Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2016. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier.
Das sagt der Autor des Artikels, Benedikt Wittmann über sich:
Ich bin 18 Jahre alt und interessiere mich für alle Arten physikalischer Vorgänge in der Natur. Um mein Wissen in dieser Hinsicht zu erweitern lese ich einige wissenschaftliche Blogs und wollte selbst schon oft meine Gedanken zu Papier bringen. Dies ist mein erster Versuch hierzu.
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Die kleinen runden Kügelchen
Wer diese Überschrift hört, denkt vielleicht an die kleinen Papierkugeln, die man früher durch selbstgemachte Blasrohre seinen Freunden an den Kopf geschossen hat. Darüber einen kleinen Artikel zu schreiben wäre sicherlich nicht minder interessant als mein jetziges Thema. Doch heute geht es um die Welt der wirklich kleinen runden Kügelchen – der Atome.
Atome überall
Als ich letztens im Urlaub auf einer Gartenliege lag, sah ich ein Flugzeug über mir am Himmel.
Dieses Flugzeug besteht beim genaueren Nachdenken aus Atomen unterschiedlicher Arten. Diese halten aufgrund winzig kleiner Kräfte, die wir nicht spüren können, zusammen. Es ist ja nicht so, dass zwischen den Atomen kleine Seile wären, die für die Verknüpfung sorgen, denn eigentlich ist dort nichts außer elektrostatische Anziehung.
Das Flugzeug flog über mich hinweg. Optisch meint man, es durchquert nichts, aber eigentlich bewegt es sich durch Luft, bestehend aus Milliarden von atomaren Teilchen. Und fortbewegen kann sich das Flugzeug nur, weil es die Luft durch seine Turbinen zurückstößt und dadurch selbst Vortrieb erfährt. Also im Endeffekt bewegen sich einige große, schwere Kugeln durch ein Meer von etwas leichteren, losen Kugeln, indem die schweren die leichten Kugeln zurückstoßen. Klingt wie ein ziemlich lustiges Bällebad, ist aber reine Wissenschaft.
Jetzt erscheint diese Vorstellung schon ziemlich absurd, aber man könnte noch weiter gehen. Beispielsweise erfolgt der Antrieb der Turbinen durch Rotation von Maschinenelementen, welche wiederum durch die Verbrennung von Kerosin hervorgerufen wird. Oder erneut einfach gesagt: In einem Tank aus Kugeln, verbinden sich einige Kugeln zu neuen Kugelanordnungen, wobei Energie frei wird, sodass nochmals andere Kugeln durch die Explosion zurückgestoßen werden und damit die Maschinenelemente bewegen, die zum Antrieb der Turbine führen.
Das ist aber nun längst noch nicht der komplexeste Vorgang innerhalb eines Flugzeugs. Das sind nämlich wir Menschen.
Die Natur hat es im Laufe von Jahrmillionen der Evolution zustande gebracht, leblose Atome und Moleküle so zusammenzubasteln, das ein in sich perfekt funktionierender Organismus entsteht, der sich nicht nur bewegen kann, sondern auch denken kann. Über sich und seine Umwelt, was letztendlich dazu führt, dass ich diesen Artikel hier schreiben und Sie ihn lesen können.
Die Größe der kleinen Kügelchen
Okay, also alles besteht aus kleinen runden Kügelchen. Aber wie klein eigentlich genau? Ein Atom ist ungefähr (abhängig von der Sorte) 10^-10 m groß bzw. klein. Das entspricht 0,0000001 mm oder 0,1 nm (= Nanometer, 1 nm = 1/1.000.000 mm). Also müsste man den Millimeter auf einem handelsüblichen Maßstab in zehn Millionen Stücke teilen, um die Dicke eines Atoms zu bekommen. Oder ein menschliches Haar der Länge nach 500.000 mal zerschneiden. Oder einen Spinnfaden ‚nur‘ 10.000 mal zerteilen.
Wenn Sie das noch nicht zum Staunen gebracht hat, dann vielleicht dieser Vergleich hier: In einem einzigen Sandkorn gibt es so viele Atome, wie es Sandkörner auf der Erde gibt. Nämlich ungefähr 10^19 bzw.10 Trillionen. Wer will kann das gerne mal nachzählen. Übrigens, wenn man alle diese Sandkörner aneinanderreihen würde, bräuchte man in einem Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit immer noch mehr als einen Monat um dieses Strecke abzufahren.
Und wenn wir uns schon im großen Universum befinden – in diesem gibt es laut Schätzungen ‘nur’ 10^84 bis 10^89 Atome. Denn obwohl das Universum vielleicht sogar unendlich groß ist, befindet sich nur eine begrenzte Zahl an Teilchen darin.
