Ich habe letzte Woche in Wien einen Workshop über Wissenschaftsblogs gehalten und den Teilnehmern angeboten, ihre dort verfassten Texte als Gastbeitrag in meinem Blog zu veröffentlichen um “echtes” Feedback sammeln zu können. Dieser Artikel ist einer der Gastbeiträge und wurde von Rosana Kral verfasst.
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Die Erde erwärmt sich, die Menschheit wächst, die Ressourcen schwinden. Wir stehen vor riesigen Herausforderungen, die für den Einzelnen nicht zu bewältigen sind. Wir werden gemeinsam arbeiten müssen – und das ist auch allen klar. Eine wissenschaftliche Disziplin allein wird nicht ausreichen, um uns zu ernähren, unsere Gesundheit und die Ressourcen unseres Planeten zu erhalten.

Weil’s cooler klingt, geben wir dem gemeinsamen Arbeiten einen Fachbegriff und werfen damit gern bei jeder Gelegenheit, die sich bietet, um sich: Interdisziplinarität. In unsere Forschungsanträge schreiben wir dieses wunderbare Wort gerne, weil es nicht nur sehr hübsch anzusehen ist, sondern auch von Fördergebern gern gelesen wird. Nicht zuletzt, weil wir uns von der Interdisziplinarität bessere, umfassendere Lösungsansätze und Resultate versprechen.

© Axel Mentler

© Axel Mentler

Aber wie weit ist es mit dieser schönen Idee denn tatsächlich her, wenn es ans Arbeiten geht? Wenn es darum geht, Informationen auszutauschen, anderen in unserer Arbeit Gewicht und Mitspracherecht zu geben?

Sich auf andere Arbeits- oder Sichtweisen einzulassen, erfordert Zeit, die Bereitschaft zu zuhören und ein anderes System nicht von vornherein als unwissenschaftlich abzutun. Es erfordert Mut, sich wieder in die Rolle des Lernenden zu begeben. In die Rolle dessen, der nicht alles weiß; dessen, der auch mal nachfragen muß. Und das mögen wir nicht gern. Wir sind doch diejenigen, die unser Fachgebiet beherrschen – da müssen wir uns doch von niemandem etwas erklären lassen.

Wir tun uns schwer damit, und wie schwer, das ist mir bewußt geworden, als ich als gelernte Biochemikerin mit Erzähldrang („hey, ich forsche da, und das ist super interessant. Laß mich erzählen, warum das so toll ist!“) über eine Stellenausschreibung gestolpert bin, die mich sofort fasziniert hat.

© Rosana Kral

© Rosana Kral

Es ging um Wissenschaftskommunikation für eine Einrichtung, die sich der Entwicklungsforschung verschrieben hatte; von Land- und Wasserwirtschaft, Bodenforschung, Kulturtechnik, Vermessung, Ingenieurbau über Wirtschaftswissenschaften war für jeden etwas dabei. Lernen, was andere Forschende so machen, Fragen stellen können, das Gelernte anderen zugänglich machen, mein Traumjob! Selten genug, daß jemand tatsächlich der Meinung ist, man bräuchte als wissenschaftliche Einrichtung eine Person, die ihre Zeit hauptamtlich darauf verwendet, die Arbeit der Institution bekannt zu machen; bisher hatte ich eher den Eindruck gewonnen, Wissenschaftskommunikation, das wäre das, was zwar jeder machen sollte, aber bitte nebenher, und nur, ohne allzu viel Zeit darauf zu verwenden.

Da war also diese tolle Stelle, noch dazu mit Aussicht auf ein internationales, interkulturelles und – Bingo! – interdisziplinäres Team. Ein Hauptgewinn im Lotto: täglich Neues lernen garantiert, nie wieder Langeweile oder Routine, immer in möglichst vielen Wissenschaftszweigen up to date. Ich war im siebten Himmel.
Natürlich hab‘ ich mich beworben, obwohl ich aus einem komplett anderen Wissenschaftsbereich komme, als damals gewünscht war. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie stolz ich war, daß ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde; damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Zwei Probetexte und ein weiteres Gespräch später bekam ich einen Anruf und ein Stellenangebot. Nach zehn Tagen saß ich mit meinem Handwerkszeug, das in jeder Wissenschaft sehr ähnlich ist, in einem noch ungewohnten Büro einer neuen Kollegin gegenüber, die ich nicht immer auf Anhieb verstand, obwohl sie Deutsch sprach, das ich meiner ostösterreichischen Heimat leicht zuordnen konnte. Seitdem habe ich viel in meine neue Arbeit investiert, aber unglaublich viel dazu gelernt und hoffentlich dazu beigetragen, daß mehr Menschen verstehen, was wir tun, und es interessant finden.

