Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.
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Sternengeschichten Folge 297: Vulkanismus
Was haben Vulkane mit Astronomie zu tun? Astronomen schauen nach oben zum Himmel und zu den Sternen; der Vulkanismus findet unter unseren Füßen tief unter der Erde statt. Aber wenn es keine Verbindung gäbe, dann würde ich in den Sternengeschichten nicht darüber erzählen. Denn Astronomen beschäftigen sich ja nicht nur mit den Sternen, sondern auch mit Planeten. Und wenn man Planeten verstehen will, dann führt am Vulkanismus kein Weg vorbei.
Die Erde ist ein besonderer Planet. Sie ist der einzige Planet den wir kennen, auf dem Leben möglich ist und sie ist der einzige aktive Planet. Also ein Planet der sich, vereinfacht gesagt, aus sich heraus verändern kann. Der Mond zum Beispiel ist ein “toter” Himmelskörper. Auch seine Oberfläche verändert sich, aber nur durch äußere Einflüsse. Durch einschlagende Asteroiden, durch den Einfluss des Sonnenwindes oder durch Gezeitenkräfte von Erde und Sonne. Aber im Gegensatz zur Erde ist er selbst nicht mehr aktiv. Es gibt dort keine Plattentektonik, keine ausbrechende Vulkane oder ähnliche Vorgänge.
Und die sind wichtig! Wir Menschen sehen Vulkanismus meist nur als Naturkatastrophen, die uns bedrohen. Das ist auch durchaus richtig – aber eben nicht alles, was Vulkane ausmacht. Vulkane gibt es, weil das Innere unseres Planeten enorm heiß ist. Den Kern der Erde habe ich ja schon in den Folge 143 und 256 genauer beschrieben. Die große Hitze von um die 5000 Grad Celsius führt dazu, dass im Inneren unseres Planeten gewaltige Ströme aus geschmolzenen Gestein existieren. Die können im Inneren des Planeten auf- und absteigen und auch an die Oberfläche gelangen. Dort wo sie das tun, kühlt das geschmolzene Gestein ab und bildet einen neuen Teil der Erdkruste. Wenn irgendwo aber neue Kruste entsteht, muss anderswo dafür Platz gemacht werden. Das aufsteigende Gestein sorgt also einerseits dafür, dass die Kruste unseres Planeten keine geschlossene “Schale” ist, sondern in unterschiedlich große Platten zerbricht. Und schiebt diese Platten andererseits langsam rund um die Erde. Neben den Zonen, wo neue Kruste entsteht gibt es auch Bereiche, in denen alte Kruste wieder zurück in das Erdinnere gedrückt wird und erneut aufschmilzt.
Die hohen Temperaturen im Inneren der Erde verursachen also die Plattentektonik: die beständige Bewegung der verschiedenen Puzzlestücke aus denen unsere Erdkruste besteht. Und dort, wo die Grenzen zwischen diesen Platten sind – aber nicht nur dort – gibt es Vulkanismus. Der kann gefährlich sein wenn Menschen sich bei einem Ausbruch gerade in der Nähe aufhalten. Er ist aber definitiv notwendig, um die Erde für uns bewohnbar zu machen. Wie das genau funktioniert habe ich ja schon in Folge 242 erklärt, als ich über den Kohlenstoffzyklus gesprochen habe. Durch den Vulkanismus und die Plattentektonik wird beständig Gestein recycelt und mit ihm Kohlenstoff, was natürlich Auswirkungen auf die Eigenschaften der Atmosphäre hat. Ohne Vulkanismus wären die Bedingungen auf unserem Planeten ganz anders als heute.