Geht’s noch kleiner?
Um noch tiefer in die Materie einzusteigen, kann man auch ins Innere des Atoms gehen. Ins Innere? Tatsächlich haben diese kleinen runden Kügelchen noch kleinere Kügelchen in sich.
Im Gegensatz zu früher, als Atome als kleinste Teilchen und untrennbar galten (griech. átomos = unteilbar), wissen wir heute, dass sie aus einer Elektronenhülle und einem Atomkern bestehen. Dieser Kern besteht seinerseits noch einmal aus Protonen und Neutronen und ist im Vergleich zur Größe eines Atoms winzig klein, nämlich ca. 10^-14 m also 10 fm (= Femtometer, 1 fm = 1/1.000.000 nm), also 10000 mal kleiner. Im realisitischen Größenvergleich: Ein Tischtennisball auf dem Anstoßkreis inmitten der Münchener Allianzarena.
Wenn man nun einem Menschen alle seine Elektronenhüllen wegnehmen würde, sodass er lediglich noch aus Atomkernen bestünde, dann wäre dieser nur noch 0,1 mm groß, also eigentlich nur unter dem Mikroskop sichtbar.
Und wie viel würde er dann wiegen? Komischerweise wäre er immer noch genauso schwer wie in seiner ursprünglichen Größe. Denn nahezu die gesamte Masse eines Atoms befindet sich in dessen Atomkern, da Protonen und Neutronen ca. 2000 mal so viel wiegen wie Elektronen.
Damit wäre aber auch seine Dichte verzehntausendfacht.
Das liegt daran, dass die Kernteilchen aus noch kleineren Teilchen, den Quarks (wie Elektronen ebenfalls Elementarteilchen, also die grundlegensten Bestandteile der Materie) bestehen.
Diese kleinsten Teilchen haben eine “Größe” von 10^-18 Meter, sind also wiederum 10000 mal kleiner als der Atomkern.
Vorgänge auf kleinsten Skalen
Innerhalb eines Atoms gibt es nun eine Reihe verwunderlicher Eigenschaften. Eines der einfachsten Paradoxe ist der Zusammenhalt der Protonen im Kern. Bereits in jungen Jahren lernt jeder, dass gleichnamige Ladungen sich abstoßen. Darum müssten bei meiner Veranschaulichung des Atomkerns bereits bei jedem die physikalischen Alarmglocken läuten und dieser Artikel als wirres Zeug abgestempelt werden (was es ja bei genauerem Überlegen auch ist – wer glaubt schon an Flugzeuge aus Kügelchen?!). Jedoch wirken innerhalb des Kerns Kräfte, von der die Wissenschaft lange nichts wusste, da sie im Gegensatz zur elektrostatischen Kraft oder zur Gravitation eben nur innerhalb eines Atomkerns messbar sind.
Diese Kernkräfte, unterteilt in eine starke und eine schwache, sind auf äußerst kleinen Skalen, wie sie in Atomkernen vorkommen, stärker als die Abstoßung zwischen den Protonen.
Aus diesem Grund halten die positiv geladenen Teilchen im Kern zusammen. Doch bereits ein wenig außerhalb des Kerns wirkt die elektrostatische Kraft wieder stärker.
Auch die Rolle des Elektrons im Atom ist sonderbar. Denn obwohl es einem oftmals als Teilchen vorgestellt wird, ist es das nicht. Bei diesem Elementarteilchen spricht man vom sogenannten Welle-Teilchen-Dualismus, welcher durch ein Doppelspaltexperiment nachgewiesen werden kann. Wenn man Elektronen in normaler Manier durch einen Doppelspalt schickt, entspricht das Interferenzmuster am Schirm dem einer Welle. Deckt man jedoch einen der Spalte zu oder ‘misst’ durch welchen Spalt sich das Elektron bewegt, verändert sich das Muster hin zu einem für Teilchen üblichen Bild. In Anlehnung an Schrödingers Katze, die im Experiment gleichzeitig tot und lebendig ist, ist der Quantenzustand des Elektrons zur gleichen Zeit der einer Welle und der eines Teilchens.
Darüber hinaus lässt sich das Elektron laut der Heisenbergschen Unschärferelation (man kann nie Ort und Geschwindigkeit eines Quantenteilchens gleichzeitig genau messen) im Atom niemals genau lokalisieren. Man kann lediglich mithilfe von Raumverteilungen angeben, in welchem Bereich sich das Elektron am wahrscheinlichsten befindet. Diese Räume in der Atomhülle nennt man Orbitale.
Man sieht, dass sogar die Vorgänge auf kleinsten Skalen schon höchst komplex und teilweise paradox sind.
