Benannt ist unser Nachbarplanet nach der Göttin der Liebe. In der Realität handelt es sich aber um eine Hitzehölle mit absolut lebensfeindlichen Bedingungen. Dabei hätte alles so anders sein können. Die Venus und die Erde waren sich einmal sehr ähnlich. Bis unser Nachbarplanet dann auf die schiefe Bahn geriet…
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Transkription
Sternengeschichten Folge 192: Venus, der böse Zwilling der Erde
Die Venus ist der innere Nachbarplanet der Erde. Und sie könnte fast ein Zwilling unseres eigenen Planeten sein. Fast – denn einiges ist da im Laufe der Zeit schief gelaufen und hat den Himmelskörper der nach der Göttin der Liebe benannt ist zu einem höllischen Ort gemacht.
Auf den ersten Blick ähneln sich Venus und Erde sehr stark. Ihre Masse beträgt 80 Prozent der Erdmasse und sie ist nur um 5 Prozent kleiner als die Erde. Der mittlere Abstand zwischen Sonne und Venus beträgt 108 Millionen Kilometer; ein bisschen weniger als die 150 Millionen Kilometer zwischen Erde und Sonne. Man kann auch leicht die sogenannte Gleichgewichtstemperatur berechnen, die auf der Venus herrschen sollte. Venus wird von der Sonne beleuchtet, absorbiert einen Teil dieser Energie und strahlt einen Teil wieder zurück. Bei einer bestimmten Temperatur gibt es ein Gleichgewicht und das sind bei der Venus knapp 50 Grad Celsius.
Sie befindet sich also in der “habitablen Zone” des Sonnensystems; dort wo sich Planeten befinden auf denen es prinzipiell flüssiges Wasser und damit auch Leben geben kann. Und lange Zeit dachte man tatsächlich, dass die Venus eine etwas wärmere Version der Erde ist. Man stellte sich einen Himmelskörper vor, der mit tropischen Wäldern übersät ist und mit entsprechenden Lebewesen. Ob das aber wirklich so war wusste niemand so genau. Die Venus zeigte in den Teleskopen keine Strukturen oder Einzelheiten auf der Oberfläche; alles war unter dicken Wolken verborgen. Erst als man in den 1950er Jahren auch mit Radioteleskopen beobachten konnte, ließ sich die Oberfläche der Venus untersuchen. Und man stellte fest, dass es dort absolut nicht so wie auf der Erde aussah! Die Temperaturen lagen bei etwa 460 Grad Celsius: Keine Chancen auf ein exotisches Tropenparadies in unserer kosmischen Nachbarschaft. Statt dessen eine Hitzehölle, in der sogar Blei schmelzen würde.
Der Grund dafür liegt in der Atmosphäre. Die wird bei der Berechnung der Gleichgewichtstemperatur nicht berücksichtigt und das ist bei der Venus ein großer Fehler! Sie besteht fast komplett aus Kohlendioxid. 96,5 Prozent macht dieses Gas aus, der Rest ist vor allem Stickstoff, aber auch Schwefeldioxid und Wasserdampf. Bei der Venus kommt es aber nicht so sehr auf die Zusammensetzung an, sondern auf die Menge! Die Masse der gesamten Atmosphäre ist 90 mal größer als die Masse der gesamten Lufthülle der Erde. Auf der Oberfläche der Venus herrscht ein Druck von 92 bar; so viel wie man hier bei uns nur in mehr als 900 Metern Tiefe unter dem Meeresspiegel spüren kann.
Und in dieser Atmosphäre ist einiges los! Dort gibt es Wolken, die zu drei Viertel aus Schwefelsäure bestehen. Wenn es dort regnet, regnet es als kein Wasser, sondern Säure. Dieser Regen gelangt aber nicht bis zur Oberfläche sondern verdampft aufgrund der hohen Temperaturen schon lange, bevor er dort ankommt. Auf dem Boden selbst ist die Atmosphäre so dick, dass es enorm viel Energie braucht um sie in Bewegung zu versetzen. Wind oder Stürme gibt es dort kaum. Es fällt auch so gut wie kein Licht durch die geschlossene Wolkendecke auf den Boden. Nur zwei Prozent erreichen die Oberfläche der Venus. Eine höllische Hitzewüste mit Temperaturen von fast 500 Grad, kein Wind und nur trübes Licht: Das ist die Venus!
