Manchmal ist es wirklich überraschend, WIE groß der Mond am Himmel erscheint. Besonders wenn er gerade aufgegangen ist und knapp über dem Horizont steht, sieht er für uns oft regelrecht atemberaubend groß aus. Umso überraschender ist die Ursache für dieses Verhalten, die das Thema der aktuellen Folge des Sternengeschichten-Podcasts ist.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 196: Die Mondttäuschung
Jeder hat schon einmal den Mond gesehen. Und jeder hat auch mit Sicherheit schon einmal bemerkt, dass der Mond unterschiedlich groß am Himmel erscheint. Mal steht er groß am Horizont, leuchtet dramatisch gelb und orange und sieht so groß aus, dass man regelrecht überrascht von der Erscheinung ist. Und dann wieder ist er vergleichsweise klein und weiß strahlend hoch oben am Himmel zu sehen.
Ändert der Mond tatsächlich seine Größe und seine Farbe? Ja, und Nein. Die Sache mit der Farbe ist leicht erklärt. Der Grund warum der Mond mal weiß und mal rot-orange leuchtet, ist in den Eigenschaften unserer Atmosphäre zu finden. Steht der Mond knapp über der Horizont muss sein Licht nahe am Erdboden durch die dichten Bereiche der Lufthülle unserer Erde zu unseren Augen gelangen. Von hoch oben am Himmel muss das Mondlicht dagegen einen kürzeren Weg durch dünnere Luftschichten zurücklegen. Die Luftmoleküle streuen nun das Licht und zwar den blauen Anteil stärker als den roten Anteil. Das blaue Licht wird in alle Richtungen abgelenkt und nur der rötliche Teil gelangt bis zu unseren Augen. Je mehr Luft das Licht durchqueren muss, desto stärker ist der Effekt.
Das ist der Grund, warum die Sonne bei Sonnenauf- und untergang rötlich erscheint und genau aus dem gleichen Grund ist auch der Mond eher rötlich, wenn er in der Nähe des Horizonts steht und leuchtet weiß, wenn wir ihn hoch oben am Himmel stehen sehen.
Die Sache mit der Größe ist dagegen etwas komplizierter. Man könnte ja vermuten, dass der Mond seine Größe tatsächlich verändert. Beziehungsweise seine scheinbare Größe, denn der Mond selbst bleibt natürlich immer so groß wie er ist und ändert seinen Durchmesser von 3476 Kilometer nicht. Sein Abstand zur Erde verändert sich allerdings, da seine Umlaufbahn um unseren Planeten nicht exakt kreisförmig ist. Am erdnächsten Punkt seiner Bahn beträgt der Abstand 363.300 Kilometer, am erdfernsten sind es 405.500 Kilometer. Die scheinbare Größe des Mondes von der Erde aus gesehen kann sich daher um etwa 10 Prozent ändern, was wir aber nicht wahrnehmen, weil uns der Vergleich fehlt. Vergleicht man zwei Fotos; eines vom nahen und eines vom fernen Mond, sieht man den Unterschied schon, aber da wir am Himmel immer nur einen Mond sehen können, merken wir die geringe Änderung der scheinbaren Größe nicht. Und diese Änderung wäre auch viel zu gering, um den dramatischen Unterschied im Erscheinungsbild des Mondes zu erklären, um den es uns hier geht.
Das der Mond in der Nähe des Horizonts viel größer erscheint als hoch oben am Himmel, hat man schon in der Antike bemerkt und nach Erklärungen gesucht. Der Astronom Ptolemäus vermutete beispielsweise vor fast 2000 Jahren, dass die Atmosphäre der Erde das Erscheinungsbild des Mondes irgendwie vergrößern wurde. Diese Erklärung kann man auch heute noch oft hören: Die Lichtstrahlen des Mondes würden von der Lufthülle der Erde irgendwie abgelenkt oder gebrochen und deswegen würde er mal größer und mal kleiner aussehen.
Die Atmosphäre kann die Lichtstrahlen tatsächlich ablenken und die Form eines Himmelskörpers verzerren. Aber man kann sich auch leicht ausrechnen, dass dieser Effekt nicht ausreicht, um das Phänomen der veränderlichen Mondgröße zu erklären. Noch leichter kann man es demonstrieren: Macht man eine Fotografie des scheinbar riesigen Mondes, dann sieht er auf dem fertigen Bild auf einmal ganz winzig aus.
