Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2016. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier.
Das sagt der Autor des Artikels, Rimi über sich:
Rimi arbeitet in der Automobilzuliefererbranche. In seiner Freizeit spaziert er gerne mit seinen Hunden durch die oberfränkische Landschaft. Er spielt Schlagzeug, und beobachtet gerne mit einem seiner 3 Newtonspiegel den Nachthimmel. Wenn ihm nach all dem noch Zeit bleibt, bloggt er unter https://rimi71.blogspot.de/ unter anderem auch über Astronomie.
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Wie konnten unsere Vorfahren, lange bevor das Teleskop erfunden wurde, entdecken, dass es Planeten gibt?
Wenn jemand, der sich noch nie mit Astronomie beschäftigt hat, in einer mondlosen Nacht in den unbewölkten Nachthimmel schaut, sieht er dort viele kleine Lichtpunkte, die er im allgemeinen als Sterne bezeichnet. Ein Hobbyastronom, erkennt dort aber auch sehr schnell Planeten. Außerdem kann er sie zeigen und benennen.
Klar, ein Hobbyastronom besitzt meist mindestens ein Teleskop, liest Fachbücher, -zeitschriften, Internetblogs und benutzt natürlich auch Astronomiesoftware (1) auf seinem PC und Smartphone. Es wäre also schon sehr seltsam, wenn er nicht wüsste, wo sich die Planeten am Himmel befinden.
Aber wie haben das unsere Vorfahren gemacht, die das alles nicht hatten? Ist das ohne technische Hilfsmittel überhaupt möglich? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich mit meiner Assistentin Akira einen kleinen Spaziergang gemacht.
Am Ausgangspunkt unseres Spaziergangs haben wir uns ein markantes Objekt ausgesucht, dass ein ganzes Stück weit entfernt ist. In unserem Fall eine bewaldeter Berg, mit einem Gehöft links davor.
Nach etwa einem halben Kilometer Fußmarsch haben wir unser Objekt erneut in den Fokus genommen, und eine erstaunliche Feststellung gemacht …
Die Landschaft vor unseren Füßen hatte sich komplett verändert, während unser markantes Objekt noch genau so aussah, wie beim Beginn unseres Spaziergangs. Der geneigte Leser wird sich jetzt Fragen wozu das Ganze gut war.
Wir haben diesen Spaziergang gemacht, um uns etwas ins Gedächtnis zu holen, dass zwar jedem klar ist, worüber man aber eigentlich nie nachdenkt: Entfernte Objekte bleiben länger im Fokus als nahe Objekte. (2) Das ist auf der Erde nicht anders als im Weltraum, und das können wir auch ganz leicht selbst überprüfen!
Sicher hat so gut wie jeder schon mal die schmale Mondsichel des zunehmenden Mondes im Westen kurz nach Sonnenuntergang gesehen. Wer das Glück hat, dieses schöne Naturschauspiel über mehrere Tage zu verfolgen, wird feststellen, dass der Mond nicht nur „dicker“ wird, sondern auch jeden Tag zur gleichen Uhrzeit ein ganzes Stück weiter „Links“ bzw. Östlich am Himmel steht.
Durch seine relative Nähe von durchschnittlich „nur“ 384.000 Kilometern sehen wir den Mond regelrecht über den Himmel „rasen“. Den Mond mögen jetzt viele als Ausnahme betrachten, da er ja so ziemlich das einzige Himmelsobjekt ist, dass wir nicht nur als Lichtpunkt wahrnehmen.
Aber geht das ganze auch mit Planeten? Die Venus kommt uns von allen Planeten mit ca. 38 Millionen Kilometern am nächsten, sie ist aber immer noch zu weit entfernt, um sie auf einen Blick von einem Stern zu unterscheiden. Und auch Jupiter, der ein wahrer Gigant ist, erscheint uns doch nur als Lichtpunkt.
