In der Serie “Fragen zur Astronomie” geht es heute wieder einmal um die Grundlagen. Eine Frage, die mir vergleichsweise oft gestellt wird lautet: Wie ist das Sonnensystem eigentlich in unserer Milchstraße ausgerichtet? Und damit zusammenhängend: Wie bewegt es sich durch die Galaxis?
Innerhalb unseres Sonnensystems bewegen sich die Planeten alle mehr oder weniger innerhalb der gleichen Ebene um die Sonne. Diese Ebene heißt Ekliptik und sie entspricht der scheinbaren Bahn, die unsere Sonne am Himmel zu ziehen scheint. Auch unsere Milchstraße hat – näherungsweise – die Form einer großen Scheibe. Wäre es da nicht irgendwie logisch, wenn die Ebene des Sonnensystems genau in der Ebene der Milchstraßen-Scheibe liegen würde?
Vielleicht. Aber so ist es nicht. Dass die Planeten des Sonnensystems sich alle innerhalb einer Ebene liegen, liegt an der Art und Weise, wie es entstanden ist. Zuerst war da nur eine große Wolke aus Gas und Staub, die vor 4,5 Milliarden Jahren anfing, zu kollabieren. Alles wurde dichter, in der Mitte entstand ein Stern und aus dem Rest haben sich die Planeten gebildet. Die Wolke hat als großes, dreidimensionales Gebilde angefangen. Aber weil die ganzen Teilchen dort im Laufe der Zeit immer wieder miteinander zusammengestoßen sind (und weil die Drehimpulserhaltung gilt), haben sie sich >irgendwann alle mehr oder weniger in der gleichen Ebene versammelt. Bei jeder Kollision zweier Teilchen verlieren sie quasi ein wenig Energie und ihre Bahnen gleichen sich – was die Neigung angeht – an. Deswegen sind Planetensysteme flach – und deswegen sind auch viele andere Dinge im Universum flach: die Ringe des Saturn beispielsweise oder eben auch Galaxien.
Wie die Ebene eines Planetensystems aber am Ende orientiert ist, ist Zufall. Es gibt keinen Mechanismus, der hier irgendeine Richtung bevorzugt. All die Milliarden Planetensysteme in unserer Milchstraße sind also in alle möglichen Richtungen orientiert. Einige davon werden tatsächlich genau in der Ebene der Milchstraße liegen. Die meisten aber nicht und unser Sonnensystem gehört dazu.
Das kann man leicht überprüfen, denn wir können die Ebene der Milchstraße ja sehen. Das was wir in klaren Nächten als Band der Milchstraße wahrnehmen ist ja genau diese Ebene und am Himmel verläuft sie nicht parallel zur Ekliptik. Das sieht man auch in diesem Bild:
Man sieht hier den gesamten Himmel (in einer sogenannten Aitov-Projektion) im Infrarot-Licht. Diese Art der Strahlung sagt uns vor allem, wo sich Staub befindet (der vom Licht der Sterne aufgeheizt und die Wärme in Form von Infrarotstrahlung wieder abgibt). So wie die Planeten sammelt sich auch der Staub in unserem Sonnensystem in der Ekliptik. Und der Staub zwischen den Sternen sammelt sich in der Ebene der Milchstraße an. Die Milchstraße ist im Bild klar als das gelbe Band in der Mitte erkennbar. Die blauen, “S”-förmigen Bänder zeigen die Strahlung des Staubs in unserem Sonnensystem und damit die Ebene der Ekliptik an. Beide liegen ganz offensichtlich nicht parallel; zwischen ihnen besteht ein Winkel von etwa 63 Grad und das ist auch der Winkel, um den unser Sonnensystem aus der Ebene der Milchstraße geneigt ist.
Womit wir bei der Frage wären, wie sich das gesamte Sonnensystem durch die Milchstraße bewegt. Auch das ist eigentlich nicht sonderlich kompliziert. Die Sonne ist etwa 25.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt und bewegt sich um dieses Zentrum herum. Für eine Runde braucht sie ungefähr 220 Millionen Jahre. Sie bleibt dabei nicht immer exakt in der gleichen Ebene sondern bewegt sich während der Umrundung immer ein wenig auf und ab; circa 250 Lichtjahre nach “oben” und nach “unten”. Da die ganze Scheibe der Milchstraße aber etwa 3000 Lichtjahre dick ist, kann man trotzdem noch guten Gewissens sagen, dass sich die Sonne und mit ihr das Sonnensystem immer innerhalb der Scheibe der Milchstraße befindet.
Das Sonnensystem bleibt auch immer um den Winkel von 63 geneigt. Viele werden wahrscheinlich das enorm populäre Video kennen, das die Bewegung der Planeten und der Sonne in Form einer “Helix” darstellt. Die Himmelskörper sausen hier entlang korkenzieherförmigen Bahnen durch die Milchstraße – und das ist nicht einmal großartig falsch (abgesehen vom falschen Maßstab im Video). Es ist eine direkte Folge aus der Tatsache, dass die Ebene des Sonnensystems gegenüber der Ebene der Milchstraße geneigt ist (allerdings nicht um 90 Grad, wie das Video andeutet). Wie gesagt – das ist keine großartige Entdeckung oder Neuigkeit, sondern ganz normal. Der Autor des Videos ist allerdings der Ansicht dabei würde es sich um irgendeine wissenschaftliche Revolution handeln die unser bisheriges Weltbild widerlegt und hat um dieses Video herum eine komplette pseudowissenschaftliche Theorie konstruiert… Mehr dazu findet ihr hier oder hier.
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
Kommentare (23)