Mitte Oktober machte der Stern KIC 8462852 Schlagzeilen. Dort hätte man angeblich Spuren einer “Superzivilisation” entdeckt; Veränderungen im Licht des Sterns würden auf die Existenz gigantischer Raumstationen oder anderer Strukturen hindeutet, die sich dort befänden. Die ganze Aufregung war damals schon unbegründet und nur auf die etwas unbedachte Äußerung eines – an der eigentlichen Forschungsarbeit unbeteiligten – Astronomen zurück zu führen. Die wissenschaftliche Untersuchung war und bleibt aber interessant!
Ein kurzer Rückblick: Der Stern war einer von vielen, bei denen das Weltraumteleskop Kepler nach Planeten sucht. Dazu wird die Menge an Licht gemessen, die uns von dort erreicht. Umkreist ein Planet den Stern dann kann es vorkommen, dass er von uns aus gesehen genau vor dem Stern vorüber zieht und dabei einen Teil des Lichts blockiert. In dem Fall sehen wir den Stern in periodischen Abständen “blinken”. Veränderungen im Licht hat man bei KIC 8462852 auch tatsächlich gemessen. Sie waren aber nicht periodisch und ganz anders, als es zu erwarten gewesen wäre, wenn da ein Planet ist.
Sie sahen so aus und im rechten Teil des Bildes sieht man gut, dass das Licht auf sehr chaotische Art und Weise schwächer und wieder stärker wird:
Es gab verschiedene Hypothesen, um das Verhalten zu erklären. Zu den favorisierten gehörten zum Beispiel eine Gruppe von größeren Asteroiden, die das Licht auf diese seltsame Art blockierten. Es wäre möglich, dass das vor kurzem ein größerer Himmelskörper mit einem anderen kollidiert ist und dabei jede Menge Staub und Trümmer produziert hat. Oder aber die großen Asteroiden sind – aus welchen Gründen auch immer – in große Staubwolken gehüllt. Am wahrscheinlichsten erschien den Forschern aber, dass dort Kometen dem Stern sehr nahe gekommen sind.
So ein Verhalten kennen wir auch aus dem Sonnenystem: Hier beobachten wir regelmäßig Kometen, die der Sonne sehr nahe kommen. Dabei werden sie warm und das in ihnen gefrorene Eis taut auf. Es entkommt als Gas ins All und reißt jede Menge Staub und Gestein mit sich. So entstehen eine riesige Hülle aus Gas und Staub (die sogenannte “Koma”) – aber die Gravitationskraft der Sonne sorgt auch dafür, dass die Kometen ganz auseinanderbrechen können so dass nichts übrig bleibt, abgesehen von der Staubwolke. Solche Wolken die vor dem Stern vorüber ziehen, können durchaus genau das chaotische Verhalten erklären, das man beim Licht des Sterns beobachtet hat.
Massimo Marengo von der Iowa State University und seine Kollegen haben nun weitere Daten analysiert (“KIC 8462852 – The Infrared Flux”). Sie stammen nicht vom Weltraumteleskop Kepler sonder von Spitzer; ebenfalls ein Weltraumteleskop aber eines, das Infrarotlicht beobachtet. Das eignet sich besonders gut, um Staub zu beobachten, der vom Licht des Sterns erwärmt wird und diese Energie in Form von Wärme- bzw. Infrarotstrahlung wieder abgibt.
Die Entdeckung bei KIC 8462852 wurde mit Daten gemacht, die aus den Jahren 2011 und 2013 stammten. Auf die Idee, Infrarotbeobachtungen zu prüfen sind die Forscher natürlich nicht erst jetzt gekommen. Man hat zB in noch älteren Daten des WISE-Teleskops aus dem Jahr 2010 gesucht, aber nichts auffälliges gefunden. Spitzer hat den Stern nun im Jahr 2015 beobachtet. Wenn die unregelmäßigen Schwankungen im Licht tatsächlich von staubumhüllten Asteroiden stammen oder den Bruchstücken einer planetaren Kollision, dann müsste das 2015 genau so zu sehen sein wie 2011 oder 2013. Aber Spitzer zeigte ebenfalls nichts auffälliges. Man hatte keine unerwartete Infrarotstrahlung beobachtet, obwohl das eigentlich der Fall sein hätte müssen.
Nur das Szenario der auseinanderbrechenden Kometen passt zu diesem Befund. Planeten und große Asteroiden sollten sich normalerweise auf einer annähernd kreisförmigen Bahn um den Stern bewegen. Der Staub der bei einer entsprechend großen Kollision erzeugt wird, sollten sich dann ebenfalls entlang dieser kreisförmigen Bahn ausbreiten und auch weiterhin das Licht des Sterns verdunkeln. Für einige Zeit würden riesige Staubklumpen das Licht blockieren bevor sie sich langsam immer weiter ausdünnen und verteilen. In der Zwischenzeit würde man Verdunkelungen des sichtbaren Lichts und einen Überschuss an Infrarotstrahlung beobachten. Tut man aber nicht…
Wenn dagegen Kometen für die Daten verantwortlich sind, passt das Bild. Ein Komet muss sich auf einer sehr elliptischen, langgestreckten Bahn befinden, wenn er seinem Stern sehr nahe kommen will. Die bei einem Auseinanderbrechen entstehende Staubwolke würde sich dann ebenfalls entlang dieser hoch elliptischen Bahn bewegen und würde sich auf diese Weise sehr schnell aus der Nähe des Sterns entfernen. Sie verdunkelt dann sein Licht nicht mehr und wird auch nicht mehr so stark aufgeheizt, um einen Infrarotlichtüberschuss zu erzeugen.
Es ist natürlich immer schwer, aus dem Nichtvorhandesein von Daten etwas konkretes über die Existenz eines Phänomens aussagen zu können. Aber zumindest wissen wir nun ein bisschen mehr darüber, was es nicht sein kann. Die Hypothese der auseinanderbrechenden Kometen war damals schon die wahrscheinlichste und die Spitzer-Daten machen sie nun noch ein wenig wahrscheinlicher. Eine Gruppe von Kometen bzw. eine Gruppe von großen Trümmern eines einzigen Kometen könnte sich von weit außen auf einer elliptischen Bahn dem Stern genähert haben. Am Kopf dieser Gruppe befand sich das größte Bruchstück, das 2011 bei der ersten Beobachtung gerade einen Teil des Lichts des Sterns blockierte. 2013, als die chaotischen Strukturen in der Lichtkurve beobachtet wurden, hätten wir dann gerade auf das ganze Trümmerfeld des Kometen geblickt und die dadurch verursachten komplexeren Verdunkelungen gesehen. Und jetzt ist der ganze Krempel schon wieder auf dem Weg dorthin wo er her gekommen ist; zurück in die Tiefen des Alls und nichts ist mehr da, was das Licht des Sterns beeinflussen kann.
KIC 8462852 wird auf jeden Fall weiter beobachtet werden. Die Suche nach Aliens dort wird wohl weiterhin erfolglos bleiben. Aber über das Verhalten von Kometen wird er uns sicher noch einiges verraten können! Und wer weiß; vielleicht sind wir ja doch noch einem ganz neuen Phänomen auf der Spur!
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