“10 Quadrillionen Dollar” soll der Asteroid Psyche wert sein, zu dem die NASA demnächst eine Mission plant. Allerdings nicht um ihr Budget aufzubessern. Asteroiden können zwar unter Umständen tatsächlich sehr viel Geld wert sein. Es ist aber nicht unbedingt einfach, an all wertvollen Rohstoffe zu kommen. Aber wenn es gelingt, könnten wir durchaus davon profitieren. Wir werden zwar nicht alle stinkreich werden – aber unsere Welt könnte sich dramatisch verändern.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 231: Was sind Asteroiden wert?
Als die NASA im Januar 2017 bekannt gab, dass sie ein Mission zum Asteroiden Psyche plante gab es dazu in den Medien jede Menge seriöse Berichte. Es gab auch eine immer wieder wiederholte Schlagzeile, die ein wenig seltsam klang: Der Asteroid sei 10 Quadrillionen Dollar wert und würde man ihn zur Erde bringen, dann würde dadurch das globale Wirtschaftssystem zusammenbrechen. 10 Quadrillionen sind ziemlich viel – das sind 1000 Trilliarden; das ist eine 1 gefolgt von 24 Nullen. Wie kann ein schnöder Asteroid so viel Geld wert sein?
Das liegt daran, dass Psyche fast komplett aus Metall besteht. Normale Asteroiden sind eine Mischung aus Gestein, Metall und Eis, bei Psyche handelt es sich allerdings um den seltenen Fall eines Himmelskörpers, der so gut wie ausschließlich aus Eisen und Nickel besteht. Deswegen hat die NASA ihn auch als Ziel für ihre Mission ausgesucht, es geht dabei um die Untersuchung der Entstehung und Herkunft solcher Asteroiden – aber das ist ein Thema für eine andere Folge der Sternengeschichten. Eisen und Nickel sind auch auf der Erde wertvolle Rohstoffe. Und da Psyche einen Durchmesser von etwa 250 Kilometer hat und 20 Trillionen Kilogramm schwer ist, findet man dort jede Menge Eisen und Nickel. Nach den typischen Rohstoffenpreisen die auf der Erde für diese Metalle bezahlt werden müssen, wäre das Material aus dem Psyche besteht ungefähr die erwähnte 10 Quadrillionen Dollar wert.
Das ist natürlich keine sonderlich seriöse Einschätzung, aber dazu später noch mehr. Dass man auf Asteroiden brauchbare und wervolle Rohstoffe finden kann ist schon länger bekannt und wirklich interessant ist die Frage, ob es einen vernünftigen Weg gibt, wie wir diese Rohstoffe nutzen können. Auf der Erde haben die Menschen schon seit Jahrtausenden Bergbau getrieben und gelernt die so abgebauten Materialien zu verwenden. Kann es auch so etwas wie “Asteroidenbergbau” geben?
Was die Rohstoffe angeht auf jeden Fall: Asteroiden bestehen nicht nur aus Eisen und Nickel. Man findet dort so gut wie alle anderen Metalle. Es gibt dort Gold und Silber, es gibt Eisen, Aluminium, Titan und Mangan, es gibt Palladium, Rhenium, Osmium und all die anderen sogenannten “Seltenen Erde”, also die Metalle die hier bei uns schwer zu finden aber die trotzdem so enorm wichtig für unsere moderne Technik sind. Es gibt auf den Asteroiden alles, was es auch bei uns auf der Erde gibt.
Das ist auch nicht überraschend: Asteroiden sind die Bausteine, aus denen die Planeten entstanden sind. Die Asteroiden sind das, was von der Entstehung der Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren übrig geblieben ist. Natürlich muss es dort all das geben, was es auch hier auf der Erde gibt. Und in gewissen Sinne ist das Material dort sogar leichter zugänglich als hier bei uns. Die Erde ist, wie alle großen Himmelskörper, ein sogenannter “differenzierter Himmelskörper”. Je größer ein Objekt wird, desto wärmer wird es in seinem Inneren. Einerseits aufgrund des Drucks der äußeren Schichten die auf das Zentrum drücken und dort die Temperatur erhöhen. Andererseits erhöht sich mit der Masse auch die Menge an radioaktiven Elementen (die sich ebenfalls überall findet; seien es Asteroiden oder Planeten). Mit ihrer Zerfallswärme treiben sie die Temperatur weiter nach oben. Irgendwann wird der Himmelskörper so heiß, dass er quasi aufschmilzt: Die schweren Elemente wie Eisen und andere Metalle sinken in den Kern, das leichtere Gestein bleibt oben und bildet eine Kruste um den metallischen Kern. Das ist auf der Erde passiert und es gibt in der Erdkruste heute nur noch vergleichsweise wenig Metalle.
Die meisten Asteroiden sind aber klein genug um noch nicht differenziert zu sein; hier sind alle Bestandteile überall zu finden; außen wie innen. Man müsste sich dort also nicht mühsam in der Erde graben und nach Lagerstätten suchen. Man könnte dort quasi einfach Material von der Oberflache “kratzen” und direkt weiterverarbeiten und in seine verschiedenen Rohstoffanteile aufspalten. Die geringe und eigentlich fast nicht vorhandenen Schwerkraft auf den kleinen Asteroiden macht diesen Prozess noch leichter; viele Asteroiden sind auch gar keine soliden “Brocken” sondern eher lose zusammenhängende Schutthaufen die man einfach aufsammeln könnte.
