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Wie Eiswolken und der Klimawandel zusammenhängen
In diesem Text möchte ich euch gerne den Artikel „A cirrus cloud climate dial?” aus dem Wissenschaftsmagazin Science vorstellen: Der Artikel befasst sich mit der Möglichkeit aktiv den Klimawandel zu beeinflussen, indem man sogenannte Cirruswolken verdünnt.
Kurz zu mir: Mein Name ist Birgit Kammlander und ich studiere im Moment „Umweltsystemwissenschaften – Naturwissenschaften und Technologie“ an der TU Graz (mit Kooperation zur Karl-Franzens-Universität Graz). Besonderes Interesse habe ich an den Naturwissenschaften Chemie, Physik, Geologie sowie an allen Themen die umweltrelevant sind.
Zurück auf Anfang – was sind Cirruswolken überhaupt? Cirruswolken werden auch als Eiswolken bezeichnet und entstehen in großer Höhe. Ganz allgemein entstehen Wolken durch Wasserdampfkondensation in der Erdatmosphäre. Dafür muss die Luft jedoch wasserdampfübersättigt sein und der Wasserdampf benötigt feste Teilchen an denen er sich anlagern kann – die Aerosole. Die Lufttemperatur nimmt mit steigender Höhe ab, wodurch in höheren Lagen die Wolkenbildung unterhalb des Gefrierpunkts von Wasserdampf stattfindet – es entstehen die vorhin genannten Eiswolken. [1]
Doch wie können die Cirruswolken den Klimawandel beeinflussen? Der Hintergrund für diese These hängt mit dem Treibhauseffekt zusammen. Eine kurze Erläuterung zum Treibhauseffekt: In der Atmosphäre befinden sich unterschiedliche Gase wie etwa Lachgas, Methan, Wasserdampf, CO2, etc. Diese Gase werden Treibhausgase genannt und lassen von der Sonne kommende kurzwellige Strahlung zur Erdoberfläche passieren. An der Erdoberfläche wird ein Teil dieser Strahlung absorbiert und anschließend wieder reflektiert. Die reflektierte Strahlung ist jedoch keine kurzwellige Strahlung, sondern langwellige – diese kann nicht durch die Treibhausgasschicht und wird dort wieder zurückreflektiert. Das Spiel beginnt von vorne. Übrigens ist ein Teil des Treibhauseffekts überaus erwünscht sowie natürlich, sprich nicht menschen-induziert: Ohne den natürlichen Treibhauseffekt würde die durchschnittliche Oberflächentemperatur auf der Erde –18°C statt 15°C betragen.
Bei den Eiswolken passiert etwas ganz Ähnliches: Wenn sich in der Atmosphäre Cirruswolken befinden, so wird weniger langwellige Strahlung durchgelassen als bei einer wolkenfreien Atmosphäre. Wie viel langwellige Strahlung durch die Wolkendecke kommt, hängt vor allem von der Höhenlage sowie Dicke der Wolke ab. Je höher, desto niedriger die Temperatur und desto größer ist auch der Erwärmungseffekt. Der Grund dafür, ist die höhere Temperaturdifferenz zur mittleren Troposphäre. In dieser Zone emittiert die wolkenfreie Atmosphäre langwellige Strahlung in das All. [2]
Durch den Klimawandel verschiebt sich die Bildung der Cirruswolken in größere Höhenlagen, da sich die notwendige Temperatur immer weiter nach oben verschiebt. Das ergibt eine positive Rückkoppelung:
Wenn man die Eiswolkenschicht verdünnt, so kann mehr langwellige Strahlung in das Weltall passieren und man verlangsamt dadurch den Klimawandel. Dies würde zwar nicht dazu führen den Klimawandel komplett zu stoppen, jedoch würde es in die richtige Richtung führen. [2]
Doch wie kann man die Eiswolken verdünnen? Dazu muss man zunächst wissen, wie sich Cirruswolken genau bilden: Man unterscheidet zwischen homogener und heterogener Kernbildung. Wenn der Kern aus flüssigen Aerosolpartikeln entsteht, so spricht man von homogener Kernbildung. Wenn die Wolken aus festen Aerosolpartikeln entstehen, so bezeichnet man das als heterogene Kernbildung. [2]
