Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2016. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier.
Das sagt die Autorin des Artikels, Janne über sich:
Ich bin Janne, 16 Jahre alt und Schülerin der 12. Klasse an einem Gymnasium in Niedersachsen. Das ist das erste Mal, dass ich an einem solchen Wettbewerb teilnehme
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Das Hertzsprung-Russell-Diagramm
Jedes Mal, wenn ich abends in den Sternenhimmel gucke, fühle ich mich ganz klein und unbedeutend in Anbetracht der riesigen Weiten, die sich über mir befinden. Ich denke, dass es vielen Menschen ähnlich geht. Was mich allerdings manchmal stört ist die Unordnung da oben. Ich weiß, das klingt komisch, aber ich habe mich oft gefragt, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, das Weltall irgendwie zu sortieren. Auf meiner verzweifelten Suche nach Ordnung im Sternenhimmel stolperte ich dann zufällig über das Hertzsprung-Russell-Diagramm (kurz: HRD).
Das HRD ist jetzt schon seit mehr als 100 Jahren eines der wichtigsten, wenn nicht das bedeutendste Zustandsdiagramm der stellaren Astrophysik. Es zeigt die Spektralklasse von Sternen in Abhängigkeit von ihrer absoluten Helligkeit. An der Lage des Sterns im Diagramm kann man dann erkennen, in welchem Lebensstadium er sich befindet und außerdem Rückschlüsse auf weitere Eigenschaften (z.B. die Größe) ziehen.
Das Diagramm basiert auf den Forschungen von Ejnar Hertzsprung und Henry Norris Russell, nach denen es (offensichtlich) auch benannt ist. Beide kamen unabhängig voneinander, etwa zur selben Zeit, auf die Idee, einen Zusammenhang zwischen den grundlegenden Eigenschaften von Sternen (Helligkeit, Farbe, Temperatur) herzustellen. Russell war es dann, der 1914 die Forschungsergebnisse in die Form eines Diagramms brachte.
Die horizontale Achse des Diagramms zeigt die Spektralklasse des Sterns. Spektralklassen sind die Klassen, in die Sterne nach den Eigenschaften ihres Lichts eingeteilt werden. Es gibt 7 Klassen: O, B, A, F, G, K, M. Ganz leicht zu merken mit dem Merksatz „Oh, Be A Fine Girl/Guy, Kiss Me.“
Manche HR-Diagramme geben statt des Spektraltyps die Temperatur an. Dies ist möglich, da die Temperatur eines Sterns (oder allgemein eines Körpers) die Eigenschaften des Lichts, das er ausstrahlt beeinflusst. Je heißer ein Stern ist, desto kürzer ist die Wellenlänge maximaler Intensität des Lichts. So kommt es, dass kühlere Sterne eher rötlich scheinen und die heißeren eher blau-weißlich. Die kühlsten Sterne sind mit unter 3000 K die roten Sterne des Typs M. Die violett-weißen Sterne der Spektralklasse O werden über 30.000 K heiß.
Die vertikale Achse zeigt die absolute Helligkeit meist in logarithmischer Achseneinteilung an. Die absolute Helligkeit ist die Helligkeit, die ein Stern in einer Entfernung von 10 parsec (32,6 Lj) hätte. Sind die scheinbare Helligkeit und die Entfernung gegeben, lässt sich die absolute Helligkeit ganz leicht mit dem Entfernungsmodul berechnen.
Das ist also alles, was man braucht, um ein HRD zu erstellen: Spektralklassen und absolute Helligkeiten. Jeder Stern bildet dann einen Punkt im Diagramm. Aber wie sieht das dann aus? Das Diagramm, das dabei entsteht, zeichnet sich durch mehrere charakteristische Häufungsgebiete aus. Das Auffälligste ist die sogenannte Hauptreihe. Sie befindet sich mitten im Diagramm, zieht sich von links oben nach rechts unten. Auf ihr befinden sich die meisten Sterne. Diese befinden sich in einem relativ stabilen Lebensstadium, in dem sie ihre Energie ausschließlich durch Kernfusion, also der Fusion von Wasserstoff zu Helium, erlangen. Die Sterne befinden sich den Großteil ihres Leben in diesem Stadium. Die Länge dieses Lebens variiert mit der Größe beziehungsweise der Masse der Sterne, denn größere Sterne haben zwar viel Masse, aber die Wasserstoffvorräte sind meist sehr schnell aufgebraucht. Sobald dies der Fall ist oder die Kernfusion aus anderen Gründen nicht mehr möglich ist, geht der Stern in das nächste Lebensstadium über.
