Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2016. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier.
Das sagt der Autor des Artikels, Coby44, über sich:
Keine Angabe
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Zeitreisen – hin und zurück zum eigenen Ich ?
Schon lange existiert der Gedanke, in der Zeit herum zu reisen. In unzähligen Romanen, Geschichten, Filmen wurde die Zeitreise thematisiert und bietet ebenfalls unzählige Einsatzmöglichkeiten. Der Superstoff für die Science-Fiction!
Die beliebteste ist immer noch das alte Thema, Fehler ungeschehen zu machen.
Beispiel: Leo hat im Alter von 10 Jahren zwei Dynamitstangen beim Spielen gefunden (wer auch immer so was liegen lässt…) und diese nun unter der Außentreppe des Elternhauses platziert.
Eigentlich will er nur damit rumspielen und denkt, es wären 2 harmlose Böller.
Just als er die beiden „Böller“ anzündet, kommt sein Vater die Treppe herunter und im gleichen Augenblick macht es „Kawumm!!“
Zwanzig Jahre später: Sein Vater ist seit damals an den Rollstuhl gefesselt und mittlerweile pflegebedürftig.
Jetzt liest Leo von einer Zeitmaschine und kontaktiert die Wissenschaftler.
Die schicken ihn wieder zurück, genau in ein Zeitfenster 1 Stunde vor dem fatalen Ereignis. Jetzt kann Leo sein jüngeres Ich davon abhalten, die Dummheit zu begehen.
Klasse! Was für ungeahnte Möglichkeiten würden sich uns eröffnen: Wir könnten:
– wie Leo unsere Jugendsünden ungeschehen machen
– evtl. Weltkriege verhindern
– schon im Jahre 12 n. Chr das Computerzeitalter einläuten
– historische Ereignisse als Touristenattraktion vermarkten
und so weiter….
Die Sache hat für mich nur einen Haken:
Es geht nicht!
Ich bin auf dem Gebiet der Physik, Mathematik usw. vollkommener Laie, habe keinen blassen Schimmer von Astronomie und verfüge nur über die im Laufe der Jahre erworbene Logik, basierend auf Hauptschulwissen der frühen siebziger Jahre und meinen Schlussfolgerungen aus unzähligen Texten, die ich bis heute gelesen habe, Filmen, die das Thema behandeln sowie meinen eigenen Überlegungen dazu.
Und eben diese „Laienlogik“ sagt mir, dass es schlicht unmöglich ist, irgendwie in der Zeit zu reisen.
Warum I ?
Gehen wir zurück zu Leo. Er lebt im Jahr 2016, und hat am 01.08.2016 seinen 30. Geburtstag.
Angenommen, Zeitreisen wären möglich und er reist in der Zeit zurück zum Datum seines zehnten Geburtstages, dem 01.08.1996. Was passiert dann?
Er kommt also als dreißigjähriger zu diesem Datum an. Grundsätzlich passiert erst mal nichts, da ihn ja niemand kennt. Er könnte Personen begegnen, die ihn als zehnjährigen kennen, aber das ist nebensächlich.
Das Problem besteht nun darin, dass er sich selbst begegnet. Er geht zu seinem Elternhaus und sieht dort einen kleinen Jungen im Garten sitzen. Er geht auf ihn zu und will ihn ansprechen, aber es geht nicht.
Er kann ihn nicht erreichen, weil er gar nicht an diesem Ort sein kann. Es ist nicht möglich, dass er als dreißigjähriger gleichzeitig bei seinem zehnjährigen Ich steht.
Warum II ?
Gehen wir an den Punkt, als Leo zehn Jahre alt war, also zum 01.08.1996. Die Zeit vergeht fortwährend, Leo wird Tag um Tag, Stunde um Stunde älter. Die Erde dreht sich munter weiter um die Sonne und so verstreicht ein Tag um den anderen.
Einen Tag später, am 02.08.1996 kann Leo unmöglich wieder zurück zum Ausgangspunkt; dieser Moment ist vorbei. Also ist es ihm auch zwanzig Jahre später nicht möglich, dorthin zurück zu kehren.
