Der Himmel in einem Planetarium ist nicht echt. Aber oft beeindruckender als der echte Himmel. Vor allem kann man in einem Planetarium Dinge sehen und lernen die man sonst nicht sehen könnte. Es war aber gar nicht so einfach einen Weg zu finden, den Himmel der Nacht auf eine künstliche Kuppel zu übertragen…
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Transkription
Sternengeschichten Folge 227: Das Planetarium
Wir Astronomen beobachten den Himmel. Den echten Sternenhimmel. Wir wollen ja verstehen wie das Universum funktioniert und dazu müssen wir nachsehen, was dort los ist. Mit einem künstlichen Himmel können wir nichts anfangen. Wenn es aber nicht um die Forschung sondern um die Präsentation der Forschungsergebnisse geht, dann kann so ein künstlicher Himmel durchaus sehr hilfreich sein. Einen Himmel, wie man ihn in einem Planetarium finden kann. Dort kann man die Sterne viel besser sehen als in der Natur wo Lichtverschmutzung oder schlechtes Wetter die Beobachtung stören. Dort kann man Dinge zeigen oder visualisieren die man am echten Himmel mit freiem Auge nie sehen könnte. Planetarien sind ziemlich coole und beeindruckende Einrichtungen. Man sollte sie auf jeden Fall besuchen, wenn man die Gelegenheit dazu hat. Und es lohnt sich auch, sich ein wenig näher mit ihnen zu beschäftigen.
Planetarien sind noch nicht so alt wie man vielleicht denkt. Klar gab es auch schon früher den Versuch, irgendwie den Himmel zu visualisieren. Zum Beispiel mit einer Armillarsphäre, wie ich sie in Folge 181 der Sternengeschichten vorgestellt habe. Oder mit mechanischen Modellen des Sonnensystems. Es gab auch Versuche, große Hohlkugeln mit Löchern zu versehen – wenn man dann das Innere der Kugel betrat und Licht von außen durch die Löcher fiel sah das ein wenig aus wie der Sternenhimmel. Aber die Geschichte der modernen Planetarien beginnt erst im Jahr 1913.
Da wollte Oskar von Miller, der Gründer des Deutschen Museums in München, ein Gerät mit dem man das heliozentrische und das geozentrische Weltbild demonstrieren konnte und beauftragte die Firma Carl-Zeiss aus Jena mit dem Bau und Entwicklung. Das heliozentrische Himmelsbild baute sich relativ einfach. In der Mitte gab es eine 22 Zentimeter große Sonne und in passendem Abstand die Planeten Merkur bis Saturn (der dann auf einer 11.25 m durchmessenden Bahn seine Runden zog). Mit 180 Glühlampen wurden die Sternbilder an der Decke des Raumes angezeigt und als Besucher konnte man sich entweder frei im Raum bewegen oder sich auf einen kleinen Wagen stellen der die Bewegung der Erde nachvollzog.
Die Sache mit dem geozentrischen Weltbild war allerdings kniffliger. Das ging nicht so einfach. Aber warum sollte man sich die Mühe überhaupt machen? Wir wissen ja, dass wir in einem Sonnensystem leben, in dem eben die Sonne im Zentrum sitzt und nicht die Erde. Wozu braucht ein Museum eine Visualisierung eines alten und falschen Weltbildes? Weil das Weltbild zwar physikalisch falsch ist, aber trotzdem genau das Weltbild ist, das sich uns Nacht für Nacht präsentiert! Wenn wir nachts zum Himmel blicken, dann STEHEN wir im Zentrum des Universums. Wir haben weder den Eindruck noch das Gefühl, uns auf einem sich um die Sonne bewegenden Planeten zu befinden. Wir stehen fix auf der Erde und sehen die Sonne, die Planeten und die Sterne sich um uns herum bewegen. Wir wissen, das es in Wahrheit nicht so ist, aber wenn man den realen Himmel den wir Nacht für Nacht sehen künstlich nachbauen will, dann braucht man eben ein geozentrisches Modell.
Und das stellte die Leute bei Carl-Zeiss in Jena vor Probleme. Mit Lämpchen an der Decke wie im heliozentrischen Modell klappte das nicht mehr. 1914 hatte dann aber der Ingenieur Walther Bauersfeld die ersten brauchbaren Ideen. Er stellte sich ein Projektionssystem vor, mit dem ein Bild des Himmels an eine kuppelförmige Fläche geworfen werden konnte. Der Projektor würde sich so bewegen wie es auch die Objekte am Himmel tun und am Ende hätte man genau den Eindruck, den man auch hat wenn man zum echten Himmel schaut. Dann kam der erste Weltkrieg und verzögerte die Arbeit aber gleich 1918 ging es weiter und 1923 war schließlich der Projektor fertig und wurde nach München geliefert. Das erste moderne Planetarium war geboren!