Früher war alles wohl ein wenig anders. Nach ihrer Entstehung waren Erde und Venus sich wahrscheinlich tatsächlich ähnlich. Auf beiden Planeten gab es Wasser. Auf der Venus war es wegen der Nähe zur Sonne aber ein wenig wärmer und das Wasser gelangte in Form von Wasserdampf in die Atmosphäre. Wasserdampf ist aber ein hervorragendes Treibhausgas und deswegen heizte sich unser Nachbarplanet noch weiter auf. Die Erde dagegen kühlte ab. Auch sie hatte früher eine Atmosphäre mit sehr viel Kohlendioxid und ohne Sauerstoff. Aber als sie immer kühler wurde, bildeten sich an ihrer Kruste die Kontinentalplatten und die Plattentektonik setzte ein. Gestein entstand und wurde im Inneren der Erde wieder zerstört Kohlendioxid aus der Atmosphäre konnte mit dem Wasser aus den Ozeanen und der Hilfe der Plattentektonik in Gestein gebunden werden. Es verschwand aus der Atmosphäre; irgendwann entstand Leben und das produzierte Sauerstoff. Die Erde wurde so, wie sie heute ist.
Die Venus dagegen blieb heiß. So heiß, dass sich in ihrer warmen Kruste nie Kontinentalplatten und Plattentektonik bilden konnte. Das Wasser verschwand in die Atmosphäre und heizte den Planeten weiter auf. Das Kohlendioxid – ebenfalls ein starkes Treibhausgas – blieb in der Atmosphäre und machte die Venus noch heißer. Der Treibhauseffekt geriet außer Kontrolle und die Venus wurde zu der lebensfeindlichen Hitzewelt die sie heute ist.
Ihre Oberfläche zeigt vergleichsweise wenig Einschlagskrater. Kein Wunder, nur sehr große Meteoriten können die dicke Atmosphäre durchdringen und einen sichtbaren Krater schlagen. Dafür gibt es viele Vulkane, erstarrte Lavaflüsse und andere Anzeichen von Vulkanismus in der Vergangenheit. Ob auf der Venus auch noch in der Gegenwart Vulkane ausbrechen, ist unklar. Raumsonden haben ein paar Anzeichen dafür gefunden aber noch nichts definitives festgestellt. Ohne Tektonik ist das mit den Vulkanen auch nicht so leicht. Es gibt keine Grenzen zwischen Kontinentalplatten so wie auf der Erde zwischen denen Material aus dem Planeteninneren leicht an die Oberfläche gelangen könnte. Man geht eher davon aus, dass sich das geschmolzene Gestein unter der Kruste ansammelt und irgendwann bei einer massiven Explosion gewaltsam an die Oberfläche dringt. Das dürfte in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen sein; die Oberfläche der Venus ist auch vergleichsweise jung da sie durch solche Eruptionen immer wieder erneuert wird.
Die Venus zeigt noch ein paar weitere Eigenheiten. Die Rotation um ihre Achse erfolgt retrograd. Die Erde und die meisten anderen Himmelskörper im Sonnensystem drehen sich in die gleiche Richtung in der sie auch um die Sonne laufen. Bei der Venus ist das nicht so sondern umgekehrt. Die Sonne geht dort im Westen auf und im Osten unter. Sie dreht sich außerdem noch enorm langsam. Die Erde braucht für eine Drehung – also einen Tag – bekanntlich 24 Stunden. Bei der Venus sind es dagegen 243 Erdtage. Das ist sogar noch ein kleines Stück länger als sie für einem Umlauf die Sonne braucht, was nur 224 Tage dauert. Ein Venustag ist also länger als ein Venusjahr!