Dazu kommt noch: Vulkanismus gibt es, weil die Erde in ihrem Inneren heiß ist. Aus dem gleichen Grund hat unser Planet auch ein Magnetfeld. Die fließenden Ströme aus flüssigem Metall erzeugen das Magnetfeld der Erde und das ist absolut relevant für ihre Bewohnbarkeit. Ohne Magnetfeld wären wir nur schlecht vor der kosmischen Strahlung und dem Sonnenwind geschützt und im Laufe der Zeit würde unsere Atmosphäre langsam aber sicher verschwinden. Genau das ist zum Beispiel einer der Gründe, warum der Mars heute so lebensfeindlich ist: Der viel kleinere Planet ist viel früher ausgekühlt; in seinem Inneren gibt es keinen flüssigen Metallströme mehr, kein Magnetfeld und die Atmosphäre ist verschwunden. Genau so wie der Vulkanismus. Die Vulkane auf dem Mars sind heute vermutlich alle erloschen.
Wenn wir Vulkane erforschen wollen, müssen wir uns also vorerst an die Erde halten. Vulkane gibt es in vielen verschiedenen Erscheinungsformen. Aber sie entstehen immer dort, wo geschmolzenes Gestein, also “Magma” an die Oberfläche der Erde steigt. Schmelzen tut das Gestein circa 100 Kilometer weit unter unseren Füßen. Dort herrschen Temperaturen von über 1000 Grad, was ausreicht, um eine zähe Gesteinschmelze zu produzieren. Magma kann sich dann in “Magmaherden” sammeln und wenn dort der Druck zu groß wird, kann das Material durch Spalten in der Erdkruste nach oben steigen. “Lava” nennt man das Zeug übrigens erst dann, wenn es an der Oberfläche austritt.
Wenn wir an einen Vulkan denken, dann stellen wir uns meisten einen kegelförmigen Berg vor, der an der Spitze quasi ein “Loch” hat, aus dem Lava austritt. So etwas nennt man “Schichtvulkan” und er entsteht, wenn das Magma zähflüssig ist. Es fließt dann nicht sehr weit und kann dicke Ströme bilden, aus denen im Laufe der Zeit dann die typische Kegelform des Vulkans entsteht. Zähflüssig wird Magma vor allem, wenn es einen hohen Gehalt an Silicum hat, über 50 Prozent. Solche Magma hat auch einen hohen Anteil an Gas und das wiederum sorgt für sehr explosive Ausbrüche. Kommt solches Magma an die Oberfläche, dann bricht es so aus, wie wir uns das typischerweise vorstellen. Der Vesuv in Italien ist ein klassischer Schichtvulkan, aber von den circa 1500 aktiven Vulkanen auf der Erde sind nur circa die Hälfte Schichtvulkane.
Eine andere Art von Vulkan wird von Magma mit wenig Silicumanteil gebildet. Die austretende Lava ist dann dünnflüssig, viel heißer und fließt schneller und weiter als bei einem Schichtvulkan. Der Vulkankegel der dabei entsteht ist flach, aber sehr ausgedehnt und wird “Schildvulkan” genannt. Sie brechen meistens nicht explosiv aus, sondern “effusiv”. Das soll bedeuten, dass Lava nicht wild durch die Luft geschleudert wird, sondern mehr oder weniger ruhig einfach ausfließt. Die großen Vulkane von Hawaii, etwa der Mauna Loa oder der Mauna Kea sind Beispiele für solche Schildvulkane mit effusiven Ausbrüchen.
Bricht der Vulkan unter einem Gletscher oder einem Eisschild aus, dann kann ein “Tafelvulkan” entstehen. Solange der Vulkan sich noch unter dem Eis befindet, beeinflusst das Eis die Ausbreitung der Lava und es entsteht ein vulkanischer Schlot. Wenn genug Eis geschmolzen ist, damit die Lava durch die Eisdecke dringt, können Gase und Wasserdampf explosionsartig entweichen und die Lava wird regelrecht zertrümmert. Und wenn der Gletscher dann komplett geschmolzen ist, bleibt ein Vulkan in Form eines Tafelbergs übrig. Solche Vulkane findet man zum Beispiel in der Antarktis oder in Island.
