Dieser Artikel ist Teil eines Projekts einer Lehrveranstaltung an der Universität Graz. Studierende sollten einen Blogartikel über eine wissenschaftliche Facharbeit schreiben. Um die Vielfalt an Möglichkeiten zu demonstrieren, mit der man über Forschung schreiben kann, habe ich ebenfalls einen Artikel zum gleichen Thema verfasst. Ich würde euch bitten, auch (und vor allem) den Artikel der Studierenden zu lesen und zu kommentieren. Je mehr Feedback, desto besser! Der zu diesem Text gehörende Artikel der Studierenden ist hier zu finden.
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So wie kaum eine andere Wissenschaft hat die Medizin das Problem das man zwar sehr oft nachweisen kann, das etwas wirkt ohne das man weiß, warum es wirkt. Das führt dazu, dass man manchmal zu Therapien greift die etwas seltsam wirken können. Und die Idee, auf die Ian Humphreys von der Michigan State University und seine Kollegen gekommen sind, steht auf der Liste der seltsamen Behandlungen vermutlich ganz weit oben. Sie haben lebensbedrohliches Nasenbluten mit einem Nasenstopfen aus gepökeltem Schweinefleisch kuriert.

Demnächst in der Apotheke? (Bild: Deathworm, public domain)

Demnächst in der Apotheke? (Bild: Deathworm, public domain)

Nachlesen kann man die Geschichte im Fachartikel mit dem packenden Titel “Nasal packing with strips of cured pork as treatment for uncontrollable epistaxis in a patient with Glanzmann thrombasthenia.” (pdf). Sie handelt von einem vier Jahre alten Kind, das unter einer sehr seltenen Erbkrankheit leidet, der Glanzmann-Thrombasthenie, die dazu führt das man oft und stark und unkontrolliert blutet. Die Patientin kam immer wieder ins Krankenhaus und dort wendete man verschiedenste Therapien an, um ihre Blutungen zu stillen. Aber egal ob man dem Kind Medikamente gab, Bluttransfusionen legte, die Wunden in der Nase mit Laserstrahlen beschoss oder medizinische Nasenstopfen applizierte: Am Ende fing die Nase immer wieder zu bluten an.

Bis einer der Ärzte auf die – nicht unbedingt nachvollziehbare – Idee kam, es mit Nasenstopfen aus Pökelfleisch zu versuchen. Das stoppte die Blutung nicht nur sofort, sondern auch dauerhaft. Die Patientin ging zufrieden nach Hause (oder hat sich vielleicht auch nur andere Ärzte gesucht).

Ein interessanter Befund. Ein obskurer Befund und einer der zu jeder Menge Resonanz in den Medien geführt hat (Ich hab jetzt nicht nachgesehen, aber ich bin mir sicher, dass irgendwo die Schlagzeile “Schwein gehabt” verwendet worden ist). Und zu einem Ig Nobelpreis für Medizin. Ich bezweifle aber, ob die Technik wirklich so bald als sinnvolle Therapie eingesetzt werden kann. Immerhin handelt es sich nur um einen einzigen Fall, in dem sie tatsächlich angewandt worden ist. Und aus Einzelfällen kann man immer nur bedingt lernen bzw. allgemeine Schlüsse ziehen.

Die Autoren des Fachartikels verweisen zwar auch auf historische Berichte eines Arztes aus den 1940er Jahren, der ebenfalls Schweinefleisch gegen Nasenblutungen angewandt hatte. Bemerken aber auch selbst gleich, dass man ein wenig vorsichtig sein sollte. Bevor man aus der Sache ein neues Hausmittel macht, muss man bedenken, dass die Nase voll mit Schleimhäuten ist und Schweinefleisch nicht unbedingt steril. Das eine in das andere zu stecken kann im Zweifelsfall mehr Schaden anrichten als Nutzen. Vor allem, weil ja immer noch nicht nur nicht klar ist, ob das ganze überhaupt abseits des dokumentierten Einzelfalls funktioniert. Sondern auch, weil nichtmal klar ist, warum es funktionieren sollte, wenn es funktioniert. Ian Humphreys und seine Kollegen vermuten, dass der hohe Salzgehalt des Pökelfleisches etwas mit der verbesserten Blutstockung zu tun hat. Aber selbst wenn das der Fall ist: Ich bin mir sicher, es gibt simplere Methoden um das Salz in die Nase zu kriegen, als sich Schweinefleisch in die Nasenlöcher zu stopfen!

