Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.
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Sternengeschichten Folge 247: Die fundamentalen Felder
In der heutigen Folge der Sternengeschichten geht es um Felder. Die haben allerdings nichts mit Landwirtschaft zu tun – obwohl es da auch durchaus einige Verbindungen zur Astronomie geben würde. Aber heute möchte ich von den Feldern der Physik erzählen. Und die sind wichtiger als man vielleicht zuerst denken möchte.
Wenn wir an die fundamentalen Eigenschaften des Universums denken, dann denken wir meistens an Moleküle und Atome. An Elementarteilchen und physikalische Grundkräfte. Denn die werden ja nicht umsonst “elementar” genannt. Es geht um die Grundbausteine der Materie und um die Kräfte die zwischen diesen Bausteinen wirken. Und zwangsläufig stellen wir uns diese Objekte eben als Bausteine vor, als kleine Einheiten von Materie; vielleicht sogar als kleine Kügelchen so wie man sie in den populären Darstellungen sehen kann. Diese Vorstellung ist zwar manchmal durchaus nützlich – aber nicht immer frei von Problemen.
Zum Beispiel wenn es um eine alte und klassische Frage in der Physik geht: Ist Licht ein Strom aus Teilchen? Oder ist Licht eine Welle? Darüber haben die Physiker Jahrhunderte lang gestritten. Isaac Newton war zum Beispiel fest davon überzeugt, dass man Licht nur verstehen kann, wenn man es sich als Strom von kleinen “Lichtteilchen” vorstellt. Sein Zeitgenosse, der niederländische Physiker Christiaan Huygens dagegen war der Meinung man kann Licht nur als Welle verstehen und nur so Phänomene wie die Lichtbeugung erklären, bei der Licht auch Bereiche des Raums erreichen an die es eigentlich auf geradem Weg nicht gelangen könnte.
Newton war wesentlich berühmter als Huygens und deswegen setzte sich vorerst seine Ansicht durch. Aber im 19. Jahrhundert gab es weitere Experimente; zum Beispiel die von Thomas Young der demonstrierte das Licht durch Interferenz ausgelöscht werden kann wenn man es durch zwei dicht nebeneinander liegende Spalten fallen lässt. Das lässt sich nur dann erklären, wenn man davon ausgeht, dass Licht eine Welle ist und sich dort auslöscht, wo hinter den Spalten ein Wellenberg auf ein Wellental trifft.
Albert Einstein dagegen erklärte im 20. Jahrhundert den sogenannten photoelektrischen Effekt, also die Freisetzung von Elektronen bei der Bestrahlung bestimmter Materialien von Licht, durch die Existenz von Lichtteilchen und zeigte, dass man dieses Phänomen nicht verstehen kann wenn man Licht als reine Welle betrachtet.
Eine Zeit lang begnügte man sich damit diesen Widerpruch einfach “Welle-Teilchen-Dualismus” zu nennen und von der Annahme auszugehen, dass Licht eben manchmal wie ein Teilchen erscheint und manchmal wie eine Welle, je nachdem wie und mit welchen Methoden man es untersucht. Aber das war natürlich nicht sonderlich befriedigend. Und zum Glück hat die Wissenschaft heute eine Lösung für dieses Problem gefunden und die führt uns direkt zu den Feldern.
Ein physikalisches Feld ist eigentlich nicht schwer zu verstehen. Es beschreibt nichts anderes als die räumliche Verteilung einer physikalischen Größe. Wenn ich zum Beispiel mit einem Thermometer überall in meinem Arbeitszimmer die Temperatur messe und die verschiedenen Messwerte in ein Diagramm einzeichne, dann ist das eine Darstellung eines Temperaturfeldes. Ich könnte genau so gut den Luftdruck messen oder die Menge an Feinstaub, und so weiter.
In diesen Fällen ist das Feld vor allem eine mathematische Methode; ein Hilfsmittel um besser zu verstehen was vor sich geht. Wenn ich in einer Ecke meines Zimmers zum Beispiel immer wieder deutlich geringere Temperaturen als anderswo messe, dann ist dort vielleicht eine schlecht isolierte Stelle in der Wand um die ich mich kümmern sollte. Felder können aber viel mehr sein als nur ein Hilfsmittel. Ein Feld kann auch ein eigenständiges physikalisches Ding sein.
Im 19. Jahrhundert beschrieb der schottische Physiker James Clerk Maxwell, über den ich in Folge 125 der Sternengeschichten schon mehr erzählt habe, elektrische und magnetische Felder. Er stellte fest, dass man beide zu einem elektromagnetischen Feld kombinieren kann. Richtig interessant wird es aber erst dann, wenn wir uns die Veränderung eines Feldes ansehen. Denn ein Feld muss natürlich nicht statisch sein. Das ist ganz besonders bei elektromagnetischen Felder so: Ein bewegter Magnet kann elektrischen Strom erzeugen; elektrischer Strom kann Magnetismus hervorrufen. Beide beeinflussen sich gegenseitig und Maxwell stellte fest, dass Licht nichts anderes ist als eine elektromagnetische Welle, also eine Abfolge von sich durch den Raum ausbreitenden und sich gegenseitig beeinflussenden elektrischen und magnetischen Wellen.