Um zu erkennen, was unsere Vorfahren am Himmel erkannten, müssen wir eine kleine Zeitreise machen. (Keine Angst, wir gehen nicht weit zurück. Ihr begegnet keinen Dinosauriern, und sogar eure Smartphones werden noch wunderbar funktionieren) 🙂
Jupiter sucht sich jedes Jahr andere Sterngefährten, mit denen er gemeinsam über den Nachthimmel zieht, und hebt sich so von den scheinbar fest stehenden Sternen (3) im Hintergrund ab. Mit dem was wir bis jetzt wissen, kommen wir auch hier zu dem Schluss, dass sich Jupiter näher an unserer Erde befinden muss, als die weit entfernten Sterne.
Ja, okay, das war ein Zeitraum von 4 Jahren, aber kurzfristig kann man doch bestimmt nichts erkennen, wird der ein oder andere jetzt vielleicht einwerfen. Schauen wir uns mal an, was am südwestlichen Abendhimmel in den letzten Augusttagen 2016 passiert ist.
Das ist doch jetzt ein Fake, oder? Sollte Mars die Sonne tatsächlich in einer anderen Richtung als Saturn umrunden? Zwei berechtigte Fragen, die man allerdings beide mit „Nein.“ beantworten kann. Was Mars hier tut, ist das, was Astronomen „Rückläufig“ nennen.
Stellt Euch vor, ihr fahrt mit dem Auto auf einer Straße am Meer. Auf dem Meer ist ein großes Containerschiff, dass in die gleiche Richtung wie ihr unterwegs ist. Natürlich seid ihr schneller als das Containerschiff, und überholt es. Für Euch wird es so aussehen, als ob sich das Schiff rückwärts bewegt, obwohl ihr in die gleiche Richtung unterwegs seid. Euer Auto ist in diesem Fall der Planet Erde, und das Schiff der Mars.
Die Erde hat also in den letzten Augusttagen den Mars überholt, und wer den Nachthimmel mit bloßem Auge aufmerksam verfolgt hat, hat genau das zu sehen bekommen.
Dies waren nur zwei Beispiele auf welche Art und Weise unsere Vorfahren Planeten entdecken, und von Sternen unterscheiden konnten.
Und nun liegt es an Euch, liebe Leser, es unseren Vorfahren gleich zu tun. Das Jahr 2017 bietet Euch gleich zu Beginn, eine wunderbare Gelegenheit dazu! Schaut im Januar und Februar (4) nach Sonnenuntergang in Richtung Westen. Dort werdet ihr einen hellen „Stern“ entdecken, der …
… mehr werde ich an dieser Stelle nicht verraten. Viel Spaß beim Forschen und Entdecken! 🙂
(1) Man muss übrigens kein Hobbyastronom sein, um entsprechende Software benutzen und bedienen zu können. Unter https://www.stellarium.org/de/ z.B. hat jeder die Möglichkeit, sich eine kostenlose, und leicht bedienbare Software herunter zu laden, und selbst das All zu entdecken und zu erforschen;
(2) Diesen Effekt sieht man am schönsten, wenn man mit einem Bus auf der Autobahn fährt, und zur Seitenscheibe hinaus schaut. Büsche/Bäume direkt an der Autobahn huschen so schnell vorbei, dass sie fast unsichtbar werden, während ein Berg am Horizont je nach Sicht Minutenlang im Fokus bleibt.
(3) Auch die Sterne verändern mit der Zeit ihre Position zueinander und zu uns, aber Aufgrund der gigantischen Entfernungen ist ein Menschenleben zu kurz um das ohne technische Hilfsmittel zu erkennen. Wer eine ungefähre Vorstellung bekommen will, wie weit die Sterne von uns entfernt sind, nimmt sich einen Taschenrechner mit 13 Stellen Minimum, und liest meinen Beitrag vom letzten Jahr: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2015/09/28/ein-lichtjahr-wovon-reden-wir-hier-eigentlich/?all=1 😉
(4) Je nach Horizontsicht geht es bereits schon in den letzten Dezembertagen 2016.
Alle Bilder sind von mir, Bild 5 und 6 sind Screenshots aus der kostenlosen Software Stellarium ( https://www.stellarium.org/de/ ) die von mir zum besseren Verständnis zu einem Bild zusammengefügt wurden.
Für diesen Blogartikel wurden keine Tiere verletzt oder gequält.
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