Das Polarlicht gehört zu den großen Attraktionen des hohen Nordens. Wie die bunten Lichtschleier am dunklen Himmel entstehen können, war lange Zeit unklar. Heute weiß man zum Glück mehr – und hat sogar herausgefunden, warum das Licht in der Nacht nicht nur leuchten, sondern auch Geräusche machen kann.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 206: Das Polarlicht
Urlauber die den Norden Skandinaviens besuchen sind meistens besonders begeistert, wenn sie das Nordlicht beobachten können. Plöztlich taucht am dunklen Himmel eine Leuchterscheinung auf. Grüne und rote “Wolken” jagen durch die Nacht, verändern sich ständig und ziehen in gespentischen Schleiern an den Sternen vorbei. Es ist kein Wunder, dass diese Erscheinung früher als Zeichen der Götter gedeutet wurde oder als Vorbote für Krieg, Krankheit oder andere Katastrophen. Die Lichter sollten von den Toten verursacht werden und wenn es am Himmel zu sehen war, sollte man sich besser nicht nach draußen wagen. Die Wikinger sahen die Nordlichter als Zeichen dafür an, dass irgendwo auf der Welt eine Schlacht stattfindet. Wenn die Walküren, die geisterhaften Frauen aus dem Gefolge des höchsten nordischen Gottes Odin unter den Gefallen die Ehrenvollsten auswählten um sie nach Walhalla zu begleiten, würde sich das Licht des Mondes auf ihren Rüstungen spiegeln und so die bunten Farbschleier verursachen.
Später versuchte man sich dann natürlich auch an weniger mythologischen Erklärungen des Phänomens. Anfangs dachte man, es würde sich um die Reflexionen des Sonnenlichts an den Wolken oder an Eiskristallen in der Luft handeln. Edmond Halley, der englische Astronom und Zeitgenosse Isaac Newtons kam im 17. Jahrhundert wahrscheinlich als erster auf die Idee, dass das Magnetfeld der Erde irgendwie eine Rolle spielen könnte – aber welche, das wusste er auch er nicht.
Erst 1867 konnte der schwedische Astronom Anders Jonas Ångström nachweisen, dass es sich bei den Polarlichtern um leuchtende Gase handelt; ein paar Jahre später fand der norwegische Physiker Kristian Birkeland dann auch die Ursache: Teilchen von der Sonne die auf die Atmosphäre der Erde treffen regen die Gase der Luft zum Leuchten an. Das war zwar im Wesentlichen richtig, seine Kollegen konnte Birkeland davon aber vorerst nicht überzeugen. Denn man wusste zwar, dass die Sonne ihr Licht zur Erde schickt. Von irgendwelchen Teilchen war aber nichts bekannt.
Dazu musste man erst die Sonne besser verstehen und das geschah erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Da wurde die sogenannte “Sonnenaktivität” intensiv erforscht und auch der “Sonnenwind” entdeckt. Über beide Phänomene habe ich schon in Folge 10 der Sternengeschichten ausführlich berichtet. Kurz gesagt schickt die Sonne nicht nur Licht ins All, sondern auch einen Strom aus elektrisch geladenen Teilchen ihrer eigenen Atmosphäre. Die magnetischen und elektrischen Vorgänge im Plasma, also den Teilchen aus denen die Sonne besteht führen dazu, dass es dort immer wieder zu Eruptionen kommt. Immer wieder gibt es große und kleine Explosionen und so wie ein brodelnder Topf voll Wasser kleine Tropfen durch die Gegend schleudert, schleudert auch die Sonne Teilchen ins All.
Wenn diese Teilchen dann auf die Atmosphäre der Erde treffen, wird es interessant. Die Lufthülle unseres Planeten besteht vor allem aus Sauerstoff und Stickstoff. Wenn die Teilchen von der Sonne – hauptsächlich Elektronen – auf die Atome der Luft treffen, können diese ionisiert werden. Die hochenergetischen Teilchen der Sonne schlagen quasi ein paar Elektronen aus der Hülle der Atome heraus. Die Atome holen sich die fehlende Elektronen schnell wieder aus der Umgebung zurück und wenn sie dann wieder in die Hülle eingebunden werden, geben sie dabei Energie ab. Energie, die in Form von Licht abgestrahlt wird.
Das erklärt auch die Farben des Polarlichts. Das grüne Licht kommt vom Sauerstoff. Etwa 100 Kilometer über dem Erdboden treffen die Teilchen der Sonne auf den Sauerstoff der bei der Anregung grün leuchtet. Die genaue Farbe hängt aber auch davon ab, wie dicht die Atmosphäre ist und wie viele Teilchen in der Nähe sind, mit denen ein ionisiertes Atom wechselwirken kann. In der dünnen Luft in etwa 200 Kilometer ist das von den Sauerstoffatomen produzierte Licht eher rötlich. Der Stickstoff dagegen leuchtet violett und blau, aber nur selten. Um Stickstoff zum Leuchten anzuregen ist viel Energie nötig und die gibt es nur, wenn die Sonne gerade besonders aktiv ist.
