Jahrhundertelang haben Menschen – ohne Rücksicht auf die Wirtschaftspolitik – probiert Gold aus Blei (oder anderen unedlen Metallen) herzustellen. Die Idee erschien früher auch nicht so blöd wie sie heute klingt. Man hat gewusst und gesehen, das man verschiedene Stoffe in verschiedene andere Stoffe umwandeln kann, je nachdem wie man sie mischt, erhitzt, destilliert, und so weiter. Warum also nicht auch Blei zu Gold machen? Man dachte, man müsste nur die richtige chemische Reaktion finden; das richtige Rezept oder die richtige Zutat: den Stein der Weisen und dann würde es schon klappen.
Die Leute die diese Alchemie betrieben haben waren daher nicht einfach nur Spinner sondern durchaus auch seriöse Wissenschaftler. Zum Beispiel Isaac Newton (der aber in vielerlei Hinsicht auch als „Spinner“ bezeichnet hätte werden können). Newton war eigentlich viel mehr Alchemist als Physiker und hat sich während seines ganzen Lebens intensiv mit der Suche nach dem “Stein der Weisen” beschäftigt, wie ich in meinem Buch über Newton ausführlich erzählt habe. Er dachte sogar, er hätte ihn gefunden. Aber so oft Newton auch Recht hatte: Hier irrte er. Der Stein der Weisen blieb auch für ihn unerreichbar.
Newton konnte damals noch nicht wissen, dass man mit Chemie hier nicht weiter kommt. Man kann damit „nur“ die Verbindungen zwischen verschiedenen Atomen verändern. Aber nicht die Atome selbst. Ob ein Element Gold, Silber, Blei oder irgendwas anderes ist hängt davon ab, wie viele Protonen sich in seinem Atomkern befinden. Gold zum Beispiel hat immer 79 Protonen. Sind es keine 79 Protonen dann ist es kein Gold. Nimmt man ein Proton weg, dann hat man kein Gold mehr sondern Platin. Und gibt man ein Proton dazu, dann kriegt man Quecksilber. Blei dagegen hat 82 Protonen. Um aus Blei Gold machen zu können muss man als drei Protonen aus den Atomkernen des Bleis entfernen.
Das ist aber nicht einfach; ganz im Gegenteil. Die Protonen (und Neutronen) im Atomkern werden durch die starke Kernkraft zusammengehalten (Genauer: Die starke Kernkraft hält die Quarks zusammen, aus denen die Protonen und Neutronen bestehen und ein Rest dieser Kraft hält dann auch die Protonen/Neutronen zusammen). Die heißt nicht umsonst „starke“ Kraft. Wie man die Zusammensetzung von Atomkernen ändern kann, hat man erst um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert gelernt. Zuerst hat man das natürliche Phänomen der Radioaktivität entdeckt (und wer mehr über diese wirklich spannende Geschichte erfahren will, liest hier weiter).
Erst später hat man dann herausgefunden, wie man gezielt Atomkerne verändern kann. Zuerst durch „Spaltung“: Das passiert zum Beispiel mit Neutronen. Man schmeißt Neutronen auf einen Atomkern, der das Neutron absorbiert (die Anzahl der Neutronen in einem Kern ändert nix am Element – diese Elementvariationen nennt man „Isotope“). Dadurch kriegt der Kern mehr Energie und kann instabil werden. Vereinfacht gesagt: Ist das Verhältnis von Protonen zu Neutronen nicht ausgewogen genug, dann fällt das ganze Ding auseinander und der Kern wurde gespalten. Bei der Kernfusion geht es andersherum: Man schmeißt zwei Atomkerne aufeinander und wenn die Wucht groß genug ist, verschmelzen sie zu einem Atomkern eines anderen Elements.
All das passiert heute regelmäßig in Kernkraftwerken und Teilchenbeschleunigern. Und dort kann man heute auch Gold herstellen. Man nimmt dazu Platin oder Quecksilber (die oben erwähnten Protonen-Nachbarn des Golds). Platin zu verwenden ist allerdings (zumindest aus wirtschaftlicher Sicht) ein wenig doof, da das Zeug noch teurer ist als Gold. Quecksilber kann man aber zum Beispiel durchaus mit Neutronen bestrahlen. Dann entsteht ein Quecksilber-Isotop das instabil ist; also radioaktiv und das macht, was radioaktive Elemente so machen. Nämlich zerfallen und zwar unter anderem zu Gold!
Ein Problem an der Sache gibt es: Das so entstandene Gold kann selbst auch radioaktiv sein und dann macht es keinen großen Spaß es zu horten, zu Schmuck zu verarbeiten oder gar als Zahnfüllung im Körper zu tragen. Und wenn es das nicht ist, dann kriegt man auch nur sehr, sehr wenig davon. Der Chemie-Nobelpreisträger des Jahres 1951 Glenn Seaborg hat in einem Experiment im Jahr 1980 Gold aus dem Element Wismut hergestellt. Immerhin ein paar Tausend Atome! Und danach in einem Interview gesagt: “Die in all unseren Experimenten bisher gewonnene Goldmenge entsprach dem Gegenwert von weniger als einem milliardstel Cent.”
Selbst inflationsbereinigt reicht das nicht, um die Anschaffungskosten für einen Teilchenbeschleuniger wieder reinzuspielen. Wir können also mittlerweile durchaus Gold herstellen. Aber reich werden wir damit leider trotzdem nicht werden…
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