Was ich damit sagen will, ist im Grunde einfach: ich bin in ein wunderbares Team gekommen, das offen und mutig genug war, sich auf eine Kollegin einzulassen, die als Fachfremde Offensichtliches gar nicht selbstverständlich fand und erklärt bekommen wollte (und will. Danke Euch an dieser Stelle! Ich weiß, daß das sehr anstrengend sein kann.). Die Bereitschaft, die es zum interdisziplinären Arbeiten braucht, war und ist also grundsätzlich da; denn das tun meine Kollegen ja in fast allen ihren Forschungsprojekten. Aber man sollte sich nicht täuschen: leicht ist Interdisziplinarität im Tagesgeschäft nicht zu leben. Viel dauert länger und muß intensiver besprochen werden als in Teams, in denen sehr ähnliche Fachbereiche vertreten sind; manchmal ist man des Erklärens müde, ein anderes Mal des Zuhörens.

© Rosana Kral

© Rosana Kral

Diese Art des Arbeitens bedeutet einen höheren Aufwand, als immer im gleichen Sud zu kochen, sich innerhalb des eigenen Zirkels auszutauschen und gegenseitig zu bestärken. Es kostet Kraft, sich mit anderen Denkweisen auseinanderzusetzen. Es braucht Mut, der Anfänger zu sein, wenn man gewohnt ist, die Expertenrolle innezuhaben. Es kostet Zeit, sich anderen zu erklären, die nicht denselben fachlichen Hintergrund haben. Es kostet Zeit, sich ein anderes Gebiet so weit zu erschließen, daß man die Arbeitsweise eines Kollegen versteht. Aber das Ergebnis ist ungleich besser. Unbestritten kommt das hart erkämpfte Resultat mit einem großen Plus: alle lernen dabei. Und das nicht unbedingt (nur) in dem Bereich, in dem sie es erwartet hätten.

Aber natürlich kommt man langsamer zu Resultaten als jemand, der diesen Aufwand nicht erbringen muß. Natürlich läuft man Gefahr, wesentlich substanzieller in Frage gestellt zu werden als durch Kollegen aus demselben Fachgebiet, die manche Dinge selbstverständlich genauso als gegeben oder wichtig betrachten wie man selbst.
Und selbst in einer Umgebung, die grundsätzlich bereit ist, sich auf all das einzulassen, muß man sich eine gleichberechtigte Position immer wieder auf’s Neue erkämpfen. Aber es lohnt sich!

© Axel Mentler

© Axel Mentler

Kommentare (9)

  1. #1 Andreas P
    17. Mai 2017

    Ich finde Wissenschaftskommunikation heutzutage fast ebenso wichtig wie Wissenschaft selbst .. im Zeitalter “alternativer Fakten” und dem um sich greifenden Post-Strukturalimus wird das immer notwendiger, kritisches Denken wird zur seltenen Fähigkeit.
    Ich persönlich bin hier eher durch Zufall gelandet, ich komme nicht aus dem universitären Umfeld sondern gehe einer “normalen” Arbeit nach .. und hier aufgeschlagen bin ich weil ich der Meinung war, Homöopathie ist so ne Art Naturheil-/Kräuterkunde, die nicht viel Schaden anrichtet … ich wurde eines besseren belehrt 🙂

    Was mich hier manchmal etwas stört ist der absolute Anspruch der erhoben wird, gewissermaßen die allein seeligmachende Wahrheit “gepachtet” zu haben … auch wenn man es eigentlich gar nicht weiß. Mir ist bewßt woher das kommt .. aber manchmal ist es eben wirklich schade. Beispiel: Ist schon ne Weile her da habe ich hier auf diesem Server einen Beitrag zu diesen “probiotischen” Joghurts gelesen, und da wurde beschrieben dass der einzige Effekt den diese haben (wohlgemerkt der einzige, nicht der einzig-meß/quantifizierbare) das Ansteigen der Antikörper in der Darmflora wärem hervorgerufen durch das Einbringen von “fremden” Darmbakterien, was ja wohl auch irgendwie logisch sei … Schlußfolgerung: alles Kundenverarsche und Abzocke, und es gibt wirklich Idioten die kaufen diesen Scheiß, Haha!

