In die Vergangenheit reisen und dort all die Fehler korrigieren die man gemacht hat! Oder einfach nur zusehen, wie große historische Ereignisse stattfinden: Zeitreisen in die Vergangenheit sind enorm faszinierend. Aber leider deutet alles darauf hin, dass sie nichts weiter als ein Traum bleiben werden. Was so schwierig an der Reise zurück in die Vergangenheit ist beziehungsweise warum sie vermutlich sogar komplett unmöglich sind, ist das Thema der neuen Folge der Sternengeschichten.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 214: Zeitreisen in die Vergangenheit
In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich über Zeitreisen in die Zukunft gesprochen. Wir sind zwar noch weit davon entfernt, eine echte Zeitmaschine bauen zu können die uns per Knopfdruck in die ferne Zukunft transportiert und so etwas wird es vermutlich auch nie geben. Aber die moderne Physik kennt durchaus Methoden, mit denen man in die Zukunft reisen könnte und entsprechende physikalische Phänomene wurden und werden auch beobachtet. Zeitreisen in die Zukunft sind möglich und real. Aber wie sieht es mit Reisen in die Vergangenheit aus?
Die Vorstellung ist enorm verlockend: All das aus erster Hand beobachten, was man nur aus Geschichtsbüchern kennt. Dabei zu sein, wenn Cäsar auf Kleopatra trifft oder Karl der Große zum Kaiser gekrönt wird. Beim Bau der Pyramiden zusehen; Neanderthaler beobachten oder Martin Luther bei der Bibelübersetzung über die Schulter schauen. Und so weiter: Die Vergangenheit ist voll mit Ereignissen und Personen, die wir zugern aus der Nähe sehen würden. Science-Fiction-Bücher und Filme haben all das in zahllosen Variationen durchgespielt – aber wie sieht es mit der Realität aus?
Kurz gesagt: Eher schlecht. Im Gegensatz zur Reise in die Zukunft scheint eine Reise in die Vergangenheit unmöglich zu sein. Die Wissenschaft ist nicht völlig ratlos, wenn es um dieses Thema geht – aber das, was sie zu sagen hat, ist wenig vielversprechend. Da wären zum Beispiel die Wurmlöcher. Diese hypothetischen Objekte stammen aus der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Ganz vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine Verbindung zweier Bereiche der Raumzeit. Eine Verbindung, die eine Abkürzung darstellt. Wenn wir von der Erde zum Beispiel zu unserem Nachbarstern Proxima Centauri wollen, dann müssen wir dafür notgedrungen die vollständige dazwischen liegende Distanz von circa 4 Lichtjahren zurücklegen. Gäbe es aber ein entsprechendes Wurmloch, dessen eines Ende hier bei uns und das andere bei Proxima Centauri liegt, dann könnte die Distanz so deutlich kürzer sein.
Wurmlöcher können aber nicht nur verschiedene Raumbereiche miteinander verbinden sondern auch verschiedene Bereiche der Zeit. Einsteins Relativitätstheorie sagt ja auch, dass die Zeit nicht absolut ist und nicht überall gleich schnell vergeht. Je schneller man sich bewegt, desto langsamer vergeht die Zeit. Ein Raumschiff, das sich schnell von der Erde entfernt wird nach seiner Rückkehr feststellen, dass an Bord weniger Zeit vergangen ist als auf der Erde. Es ist also in die Zukunft gereist. Hätte dieses Raumschiff nun ein Ende eines Wurmlochs an Bord gehabt während das andere auf der Erde zurück geblieben ist, hätte man nun eine Verbindung zwischen zwei Zeiten und könnte dadurch von der Vergangenheit in die Zukunft und wieder zurück reisen.
Aber – und das ist ein sehr, sehr großes “Aber” – das alles ist viel mehr Science-Fiction anstatt echter Wissenschaft! Die mathematischen Gleichungen von Albert Einstein lassen die Existenz von Wurmlöchern zwar zu. Aber bis jetzt gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass es so etwas auch in der Realität gibt. Nicht jede mathematische Möglichkeit muss auch tatsächlch in unserem Universum existieren. Außerdem reicht es nicht, dass es einfach nur Wurmlöcher gibt. Will man sie tatsächlich als Weg durch Raum oder Zeit nutzen, müssen es stabile Wurmlöcher sein. Und das sind sie normalerweise nicht. Um ein Wurmloch entsprechend zu stabilisieren so das man es durchqueren kann, benötigt man sogenannte exotische Materie. Das ist Materie, die eine negative Masse hat. Das klingt absurd und nach allem was wir wissen, ist es auch absurd. Niemand hat eine Vorstellung davon, wie so eine Materie beschaffen sein könnte, wie sie entstanden sein könnte, wie man sie erzeugen könnte und ob es so etwas überhaupt geben kann. Und selbst wenn sie existieren sollte: Man würde davon absurd große Mengen benötigen, um ein Wurmloch zu stabilisieren.
Zusammengefasst: Wir brauchen Wurmlöcher, deren Existenz zweifelhaft ist. Wir brauchen exotische Materie, deren Existenz mehr als zweifelhaft ist. Und dann brauchen wir auch noch die Möglichkeit, uns und die Wurmlöcher mit annähernd Lichtgeschwindigkeit durch das All zu bewegen, was ebenfalls nicht sonderlich wahrscheinlich scheint. Es sieht nicht gut aus für die Reise in die Vergangenheit.
