Licht ist wichtig. Besonders für Astronomen, denn Licht ist alles, was wir haben, wenn wir das Universum verstehen wollen. Dazu müssen wir aber erst das Licht selbst verstehen. Und vor allem wissen, wie schnell es sich bewegt. Das herauszufinden hat man schon im antiken Griechenland probiert. Aber erst seit ein paar Jahrzehnten wissen wir wirklich genau, wie schnell das Licht ist.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 163: Die Messung der Lichtgeschwindigkeit
Licht ist das, worauf die Astronomie basiert. Licht ist alles, was wir haben. Mit ganz wenig Ausnahmen bleibt uns Astronomen nichts anderes übrig, als mit unseren Teleskopen das Licht zu betrachten, das von überall her aus dem Universum zur Erde gelangt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir das Licht so gut wie möglich verstehen. Und die grundlegendste Eigenschaft die man hier verstehen kann, ist die Geschwindigkeit des Lichts. Sie zu bestimmen hat die Menschheit lange beschäftigt und die Versuche sie zu messen, waren sehr oft erfolglos.
Wie schnell bewegt sich also das Licht? Offensichtlich ziemlich schnell. Unendlich schnell vielleicht sogar? Oder doch nur sehr, sehr schnell? Schon im antiken Griechenland war man sich uneinig. Der Philosoph Empedokles meinte “nur sehr schnell”; Aristoteles war eher für “unendlich”. Aber mehr als philosophische Argumente konnte keiner auf bieten – was man gebraucht hätte, wären echte Messungen. Aber die ließen auf sich warten. Entsprechende Messinstrumente gab es damals ja auch noch nicht und nur durch reines Schauen schien die Frage nicht lösbar zu sein.
Oder vielleicht doch? Die Frage ob sich das Licht unendlich schnell ausbreitet oder nicht – und wenn nein, mit welcher Geschwindigkeit – war zu Beginn des 17. Jahrhunderts immer noch aktuell. Der große Johannes Kepler gehörte zur “Unendlich”-Fraktion, der ebenso große Galileo Galilei dagegen meinte, das Licht hätte eine endliche Geschwindigkeit und machte sich daran, sie zu messen. Er schnappte sich zwei Laternen, einen Assistenten und machte sich auf den Weg in die Landschaft. Auf dem Gipfel eines Hügels stand Galileo selbst, auf einem anderen ein paar Kilometer entfernt wartete sein Assistent. Galileo öffnete die Klappe seiner Laterne, das Licht bewegte sich zum Kollegen am nächsten Hügel und sobald der das Licht sah, sollte er die Klappe seiner Laterne öffnen. Dieses Licht wiederum bewegt sich dann zurück zu Galileo der es sah und dann wusste, wie lange es hin und zurück gebraucht hat. Guter Plan! Nur leider war man damals in Sachen Zeitmessung noch nicht wirklich weit gekommen. Uhren so wie wir sie heute kennen waren noch nicht erfunden und Galileo verwendete wohl eine simple Wasseruhr (in etwa so wie eine Sanduhr, nur mit Wasser). Damit bekam Galileo leider keine brauchbaren Daten. Egal wie weit weg sich sein Assistent befand: die gemessene Geschwindigkeit war immer gleich und entsprach im wesentlichen der Zeit die es brauchte um die Klappen an den Laternen zu öffnen. Galileos Schlussfolgerung lautete: “Licht ist entweder unendlich schnell oder aber sehr, sehr schnell”. Nichts neues also, aber immerhin hat er es probiert!