In diesem Moment, wo ich diesen Text schreibe, kann ich zwar mit dem Cursor zurück zu Zeile 1 springen, aber ich kann mich nicht rückwärts in der Zeit bewegen, weil eben die erlebten Momente vorbei sind. Der Sprung mit dem Cursor zu Zeile 1 ist kein Zeitsprung, weil er in einem neueren Moment stattfindet, als zu dem Zeitpunkt, wo Zeile 1 verfasst wurde.
Jeder unserer erlebbaren Momente ist einzigartig, einmalig. Mit jeder Sekunde, die vergeht, schreitet auch der Alterungsprozess voran, sowohl der unseres Körpers, als auch der aller Körper um uns herum, das Universum eingeschlossen. Eine Zelle, die gealtert ist, lässt sich nicht mehr in den ursprünglichen Ausgangszustand zurück versetzen.
Um in der Zeit zurück zu reisen, müsste man dafür sorgen, dass alle biologischen Ereignisse, die seit einem bestimmten Zeitpunkt geschehen sind, sich wieder umkehren lassen.
Bei einem Rekorder nennt man so etwas „zurückspulen“. Das geht zwar mit einem Tonband und dessen Aufzeichnung, aber nicht mit der Realität.
Die Realität ist keine Aufzeichnung und ihre Momente, die sich aneinander reihen, sind flüchtig. Sie passieren – und sind weg!
Einen Ball, den ich in die Luft werfe, werde ich nicht mehr auf gleichem Weg zurück erhalten. Ich muss schon zu dem Ball hingehen und ihn wieder aufheben.
Leo kann also unmöglich zu seinem jüngeren Ich reisen. Er kann auch nicht in der damaligen Umgebung existent sein.
Angenommen, wir lassen ihn theoretisch dorthin reisen, dann erübrigt sich schon wieder jeder weitere Gedankengang. Leo müsste theoretisch alle Abläufe in der Zeit, alle vergangenen Momente „zurückspulen“ können. Aber dann würde er am 01.08.1996 ebenfalls wieder als zehnjähriger existieren, ohne sein jüngeres Ich zu Gesicht zu bekommen; das ist er ja dann selbst und das dreißigjährige Ich ist verschwunden.
Zurück in die Zukunft
Wie siehts denn nun mit einer Reise in die Zukunft aus?
Das ist für mich noch unmöglicher als das „zurückspulen“ in die Vergangenheit.
Die Augenblicke, die ich gerade erlebe, entstehen ja Jetzt, und sind quasi augenblicklich wieder verschwunden. Sekunde um Sekunde reiht sich aneinander und bringt uns immer weiter auf unserem Erlebnisstrahl, aber da das zukünftige ja noch gar nicht geschehen ist, kann ich auch unmöglich schon dorthin reisen. Wir bewegen uns in unserem eigenen „Zeitraum“ und nehmen diesen permanent mit, können aber keinen Sprung in einen späteren „Zeitraum“ machen.
Warum III ?
Es wäre natürlich Klasse, auch in die Zukunft reisen zu können. Zum einen aus reiner Neugier, wie sich denn so alles entwickelt, aber vielleicht auch aus pragmatischen Gründen, um sein persönliches Sterbedatum zu erfahren und im Jetzt dafür irgendwas zu planen.
Und jetzt kommt da wieder mein berühmtes „Aber“, welches mir dabei permanent im Nacken hängt:
Zurück zu Leo: Er begibt sich in die Zukunft, an den Tag X , z.B. als er in ein Altenheim einzieht, weil er körperlich nicht mehr der fitteste ist. Soweit ganz schön. Da steht er nun vor seinem gealterten Ich und….kann schon wieder keinen Kontakt herstellen, weil er gar nicht an diesem Ort sein kann (genau wie wir die biologische Uhr nicht zurückspulen können, so können wir sie auch nicht vorspulen).
Ein kleiner Ausflug in die Science-Fiction:
Wir alle existieren gar nicht physisch, sondern sind nur Konstrukte eines übergeordneten Systems, welches uns die Realität vorgaukelt. Ein Grund dafür könnte sein, dass außerirdische Lebensformen eines Tages unsere vollkommen zerstörte Erde gefunden hätten und aus den übriggebliebenen Resten das frühere Leben auf der Erde rekonstruiert haben.