Das veränderliche Erscheinungsbild des Mondes ist also kein reales Naturphänomen, sondern eine optische Täuschung. Wir nehmen die Größe des Mondes unterschiedlich war und die Ursache dafür ist irgendwo zwischen unseren Augen und unserem Gehirn zu suchen. Bei der Größenwahrnehmung eines Gegenstandes spielen für uns vor allem zwei Dinge eine wichtige Rolle. Da ist zuerst einmal der Winkel, unter dem wir das Objekt wahrnehmen, also die Größe des Bildes, dass das Objekt auf der Netzhaut unseres Auges hervorruft. Die ändert sich natürlich mit dem Abstand: Je näher sich etwas vor unseren Augen befindet, desto größer ist das Bild auf der Netzhaut. Wir können also aus der Größe des Bildes Informationen über den Abstand des Objekts ableiten. Aber so einfach ist die Sache leider nicht: Wir konstruieren das Bild eines Objekts in unserem Gehirn nicht allein aus dem Bild auf der Netzhaut sondern verwenden dazu auch – unbewusst – das was wir über dessen Entfernung zu wissen glauben.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein gleich großes Objekt unterschiedlich große Bilder auf der Netzhaut hervorruft, je nachdem ob es weit entfernt oder sehr nahe ist. Wenn diese Entfernung unbewusst falsch eingeschätzt wird, unterliegen wir einer sogenannten Wahrnehmungstäuschung und kommen zu einer falschen Vorstellung der realen Größe eines Objekts. Unterschätzen wir die reale Entfernung eines Objekts, dann nehmen wir es kleiner war, als es tatsächlich ist. Überschätzen wir die Entfernung, erscheint uns ein Objekt größer als es ist.
Normalerweise können wir Entfernungen ganz gut einschätzen, aber nur wenn wir entsprechende Informationen zur Verfügung haben. Wenn es um den Himmel geht, ist das aber schwierig. Die echte Entfernung des Mondes mit mehr als 360.000 Kilometern ist für uns intuitiv nicht fassbar und wahrnehmbar. Wenn wir den Mond in der Nähe des Horizonts sehen, dann stellen wir uns unbewusst vor, dass er sich auch irgendwo dort befindet, wo wir den Horizont vermuten. Also dort wo wir am Horizont zum Beispiel auch die dort befindlichen Bäume, Berge oder Häuser sehen können. Diese ganzen Objekte die sich entlang der Sichtlinie zwischen uns und dem Mond befinden, geben uns Tiefeninformation mit der wir die Entfernung einschätzen können – oder zumindest denken, wir könnten es. Steht der Mond dagegen hoch oben am Himmel, haben wir dort nichts, was uns dabei helfen könnte, die Entfernung einzuschätzen. Uns fehlen die Tiefeninformationen.
Das führt zu einem verzerrten Bild der Realität: Mangels Informationen zur Einschätzung der Entfernung stellen wir uns den Abstand bis zum Mond über unseren Köpfen kürzer vor als den Abstand zum Mond am Horizont. Im ersten Fall unterschätzen wir die Entfernung; im zweiten Fall überschätzen wir sie und unser Gehirn konstruiert daraus zwei unterschiedlich große Erscheinungsbilder des Mondes.
So ganz perfekt ist diese Erklärung allerdings nicht. Der Mond erscheint uns auch unterschiedlich groß, wenn wir ihn vom Meer oder mitten aus der Wüste heraus betrachten, wo es so gut wie keine Vergleichsobjekte gibt, egal in welche Richtung man schaut. Vielleicht spielen daher auch die Funktionsweise unseres Augen und der Ablauf der visuellen Datenverarbeitung eine Rolle. Dieser Einfluss ist aber noch nicht im Detail untersucht worden und die Ursache für das unterschiedliche Erscheinungsbild des Mondes daher immer noch abschließend geklärt.
Das soll uns aber nicht davon abhalten, den Anblick des Mondes zu genießen! Es gibt kaum etwas schöneres, als eine warme Sommernacht und dem riesigen, orange leuchtenden Mond, der sich über einen nahen Berg langsam auf seinen Weg über den Himmel macht. Vollmondnächte sind dabei natürlich am besten geeignet für lange Beobachtungen. Der Vollmond geht am Abend, bei Sonnenuntergang auf und erreicht seinen höchsten Punkt am Himmel um Mitternacht. Er bleibt auch in der zweiten Nachthälfte am Himmel sichtbar und geht erst unter, wenn die Sonne wieder aufgeht. Und die Nächte im Sommer haben nicht nur den Vorteil, dass sie schön warm sind: In ihnen steht der Vollmond auch tief am Himmel und ist deswegen tendenziell immer ein wenig rötlicher und größer als man es gewohnt ist. Im Winter steht der Vollmond dagegen hoch am Himmel, erscheint uns klein und leuchtet weißlich.
Natürlich gibt es auch einen astronomischen Grund, warum der Vollmond in Sommer und Winter unterschiedliche Höhen am Himmel erreicht. Aber das ist ein Thema für eine andere Folge der Sternengeschichten…
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