Das Konzept der Verdünnung basiert auf der Annahme, dass der Großteil der Eiswolken durch homogene Kernbildung entsteht, da sich die Wolken im gegenwärtigen Klima vor allem in hohen Höhenlagen und/oder bei kalten Regionen bilden. [2]
Die Verdünnung erfolgt, indem passende „ice-nucleating particels“ in den Höhenlagen der Eiswolken injiziert werden. Diese Partikel bewirken, dass die Eiswolken bei niedrigerer relativer Luftfeuchte sowie bei höherer Temperatur entstehen können. Das führt wiederum dazu, dass die Wolken nicht durch homogene Kernbildung entstehen, sondern sich aus festen Aerosolpartikeln bilden. [2]
Die so entstandenen Cirruswolken haben im Vergleich zu den natürlich entstandenen eine niedrigere Lebensspanne und lassen mehr langwellige Strahlung passieren. Daraus folgt insgesamt ein schwächerer Erwärmungseffekt. [2]
Der Kühlungseffekt basiert auf drei Prinzipien:
1) Wie vorhin beschrieben, formen sich die künstlichen Eiswolken in niedrigerer Höhenlage sowie bei niedrigerer relativer Luftfeuchte: In der niedrigeren Höhenlage ist der Erwärmungseffekt weniger stark ausgeprägt.
2) Die Eiswolken enthalten Eiskristalle, die wachsen können und durch Sedimentation der Eiskristalle zu mehr Cirruswolken führen können, die jedoch eine geringere Lebensspanne haben und eine geringere optische Dicke.
3) Die Sedimentation der Eiskristalle entfernt Wasserdampf – eines der bedeutsamsten Treibhausgase in der oberen Troposphäre. [2]
Die nächste Frage die man sich nun stellen muss ist, wie viel Potenzial in dieser Methode steckt. Als absolutes Maximum kann hier angenommen werden, dass alle natürlichen Eiswolken durch künstliche ersetzt werden. Natürlich ist dies keine realistische Annahme. Das realistische Maximum wird angenommen, indem man einen Vergleich anstellt: Welche Strahlung wird in einem Klimamodell mit nur homogen gebildeten Cirruswolken emittiert und welche Strahlung wird emittiert, wenn nur heterogen gebildete Cirruswolken vorhanden sind? Diese Differenz wird als das erreichbare Maximum angenommen. [2]
Es gibt jedoch auch ein Problem beim Verdünnen der Eiswolken: Overseeding. Es tritt auf, wenn zu viele ice-nucleating particels injiziert werden, denn dann haben die künstlich hergestellten Wolken eine höhere optische Dicke. Dadurch wird weniger Strahlung ins All durchgelassen, woraus wiederum Erwärmung folgt. [2]
Folglich kann dieses Verfahren sowohl einen Kühlungs-, als auch einen Erwärmungseffekt haben. Bevor dieses Verfahren umgesetzt werden kann, müssen noch einige Fragen beantwortet werden:
Welche Partikel sind gut geeignet zur Bildung von heterogenen Eiswolken? Welchen Einfluss haben diese Partikel auf weiter untenliegende Wolken? Wie schafft man es, nur die langwelligen Strahlen durch die Wolken zu lassen? [2]
Zudem ist zu bedenken, dass das Verdünnen zwar den Klimawandel verlangsamen könnte, jedoch nicht die CO2-Konzentration in der Atmosphäre verringert und somit keinen Effekt auf beispielsweise die Versauerung der Meere hat. [2]
Gegenwärtig ist dies bloß ein Gedankenexperiment, das zum Verständnis der Bildung der Eiswolken beiträgt, aber in Zukunft könnte es großen Einfluss auf den mensch-gemachten Klimawandel haben.
Verweise
[1]
B. Klose, Meteorologie – Eine interdisziplinäre Einführung in die Physik der Atmosphäre, 3. Auflage Hrsg., Berlin Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2016.
[2]
U. Lohmann und B. Gasparini, „A cirrus cloud climate dial?,“ Science, pp. 248 – 249, 21 July 2017.
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