Fortschritte gab es erst ein paar Jahrzehnte später und Galileo war zumindest indirekt daran beteiligt. Auch wenn es mit seinen Messungen der Lichtgeschwindigkeit nichts wurde, war er doch anderweitig erfolgreich. Mit dem Teleskop das er baute und 1609 erstmals auf den Himmel richtete, entdeckte er vier kleine Monde, die den Planeten Jupiter umkreisten (wie ich auch schon in Folge 131 der Sternengeschichten ausführlich erzählt habe). Die Astronomen waren begeistert, beobachteten die neuen Himmelskörper, berechneten ihre Bahnen und veröffentlichten lange Tabellen mit Daten damit es zukünftige Beobachter einfacher haben. Einer davon war der Däne Ole Rømer. 1668 wollte er die Monde des Jupiter beobachten. Bei ihrer Bewegung um den Planeten verschwinden sie immer mal wieder hinter Jupiter und das wollte Rømer sehen. Aber die Verfinsterungen fanden nie zu dem Zeitpunkt statt, an dem sie stattfinden sollten! Rømer beobachtete weiter und immer wieder stimmten der berechnete und der beobachtete Zeitpunkt nicht überein. Er erkannte aber langsam ein System in den Abweichungen. Die Erde selbst bewegt sich ja um die Sonne und steht mal ein kleines bisschen näher an Jupiter und mal ein kleines bisschen weiter weg. Und immer dann wenn die Erde näher an Jupiter war, traten die Verfinsterungen früher auf als geplant. War die Erde weiter weg, dann kamen sie später. Rømer erkannte richtig, dass hier das Licht verantwortlich sein muss. Denn es muss sich ja erst von Jupiter zur Erde bewegen bevor man hier was im Teleskop sehen kann. Und wenn es sich mit endlicher Geschwindigkeit bewegt, dann braucht es länger oder kürzer, je nachdem wo sich die Erde gerade befindet. 1676 schließlich hatte er genug Beobachtungen gesammelt um die Lichtgeschwindigkeit zu berechnen: 213 000 Kilometer pro Sekunde! Das ist tatsächlich ziemlich schnell… Aber nicht unendlich schnell und damit war man bei der Antwort auf die Frage schon mal einen großen Schritt weiter gekommen. Jetzt ging es nur noch darum, die Geschwindigkeit immer besser und genauer zu messen.
Astronomische Beobachtungen waren damals aber leider noch recht ungenau und es dauerte viel zu lange um ausreichend Daten zu sammeln. Man wollte die Lichtgeschwindigkeit jetzt auch im Labor messen! Einer der ersten, der hier erfolgreich war, war der Franzose Armand Fizeau. Seine Versuchsanordnung war genial: Eine Quelle strahlt Licht aus. Dieses Licht wird an einem Zahnrad vorbei geleitet und zwar so, dass es genau durch die Lücke zwischen zwei Zähnen fällt. Danach trifft das Licht auf einen Spiegel, wird zurück reflektiert und trifft wieder auf das Zahnrad. Das aber dreht sich und deswegen wird es nun vielleicht nicht mehr auf eine Lücke treffen sondern blockiert werden. Weiß man wie viele Zähne und Lücken das Zahnrad hat und kennt man die Strecke zwischen Spiegel und Zahnrad, dann muss man jetzt nur noch nachsehen wie schnell es sich drehen muss um den zurückkehrenden Strahl wieder durch zulassen und kann daraus die Geschwindigkeit des Lichts berechnen. Fizeau kam auf einen Wert von 315000 Kilometer pro Sekunde. In den folgenden Jahren dachten sich andere Wissenschaftler verbesserte Experimente aus und berechneten so immer bessere Werte der Lichtgeschwindigkeit.
Und seit 1983 wissen wir es ganz genau. In der Zwischenzeit kam nämlich Albert Einstein und hatte ein weiteres großes Problem in Sachen Lichtgeschwindigkeit gelöst. Das Licht nicht unendlich schnell war, wusste man. Aber war es immer gleich schnell? Natürlich nicht, denn wenn Licht sich durch verschiedene Materialien bewegt, wird es verschieden stark abgebremst. Licht in der Luft bewegt sich langsamer als Licht im Vakuum. Licht im Wasser bewegt sich langsamer als Licht in der Luft. Und so weiter. Aber wenn dem Licht nichts im Weg steht, also im Vakuum des Weltalls: Dann sollte es immer gleich schnell sein. Oder nicht? Was, wenn man ein Raumschiff hat, das mit halber Lichtgeschwindigkeit durch die Gegend fliegt. Und das dann seine Frontscheinwerfer einschaltet. Das Licht sollte sich dann ja eigentlich mit der Geschwindigkeit des Lichts UND der des Raumschiffs bewegen. Klingt logisch, aber wenn man das ganze durch denkt, stößt man schnell auf Probleme. Sehr viele wissenschaftliche Erkenntnisse der damaligen Zeit wurden paradox, wenn man eine variable Vakuumlichtgeschwindigkeit zuließ. Es gelang auch nicht, die Veränderungen in der Lichtgeschwindigkeit zu messen, obwohl man das probiert hat. So wie es Römer damals getan hatte, überlegte man sich auch zu Zeiten Einsteins, dass die Erde sich ja recht schnell durchs All bewegt und daher mal auf das Licht aus dem All zu und mal von ihm weg, was von unserer Warte aus zu unterschiedlichen Messungen der Lichtgeschwindigkeit führen sollte. Tat es aber nicht. Und dann war da noch die Theorie. James Clerk Maxwell, über den ich in Folge 125 mehr erzählt habe, hatte in seinen heute berühmten Gleichungen das Verhalten von Licht beschrieben. Dort tauchte auch eine Geschwindigkeit auf – aber die Gleichungen sagten nichts darüber aus, in Bezug auf was diese Geschwindigkeit gelten sollte. Laut Maxwells Gleichungen war Licht immer gleich schnell.