Vor allem, weil es nicht nur an der technischen Realisierbarkeit scheitert. Zeitreisen in die Vergangenheit könnten prinzipiell unmöglich sein. Denn im Gegensatz zu Reisen in die Zukunft wartet hier die Gefahr der Paradoxien. Das klassische Beispiel dafür ist das sogenannte Großvater-Paradoxon: Stellen wir uns vor, ein Zeitreisender reist in die Vergangenheit und trifft dort seinen Großvater. Dann tötet er seinen Großvater und zwar noch bevor der Gelegenheit hatte, Vater oder Mutter des Zeitreisenden zu zeugen. Dadurch wird auch der Zeitreisende selbst nicht gezeugt. Und kann deswegen natürlich auch nicht in die Vergangenheit reisen. Was dazu führt dass der Großvater nicht getötet wird; der Zeitreisende doch geboren wird, in der Zeit zurück reist, seinen Großvater tötet, und so weiter…
Abgesehen davon, dass ich es immer etwas befremdlich finde dass in diesem berühmten Beispiel Leute andauernd ihre Großeltern umbringen – ich mag meine Großeltern sehr und käme nie auf die Idee sie zu töten, selbst wenn ich eine Zeitmaschine hätte! – demonstriert es sehr gut die Probleme bei Zeitreisen in die Vergangenheit. Die Vergangenheit hat ja schon stattgefunden. Sie ist schon passiert und zwar genau so, wie sie passiert ist. Es macht keinen Sinn, sich vorzustellen, in die Vergangenheit zu reisen und dort vielleicht irgendwas zu ändern. Denn das ist ja offensichtlich nicht passiert! Das kann man auf zwei Arten interpretieren. Entweder, wir können zwar prinzipiell in die Vergangenheit reisen, dort aber nichts tun, was die Vergangenheit ändert. Da mein Großvater offensichtlich nicht von mir in der Vergangenheit getötet worden ist, kann ich ihn auch nicht töten. Was auch immer ich bei einer potentielle Zeitreise in die Vergangenheit tue: Ich werde nichts tun, was zum Tod meines Opas führt oder zu irgendetwas anderem, was die Vergangenheit ändern wurde. Weil nichts davon passiert ist. Das scheint unserem freien Willen zu widersprechen: Wenn ich mir ganz fest vorgenommen habe, die Vergangenheit zu ändern: Warum soll ich das nicht tun können? Aber wenn ich es getan hätte, dann wäre es ja geschehen. Ist es aber nicht…
Es ist also – bestenfalls – sehr kompliziert, eine Reise in die Vergangenheit durchzuführen. Deswegen neige ich dazu, die andere Möglichkeit zu favorisieren mit der man die Paradoxien auflösen kann: Reisen in die Vergangenheit sind nicht möglich. Immer dann wenn in der Wissenschaft Paradoxien auftauchen ist das ein deutliches Zeichen, dass man irgendwas falsch gemacht hat. Eine Zeitreise in die Vergangenheit erzeugt aber nicht nur eine enorme Menge an Paradoxien. Auch die vorhin besprochenen wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen sie überhaupt durchführen zu können, basieren nur auf sehr vagen und unwahrscheinlichen Hypothesen. Zusammengenommen deutet das eher darauf hin, dass die Naturgesetze Zeitreisen in die Vergangenheit schlicht und einfach nicht zulassen.
Es kann gut sein, dass unser zukünftiges Verständnis von Raum und Zeit genau das bestätigt. Wenn wir irgendwann einmal eine umfassende Theorie finden, die Quantenmechanik und Relativitätstheorie vereint, könnte uns diese neue Theorie vielleicht erklären, warum das nicht funktionieren kann. Oder aber vielleicht erklärt sie uns auch das Gegenteil! Zeitreisen in die Vergangenheit sind zwar extrem zweifelhaft. Aber bis jetzt haben wir eben noch nicht mit letzter Gewissheit ausgeschlossen, dass es sie nicht geben kann. Die Sache mit den Paradoxien wollen einige Wissenschaftler (und sehr viele Science-Fiction-Autoren) zum Beispiel mit der “Viele-Welten-Interpretation” der Quantenmechanik auflösen. Die besagt – sehr vereinfacht – dass alles was theoretisch passieren kann auch tatsächlich passiert nur eben nicht alles im gleichen Universum. Jede Möglichkeit wird in einem eigenen Universum realisiert; einer Parallewelt und Zeitreisen würden zwischen diesen Parallelwelten hin und her führen und nicht im gleichen Universum stattfinden. Wenn ich also meinen Opa in der Vergangenheit umbringe, dann nicht wirklich meinen Opa sondern einen Parallelopa in einem Paralleluniversum in dem mein Parallel-Ich dann tatsächlich nicht geboren wird. Aber der Opa meines eigenen Universums bleibt auf jeden Fall unversehrt.
Das klingt sehr nach Science-Fiction. Und das ist im wesentlichen auch Science-Fiction. Die Wissenschaft hat nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung, wie das mit den Reisen zwischen den Parallwelten ablaufen soll. Zeitreisen in die Vergangenheit werden weiterhin faszinierend bleiben. Abgesehen vom Wunsch, die für uns unerreichbare Vergangenheit doch zu erreichen ist es vermutlich vor allem die Verlockung, unsere eigenen Fehler zu korrigieren. Wir alle haben schon einmal etwas falsch gemacht; die falsche Entscheidung getroffen und müssen nun mit den unter Umständen sehr schmerzhaften Konsequenzen dieser Entscheidung leben. Der Wunsch, einfach in die Vergangenheit zu reisen und mit dem Wissen aus der Gegenwart alles zu korrigieren und besser zu machen ist verständlich. Aber so einfach macht es uns das Universum leider nicht. Die Reise in die Vergangenheit wird weiterhin ein Traum bleiben. Und wir müssen die Verantwortung für unser Handeln selbst übernehmen…
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