Ich habe eine Frage: Warum wollen Journalisten immer telefonieren? Ich werde jetzt schon seit Jahren immer wieder von Journalisten zu meist astronomischen Themen interviewt. Und wundere mich, warum das – im Allgemeinen auf Wunsch der Journalisten – in den meisten Fällen per Telefon erfolgt. Wenn es sich um ein Radio-Interview handelt, ist das natürlich logisch. Aber oft sind es ganz normale Interviews für ein Print-Medium bzw. Journalisten wollen einfach nur mehr über irgendein Thema wissen, an dem sie gerade arbeiten. Wieso muss dass dann per Telefon erfolgen?
Ich bin oft unterwegs und dabei nicht immer gut telefonisch erreichbar. Oder wenn ich es bin, dann fehlt mir unterwegs die nötige Ruhe für ein Gespräch. Aber könnte ich Fragen per Email beantworten, dann kann ich mir selbst aussuchen, wann ich das tue und die Zeit nutzen, die ich habe. Es kam schon öfter vor, dass ich per Mail lange mit Journalisten hin und her geschrieben habe nur um endlich einen passenden Termin für ein Telefonat zu finden – obwohl ich in der Zwischenzeit auch locker die Fragen per Mail beantworten hätte können.
Hinzu kommt: Wenn ich die Fragen schriftlich beantworte, dann muss ich das nicht spontan tun; kann währenddessen noch ein paar Dinge nachschlagen, und so weiter.
Es ist mir auch schon mehrmals passiert, das Journalisten einen meiner Blog-Artikel entdeckt haben, mich anrufen und mir Fragen stellen, deren Antworten exakt so in besagtem Artikel stehen. Warum dann nicht einfach gleich direkt aus meinem Text zitieren?
Wenn ich selbst als Journalist arbeite und Leute für meine Artikel interviewe, mache ich das immer schriftlich per Email. Nicht nur habe ich dann mehr Zeit, mir vernünftige Fragen zu überlegen. Auch mein Gegenüber kann sich Zeit lassen und muss sich nicht gestresst fühlen. Es gibt die Möglichkeit, den Antworten Bilder, Videos und andere weiterführende Informationen hinzuzufügen. Und vor allem habe ich als Journalist die Antworten schriftlich vorliegen und mehr Sicherheit, dass ich in meinem Text dann auch wirklich das schreibe und zitiere, was mein Interviewpartner gemeint hat und nicht irgendwas, was ich während eines Telefongesprächs falsch verstanden habe.
Ich habe jetzt kein prinzipielles Problem mit dem Telefon und telefonischen Interviews (Obwohl ich diesen Kommunikationsweg eigentlich am liebsten nur noch privat nutzen würde. Ein Telefon ist immer irgendwie ein klein wenig aufdringlich; vor allem in einer Zeit in der so viele andere Kommunikationswege existieren, bei der ich nicht sofort verpflichtet bin, anwesend zu sein und zu antworten). Aber mich würde interessieren, ob es konkrete Gründe gibt, warum Journalisten das Telefon bevorzugen. Gut, wenn es um topaktuelle Stories geht, bei denen man unbedingt jetzt ein Statement einer Person braucht, weil die Geschichte sofort veröffentlicht werden muss, ist das Telefon noch verständlich. Aber bei den Interviews mit mir ist das so gut wie nie der Fall. Ist das dann also einfach nur Gewohnheit? Oder erhofft man sich, dass der Interviewpartner beim Gespräch übers Telefon Dinge sagt, die nicht gesagt würden, wenn man bei der schriftlichen Antwort mehr Zeit zum Überlegen hat?
Oder ist meine Frage vielleicht auch komplett sinnlos, weil das Phänomen so gar nicht existiert sondern nur eine selektive Wahrnehmung meinerseits ist? Vielleicht sind ja Journalisten in der Leserschaft, die dazu etwas sagen können? Oder Leute, die ebenfalls öfter interviewt werden? Morgen (am 18.01.2016) halte ich einen Vortrag in Dortmund am Lehrstuhl für Wissenschaftsjournalismus. Mal sehen, vielleicht können mir die dort anwesenden Journalisten ja erklären, warum das so ist 😉
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