2007 OR10. Das ist die provisorische Bezeichnung eines Himmelskörpers im äußeren Sonnensystem. Es ist die typische Kombination aus Zahlen und Buchstaben, die jeder neu entdeckte Asteroid bekommt. Wenn seine Umlaufbahn dann durch weitere Beobachtungen ausreichend gut bestimmt ist, bekommt er eine offizielle fortlaufende Nummer. In diesem Fall ist das die 225088. Sobald der Asteroid eine Nummer hat, haben die Entdecker auch das Recht, dem Asteroid einen Namen zu geben. In diesem Fall ist das noch nicht geschehen. Aber es wäre durchaus angebracht, denn 2007 OR10 ist der größte noch namenlose Himmelskörper des Sonnensystems. Das war er auch schon, als man noch dachte, er hätte nur einen Durchmesser von knapp 1280 Kilometern. Und er ist es jetzt noch mehr, denn der ungarische Astronom András Pál und seine Kollegen haben kürzlich eine Arbeit veröffentlicht laut der 2007 OR10 einen Durchmesser von 1535 Kilometern hat. Damit gehört er zu den größten bekannten Asteroiden; er ist größer als Haumea und Makemake, zwei der vier derzeit offiziell anerkannten Zwergplaneten im äußeren Sonnensystem und auch größer als Ceres, der größte Asteroid und (einziger) Zwergplanet im inneren Sonnensystem.
Dass 2007 OR10 deutlich größer ist als gedacht, haben Pál und seine Kollegen durch die Auswertung von Daten der Weltraumteleskope Kepler und Herschel herausgefunden (“Large size and slow rotation of the trans-Neptunian object (225088) 2007 OR10 discovered from Herschel and K2 observations”). Die Größe von Asteroiden zu bestimmen ist knifflig. Im Allgemeinen sind sie nur als Lichtpunkt im Teleskop zu sehen und es bleibt einem nichts anderes übrig als aus der Helligkeit auf die Größe zu schließen. Je heller, desto größer lautet die Faustregel, die aber eben nur eine grobe Schätzung ist. Denn ein Asteroid kann eine sehr stark reflektierende Oberfläche haben (was bei den eisigen Objekten im äußeren Sonnensystem nicht ungewöhnlich ist) und dadurch größer erscheinen als er eigentlich ist. Oder seine Oberfläche kann dunkel sein und ihn im Teleskop kleiner machen.
Netterweise hat sich 2007 OR10 aber durch das Bildfeld des Kepler-Weltraumteleskops bewegt. Mit den dabei gewonnenen Aufnahmen (und Bilder des Weltraumteleskops Herschel) konnten die Astronomen nun Informationen über die Rotation des Asteroiden sammeln. Wenn ein Asteroid rotiert, dann ändert sich dadurch auch seine Helligkeit. Nur wenn es sich um einen komplett symmetrischen Körper mit völlig gleichförmiger Oberfläche handeln würde, wäre die Helligkeit immer gleich. Aber das ist in der Realität nie der Fall. Bei 2007 OR10 waren die Helligkeitsänderungen zwar nur schwach, aber doch sichtbar, wie dieses Video zeigt:
Daraus haben Pál und seine Kollegen ein Modell der Form und Größe des Asteroiden erstellt, das zu den Helligkeitsänderungen passt. Und daraus folgt die nun nach oben korrigierte neue Größe des Himmelskörpers. Demnach ist der Asteroid dunkler als erwartet und braucht erstaunlich lange 45 Stunden für eine Drehung um seine eigene Achse. Pál vermutet auch, dass die Oberfläche von Methan-, Stickstoff- und Kohlenmonoxideis bedeckt ist.
Mehr Details über 2007 OR10 herauszufinden wird schwierig werden. Der Himmelskörper bewegt sich tief im äußeren Sonnensystem; am sonnenfernsten Punkt seiner Bahn ist er 100 Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Er wird weiterhin nur ein kaum sichtbarer Lichtpunkt in den Teleskopen der Astronomen bleiben. Aber es wäre schön, wenn er zumindest einen vernünftigen Namen bekommen würde und man nicht immer “2007 OR10” schreiben müsste. Zuständig für die Benennung sind Meg Schwamb, Michael Brown (der mit seinem Team auf für die Entdeckung anderer großer Himmelskörper im Sonnensystem verantwortlich ist, darunter unter anderem Eris, Haumea, Makemake, Sedna und Quaoar) und David Rabinowitz, die den Asteroid im Jahr 2007 entdeckt haben. Bis jetzt haben sie auf eine Namensgebung verzichtet. Sie wollten dem Objekt nicht einfach irgendeinen Namen geben sondern einen, der zu seinen Eigenschaften passt. Aber, wie Schwamb nun sagte, mittlerweile ist dieser Punkt erreicht und es wird nicht mehr lange dauern, bis ein richtiger Name für 2007 OR10 ausgesucht wird.
Ich bin schon gespannt, wie diese Welt am Ende heißen wird. Bis jetzt haben sich die Astronomen um den Asteroiden-Experten Michael Brown ja immer sehr schöne und passende Namen einfallen lassen.
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