Es geht auch ohne Schwein! (Bild: AlMare, CC-BY-SA 3.0)

Es geht auch ohne Schwein! (Bild: AlMare, CC-BY-SA 3.0)

Die Sache könnte auf jeden Fall ein Anreiz sein, sich mit neuen, nicht-invasiven Therapien zur Behandlung von starken Nasenbluten zu beschäftigen (und vielleicht machen die Mediziner das ja auch; ich bin auf dem Gebiet kein Experte und dankbar für Hinweise). Ansonsten lässt sich daraus aber mit Sicherheit eine wunderbar neue Pseudomedizinrichtung basteln: “Fleischenergethik” vielleicht? Oder “Schnitzelreiki”? Ach, den Esoterikern fällt da sicherlich etwas ein!

Kommentare (10)

  1. #1 Peter L
    12. Januar 2017

    Irgendwie fehlt hier Text. Es ist zwar nett, dass es Links zu weiterführenden Informationen gibt, aber irgendwie hätte ich mir hier zumindest eine kurze Zusammenfassung gewünscht was denn die Glanzmann-Thrombasthenie genau ist, oder wie sich der Fall in Michigan dargestellt hat.

  2. #2 Crazee
    12. Januar 2017

    Dieser Text hat einen ganz anderen Fokus, als der Studierendentext (hat der Studierendentext einen Focus?). Beide haben etwas.

  3. #3 Peter L
    12. Januar 2017

    @Crazee: ja, aber dennoch das gleiche Thema, und damit vergleichbar. Immerhin lässt sich so auch vergleichen, wie die Kommentare bei unterschiedlichen Artikeln ausfallen.

  4. #4 Florian Freistetter
    12. Januar 2017

    @Peter: Hey, ihr sollt die Artikel der Studenten kritisieren und nicht die von mir 😉
    Ne, passt schon: Ich bin mir bewusst das der Artikel eher dürftig bei den Fakten ist. Was daran liegt dad ich keine Ahnung von Medizin hab. Ich hätte auch nie darüber gebloggt wenn sich die Studenten nicht gerade dieses Thema ausgesucht hätten. Aber das ist ja auch durchaus

  5. #5 Peter L
    12. Januar 2017

    @Florian: Ich halte mich nur an die Anweisungen

    Ich würde euch bitten, auch (und vor allem) den Artikel der Studierenden zu lesen und zu kommentieren. Je mehr Feedback, desto besser!

    Es steht aber bei mir tatsächlich Absicht dahinter, den immerhin geht es hier um Wissenschaftskommunikation. Deswegen versuche ich eine Vergleichbarkeit zu schaffen, indem ich die Artikel lese & behandle als wäre nicht bekannt ob er von den Studenten oder von dir ist. Quasi ein Blindtest.

  6. #6 Crazee
    12. Januar 2017

    @Peter L: Mein Kommentar bezog sich nicht auf Deinen (den ich bis dato noch nicht gelesen hatte).

  7. #7 tomtoo
    12. Januar 2017

    Aber bei dem Artikel gefällt mir Florians besser. Einfach wegen den Links zu weiterführender Info.

    Über alle 3 Artikel gesehen stehts jetzt bei mir Florian vs. Students 1:0,0-0,0-1.
    Und das bei Florians Heimvorteil. 😉

  8. #8 Florian Freistetter
    12. Januar 2017

    @tomtoo: “Und das bei Florians Heimvorteil.”

    Hey! Ich musste aber auch drei Artikel alleine schreiben während die anderen zu neunt waren! 😉
    Aber ernsthaft: Ich freu mich sehr, dass die Artikel der Studenten so gut geworden sind. Wär blöd wenn nicht, denn immerhin war es ja ein Lehrveranstaltung in der ich erkläre wie Wissenschaftsbloggen funktioniert.

  9. #9 CC-103
    14. Januar 2017

    Auch ein sehr guter Artikel.

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