Ich bin gerade an der Universität Graz, um dort zu erklären, wie man Wissenschaftsblogs verfasst. Der erste Tag ist vorbei und die Studierenden haben ihre ersten Blogartikel verfasst. Morgen werden wir darüber diskutieren und schauen, was gut daran ist und was man verbessern könnte. Dafür ist echtes Feedback natürlich am besten, weswegen ich einige der Texte hier als Gastbeitrag veröffentlichen werden. Dieser Artikel kommt von Kirstin Pschenitzer und ich würde mich über konstruktive Kritik und Kommentare freuen (aber bleibt bitte nett!)
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Jedes Jahr um die selbe Zeit, kehren uns, die warmen engergiespendenden Sommertage und die lauen, stimmungserhellenden Abende mit Freunden im Garten, den Rücken zu. Erst begrüßt uns meist noch ein sanftmütiger Herbst, der, wenn er es gut meint, mit seiner Farbenvielfalt besticht und nur langsam trübe Stimmung aufkommen lässt. Die Natur spielt sozusagen noch ihren letzten Joker aus um uns bei Laune zu halten, bevor Väterchen Frost zum Angriff bläst und alles in klirrender Kälte erstarren lässt. Mit der Kälte und dem Frost, hält auch die Dunkelheit Einzug, alles färbt sich langsam grau in grau, Tageslicht wird Mangelware und die Melancholie hält Einzug.
Um ehrlich zu sein ein sehr überspitztes und düster gezeichnetes Bild des Winters, jedoch wird genau diese oft triste, nasskalte Zeit im Jahr vielen Menschen stimmungstechnisch zum Verhängnis und bringt die „Happiness Fassade“ zum Einstürzen. In Österreich leiden jedes Jahr etwa 5% der Bevölkerung an einer SAD, einer saisonal abhängigen Depression. Diese ist eine rezidivierende, also wiederkehrende affektive Störung und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern, 60-90 % der Betroffenen sind weiblich. Der im Volksmund, als Winterblues bekannte, physische und psychische Standby-Modus in den kalten Monaten, ist eine sogenannte subsyndromale SAD, also eine abgeschwächte Form davon, von der weitaus mehr Menschen betroffen sind.
Keine Lust aus dem Haus zu gehen? Low Battery? Nächtliche Fressattacken? Ein ständiger Kampf um munter zu bleiben? Plötzlich auftretende Stimmungsschwankungen und einfach nur Lust zu heulen? Habt ihr euch schon mal in mehreren dieser Situationen im Winter wiedergefunden und hattet keine plausiblen Antworten darauf? Dann wart ihr wahrscheinlich nicht schwanger und hattet wahrscheinlich auch keine hochdosierte Hormontherapie, ihr habt vermutlich auch schon mal den Winterblues gespielt. Denn genau die oben genannten Symptome treffen auf eine Winterdepression zu.
Was aber sind die Ursachen dafür, dass einige unter uns in den dunklen Monaten zu kleinen Zombies mutieren und was machen die anderen richtig um nicht betroffen zu sein? Als einer der Hauptverursacher der SAD gilt der gestörte biologische Tagesrythmus und der damit verbundenen Mangel an natürlichem Tageslicht und verminderter Lichtintensität im Winter. Das Defizit an Licht, dass auf unserer Netzhaut ankommt, signalisiert unserem Gehirn, genauer gesagt der Epiphyse, dass es dämmert, Nacht wird, worauf diese mit der Produktion und Sekretion des Hormons Melatonin antwortet. Der Melatoninspiegel ist somit erhöht, der Körper schaltet auf Nachtmodus, Müdigkeit und Schlafstörungen sind die Folge. Bei normalen Lichteinfall auf die Netzhaut, schütten die Zellen der Epiphyse vermehrt Serotonin aus, welches im menschlichen Organismus viele essentielle Aufgaben übernimmt, in diesem Zusammenhang aber vor allem stimmungsaufhellend wirkt. Durch den veränderten Serotonin-Melatonin Spiegel kann der Schlaf-Wach Rhythmus also ordentlich in wanken geraten.
Um einem Dasein als Winterzombie vorzubeugen und die Dysbalancen auszugleichen, sind die einfachsten Methoden, sich so oft und viel wie möglich in der Natur im Tageslicht aufzuhalten. Dies ist neben dem Licht das auf die Netzhaut trifft auch wichtig um einen eventuellen Vitamin D Mangel auszugleichen. Vitamin D wird durch die Einstrahlung von Sonnenlicht auf die Haut produziert und wirkt sich bei einer niedrigen Konzentration im Blut ebenfalls auf das Gemüt aus. Kann das Defizit an Vitamin D nicht ausgeglichen werden, bietet sich noch immer die Möglichkeit einer Supplementation, bzw. was das Tageslicht betrifft, einer Lichttherapie. Zusätzlich sollte im Sinne eines funktionierenden Immunsystems natürlich auf die Ernährung geachtet werden und wer ganz sicher gehen will und keine Lust auf Winterblues hat, kann sich ganz einfach und kostenlos Antidepressiva verschreiben lassen: Dreimal die Woche Sport und der Trübsinn ist fort.
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