Schnell dagegen rotiert die Atmosphäre der Venus. Die obersten Wolkenschichten bewegen sich mit Geschwindigkeiten von 100 Metern pro Sekunde. Damit umrunden sie den Planeten in nur vier Tagen; sind also deutlich schneller als die Venus selbst sich dreht. Die Energie dieser “Superrotation” stammt von der Sonne: Von dem Anteil der Sonnenenergie der nicht direkt von der Atmosphäre reflektiert wird, werden zwei Drittel von den Wolken selbst absorbiert. Die Details dieses Prozesses sind allerdings noch nicht komplett verstanden.
Das liegt auch daran, dass die Venus bis jetzt nur vergleichsweise selten von Raumsonden besucht worden ist. Da die Venus näher an der Sonne ist also die Erde, bewegt sie sich auch schneller um sie herum. Will man eine Umlaufbahn erreichen oder dort gar landen, muss man sich zuerst an diese hohe Geschwindigkeit anpassen und dann entsprechend stark abbremsen, was aufgrund der hohen Masse der Venus viel Energie braucht. Deswegen fliegt man lieber zum Mars, wo man nicht ganz so viel Treibstoff braucht.
In den 1960er und 1970er-Jahren schickte die damalige Sowjetunion einige Raumsonden zur Venus. Ein paar flogen vorbei und machten Bilder; ein paar untersuchten die Atmosphäre und ein paar gingen kaputt. 1970 aber schaffte es die Sonde Venera 7 tatsächlich, auf der Oberfläche zu landen. Unter den extremen Bedingungen hielt die Sonde aber nur ein paar Stunden durch, bevor sie defekt war. Weitere Venera-Sonden sammelten weitere Daten, aber den nächsten ernsthaften Besuch erhielt Venus erst Anfang 1990, als die amerikanische Sonde Magellan eine Umlaufbahn erreichte und die Oberfläche durch die Wolken hindurch mit Radarstrahlen abtastete. 1994 endete Mission und Magellan verglühte in der Atmosphäre des Planeten.
Erst 2006 gab es eine weitere Sonde: Venus Express der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, die bis 2014 aktiv war. Für die Zukunft sind ebenfalls nur wenig Missionen zur Venus geplant, zumindest im Vergleich mit den Raumsonden die in die andere Richtung, zu Mars, Jupiter und darüber hinaus fliegen sollen. Auf dem Weg zum Merkur und zur Sonne werden ein paar Sonden kurz bei der Venus vorbei schauen. Russland plant irgendwann in den 2020er Jahren wieder eine Landeeinheit auf der Venus abzusetzen. Aber bis auf weiteres werden wir Venus hauptsächlich von der Erde aus untersuchen müssen.
Aber das lohnt sich und beobachten lässt sie sich ja zum Glück auch ohne Teleskop. Weil sie uns so nahe ist, so groß ist und das Sonnenlicht dank ihrer Wolken so stark reflektiert erscheint sie auch enorm hell am Nachthimmel. Nach dem Mond ist die Venus das hellste Objekt am nächtlichen Himmel. Als innerer Planet der der Sonne näher ist als die Erde, ist sie nur abends und morgens zu sehen aber nie mitten in der Nacht. Die Venus kann sich nicht allzu weit von der Sonne entfernen und ist nur sichtbar, wenn die Sonne gerade untergegangen ist oder kurz bevor die Sonne aufgeht. Diese Sichtbarkeit hat ihr auch den Namen “Abendstern” beziehungsweise “Morgenstern” eingetragen.
Von der Erde aus sieht man die unangenehmen Bedingungen auf unserem Nachbarplaneten nicht. Von hier aus gesehen ist sie nur ein hell funkelnder und eindrucksvoller Lichtpunkt am abendlichen oder morgendlichen Himmel. Ein wunderbarer Anblick, den man sich nicht entgehen lassen sollte!
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