    Nun war ich vor nicht allzu lang stationär in Behandlung, musste mir die Seele etwas richten lassen .. und irgendwann bin ich mit meiner Therapeutin auf das Thema Wechselwirkung Körper-Gemüt zu sprechen gekommen. Es ist ja zum Beispiel seit langem bekannt das Stimmungen direkt auf den Verdauungstrakt durchschlagen können (die Redewendung “ich finde das zum Kotzen” kommt nicht von ungefähr), und Sie meinte, mit sehr sehr hoher Warscheinlichkeit funktioniert das auch in die andere Richtung, d.h. das sich der Zustand von Magen und vor allem Darm eben auch auf das Gemüt und die Befindlichkeit der jeweiligen Person auswirken, und man da noch viel wird machen/erreichen können …

    Und vor kurzem hab ich ne Doku gesehen (auf ARTE denk ich), da gins um eben dieses Thema, da wurde unter anderem berichtet das man an Mäusen erfolgreich getestet hat, das Änderungen der Darmflora sich durchaus auf die Befindlichkeit der Mäuse auswirken können, bis hin zu regelrechten “Persönlichkeits”änderungen (von ängstlich zu mutig) .. auch kam ein chinesischer TCM Arzt zu Wort, der bestimmte Depressionen durch Akkupunktur in der Bauch-/Darmgegend erfolgreich behandelte (natürlich schwafelte der auch was von Meridianen und was weiss ich, geschenkt) .. worauf ich hinaus will ist: manchmal stände es uns gut zu Gesicht, statt sofort “Haha, Näpper, Schlepper, Bauernfänger, alles Unsinn!” zu rufen uns etwas zurückzunehmen und das etwas ehrlichere “keine Ahnung” oder “weiß man noch nichts sicheres drüber” zu benutzen. Manche Eso-Totschlagargumente “bloß weil du dir etwas nicht vorstellen kannst heist das noch lange nicht, das es falsch ist!” greifen bei uns genau so (und ich sage bewusst “wir”, ich rechne mich definitiv dem rationalen, kritisch denkenden Teil der Bevölkerung zu).

    In dem Sinne, danke für den Gastbeitrag, und viel Spaß beim Job!

  2. #2 Dampier
    17. Mai 2017

    Ein schöner Artikel. Man merkt, dass die Autorin gern kommuniziert : )

    Ein Extrasternchen für die schönen Zeichnungen! Die Fotos hingegen finde ich etwas beliebig, die könnten so auch in einem Versicherungsprospekt o. ä. stehen, aber ok, natürlich unterstreichen sie die Aussagen des Artikels und erfüllen somit ihren Zweck. Würde ich aber sparsam dosieren, eigene Illustrationen sind das wesentlich stärker.

    Natürlich läuft man Gefahr, wesentlich substanzieller in Frage gestellt zu werden als durch Kollegen aus demselben Fachgebiet, die manche Dinge selbstverständlich genauso als gegeben oder wichtig betrachten wie man selbst.

    Das kenne ich auch, wenn ich Berufsanfängern erkläre, was ich genau mache (Grafik/Design, keine Wissenschaft). Oft bekommt man da unschuldige Gretchenfragen zu hören, die Dinge in Frage stellen, die man längst selbst als Axiome akzeptiert hat, ohne sie weiter zu hinterfragen. Da komme ich manchmal ganz schön ins Schwimmen, das kann sehr lehrreich sein, so etwas nochmal nachvollziehbar ausformulieren zu müssen, ohne sich auf “ist halt so, machen wir schon immer so” zurückzuziehen.

    Gerade von der Wissenschaft könnten viele andere Bereiche noch eine Menge lernen, die Interdisziplinarität funktioniert dort ja tatsächlich sehr gut! (siehe Rosetta/LHC etc., das wäre anders gar nicht möglich, so etwas großartiges auf die Beine zu stellen). Ein Bekannter von mir hat gerade einen Personaler-Job bei einem Teilchenbeschleuniger angetreten und ist total begeistert über die interkulturelle Vielfalt in der Einrichtung – ein Unterschied wie Tag und Nacht im Vergleich zu dem drögen Versandhaus, wo er vorher Jahrelang war …