Warum sieht man das Polarlicht aber nur im hohen Norden? Sauerstoff und Stickstoff gibt es ja überall in der gesamten Atmosphäre und nicht nur in Skandinavien. Hier kommt nun das Magnetfeld der Erde ins Spiel. Unser Planet hat einen magnetischen Nordpol und einen magnetischen Südpol und dazwischen bildet sich ein magnetischen Feld aus. Die Feldlinien laufen von einem Pol zum anderen – das Feld ist aber nicht symmetrisch. Denn der Sonnenwind besteht ja aus elektrisch geladenen Teilchen die mit dem Magnetfeld der Erde wechselwirken. Man kann sich das wie eine Stoßwelle vorstellen, die das Magnetfeld auf der einen Seite auf die sie auftrifft (der gerade zur Sonne gewandten Seite auf der Tag herrscht) eindellt. Das Magnetfeld lenkt die Teilchen des Sonnenwinds ab und auf der der Sonne abgewandten Seite bildet sich daher eine Art “Magnetfeldschweif” aus, also ein Bereich, in dem das Magnetfeld lang hinaus ins All gestreckt wird. Die genauen Vorgänge beim Aufeinandertreffen von Magnetfeld und Sonnenwind sind enorm komplex. Ein wenig vereinfacht läuft es darauf hinaus, dass einige Teilchen des Sonnenwinds im Magnetfeld der Erde eingefangen werden können. So entstehen auch die Strahlungsgürtel der Erde über die ich in Folge 37 gesprochen habe. Wenn der Sonnenwind besonders stark ist, kann er das Magnetfeld und die in ihm eingefangenen Teilchen ein wenig herum schieben; es kann zu Entladungen kommen und die gefangenen Teilchen können auf die Atmosphäre der Erde treffen. Das klappt besonders gut in der Nähe der magnetischen Pole und die befinden sich in der Nähe der geografischen Pole.
Darum sieht man das Polarlicht im hohen Norden – aber auch im Süden ist es sichtbar. Dort leben nur nicht so viele Menschen; die Antarktis war lange Zeit komplett menschenleer und darum das “Südlicht” oder die “Aurora australis” auch weniger populär als das “Nordlicht” oder die “Aurora borealis”. Wenn die Sonnenaktivität besonders stark ist, kann man die Polarlichter aber auch in gemäßigteren Breiten sehen; sogar in Mitteleuropa. In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind die Polarlichter zwar selten so spektakulär wie in Skandinavien und die hellen Lichter der Städte machen sie auch so gut wie unsichtbar. Aber manchmal kann man an besondes dunklen Orten einen zarten rosa Schleier in der Nacht sehen, der durch den Sonnenwind erzeugt wird.
Komplett verstanden ist der Prozess der die Polarlichter erzeugt allerdings immer noch nicht. Was nichts an ihrer Schönheit ändert! Sie sehen wunderbar aus – aber nicht nur das! Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass Polarlichter nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar sind. Beobachter berichteten von einem Dröhnen, einem Knallen, einem Knacken das zu hören sei, wenn die Polarlichter am Himmel ihr Schauspiel aufführen. Das erschien unwahrscheinlich, denn die Vorgänge die die Lichter erzeugen spielen sich hoch oben in der Atmosphäre ab; viel zu hoch um am Erdboden gehört werden zu können. 2012 konnten Wissenschaftler dann aber tatsächlich nachweisen, dass die Geräusche real sind. Sie stammen allerdings nicht aus ein paar hundert Kilometer Höhe sondern entstehen viel näher am Boden; nur ein paar Dutzend Meter über den Beobachtern. Und seit 2016 hat man auch eine halbwegs vernünftige Idee, was die Geräusche erzeugt. Finnische Forscher brachten die Geräusche mit einer Inversionsschicht zusammen. Normalerweise sinkt die Lufttemperatur ja mit der Entfernung vom Erdboden. Manchmal kommt es aber auch vor, dass höhere Luftschichten wärmer sind als die darunter. Zum Beispiel nach windstillen, sonnigen Tagen wenn nach Sonnenuntergang die warme Luft aus Bodennähe aufsteigt und die bodennahen Schichten abkühlen und sich dabei nicht vermischen. So eine Inversionsschicht kann wie eine Art Deckel wirken, die dafür sorgt, dass sich elektrisch geladene Teilchen nicht so frei in der Atmosphäre verteilen können wie sonst. Elektrisch negativ geladene Teilchen bleiben dann in Bodennähe; elektrisch positiv geladene weiter oben. Ein Sonnensturm und der so ausgelöste Einfluss auf die Atmosphäre und das Magnetfeld der Erde kann diesen “Deckel” aber quasi öffnen; die unterschiedlich geladenen Teilchen treffen aufeinander, entladen sich und dabei wird das Geräusch erzeugt. Die Modelle der Forscher zeigen, dass das genau in den Höhen passiert, in denen man die Quelle des Geräusches schon vorher vermutet hat.
Wer das Polarlicht selbst einmal sehen – oder hören will – sollte sich am besten im hohen Norden (oder aber in der Antarktis) aufhalten und sich dort einen dunklen Ort suchen. Und viel Zeit mitbringen! Die Sonnenaktivität lässt sich zwar in gewissem Maß vorhersagen und man kann auch Prognosen abgeben, wann mit Polarlichtern zu rechnen sein könnte. Aber die Prozesse sind komplex und die Vorhersagen leider noch nicht präzise. Und dann muss das Wetter ja auch noch mitspielen. Aber das Warten lohnt sich! Wer die Polarlichter einmal in all ihrer Pracht gesehen hat, wird den Anblick so schnell nicht vergessen.
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