Sie „erschafften“ uns neu als künstliche Intelligenzen und ließen uns unseren persönlichen Lebenslauf erneut erleben.
Das ganze verknüpft mit der Möglichkeit, eigene Gedanken dazu zu entwickeln.
Dann hätten wir sehr wahrscheinlich auch irgendwann den Gedanken an Zeitreisen und unsere „Erschaffer“ könnten uns dies ermöglichen, indem sie uns eine Zeitmaschine konstruieren lassen, in Wirklichkeit aber in unseren Gehirnen nur die Aufzeichnung wahlweise vor- oder zurückspulen würden.
Wir würden denken, es sei eine Zeitreise.
(Interessanter Nebeneffekt: Dann würde der Glaube an einen Gott auch einen Sinn ergeben…)
Da wir aber glücklicherweise nicht fremdgesteuert sind (was ich von einigen Mitbewohnern dieses Planeten nicht behaupten kann), können wir nur das erleben, was gerade im Augenblick passiert. Das Ganze ist gedanklich schon sehr kompliziert, aber aus meiner Sicht heraus ergibt sich nur diese eine Lösung: Es geht nicht!
Ab ins Universum!
Gehen wir nun mal in die großen Regionen. Auch hier hat alles mal angefangen und seither schreitet auch dort die Zeit Sekunde um Sekunde fort, Planeten, ja sogar ganze Galaxien, entstehen und vergehen wieder. Dies ist nun mal das alles beherrschende Prinzip unseres Lebensraums (zu dem ich natürlich unser Universum dazu zähle, schließlich sind wir ein Teil davon) . Somit ist für mich klar: An einen Punkt in der Vergangenheit können wir auch hier nicht zurückkehren, denn er ist unwiederbringlich vorbei.
Es erreicht uns zwar Licht aus vergangenen Zeiten, wodurch wir die faszinierenden Bilder z.B. von Hubble sehen können, aber wir können uns eben nicht auf diesen Lichtstrahl schwingen und dorthin zurück reisen, weil der Ort, den wir heute auf den Bildern der Teleskope sehen, evtl. schon gar nicht mehr existiert oder sich vollkommen verändert hat.
Und wenn wir dies mit Ultra-Super-Warpantrieb machen – vorbei ist vorbei!
Und mit Speed durch die Zeit?
Es gibt ja diesen Versuch zweier Wissenschaftler ( https://de.wikipedia.org/wiki/Hafele-Keating-Experiment), dass Reisen in die Zukunft theoretisch möglich seien.
Aber auch da setzt mein gesunder Menschenverstand wieder ein und sagt: Stop!
Was ist dort passiert? Weil die beiden eine bestimmte Strecke zurückgelegt haben und nun ihre Uhren bei der Rückkehr nach gehen, soll das eine Zeitreise gewesen sein? Es hat sich sowohl die Zeit der Wissenschaftler im Flugzeug, als auch die auf der Erde, weiterbewegt. Ihre Uhren gehen nach, aber da sie sich selbst in dieser „Zukunft“ nicht begegnen können, ist das auch keine Zeitreise. Für mich ist das nur die unterschiedliche Wahrnehmung zweier Objekte.
Oder: Schicken wir Leo mit Überlichtgeschwindigkeit ins All. Er ist tausend Jahre unterwegs, während für ihn vielleicht nur siebzig Jahre vergangen sind.
Er kommt wieder zurück, ist ein alter Mann und findet evtl. gar keine Erde mehr vor, weil sie in der Zwischenzeit explodiert ist (wer weiß, was so alles in der Zukunft passiert). Ach ja, ich vergaß seinen Zwillingsbruder. Der existiert natürlich auch nicht mehr – logisch, da ja die Zeit etwas schneller vorangeschritten ist als für Leo.
Paradox ist dies absolut nicht, da jeder der beiden seinen eigenen „Zeitraum“ besitzt und in diesem existiert.
Zeiträume
Wie ich schon beschrieben habe, bewegen wir alle uns in jeweils eigenen Zeiträumen. Für mich ist der „Zeitraum“ nicht einfach nur ein praktisches Wort, um irgendwelche vergangenen Zeiten zu beschreiben.