    *Daumen hoch*

  3. #3 Bolle
    17. Mai 2017

    @ Andreas P
    Ihr erster Absatz könnte auch mein Kommentar zum Artikel sein und jeder Skeptiker würde das bestimmt auch unterschreiben. Machen sie nun den nächsten Schritt und wenden diese Einstellung auf den Inhalt der nächsten drei Absätze an. Ich verspreche Ihnen, Sie werden die gleiche Erfahrung machen, wie mit der Homöopathie. Gerade Menschen, deren Seele gerichtet werden muss, geraten in esoterischen Kreisen schnell in Abhängigkeiten. Ich spreche aus Erfahrung. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude mit dem Skeptizismus, es lohnt sich und sehen Sie es dem ein oder anderen Skeptiker nach, wenn er etwas zu ungehalten über Eso-Themen wettert. Manchmal hat man auch zu viel und dann muss man sich auch mal Luft machen und sich versichern, das man nicht selbst der Geisterfahrer auf der Autobahn ist.
    Übrigens der Artikel von Frau Kral beschreibt sehr treffend die Mühen der Kommunikation, anwendbar auf jedes Themenfeld.

  4. #4 jester
    17. Mai 2017

    Ich verstehe die Verbindung zwischen Interdisziplinarität und Wissenschaftskommunikation nicht.
    Warum ist Gleichberechtigung, die man “sich erkämpfen muss” so wichtig für Interdisziplinarität?
    Warum liefern spezialistische Wissenschaftlergruppen schneller Resultate bei Fragen, die sie sich nicht stellen, als interdisziplinäre Wissenschaftler ?

  5. #5 Andreas P.
    18. Mai 2017

    @bolle
    das ist exact was ich meine … wie kommst du darauf, das sofort in der Esoterik Ecke verorten zu müssen? Weil es nicht in dein Weltbild passt? Es gibt da Papers drüber … also für mich ist das schlimmstenfalls Kategorie “ist noch nicht abschließend geklärt”.

    Und das Leute mit Burnout bzw Depressionen besonders empfänglich für Esoterik seien find ich auch ne ziemlich steile These 🙂

  6. #6 Wizzy
    18. Mai 2017

    @Andreas P.
    Ich möchte Deiner Position in einem Punkt beispringen: Dass Probiotische Produkte auf bestimmte Gesundheitsaspekte messbar positiv wirken können, wurde in mehreren Studien erwiesen, und mit Esoterik hat das nichts zu tun. Es kommt vielleicht auf das genaue Produkt an (Spezies und deren Lebendkonzentration), und die in Studien gefundene Wirkung entspricht in Stärke und Art nicht unbedingt dem was angepriesen wird.

    Aber ich finde die Probiotik auch ein schlechtes Beispiel für “Wissenschaftler behaupten Dinge, obwohl sie gar nicht geklärt sind”. Dass Wissenschaftler außerhalb ihres engen Fachgebiets gelegentlich falsche bis völlig falsche Statements abgeben, ist eine Binsenweisheit – und so etwas gelangt nicht in wissenschaftliche Publikationen. Generell, Andreas, wäre es hier gut zu wissen wer wo was exakt gegen Probiotik gesagt hat (Link/Quelle). Im Großen und Ganzen halte ich Deine These “Wissenschaftler stellen Sachverhalte als Fakt dar, die gar keine hohe Evidenz haben” nämlich für falsch. Im Gegenteil, ich glaube eher, dass wesentlich häufiger Laien hart erwiesene Fakten für zweifelhaft halten, obwohl sie extrem gut belegt sind. Insbesondere wenn eine gut belegte Tatsache einem Laien – das kann wie gesagt auch ein anderer Wissenschaftler sein – im ersten Moment gegen seine Intuition geht. In der Wissenschaft ist etwas natürlich generell höchstens zu knapp 100% sicher. Aber sehr oft sicherer als die Basis für ein sehr gutes Gerichtsurteil. Psychologie: Stichwort Pseudoerinnerungen (sowie Lügen), ein Geständnis und sogar zahlreiche Zeugenaussagen können falsch sein – was bereits im Nachhinein in so manchen Fällen aufgedeckt wurde. Kriminalistik-Indizien sind in der Anzahl oft begrenzt, manche wissenschaftlichen Experimente werden dagegen millionenfach wiederholt. Abgenutztes Beispiel für gut belegte, aber bei vielen nicht als gut belegt akzeptierte Tatsachen: Der rezente anthropogene Klimawandel, Aspekte der Quantenphysik, Urknall, Evolution, Relativitätstheorie, und sogar Bereiche der Thermodynamik, Statistischen Physik und Optik (sind 41 Megapixel Auflösung bei einer 3mm Handy-Optik sinnvoll oder nicht? Stichwort Beugungsgrenze des Auflösungsvermögens und Oversampling).

