der Planeten in welcher Entfernung von der Sonne noch vorhanden war, weiter innen z.B. weniger Gas als weiter außen).

  18. #18 Artur57
    20. November 2015

    @Alderamin

    Es gibt viele Planetensysteme, in denen hat man gleich mehrere Planeten innerhalb des Bahnradius des Merkur, das geht schon. Was meinst Du mit “instabiler Bahn” des Merkur? Dass sich die Bahnparameter schneller verändern? Liegt an der ART (Periheldrehung), dem schnellen Umlauf (viele Zyklen pro Zeiteinheit) und der benachbarten, recht massiven Venus.

    Das alles gibt es, es ist aber schwach gegen den Jupiter.

    ” Dies führe dazu, dass Jupiter in regelmäßigen Abständen an Merkur zieht. Dessen Orbit werde dann elliptischer. Er könne dabei sogar über die Umlaufbahn des nächsten Planeten Venus hinausreichen. “Die Wechselwirkungen zwischen Venus und Merkur würden Letzteren weiter destabilisieren.””

    Man kann daher schon sagen, dass in unserem Sonnensystem die Bahnen nah an der Sonne zur Instabilität neigen.

    Ja nun, der Jupiter hat durch den Sonnenwind nicht ab- , sondern zugenommen. Er liegt hinter der Schneegrenze, wo der Sonnenwind alle Gaspartikel vertreibt. Welche dann nicht selten auf Jupiter landen. Jedenfalls ist das Sonnensystem ziemlich gasfrei.

    Ich muss schon daran erinnern, dass ich eingangs das Ganze nicht als Behauptung, sondern nur als Frage definiert hatte. Nun bin ich in die Rolle geraten, das Modell verteidigen zu müssen. Aber es lässt sich verteidigen, muss man ja mal feststellen.

  19. #19 Alderamin
    20. November 2015

    @Artur57

    Man kann daher schon sagen, dass in unserem Sonnensystem die Bahnen nah an der Sonne zur Instabilität neigen.

    Ja, da gab’s mal eine Arbeit zu, dass Merkur Amok laufen und mit Venus oder Erde kollidieren könnte. Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit dafür viel kleiner, wenn man die ART richtig mit einrechne. Ich hätte eigentlich Venus als Ursache vermutet, nicht Jupiter, der viel weiter weg ist (rund 5 AU, Venus minimal 1/3 AU). Aber Jupiter ist ja mit 320 Erdmassen (oder knapp 400 Venusmassen) auch sehr viel massiver als Venus (wenn der gravitative Einfluss mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt und mit der Masse linear zunimmt, dann hat Jupiter in der 15-fachen Entfernung einen Einfluss von über den Daumen 400/225 = ca. 1,7 im Vergleich zur Venus, die Merkur aber auch nur gelegentlich so nahe kommt).

    Ja nun, der Jupiter hat durch den Sonnenwind nicht ab- , sondern zugenommen. Er liegt hinter der Schneegrenze, wo der Sonnenwind alle Gaspartikel vertreibt. Welche dann nicht selten auf Jupiter landen. Jedenfalls ist das Sonnensystem ziemlich gasfrei.

    Er hat sicher über die Zeit ein wenig (aber eine irrelevante Menge) Atmosphäre verloren, aber der Effekt des weggeblasenen Gases aus dem Sonnensystem ist ja, dass Jupiter dies gar nicht erst einsammeln konnte.

    Nun bin ich in die Rolle geraten, das Modell verteidigen zu müssen. Aber es lässt sich verteidigen, muss man ja mal feststellen.

    Der Drehsinn von Jupiter und den meisten Planeten (wie auch der Sonne) ergab sich zuallererst aus der Rotation des präsolaren Nebels, eine zufällig Turbulenz in der Gegend der Molekülwolke, aus der das Sonnensystem entstand. Wenn Material sich auf einer Bahn zusammenzieht, hat von außen kommendes Material einen Geschwindigkeitsüberschuss, von innen kommendes eine geringere Geschwindigkeit, weil nach den Keplerschen Gesetzen ein Objekt auf seiner Bahnellipse in Sonnennähe am schnellsten und in Sonnenferne am langsamsten ist. Dann bildet sich automatisch eine Drehrichtung in Richtung des Bahnumlaufs aus. Ich dachte, es ging Dir um spätere Kollisionen größerer Körper, insbesondere bei der Venus. Die können noch einmal alles ändern. Aber die Akkretion bei der Entstehung bildet zunächst einmal automatisch eine prograde Rotation aus mit einer Drehachse parallel zu derjenigen der protoplanetaren Scheibe.

  20. #20 bitmess
    kann sein
    20. November 2015

    Die Venus rotiert vermutlich so langsam um ihre Achse weil sie in der Frühzeit des Sonnensystems ebenfalls Opfer einer planetaren Kollision wurde

    Aber da das Sonnensystem ein chaotisches System ist koennen Umlaufbahnen und Drehachsen theoretisch jeden beliebigen Wert annahmen.

  21. #21 bikerdet
    20. November 2015

    Um nochmal auf die Kollision von Erde und Theia zurückzukommen :

    Ich habe jetzt gelesen, das damals u.U. zwei Monde entstanden sind. Ein großer und ein Kleiner. Diese sind aber irgendwann auch kollidiert und haben unseren jetzigen Mond gebildet. Damit wollte man die unterschiedlichen Mondseiten erklären. Z.B. das die Mare hauptsächlich nur auf einer Seite sind, das die Kruste auf der Rückseite im Mittel doppelt so dick ist u.a.m.

    Was ist davon zu halten ?