Das klingt ein wenig verwirrend, weil wir jetzt schon wieder bei den Wellen sind. Aber das wichtige hier ist, dass diese elektromagnetische Welle eben nichts braucht worin sie sich ausbreiten kann. Früher dachte man ja, man braucht irgendeinen Äther der das Universum durchdringt und dessen Schwingung wir als Lichtwelle sehen – genau so wie Schall eine Schwingung der Luft um uns herum ist. Aber Maxwell zeigte, dass das nicht nötig ist. Das elektromagnetische Feld und seine Veränderung – eben das was wir als Lichtwelle bezeichnen – ist ein eigenständiges Ding und nicht nur eine Eigenschaft irgend eines andern Mediums.
Diese Erkenntnis ist wichtig, löst aber immer noch nicht den Konflikt zwischen Welle und Teilchen. Das tut erst die moderne Quantenfeldtheorie. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Quantenmechanik mit der man bis dahin die Eigenschaften der Elementarteilchen beschrieben hat. Die Quantenfeldtheorie kurz und anschaulich zu erklären ist quasi unmöglich; es ist eine zutiefst mathematische und sehr komplexe Disziplin. Aber vereinfacht ausgedrückt löst sie den Widerspruch zwischen Welle und Teilchen auf in dem sie Licht – beziehungsweise den Elektromagnetismus – als Quantenfeld betrachtet. Ein Quantenfeld ist eine Verbindung der klassischen physikalischen Felder mit der Quantenmechanik. Und es ist dieses Quantenfeld, dass das fundamentale Ding ist, nicht irgendein Teilchen, irgendeine Welle oder irgendeine Kraft. Man kann so ein Quantenfeld anregen – zum Beispiel in dem man ihm Energie zuführt. Und wenn man es mit genau der richtigen Menge an Energie anregt, dann entstehen Feldquanten.
Oder anders und etwas stärker vereinfacht gesagt: Das was wir “Teilchen” nennen ist quasi nur eine Art lokalisierter “Klumpen” des Felds und ein Feld ist eine kontinuierliche Mischung nichtlokalisierter Teilchen.
Im Falle des elektromagnetischen Feldes nennt man dieses Feldquant auch “Photon”. Die Quantenmechanik basiert nun ja gerade darauf, dass physikalische Größen nicht beliebige Werte haben können sondern eben nur ganz bestimmte Werte annehmen können; sie müssen “quantifiziert” sein. Diesen Unterschied kann man sich als den Unterschied zwischen einem kontinuierlichen Wasserstrahl und einer Abfolge einzelner Wassertropfen vorstellen. Genau so lässt sich das elektromagnetische Feld nur mit ganz bestimmten Energiemengen anregen und es entstehen dann auch nur Photonen mit ganz bestimmten Energien. Bei solchen physikalischen Vorgängen erscheint uns das Licht dann wie ein Lichtteilchen. Bei anderen können wir aber nur beobachten wie sich die gesamte Stärke des Feldes verändert und das erscheint uns dann – wieder sehr vereinfacht – als Lichtwelle.
Das Konzept der Quantenfelder geht aber noch viel weiter. Denn in der modernen Physik wird alles als Feld betrachtet! Nehmen wir das Elektron, ein Elementarteilchen das wir uns so gut wie immer auch ganz konkret als Teilchen vorstellen. In der Quantenfeldtheorie gibt es aber keine kleinen Elektronen-Kügelchen. Dort gibt es nur ein Elektronenfeld und wenn man das auf die richtige Weise anregt entsteht als Feldquant dieses Feldes ein Elektron. Und das gilt auch für den Rest der “Bausteine” der Materie.
In Folge 46 der Sternengeschichten habe ich über das Standardmodell der Teilchenphysik gesprochen, also die fundamentale Theorie mit der in der modernen Physik die Bausteine der Materie und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte erklärt werden. Dieses Standardmodell ist eine Quantenfeldtheorie! Das, was dort mathematisch beschrieben wird sind keine “Kügelchen” sondern Felder. Es gibt ein Elektronenfeld, es gibt ein Neutrinofeld, ein Feld für die Quarks, und so weiter. Und es gibt Felder für die Kräfte: ein elektromagnetisches Feld, ein Feld für die starke Kernkraft, und so weiter. All diese Felder können sich gegenseitig beeinflussen und verändern und genau das ist es was vom Standardmodell mathematisch und physikalisch beschrieben wird.
Auch das vor einigen Jahren entdeckte Higgs-Teilchen von dem ich in Folge 47 gesprochen habe, ist nichts anderes als das Feldquant eines Higgs-Feldes. Bei der Suche nach diesem Teilchen im Teilchenbeschleuniger hat man, ein weiteres Mal sehr vereinfacht gesagt, probiert durch die dort stattfindenden Kollisionen genug Energie in das Higgs-Feld zu pumpen damit ein paar Feldquanten entstehen die man dann nachweisen kann.
Die Felder sind das, was fundamental ist. Die Felder sind überall – und das bedeutet auch, dass es ein Vakuum im klassischen Sinn eigentlich gar nicht gibt. Wenn wir an den leeren Weltraum denken, dann ist dort nicht einfach nichts. Denn dort sind immer noch die Felder – es ist nur gerade nichts da, dass diese Felder ausreichend stark anregt so dass wir etwas davon mitbekommen. Aber sie sind da – und alles was wir sehen; alles was wir selbst sind ist eigentlich nichts anderes als die sichtbare Auswirkung miteinander wechselwirkender Felder.
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