Dieses zeigt sich auch recht auffällig im HRD. Der Riesenast befindet sich oberhalb der Hauptreihe. Dort findet man sehr helle Sterne der Spektralklassen G0 bis M. Diese Sterne werden Rote Riesen genannt. Aber wie wird Hauptreihenstern zu so einem roten Riesen?
Kernfusion reduziert die Teilchenzahl im Inneren des Sterns. Aus 4 Wasserstoffatomen wird ein Heliumteilchen. Diese sind zwar schwerer, nehmen aber weniger Platz ein. Das führt dazu, dass der Kern langsam schrumpft. Dadurch steigt die Temperatur im Sterninneren und die Kernfusion wird beschleunigt. Irgendwann ist dann das Brennmaterial aufgebraucht und der Kern zieht sich aufgrund der fehlenden Energieproduktion stark zusammen. Dies führt zu einem Anstieg der Temperatur um die zentrale Heliumzone. Dadurch wird es so heiß, dass der Rest des Wasserstoffs zur Fusion gebracht wird. Um das mit Helium gefüllte Sterninnere gibt es nun eine Wasserstoffbrennende Schale. Diese Schale führt zu einem starken Temperaturabfall nach außen hin. Die Hülle des Sterns muss einen erhöhten Energieabtransport bewältigen und dadurch wird sie immer heißer und dehnt sich aus. Dieser Prozess wird so lange fortgeführt, bis ein stabiler Zustand erreicht ist. Manche Sterne verzehnfachen ihren Durchmesser währenddessen.
Wie es dann mit den roten Riesen weitergeht hängt von ihrer Masse ab. Massereiche Sterne explodieren als Supernova, masseärmere Sterne werden zu weißen Zwergen.
Weiße Zwerge kann man auch im HRD erkennen. Sie befinden sich unterhalb der Hauptreihe und haben eine sehr hohe Temperatur (Spektraltyp O, B, A), sind aber relativ leuchtschwach. Massearme Sterne erreichen dieses Endstadium nach dem Riesenstadium, sobald der Energievorrat des Riesen versiegt ist. Er stößt seine Hülle als planetarischen Nebel ab und aus dem Kern, der übrig bleibt, wird ein Weißer Zwerg, aber nur, wenn die Masse des Sterns unter der Chandrasekhar-Grenze von 1.46 Sonnenmassen liegt. Weiße Zwerge sind zudem auch recht klein, mit einem Durchmesser von ca. 10.000 km sind sie etwa so groß wie die Erde. Man darf aber nicht vergessen, dass sie etwa so schwer wie die Sonne sind. Im Inneren bestehen sie aus einem Kern, der aus einem Gemisch aus freien Elektronen und Atomkernen besteht. Um diesen Kern erstreckt sich eine 50 bis 100 Meter dicke Atmosphäre, welche hauptsächlich Wasserstoff und Helium enthält.
Das ist ja jetzt alles schön und gut, so ein Diagramm mit ganz vielen Sternen, aber wozu wird das überhaupt heute noch benutzt?
Das Hertzsprung-Russell-Diagramm findet auch heute noch Anwendung in der Astronomie. Es wird zum Beispiel zur Bestimmung von Entfernungen verwendet. Man kann auch HR-Diagramme von bestimmten Sternhaufen erstellen und dann damit deren Alter bestimmen.
Es gibt so unglaublich viele Möglichkeiten das HRD anzuwenden und im Diagramm kann man natürlich auch noch viele weitere interessante Gebiete, wie z.B. die Hertzsprung-Lücke, die Hayashi-Linie oder den Instabilitätsstreifen, entdecken. Diese alle aufzuzählen und zu erklären würde aber leider wahrscheinlich den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Bleibt nur noch zu sagen, dass ich nicht weiß, ob Hertzsprung und Russell wirklich die Intention hatten das Weltall zu sortieren. Ich weiß nur, dass es ihnen meiner Meinung nach sehr gut gelungen ist.
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