Die irregulären Monde sind im Allgemeinen viel kleiner als die regulären. Sie sind deswegen auch meistens nicht rund, sondern unregelmäßig geformt. Sie umkreisen den Planeten in größerem Abstand und ihre Bahnen sind oft stark geneigt und weichen deutlich von der Kreisbahn ab. Außerdem umlaufen viele von ihnen den Planeten retrograd, das heißt entgegen seiner Rotationsrichtung. All das macht klar, dass sie nicht gemeinsam mit dem Planeten aus dessen Scheibe entstanden sein können. So weit draußen gab es in der Scheibe nicht mehr genug Material für die Mondentstehung. Auch die Bahnen müssten bei einer gleichzeitigen Entstehung rund, kaum geneigt und nicht retrograd sein.
Irreguläre Monde wie Himalia – übrigens der größte irreguläre Mond des Jupiters – müssen daher anderswo entstanden und erst später vom Planeten eingefangen worden sein. Aber: Wo und wie? Beide Fragen sind bis jetzt nur teilweise bzw. gar nicht beantwortet. Ein paar Hinweise kann man durch die Beobachtung des Lichts gewinnen, das von den Monden reflektiert wird. Himmelskörper können dunkel oder hell sein; je nachdem aus welchem Material sie bestehen. Wir wissen, dass es da Unterschiede gibt: Asteroiden aus dem äußeren Bereich des Sonnensystems sind eher heller (weil sie mehr Eis enthalten); im Asteroidengürtel des inneren Sonnensystems kann man auch dunklere Objekte finden.
Beobachtungen am Keck-Observatorium (“The 3 μm Spectrum of Jupiter’s Irregular Satellite Himalia” haben im letzten Jahr gezeigt, das Himalia in seiner Zusammensetzung dem Asteroid Europa sehr ähnlich ist und beide ein ziemlich dunkles Spektrum haben. Neuere Daten des WISE-Teleskops (“NEOWISE: Observations of the Irregular Satellites of Jupiter and Saturn”) bestätigen, dass Himalia extrem wenig Licht reflektiert und das dies auch für die meisten anderen irregulären Satelliten des Jupiters gilt. Das deutet auf einen gemeinsamen Ursprung hin, der möglicherweise im Asteroidengürtel in der Region liegt, in der sich auch Europa befindet. Aber genau weiß man es nicht, weil man immer noch zu wenig detaillierte Beobachtung von irregulären Monden (und Asteroiden) hat.
Gleiches gilt für die Frage, wie die Monde eingefangen worden sind. Es reicht nicht, dass der Mond in spe einfach nur auf die richtige Art und Weise in Richtung Jupiter fliegt. Jede Bahn, auf der ein Mond eingefangen werden kann, ist gezwungenermaßen auch eine Bahn, auf der er der Anziehung des Planeten wieder entkommt. Die Naturgesetze machen in der Hinsicht keinen Unterschied was die Richtung der Zeit angeht; was “vorwärts” geht muss “rückwärts” genau so gehen. So ein Himmelskörper würde als einfach nahe an Jupiter vorbei fliegen, aber ihn nicht dauerhaft umkreisen können. Dazu muss er auf irgendeine Art und Weise Energie verlieren.
Früher dachte man, dass das durch Reibung zwischen dem Mond und dem den Planeten umgebenden Gas geschehen kann, die früher ja noch vorhanden war. Das funktioniert zwar für einige der irregulären Monde aber nicht für alle. Denn die Scheibe war zu klein, um auch noch im Bereich der weiter entfernten irregulären Monde eine Rolle zu spielen. Seit Ende der 1990er Jahre versteht man die Dynamik des frühen Sonnensystems im Rahmen des sogenannten Nizza-Modells. Es beschreibt, wie sich die Planeten nach ihrer Entstehung durch das Sonnensystem bewegt haben. Sie befanden sich damals noch näher an der Sonne und sind erst später weiter nach außen gewandert, wie ich hier erklärt habe.
Dabei haben die Planeten die Umlaufbahnen der ganzen Asteroiden durcheinander gebracht – aber auch dafür gesorgt, dass einige davon als Monde eingefangen werden können. Durch die wechselseitigen Gravitationskräfte kann ein Asteroid an einem Planeten vorbei fliegen und dabei Energie an den anderen verlieren um so in eine stabile Umlaufbahn zu gelangen. Aber wie es wirklich war und welche der theoretischen Modelle zur Entstehung der irregulären Monde funktionieren, werden wir erst wissen, wenn wir sie genauer beobachten! Was wir sowieso machen sollten: Denn abgesehen davon, dass wir so mehr über die Vergangenheit unseres Sonnensystems lernen können, ist es einfach verdammt cool, all diese fremden Welten aus der Nähe zu beobachten!
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