Astronomen haben das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte benutzt um ein Bild von etwas zu machen, von dem bis jetzt noch nie ein Bild gemacht werden konnte. Sie haben eine der größten Explosionen des Universums fotografiert noch bevor sie explodiert ist:
Man sieht hier kombinierte Daten aus dem visuellen und dem infraroten Bereich des Lichtspektrums. Das was man auf dem Bild sieht kann man so also nicht mit den eigenen Augen sehen. Man kann aber sowieso nicht sehen, was das beeindruckende an dieser Aufnahme ist. Das worum es hier geht, liegt noch in der Zukunft. Wir sehen hier einen Gammablitz, noch bevor er passiert.
Gammablitze oder “Gamma Ray Bursts” sind die größten Explosionen im Universum die wir kennen. Sie entstehen, wenn Neutronensterne kollidieren oder wenn besonders große Sterne am Ende ihres Lebens explodieren. Während weniger Sekunden oder Stunden kann so ein Gammablitz mehr Energie freisetzen als unsere Sonne während der gesamten 10 Milliarden Jahre ihres Lebens!
Gammablitze haben wir schon viele beobachtet. Aber wir haben die Vorläuferobjekte aus denen sie entstehen noch nie direkt gesehen. Bis jetzt. Die beiden hellen Lichtpunkte im Bild oben sind Sterne. Drei Sterne insgesamt (auch wenn man das nicht direkt sieht): Der untere Stern ist ein enges Paar sogenannte “Wolf-Rayet-Sterne”.
Diese besondere Art von Stern entsteht aus sehr massereichen Sternen. Es braucht ein paar dutzend bis ein paar hundert mal die Masse unserer Sonne um einen Wolf-Rayet Stern zu bilden. Diese gewaltigen Objekte leuchten extrem hell und heiß. Sie strahlen so stark, dass sie sich dabei quasi selbst zerreißen: Sie schleudern enorme Mengen an Gas und Staub ins All und das mit extremen Geschwindigkeiten.
Wolf-Rayet-Sterne haben irgendwann so viel ihrer eigenen Masse ins All gepustet, dass sie nur noch hell leuchtende Sternkerne sind. Diese Phase dauert ein paar hunderttausend Jahre lang, dann vergeht der Stern in einer gewaltigen Supernova-Explosion. Wenn so ein Wolf-Rayet-Stern dabei auch noch extrem schnell rotiert, dann kann diese Explosion genau zu einem der oben beschriebenen Gammablitz werden; einem sogenannten “langlebigen Gammablitz”, die länger als 2 Sekunden dauern.
Und einer der beiden Wolf-Rayet-Sterne rotiert genau so schnell. Das haben die Astronomen aus den Sternwinden und den rötlich gefärbten Staubwirbeln abgeleitet (“Anisotropic winds in Wolf-Rayet binary identify potential gamma-ray burst progenitor”). Die Geschwindigkeit des von den Wolf-Rayet-Sternen ausgestoßenen Materials hat man mit bis zu 12 Millionen km/h gemessen. Der von diesem Wind beeinflusste Staub in der Umgebung der Sterne bewegt sich dagegen nur mit lahmen 2 Millionen km/h. Das erklären die Astronomen durch zwei einander überlagernde Sternwinde von den beiden Sterne; einer erzeugt einen extrem schnellen Wirbel, der andere einen langsamen und beide verlaufen in verschiedene Richtungen.
Damit der Staub so verwirbelt sein kann, wie er es ist, braucht es also auf jeden Fall einen Wolf-Rayet-Stern der sich mit der kritischen Rotationsgeschwindigkeit dreht die am Ende seines Lebens zu einem gewaltigen langlebigen Gammablitz führt.
Anders gesagt: Das gesamte Ensemble aus Sternen und Staub ist ein Beleg für die Existenz genau der Objekte die einen Gammablitz auslösen. Das es die gibt wussten wir natürlich schon. Aber wir haben sie noch nie gesehen bevor der Gammablitz stattfindet (und danach waren sie natürlich weg).
2XMM J160050.7-514245, wie das Sternensystem offiziell und langweilig genannt wird, ist also wirklich einzigartig. 8000 Lichtjahre entfernt, im Sternbild Winkelmaß ist es das erste bekannte und beobachtete Vorläuferobjekt in unserer Milchstraße für ein der größten Explosionen die das Universum für uns bereit hält. Wer auch immer in der Zukunft auf der Erde dabei zusehen kann, wie das Ding irgendwann mal hochgeht, wird ein beeinruckendes Schauspiel zu sehen bekommen (und vermutlich froh sein, dass die Explosion gerade noch weit genug weg ist, um die Erde nicht zu schädigen).
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