Und es hat die Leute enorm beeindruckt! Der dänische Astronom Elis Strömgren fasste seine Eindrücke so zusammen:
“Nie ist ein Anschauungsmittel geschaffen worden, das so instruktiv wie dieses wäre, nie eins, das mehr bezaubernd gewirkt hätte, nie eins, das im selben Grade wie dieses sich an alle wendet. Es ist Schule, Theater, Film auf einmal, ein Schulsaal unter dem Gewölbe des Himmels, und ein Schauspiel, wo die Himmelskörper Akteure sind. (…) In dem modernen Jenaer Wunder liegt soviel Phantasie und soviel Poesie, daß es von diesem Gesichtspunkt aus gern im selben Atemzug mit den großen Namen der deutschen Dichtkunst genannt werden kann.”
Wenige Jahre nach diesem ersten Modell baute Zeiss schon die nächste Generation der Projektoren. Nicht nur in München, auch in Barmen, Leipzig und Düsseldorf wurden Planetarien eröffnet. Am 18. Juli 1926 wurde dann auch das erste Planetarien in Jena selbst eingeweiht – und dieses Planetarium ist heute immer noch aktiv und damit das älteste im Betrieb befindliche Planetarium der Welt.
Planetarien wurden in Folge überall auf der Welt gebaut und die Projektoren wurden immer besser. Die Technik im Detail zu erklären ist ziemlich knifflig, aber es handelt sich ja auch um ein ziemlich kniffliges Projekt! Man hat Sterne, die sich am Himmel bewegen; Planeten, die Sonne und den Mond die sich ebenfalls und alle mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen und dann muss das ganze auch noch so konstruiert sein, dass man damit den Himmel im Prinzip zu jeder beliebigen Zeit und für jeden beliebigen Ort auf der Erde darstellen kann.
Um die Sterne darzustellen verwendet man sogenannte “Sternfeldprojektoren”. Früher waren das im Prinzip einfache Lochblenden, in die – natürlich an den richtigen Positionen – kleine Löcher gestochen wurden. Später verwendete man dann Glasfasertechnik: Hinter jedem Loch war ein kleines Glasfaserkabel das das Sternenlicht produzierte. Für die Planeten, den Mond, die Sonne und all die anderen Himmelskörper brauchte man zusätzliche Projektoren und alles muss mit entsprechenden Motoren ausgestattet sein um die passende Bewegung zu erzeugen.
Die großen und kleinen Projektoren findet man immer noch überall in den Planetarien dieser Welt. Und die können erstaunlich vielfältig sein. Es gibt kleine Planatarien die in Schulen eingesetzt werden; man findet sie heute immer noch in vielen Bildungseinrichtungen – vor allem in Ostdeutschland, da in der DDR viele Schulen mit Planetariumsprojektoren für den Astronomieunterricht ausgestattet wurden. Es gibt aufblasbare Planetariumskuppeln die an beliebige Orte transportiert werden können. Heute findet man in den großen Planetarien aber kaum noch die alten mechanischen Projektoren. Der Nachthimmel wird mit Laserbild-Projektionsanlangen erzeugt und alles über einen Computer gesteuert.
Ein typisches Großplanetarium hat einen Kuppeldurchmesser von um die 20 Meter – es gibt aber auch deutlich größere. In Nagoya in Japan steht zum Beispiel ein Planetarium das eine Kuppel mit 35 Metern Durchmesser hat. Das größte Planetarium Deutschlands ist immer noch das in Jena, das einen Durchmesser von 23 Metern hat. In Österreich findet man das größte Planetarium mit einer 20 Meter durchmessenden Kuppel in Wien und in der Schweiz ist das Planetarium in Luzern mit einer 18,5 Meter großen Kuppel das größte. Aber es ist eigentlich egal ob die Kuppel groß oder klein ist. Wenn das Licht im Planetarium dunkel wird und die künstlichen Sterne am künstlichen Himmel erscheinen, vergisst man schnell, dass man sich nicht in der realen Nacht befindet und kann das Universum auf eine ziemlich beeindruckende Art genießen.
Planetarien sind keine Forschungseinrichtungen und oft genug finden dort auch Veranstaltungen statt die mit Astronomie nichts zu tun haben. Aber wenn man dort die Gelegenheit hat, den Himmel präsentiert zu bekommen, sollte man sich die auf keinen Fall entgehen lassen!
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