Es hat schon Tradition: Die NASA kündigt eine Pressekonferenz anlässlich einer “wichtigen” Entdeckung an. Und die (sozialen) Medien überbieten sich mit wilden Spekulationen. “Hat man vielleicht außerirdisches Leben entdeckt?” – diese Frage gehört immer mit dazu. Diejenigen die ein wenig zurückhaltender sind, fragen sich, ob jetzt eine “zweite Erde” bei einem anderen Stern gefunden wurde (was mit den derzeitigen Mitteln schlicht und einfach nicht möglich ist). Und ganz allgemein herrscht jede Menge Hysterie und Aufregung.
So war es auch heute, als die NASA eine “Conference on Discovery Beyond Our Solar System” angekündigt hatte. Mit Aliens oder einer zweiten Erde war zwar auch diesmal nicht zu rechnen – aber auf jeden Fall mit einer sehr interessanten Entdeckung!
Ein Blick auf die Liste Teilnehmer der Pressekonferenz ließ schon ein wenig erahnen, worum es ging. Mit dabei war Michael Gillon von der Universität Liege in Belgium der am TRAPPIST-Teleskop mitarbeitet. Das Akronym steht für “TRAnsiting Planets and PlanetesImals Small Telescope”; das Gerät befindet sich am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) und wird von der belgischen Université de Liège ferngesteuert betrieben (ich habe früher schon mal darüber geschrieben, als das Teleskop den Betrieb aufnahm).
Letztes Jahr im Mai machte eine Entdeckung dieses Teleskops jede Menge Schlagzeilen. Es waren die Art von Schlagzeilen, die über “lebensfreundliche Planeten” spekulieren obwohl es dafür damals keinerlei Grundlage gab. Die Entdeckung selbst war aber höchst interessant und ich habe ausführlich darüber berichtet. Beim Stern TRAPPIST-1 wurden drei Planeten entdeckt. Die Masse der Planeten kannte man damals aber nicht. Und ohne die Masse der Planeten zu kennen konnte man auch nichts über ihre chemische Zusammensetzung sagen. Und damit auch nichts über die Bedingungen auf den Planeten oder gar, ob es dort “lebensfreundlich” ist.
Die Planeten sind ihrem Stern alle enorm nahe; der Stern selbst ist aber ein roter Zwergstern und sehr kühl. Es könnte also sein, dass auf diesen Planeten halbwegs angenehme Temperaturen herrschen. Es kann aber auch nicht sein. Wir wussten es damals nicht und wir wissen es heute immer noch nicht. Was wir stattdessen wissen: Trappist-1 wird nicht nur von drei Planeten umkreist, sondern von insgesamt sieben!
Das ist das, was heute bei der NASA-Pressekonferenz bekannt gegeben wurde (hier gibt es die Forschungsarbeit)! Und es ist eine ziemlich coole Entdeckung! Sie macht das Trappist-1-System zu dem System das die meisten bekannten Planeten beherbergt. Fast so viele wie in unserem Sonnensystem! Die Planeten bei Trappist-1 sind allerdings ganz anders. Bei uns haben wir vier “erdähnliche” Planeten; also vier Himmelskörper die ungefähr so groß wie die Erde sind (bzw drei; einer ist per Definition ja exakt so groß wie die Erde 😉 ). Und dann noch vier sehr viel größere Gasplaneten. Die sieben Planeten von Trappist-1 sind dagegen alle ungefähr erdgroß. Fünf sind mehr oder weniger gleich groß wie unsere Erde; zwei sind ein wenig kleiner. Die Massen liegen irgendwo zwischen der 0,4 und 1,4fachen Erdmasse – genauer weiß man es nicht.
Die Entdeckung ist aus mehreren Gründen sehr beeindruckend. Einmal kennt man das System nun besser als zuvor. Die Unsicherheiten was die Umlaufbahnen und Massen angeht sind kleiner geworden, aber nicht verschwunden. Über die Lebensfreundlichkeit kann man also immer noch nichts verbindliches aussagen. Aber wir haben nun ein Planetensystem in dem wirklich viele Himmelskörper bekannt sind. Bis jetzt kannten wir Sterne die hauptsächlich von einem oder zwei Planeten umkreist werden; ein paar wo es mehr sind. Das ist zwar auch super, aber es schränkt die Möglichkeiten ein, zum Beispiel die Dynamik dieser Systeme zu studieren. Jetzt haben wir ein System, dass eine Vielfalt dynamischer Wechselwirkungen zeigt die wir untersuchen können. Wir können mit so einem System auch viel besser erforschen, wie Planeten entstehen und sich entwickeln.
Ob Leben oder lebensfreundliche Bedingungen auf diesen sieben Planeten existieren, wissen wir nicht. Ein paar der Planeten liegen zwar in der habitablen Zone von Trappist-1 – also dem Bereich in dem die Temperaturen zumindest prinzipiell so sein könnten, dass flüssiges Wasser existiert. Aber “könnte” ist eben “könnte”. Es müssen noch viel mehr Bedingungen erfüllt sein, damit die Temperaturen passen. Es muss die richtige Atmosphäre geben, das richtige Magnetfeld, die richtige Art von geologischer Aktivität – und so weiter. Und über all das können wir mit den momentan technischen Mitteln nichts aussagen. Es ist daher auch etwas irreführend, wenn man die Planeten auf Infografiken so darstellt wie hier in diesem Bild das aus der Pressemitteilung stammt und bei der ein paar der Planeten tatsächlich als erdähnlich gezeichnet werden:
Was aber wirklich interessant ist: Wenn man die Befunde von Trappist-1 verallgemeinert, dann würde das bedeuten, dass erdgroße/erdähnliche Planeten bei roten Zwergsternen häufig sind; häufiger als bei größeren Sternen wie unserer Sonne. Unsere Sonne gehört aber zu einer Minderheit: Die überwiegende Mehrheit der Sterne im Universum sind rote Zwergsterne wie Trappist-1. Rote Zwergsterne leben auch viel, viel länger als größere Sterne. Während unsere Sonne “nur” ungefähr 10 Milliarden Jahre lang lebt, können rote Zwerge ein paar hundert Milliarden bzw. ein paar Billionen Jahre lange existieren und Energie abstrahlen.
Der Blick auf die sieben Planeten von Trappist-1 zeigt uns also vielleicht ein Universum, dass voll ist mit Sternen, die von erdähnlichen Planeten umkreist werden. Planeten, die schon viel länger existieren als unsere Erde und noch eine viel, viel längere Zukunft vor sich haben als wir. Wir sehen ein Universum, das noch voll mit fremden Welten ist, fremden Welten die vielleicht sogar lebensfreundlich sind, wenn unseere Welt schon längst verschwunden ist. Wenn die großen und hellen Sterne wie unsere Sonne schon längst ausgebrannt und ihre Planeten zerstört oder zu leblosen kalten Eiswüsten transformiert wurden, werden die Zwergsterne weiterhin ihr rotes Licht auf ihre Planeten werfen…
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