Die wie immer sehr empfehlenswerten Christoph & Lollo haben eine neue CD besungen und daraus ein neues Musikvideo veröffentlicht. Es heißt “Schau das doch bei Google nach” und beschäftigt sich mit dem, was man halt so finden kann, wenn man bei Google nachschaut. Dem ganzen Verschwörungstheorie-Unsinn zum Beispiel. Aber hört es euch doch am besten selber an:
“Die Wahrheit wird verborgen und verschwiegen und verdeckt
weil hinter allem eine mächtige Verschwörung steckt
Du glaubst es nicht? Mein Gott, jetzt werd doch endlich wach
Schau das doch bei Google nach”
Ja, das kriegt man so oder ähnlich tatsächlich oft zu hören, wenn man mit Menschen diskutiert, die einer Verschwörungstheorie anhängen. Und prinzipiell ist das ein sehr guter Rat!
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit war es für so viele Menschen so einfach an so viel Information zu gelangen wie heute. Das ganze Internet ist voll damit: Bücher, wissenschaftliche Literatur, Archive, Bilder, Enzyklopädien, und so weiter. Es gibt mittlerweil kaum mehr etwas, was man nicht per Online-Recherche herausfinden kann.
Diese Menge an Information ist ein Segen, aber auch ein Fluch. Erstens, weil eben neben der ganzen echten Information auch jede Menge Quatsch im Internet zu finden ist. Und zweitens, weil es oft gar nicht so einfach ist, tatsächlich auch das zu finden, was sich zu finden lohnt.
Denn die enorme Menge an Daten macht es unmöglich alles zu durchsuchen, was da ist. Deswegen braucht es Algorithmen, die eine Auswahl treffen. Wer heute bei Google nachschaut, kriegt jede Menge Ergebnisse. Aber jede Menge potentielle Ergebnisse werden eben auch nicht angezeigt. Oder erst auf Seite 4 oder 5 der Google-Suche, wo wirklich nur noch die ganz verzweifelt Suchenden nachsehen…
Wie die ganzen Algorithmen aber arbeiten, die eingesetzt werden weiß niemand. Vielleicht noch die, die sie programmiert haben aber sicher nicht die normalen Nutzer. Was man sieht, wenn man Google nachschaut, hängt nicht nur davon ab, wer sich dort gerade mit Werbegeld die vorderen Plätze in der Ergebnisliste eingekauft hat. Es hängt von dem ab, was der Algorithmus für “gute” oder “schlechte” Seiten hält. Es hängt aber auch von dem ab, was man selbst in der Vergangenheit so gesucht hat; über welches Netz man online ist; welche Cookies auf dem jeweiligen Rechner gespeichert sind und wahrscheinlich noch jeder Menge mehr Parameter.
Wenn zwei Menschen bei Google nach dem gleichen Thema suchen, dann ist also absolut nicht sicher, dass sie auch die gleichen Ergebnisse kriegen. Wer – wie im Video von Christoph & Lollo – den Rat bekommt, irgendwas bei Google zu recherchieren, der kann entweder vernünftigen Kram finden. Oder aber noch mehr Verschwörungsquatsch.
Und deswegen möchte ich kleines (natürlich nicht repräsentatives) Experiment starten. Ich hab mir ein Thema ausgesucht, das gut zum Video passt und bei dem vermutlich wirklich viele Menschen auf der Suche nach Informationen sind. Und zwar die Frage: “Soll ich mein Kind impfen lassen?”
Die verünftige, rationale, wissenschaftliche und richtige Antwort darauf lautet natürlich: Ja! (mit den logischen Ausnahmen natürlich, zB wenn es irgendwelche einschränkende medizinische Gründe o.ä. gibt). Aber welche Antwort kriegt man, wenn man diese Frage an Google stellt?
Diese hier:
Ich habe diese Suche am 2.11.2018 in einem österreichischen WLAN (aber mit meinem privaten Computer) durchgeführt. Und ein anderes Ergebnis erhalten als ich es bekommen hatte, als ich das ganze testhalber früher in meinem eigenen WLAN zuhause in Deutschland gemacht habe. Deswegen steht an zweiter Stell der Ergebnisliste auch der Link auf ein Informationspotential des österreichischen Gesundheitsministeriums. Also eigentlich eh genau das, was man sich bei so einem Thema als seriöse Information erwarten kann. Interessanterweise steht aber an erster Stelle keine Behörde, wissenschaftliche Einrichtung oder ähnliches sondern der Link zu einem Artikel in einer Zeitung. Eine seriöse Zeitung zwar und der Inhalt des Artikels ist beim ersten Lesen auch durchaus in Einklang mit dem Stand der Wissenschaft. Aber eben doch nur eine Zeitung.
Auch auf Platz 3 findet man eine (Frauen)Zeitung, mit einem sehr kurzen aber zumindest nicht falschen Artikel. Dann kommt aber schon ein Link auf eine Seite aus der Schweiz mit all dem Verschwörungsquatsch den man sich so wünschen kann (inklusive NWO) und dem vielsagenden Titel “Zehn Gründe, warum Sie Ihre Kinder nicht impfen lassen sollten”. Weiter geht es mit Internetforen, einer Homöopathie-Seite, etc.
Das erste Fazit: Unter den ersten fünf Ergebnissen findet man drei Zeitungsartikel. Einmal wird das Thema vernünftig dargestellt, einmal vernünftig und sehr kurz und einmal unklar (bei “Fit und Gesund”). Einmal kriegt man üblen Verschwörungsquatsch und einmal offizielle und seriöse Informationen der zuständigen Behörde.
Das war jetzt einerseits schlechter als ich erwartet habe. Aber andererseits aber auch nicht ganz so katastrophal wie es sein hätte können. Aber das war eben MEIN Ergebnis. Andere Leute werden andere Links präsentiert bekommen. Und deswegen würde ich euch bitten: Führt die Suche ebenfalls durch! Und postet dann die Ergebnisliste/einen Screenshot in den Kommentaren. Es würde mich wirklich interessieren, wie sehr die Ergebnisse hier variieren.
Eine Anmerkung hab ich noch zum Schluss: Wenn man Google nach klassischen Fakten fragt, kriegt man mittlerweile auch direkt von Google eine korrekte Antwort. Wer etwa fragt “Wie groß ist die Erde?”, der erhält sofort und noch vor allen Internetlinks die richtige Antwort: 6371 Kilometer.
Warum kann man das Prinzip nicht ausweiten? Die Antwort auf die Frage “Soll ich mein Kind impfen lassen?” ist vielleicht ein klein wenig umfangreicher als nur eine einzelne Zahl. Aber wissenschaftlich und faktisch nicht weniger umstritten als die Größe der Erde. Warum kann Google nicht auch hier ebenso prominent auf die Erkenntnisse des Paul-Ehrlich-Institut”, der Gesundheitsbehörden o.ä. Einrichtungen verweisen? Und ja, das war eine rhetorische Frage: Mir ist schon klar, dass Google nicht so sehr an der Bereitstellung wissenschaftlich korrekter Fakten interessiert sondern mehr an den Daten der Nutzer und dem Geld von Werbekunden interessiert ist. Aber man wird ja noch mal hoffen dürfen…
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