Aber natürlich ist es in der Realität dann doch nicht ganz so einfach. Es gibt bis jetzt zwar viele Pläne und Vorschläge wie man Rohstoffe auf Asteroiden abbauen kann aber noch keine konkreten Experimente oder Missionen. Und dann bleibt natürlich noch das größte Problem: Die Asteroiden sind im Weltall! Wie sollen wir dorthin kommen und wie bringen wir die Rohstoffe zurück zur Erde?
Dorthin zu kommen wäre eigentlich nicht weiter schwer. Wir haben schon einige Asteroiden mit unbemannten Sonden besucht; wir sind sogar schon auf dem einen oder anderen Himmelskörper gelandet. Aber nur hinfliegen und schauen reicht nicht, wenn man Bergbau betreiben will. Sieht man von den ganzen Geräten ab, die nötig für den Abbau sind, muss man mit ja auch das abgebaute Material irgendwie transportieren. Man bräuchte große “Frachtraumschiff” die zwischen der Erde und den Asteroiden hin und her fliegen und wie man so etwas konstruiert wissen wir nicht. Beziehungsweise wir wüssten es schon, aber es müsste ein enormer Aufwand getrieben werden. Es bräuchte jede Menge Geld, Personal und Technik um solche Schiffe zu bauen; jede Menge Geld, Personal und Technik und noch dazu jede Menge teuren Treibstoff um das ganze ins All und zu den Asteroiden zu bringen und dann noch einmal sehr viel Technik und Treibstoff um das Material aus dem All irgendwie zurück auf die Erde zu bringen. Am Ende wäre die ganze Angelegenheit so teuer, dass sich der Rohstoffabbau im All nicht lohnen würde.
Das ist auch der Grund, warum die Geschichte mit den “10 Quadrillionen Dollar” und dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft Unsinn ist. Abgesehen davon, dass die NASA gar nicht vor hat, das Eisen von Psyche auf die Erde zu bringen wäre das derzeit weder technisch möglich noch wirtschaftlich sinnvoll. Es gibt aber zwei Szenarien in denen sich der Asteroidenbergbau trotzdem lohnen würde.
Die Rohstoffe der Asteroiden zu nutzen macht dann Sinn, wenn man sie nicht auf der Erde sondern im Weltall braucht. Wenn man große Raumstationen bauen will; große Raumschiffe; Solarkraftwerke im All oder all die anderen Dinge die wir derzeit nur aus Science-Fiction-Romanen kennen, dann müssten wir das ganze Baumaterial dafür von der Erde ins All bringen. Und das ist – wie ich eben schon erklärt habe – teuer, kompliziert und lohnt sich nicht. Wenn wir uns aber das Baumaterial direkt aus dem All von den Asteroiden holen und dann auch direkt im All verwerten, könnte die ganze Angelegenheit rentabel werden.
Wir könnten aber auch versuchen, einen billigeren Weg ins All beziehungsweise vom All zur Erde zu finden. Einen Weltraumfahrstuhl zum Beispiel, dessen Prinzip ich ausführlich in den Folgen 84 und 85 der Sternengeschichten erklärt habe. Damit könnte man problemlos all das in den Weltraum bringen was man bräuchte um Asteroidenbergbau zu treiben und ebenso problemlos die abgebauten Rohstoffe zurück zur Erde transportieren. Und das Weltwirschaftssystem? Nun, wenn plötzlich große Mengen leicht verfügbarer Rohstoffe und Metalle wie Eisen oder Gold auf der Erde verfügbar sind, hätte das mit Sicherheit Auswirkungen auf die Wirtschaft. Aber die müssen nicht negativ sein. Ganz im Gegenteil. Das Aluminium ist ein schönes Beispiel dafür. Man kannte es seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, konnte es in reiner Form aber kaum gewinnen. Das war ein schwieriger, komplizierter Prozess und Aluminium so selten, dass es auch sehr teuer war. Aluminium war so teuer und geschätzt, dass man knapp 3 Kilogramm davon als Spitze auf das Washington Monument setzte, das Ende des 19. Jahrhunderts in den USA errichtet wurde um den ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten zu ehren. Aluminiumbarren wurden auf Ausstellungen vorgeführt und Napoleon III soll seinen ganz besonderen Ehrengästen bei Banketten sogar Aluminiumgeschirr gegeben haben, während die anderen “nur” Goldgeschirr bekamen.
Dann entdeckte man einen einfachen Weg um reines Aluminium herzustellen. Das Metall wurde vom seltenen Luxusobjekt zur Massenware. Und zu einem unverzichtbaren Bestandteil unserer Technik. Heute wickeln wir unser Butterbrot in Alufolie ein, nutzen Aluminiumdosen um Getränke aufzubewahren und verwenden es so gut wie überall sonst: In Bauwerken, in Fahrzeugen, in Straßenlaternen, in Computern, in Raketentreibstoff, in Münzen, Musikinstrumenten und Campinggeschirr: Aluminium ist überall dabei.
Momentan sind Metalle wie Gold, Platin, Silber oder die seltenen Erden auf der Erde nur in geringen Mengen verfügbar. Dementsprechend wertvoll sind sie und dementsprechend sparsam werden sie eingesetzt. Sollten wir mit Asteroidenbergbau dafür sorgen können, dass diese Metalle nicht mehr selten sondern Massenware sind, dann werden Gold, Silber & Co keine Luxusgüter und Geldanlage mehr sein. Aber die freie Verfügbarkeit dieser Rohstoffe wird mit Sicherheit dafür sorgen, dass sich neue Anwendungen für all diese Materialien auftun. Wir werden mit den Rohstoffen aus dem All Dinge bauen, die wir uns jetzt noch nicht einmal vorstellen können!
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