Einsteins genialer Gedanke war simpel: Wenn man immer nur die gleiche Lichtgeschwindigkeit misst und wenn die Gleichungen sagen, dass Licht sich immer gleich schnell bewegt: Nun, dann IST das Licht im Vakuum eben auch immer gleich schnell; egal in Bezug auf was man die Geschwindigkeit misst. Dieser radikale Gedanke hatte radikale Konsequenzen. Eine Geschwindigkeit ist immer eine Distanz pro Zeiteinheit. Und wenn die Geschwindigkeit sich nicht ändern kann, dann müssen das eben Distanz und Zeit tun. Daraus folgte Einsteins Relativitätstheorie in der Raum und Zeit nicht mehr absolut waren, sondern sich veränderten, je nachdem wie schnell man sich bewegte. Für die Wissenschaft bedeutete das eine Revolution und dank Einstein verstehen wir das Universum nun wesentlich besser als vorher. Aber auch die Messung der Lichtgeschwindigkeit war nun einfacher.
Die “Generalkonferenz für Maß und Gewicht” nutzte die neue Naturkonstante der Lichtgeschwindigkeit um die grundlegenden Einheiten neu zu definieren. Nachdem 1967 beschlossen wurde dass eine Sekunde genau
“das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechender Strahlung”
ist, konnte man diese von irdischen Maßstäben völlig unabhängige Definition verwenden, um über die konstante Lichtgeschwindigkeit auch exakt festzulegen, was ein Meter sein soll. Und zwar
“Die Strecke, die das Licht im Vakuum in einer Zeit von 1 / 299 792 458 Sekunden zurücklegt.”
Damit folgt nun aber auch, dass die Geschwindigkeit des Lichts exakt 299 792,458 Kilometer pro Sekunde beträgt!
Und es ist gut, dass wir das wissen. Denn auch wenn das Licht wirklich schnell ist und für die Alltagserfahrung durchaus als unendlich schnell angesehen werden kann, spielt die Geschwindigkeit in der modernen Technik durchaus eine Rolle. Wenn wir Signale von einem Ort der Erde zum anderen senden braucht das Licht zwar nur ein paar Millisekunden um solche Strecken zurückzulegen – aber in der Telekommunikation können die durchaus eine Rolle spielen. Genauso wie in der Computerindustrie. Prozessoren arbeiten heute im Gigahertzbereich. Zwischen den Schwingungen liegen da nur noch Nanosekunden und die Distanzen die das Licht bzw. die elektromagnetischen Signale im Computer in dieser Zeit zurücklegen, liegen im Zentimeterbereich. Wenn man Leiterplatten baut, muss man also die Zeiten berücksichtigen, die solche Signale von einem Ende der Platte zum anderen brauchen. Und wenn es um die Steuerung von Satelliten und Raumsonden geht, ist eine exakte Kenntnis der Lichtgeschwindigkeit sowieso unerlässlich. Die Leute, die die Rover auf dem Mars per Fernsteuerung über den roten Planeten lenken wären schon längst im marsianischen Straßengraben gelandet wenn sie nicht berücksichtigen würden, dass ihre Signale nicht sofort ankommen, sondern die Distanz erst zurücklegen müssen. Mit 299 792,458 Kilometern pro Sekunde!
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