  7. #7 Andreas P.
    18. Mai 2017

    @Wizzy ich würde auch jetzt nicht so weit gehen das Wissenschaftler, die sich gerade als Wissenschaftler äußern, so ungenau sind .. es ist mehr der Ton hier, den ich meinte.
    Ansonsten sind wir uns im prinzip einig

  8. #8 Rosana
    Wien
    19. Mai 2017

    Zunächst einmal danke an alle, die Rückmeldungen gegeben haben! Ich war ja nicht sicher, ob das Thema überhaupt jemanden interessieren könnte und freue mich deshalb sehr über Kommentare.

    Jester hat nach der Verbindung zwischen Wissenschaftskommunikation und Interdisziplinarität gefragt. In der Entwicklungsforschung – wie auch in vielen anderen Forschungszweigen – ist es so, daß man mit einer einzigen Disziplin nicht weit kommt.

    In unseren Projekten arbeiten wir viel mit Bauern in Entwicklungsländern, die kaum Zugang zu landwirtschaftlichen Informationen oder Technologien (zB verbessertes Saatgut) haben. Wenn es zum Beispiel darum geht, zu verstehen, wie ein Bauer in einem Dürregebiet mit armem Boden sein Farmmanagement so umstellen könnte, daß er trotz häufiger Dürreperioden einigermaßen gut vom Ertrag seines Hofes leben kann, dann werden in so einem Projekt viele Forscher miteinander arbeiten.

    Ein Landwirtschafter, mit dem der Bauer sich über seine Tiere und Feldfrüchte unterhalten kann. Ein Bodenforscher, der sagen kann, in welchem Zustand der Boden ist, wie er gedüngt werden sollte, und welche Maßnahmen man treffen sollte, um die Erosion hintanzuhalten. Es kann auch ein Wasserwirtschafter dabei sein, der versucht, mit dem Bauern eine Bewässerungsanalage zu entwickeln, die dem Bauern tatsächlich nützt – die also auf lokale Baumaterialien setzt und so ausgelegt ist, daß sie der Bauer bei Bedarf auch selbst reparieren kann.

    Aber damit all das funktioniert, müssen nicht nur die Wissenschafter einen Weg finden, miteinander zu kommunizieren, sondern alle Beteiligten. Und vielleicht nützt die beste (technische) Lösung nichts, wenn der Bauern dann zum Aussenseiter in seinem Dorf würde und sie deshalb nicht gern annehmen wird. Vielleicht muß also eine größere Gemeinschaft einbezogen werden – hier kommen Sozialwissenschafter ins Spiel.

    Damit wir am Ende eines solchen Projektes sagen können, welche Faktoren zum Erfolg geführt haben, und nicht nur raten oder eine persönliche Meinung abgeben, müssen alle diese Forscher ihren Teil der Arbeit gut gemacht haben. Das geht aber nur, wenn sie sich vorher soweit mit der Arbeit der anderen auseinandergesetzt haben, daß sie verstehen, wie die anderen arbeiten. Das heißt, welche Daten sie brauchen, um wissenschaftliche Schlüsse ziehen zu können, und mit welchen Methoden sie zu Ergebnissen kommen. Denn am Ende muß jemand alle Erkenntnisse zusammenführen.

    Das klingt alles selbstverständlich und logisch, ich weiß. Aber es ist nicht so leicht wie es klingt. Und ja, es braucht viel Zeit. Zeit in der Vorbereitung eines Projektes, Zeit bei der Analyse der Ergebnisse, Zeit für die Diskussion miteinander.

  9. #9 Franz
    23. Mai 2017

    Kommunikation ist meiner Meinung DER Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und wie schon im Artikel erwähnt sind oft Eingaben von eher unerwarteter Seite wichtig. Die Realität zeigt aber sehr oft, dass auf Grund von (aktionärem) Spardruck dies nicht möglich ist, oder aus Angst vor Verdrängungswettbewerb kein vernünftiges Miteinander möglich ist. Dann kommen noch soziale und religiöse Ressentiments dazu und schon ist es vorbei. Zusammenarbeit ist sehr wichtig, aber schwer umzusetzen, denn wenn ich jemand helfe wird mein Anteil am Gewinn kleiner, selbst wenn in Summe der Gewinn größer wird und ich bin der Böse.