Atome verändern – das geht!
Nun besteht unsere Welt nicht nur aus reinen Atomsorten, sondern auch aus Verbindungen von Atomen, den Molekülen. Diese Moleküle werden durch unterschiedliche zwischenatomare Verbindungen zusammengehalten, die jedoch alle auf der elektrostatischen Kraft basieren. Überraschend ist jedoch, dass schon kleinste Veränderungen in Molekülen zu grundlegen Eigenschaftsunterschieden, wie zum Beispiel Siede- und Schmelzpunkt, pH-Wert, Festigkeit oder Farbe, führen.
So ist Wasser, unser wichtigstes Gut um zu überleben, zusammengesetzt aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom (H2O). Wenn man jedoch noch ein weiteres Sauerstoffatom hinzufügt, entsteht Wasserstoffperoxid (H2O2), was als Bleichmittel verwendet wird und beim Trinken zu schweren Verätzungen führen würde.
Die Natur hat uns durch chemische Reaktionen die Möglichkeit gegeben, Moleküle zu trennen und neu zusammenzusetzen. Dabei muss entweder Energie aufgewendet werden (endotherme Reaktion) oder es wird Energie frei (exotherme Reaktion). Jedoch muss bei den meisten chemischen Reaktionen eine Hürde überwunden werden, dass sie starten können (Aktivierungsenergie).
Ein anschauliches Beispiel: Bei einem Lagerfeuer muss man durch das Anzünden des Holzes erst ein wenig Energie aufbringen, sodass dss Holz mit dem Sauerstoff der Umgebung reagiert und verbrennt. Die im Holz gespeicherte Energie wird dabei in Wärme und Licht umgewandelt – das, was wir als Feuer wahrnehmen – und die ‘Holz-Moleküle’ werden unter Bindung des Sauerstoffs zu ‘Asche-Molekülen’.
Weitere wichtige chemische Reaktionen sind beispielweise die Zellatmung des Menschen, der Sauerstoff und Traubenzucker zu Wasser und Kohlenstoffdioxid umwandelt. Die dabei frei werdende Energie kann unser Körper dann speichern und nutzen.
Die entgegengesetzte, endotherme Reaktionen findet bei Pflanzen statt. Sie können unsere Abfallprodukte CO2 und Wasser in Sauerstoff und Traubenzucker umwandeln. Die benötigte Energie holen sie sich aus dem Sonnenlicht.
Aber welche chemische Reaktion findet dann im Inneren der Sonne statt, sodass dort solche riesigen Energien frei werden?
Richtig – gar keine.
Denn der dortige Vorgang hat nichts mit chemischen Reaktionen zu tun, da bei diesen die Atomsorten gleich bleiben und sich nur neu verbinden. Im Kern der Sonne findet hingegen eine sogenannte Fusion statt, das heißt zwei Atome vereinigen sich zu einem neuen. Im Fall der Sonne verbinden sich Wasserstoff-Atome zu einem Helium-Atomen. Bei älteren Sterne können sich aber auch zwei Helium-Atome zu einem Sauerstoff-Atom werden, wenn der Wasserstoff aufgebraucht ist.
Die dabei frei werdende Energie ist so enorm, das auf die Sonne täglich so viel Energie auf die Erde abstrahlt, dass wir damit den gesamten Jahresbedarf des Planeten abdecken könnten!
Für diese Fusion sind allerdings auch riesige Energiemengen erforderlich, da erst die elektrostatische Abstoßung zwischen den Atomkernen überwunden werden muss. Dies klappt in der Sonne aufgrund der außerordentlich hohen Temperaturen von ca. 5 Millionen Grad. Auf der Erde können wir diese Methode der Energieerzeugung aufgrund fehlender technischer Mittel aber noch nicht nutzen.
Jedoch lässt sich auch aus dem Gegenteil der Fusion, der Kernspaltung, bei richtiger Wahl der Atomsorten Energie gewinnen. Da die Aktivierungsenergie hierfür wesentlich kleiner ist, können wir diese Technik auf der Erde schon in Kernkraftwerken verwenden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, das die Welt der kleinen runden Kügelchen an sich schon hoch komplex ist, wir Menschen es aber dennoch schaffen sie teilweise zu verstehen und sie uns sogar zunutze zu machen.
Also, wenn Sie das nächste mal im Flugzeug sitzen, können Sie sich mit dem Gedanken beruhigen, dass Sie eigentlich nur auf einem Meer aus Kugeln sitzen, dass durch elektrostatische Anziehung zusammengehalten wird. Oder Sie schießen ihrem Nebenmann eine Papierkugel an den Kopf.
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