Man kann Vulkane noch auf jede Menge andere Arten unterteilen und es gibt neben denen die ich genannt habe, noch jede Menge weitere speziellere Arten. Manchmal sieht man es einer geologischen Struktur gar nicht mehr an, das es sich um einen Vulkan handelt oder gehandelt hat. Zum Beispiel die Maare: Ein Maar ist einfach nur eine mehr oder weniger große Mulde in der Landschaft; oft mit Wasser gefüllt. Ein Maar entsteht bei einer sogenannten “phreatomagmatischen Explosion”, also dann, wenn Magma auf Wasser trifft. Wenig überraschend ist das ein ziemlich explosiver Vorgang und diese Explosion erzeugt die Mulde. Bei den gewaltigen Explosionen wird Tuff, also Gestein das entsteht, wenn Lava schnell abkühlt, weit durch die Gegend geschleudert und erzeugt eine Art Kraterrand um das Maar. In Deutschland kann man viele Maare in der Eifel finden von denen das Pulvermaar bei Immerath der größte und tiefste Maarsee Deutschlands ist. Kein Maar, sondern eine Caldera ist übrigens der bekannte Laacher See. So etwas entsteht, wenn eine Magmakammer unter der Oberfläche der Erde irgendwann leer ist und einbricht.
Erloschen ist der Vulkan, der den Laacher See erzeugt hat allerdings ebenso wenig wie die Maare der Vulkaneifel. Geologie ist langsam und nur weil ein paar Tausend Jahre Ruhe herrscht (der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans liegt nur 12.900 Jahre zurück) ist der Vulkan noch lange nicht tot. Das ist erst der Fall, wenn definitiv keine Magma mehr dort zugeführt werden kann. Und das kann dauern. Die Vulkane auf der Insel Gran Canaria sind zum Beispiel seit 15 Millionen Jahre aktiv und haben zwischendurch immer wieder mal ein paar Millionen Jahre Pause eingelegt. Theoretisch kann es also auch in Deutschland wieder zu Vulkanausbrüchen kommen. Allerdings wird das vermutlich nicht überraschend geschehen. So wie die Astronomen haben auch die Geologen eigene Observatorien. Nur das sie dort nicht mit Teleskopen zum Himmel blicken, sondern die Vulkane überwachen. Im Allgemeinen kündigt sich ein Ausbruch an. Magma sammelt sich langsam in der Magmakammer und man kann die Menge mit geologischen Methoden messen. Genau so wie Erdbeben, die ebenfalls gehäuft auftreten, wenn der Druck in einer Magmakammer zu hoch wird.
Eine komplette Überwachung aller Vulkane beziehungsweise potentiellen Vulkane der Erde ist aber trotzdem schwierig. Vor allem, weil viele davon auch unter Wasser zu finden sind. Zum Beispiel das Tamu-Massiv. Das findet man im Pazifik, ungefähr 1600 Kilometer östlich von Japan. Es hat sich vor ungefähr 140 Millionen Jahren gebildet, als dort unterseeische Vulkane ausbrachen. Das ganze Massiv nimmt eine Fläche von 300.000 Quadratkilometer ein und ist an seiner höchsten Stelle knapp 4500 Meter hoch. Aus Bohrungen weiß man, dass der überwiegende Teil des Gesteins aus dem das Massiv besteht, aus einer einzigen vulkanischen Quelle stammt, was das Tamu-Massiv vermutlich zum größten Vulkan der Erde macht; wenn auch einem Vulkan der zum Glück seit langer Zeit inaktiv ist.
Der Vulkanismus auf der Erde ist gefährlich, aber faszinierend. Und wichtig. Wenn wir die Erde verstehen wollen, müssen wir uns auch mit Vulkanen beschäftigen. Das gilt ebenso für andere Himmelskörper. Wie es mit dem Vulkanismus auf anderen Planeten aussieht, ist aber ein Thema für die nächste Folge der Sternengeschichten.
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