Es gibt Neuigkeiten von ‘Oumuamua! So heißt der Himmelskörper der in den letzten Wochen die Astronomen und die Öffentlichkeit fasziniert. Wie ich hier und hier schon sehr ausführlich erklärt habe, handelt es sich bei diesem Asteroid um die erste Beobachtung eines Objekts das aus einem anderen Sonnensystem zu uns gekommen ist. Es ist ein interstellarer Asteroid der vor Millionen oder Milliarden Jahren aus einem anderen Planetensystem geschleudert wurde und auf seinem Weg durch den interstellaren Raum nun dem Sonnensystem einen kurzen Besuch abstattet. In diesem kurzen Zeitraum; diesen wenigen Monaten in denen ‘Oumuamua von den Astronomen studiert werden kann, versucht man natürlich so viele Daten wie möglich über dieses einzigartige Objekt zu gewinnen.
Michal Drahus von der Universität in Krakau und seine Kollegen haben nun ein weiteres Puzzleteil bei der Erforschung des Asteroiden geliefert. In ihrer kürzlich veröffentlichten Arbeit (“Tumbling motion of 1I/’Oumuamua reveals body’s violent past”) haben sie die Helligkeitsschwankungen von ‘Oumuamua beobachtet. Wie ich früher schon erklärt habe, kann man daraus einerseits die Form des Asteroiden ableiten, andererseits auch die Zeit die er braucht um seine eigene Achse zu rotieren. Und wie sich nun herausgestellt hat, rotiert ‘Oumuamua nicht einfach, sondern er taumelt.
Himmelskörper wie die Erde, die groß und rund sind, und bei denen die Masse mehr oder weniger gleichmäßig verteilt ist, rotieren um eine einzige Achse. Bei Asteroiden, die auch stark von der Kugelform abweichen können, ist das anders. Und ‘Oumuamua weicht ganz besonders stark von einer Kugelform ab; er ist ein sehr schmales, langes Objekt. Kriegt so ein Himmelskörper einen “Schubs”, dann rotiert er nicht einfach, sondern “taumelt” – dreht sich also um mehrere Achsen gleichzeitig. Dass das bei ‘Oumuamua der Fall ist, schließen Drahus und seine Kollegen aus der Tatsache, dass die Rotation des Asteroiden zwar regelmäßig ist, sich aber nicht regelmäßig wiederholt. Oder anders gesagt: Die Helligkeitsänderungen wiederholen sich nicht exakt.
Es gibt zwei hauptsächliche Möglichkeiten die einen kleinen Himmelskörper zum Taumeln bringen können. Das Ausgasen von gefrorenem Material, wie das bei Kometen oft der Fall ist (so entsteht ja deren beeindruckender Kometenschweif). Oder eine Kollision beziehungsweise eine sehr nahe Begegnung mit einem großen Planeten. Was auch immer passiert: Im Laufe der Zeit klingt das Taumeln normalerweise ab und es stellt sich eine regelmäßige Rotation ein. “Im Laufe der Zeit” kann aber – je nach Himmelskörper – alles mögliche von ein paar Hunderttausend bis zu ein paar Milliarden Jahren bedeuten. Für ein Objekt wie ‘Oumuamua schätzen Drahus und seine Kollegen diese “Entspannungszeit” auf etwa eine Milliarde Jahre. Das ist gut und lange genug – denn bei ‘Oumuamua kann man die erste Ursache als Grund für sein Taumeln ausschließen. Man hat keinerlei Anzeichen kometarer Aktivität gemessen. Sein Taumeln muss also von einer Kollision stammen und die kann nur in seinem Heimatsystem stattgefunden haben. Eine Milliarde Jahre reichen aber locker aus, um danach den Weg zum Sonnensystem zurück gelegt zu haben.
Michal Drahus und seine Kollegen gehen davon aus, dass das Taumeln ein Hinweis auf das Ereignis ist, das damals überhaupt erst dazu geführt hat, dass ‘Oumuamua aus seinem eigenen System geschleudert wurde. Von selbst machen sich Asteroiden nicht einfach so auf den Weg in den interstellaren Raum. Dazu braucht es die chaotischen Vorgänge und die vielen Kollisionen die während der Phase der Planetenentstehung stattfinden. ‘Oumuamua muss also irgendwann mal eine ziemlich heftige Begegnung mit einem anderen großen Himmelskörper gehabt haben. Die hat ihn nicht nur aus seinem Heimatsystem geschleudert, sondern auch zum Taumeln gebracht.
Ich freue mich wirklich schon, wenn wir mit den besseren Teleskopen der nächsten Jahre weitere interstellare Asteroiden finden werden. Es wird spannend sein, zu sehen, ob sich all das was wir aus den Beobachtungen an ‘Oumuamua ableiten, an den anderen interstellaren Objekten bestätigen wird!
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