Vielmehr sehe ich einen Zeitraum als eine Art unsichtbaren Ballon an, innerhalb dessen wir eingebettet sind und diesen auch nicht verlassen können. Egal, wohin wir uns auch bewegen, wir nehmen diesen „Zeitraum“ immer mit. Mache ich nun eine Reise, z.B. zu meiner Family nach Florida, so erlebe ich einen Zeitunterschied von sechs Stunden. Dort angekommen, bin ich sechs Stunden hinter der Zeit meines Heimatortes, bin aber deswegen kein Stück jünger geworden (was ja echt Klasse wäre!). Nein, ich bin immer noch der selbe wie vorher, altere auf meiner ganz persönlichen Zeitschiene, die innerhalb meines „Zeitraumes“ existiert.
Jetzt könnte ich ja hingehen und sagen, meine Schwester sei sechs Stunden jünger als ich, eben wegen dieses Zeitunterschiedes. Dies ist aber auch nicht der Fall, da sie im Jahre 1961 geboren wurde und ab dort ihren eigenen „Zeitraum“ mit sich nimmt, genau wie ich, der 1962 geborene. Wir haben einen Altersunterschied von einem Jahr, aber keinen Zeitunterschied. Da wir beide auf dem gleichen Planeten leben, der natürlich ebenfalls seinen „Zeitraum“ besitzt und wir mittendrin, so werde ich also nicht älter oder jünger, wenn ich mit dem Flugzeug reise.
Diese „Zeiträume“ sind imaginäre Konstrukte, aber ich könnte sie mir sehr gut als „energetisches Konzept“ vorstellen, das irgendwie existiert.
Wurmlöcher
Ich habe ja völlig die Wurmlöcher vergessen, die ebenfalls theoretisch existieren. Wenn ich diese Objekte in meine Überlegungen einbeziehe, dann könnte die ganze Sache deutlich anders aussehen.
Nochmal zurück zu Leo. Er startet wieder ins All mit Super-Warp-Antrieb zum gleichen Ziel wie vorhin, hat aber jetzt die Möglichkeit, den „Zeitraum“ der Erde zu dehnen.
Stellen wir uns dazu den „Zeitraum“ der Erde als einen Ballon vor, wir alle um ihn herum in eigenen, kleinen „Zeitraum-Ballons“. Leo schafft es nun, seinen Ballon mit dem der Erde zu verbinden, eine Art Übergang zu schaffen und startet ins All.
Somit zieht er den Ballon der Erde in die Länge (und schafft damit eine Art Wurmloch), nimmt einen Teil davon mit sich mit und ist verbunden mit dem „Zeitraum“ der Erde.
Wenn er nun nach seiner Reise zurückkehrt, die (wir erinnern uns für ihn nur siebzig Jahre, für die Erde aber tausend Jahre dauerte) ,so sind jetzt für beide nur siebzig Jahre vergangen, weil er durch die direkte Verbindung der „Zeiträume“ von sich und der Erde vorübergehend einen neuen „Zeitraum“ geschaffen hat. In eine Vergangenheit oder Zukunft ist er aber auch hier nicht gereist.
Somit wäre es aber zumindest möglich, in der Theorie ein Wurmloch zu schaffen, um zwischen zwei sehr weit entfernten Punkten hin und her zu reisen. Wobei das Wurmloch kein „Loch“ im eigentlichen Sinne ist, sondern eher ein Schlauch mit einem Anfang und einem Ende, dem Aussehen nach eben ein Wurm.
Schlussendlich werden Zeitreisen zum vergangenen oder zukünftigen Ich immer Theorie bleiben. Allerdings bieten sie unendlich viel Stoff für alle möglichen Geschichten und daher sind sie immer einen Gedankengang wert. Und sollten wir wirklich von einer übergeordneten Instanz gesteuert werden, dann grüße ich mal schön, denn die lesen garantiert mit!
Und: In der Vergangenheit schwelgen bzw. sich eine schöne Zukunft ausmalen, macht doch auch Spaß!
Deshalb bleibe ich da, wo ich jetzt bin; in der Gegenwart und genieße es, mich in diesen gedanklichen Welten treiben zu lassen.
Wir sehen uns….vielleicht in der Zukunft.
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