Klar ist, dass es keine Frage der astronomischen Klassifikation ist. Die Astrologie verwendet zwar immer alle Planeten; vor 1781 vermisste jedoch kein Astrologe den Uranus, vor 1846 vermutete kein Astrologe die Existenz des Neptun (die Astronomen dagegen schon; sie hatten seine Existenz aus der Beobachtung von Bahnstörungen des Uranus vorhergesagt) und auch Pluto fehlte vor 1930 nicht. Selbst heute werden in den Horoskopen nur die acht Planeten in unserem Sonnensystem verwendet und nicht auch die extrasolaren Planeten, obwohl die Bedeutung der Himmelskörper gemäß astrologischer Logik eigentlich nicht entfernungsabhängig sein kann. Denn der weit von der Erde entfernte Pluto ist im Horoskop genauso wichtig wie die nahe Venus. Bei den Zwergplaneten wird überhaupt nur Pluto benutzt und mitunter der größte Hauptgürtelasteroid und kleinste Zwergplanet Ceres. Die restlichen Zwergplaneten – Eris, Haumea und Makemake – kommen in normalen Horoskopen so gut wie nie vor. Noch deutlicher ist es bei den Monden. In den Horoskopen wird generell nur der Erdmond im Horoskop in betracht gezogen, die restlichen Monde – davon sind Io, Ganymed, Callisto und Titan sogar größer als der Erdmond – werden ignoriert. Gleiches gilt für die Asteroiden: manche Astrologen verwenden bisweilen Asteroiden wie Ceres, Pallas, Vesta oder Chiron. Diese unterscheiden sich jedoch durch nichts von den Millionen anderen Asteroiden im Sonnensystem, die nicht in den Horoskopen auftauchen.
Auch physikalische Parameter sind bei der Auswahl der astrologisch relevanten Himmelskörper entscheidend. Der Einfluss des schweren und großen Jupiters im Horoskop ist genauso wichtig wie der des kleinen und leichten Monds oder des Pluto. Die gewaltige Sonne ist ebenso wichtig wie der winzige Mars. Wie der sonnennächste Planet Merkur muss auch der sonnenfernste Planet Neptun im Horoskop berücksichtigt werden. Weiterhin kann die Sichtbarkeit mit bloßem Auge kein astrologisches Auswahlkriterium sein. Denn man kann zwar Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn leicht sehen. Aber bei Uranus besteht die freiäugige Sichtbarkeit nur noch theoretisch, Neptun und Pluto sind ohne technische Hilfsmittel unsichtbar.
Viele Astrologen können auf die Frage nach der Auswahl der relevanten Himmelskörper keine Antwort geben. Aber einige, die es doch getan haben,5 haben meistens und verständlicherweise nicht physikalisch-astronomisch argumentiert, sondern eher emotional: die im Horoskop verwendeten Himmelskörper seien eben genau diejenigen, die für die Menschen auf irgendeine Art und Weise von besonderer Bedeutung wären. Das ist zweifelsohne eine äußerst schwammige Begründung – die noch dazu nicht frei von Widersprüchen ist. Pluto ist beispielsweise heute Teil von nahezu jeder astrologischen Analyse. Dass er mittlerweile nur noch als Zwergplanet klassifiziert wird und nicht mehr als Planet, spielt dabei keine Rolle. Pluto sei in der Astrologie deswegen von Bedeutung, weil er eben lange Zeit als Planet des Sonnensystems geführt wurde und deswegen Bedeutung für die Menschen hat und hatte6. Aber folgt man dieser Argumentation, dann müssten der Zwergplanet Ceres und die Asteroiden Pallas, Juno, Vesta und Hygiea ebenso wichtig sein wie Pluto. Denn bei ihrer Entdeckung Anfang des 19. Jahrhunderts wurden diese Himmelskörper ebenfalls als Planeten klassifiziert und erst Jahrzehnte später wieder “degradiert” – so wie Pluto. Da sie die ersten jemals entdeckten Asteroiden waren, hatten sie durchaus große Bedeutung für die Menschen. Ceres war vormals mindestens so bekannt wie Pluto heute. Der Mond der Erde wird laut manchen Astrologen deswegen als einziger der 168 bekannten Monde berücksichtigt, weil er eben der Mond der Erde und deswegen relevant ist. Nicht relevant ist aber der Asteroid 2002 AA99 obwohl er ebenfalls ein koorbitales Objekt der Erde ist (sich also wie der Mond ständig in ihrer Nähe aufhält). Aber auch die vier galileischen Monde des Jupiter – von denen drei größer als der Erdmond sind – haben in der Geschichte der Menschheit eine wichtige Rolle gespielt. Sie waren nämlich die ersten neuen Himmelskörper, die Galileo Galilei 1609 mit seinem Teleskop entdeckte, und ihre Beobachtung beeinflusste den Wandel zum heliozentrischen Weltbild.7 Warum tauchen diese galileischen Monde jedoch nie in Horoskopen auf? Und was ist mit der Vielzahl an Sternen am Himmel, die für die Menschen ebenso relevant wie die Planeten waren? Sie dienen in der Astrologie nur als Hintergrund, vor dem sich alles abspielt. Egal wie man es betrachtet, es gibt keine objektiven Regeln, die klar darlegen, welche Himmelskörper für die Astrologie relevant sind und welche nicht.
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