Ich hab meine Serie “Fragen zur Astronomie” ein wenig vernachlässigt. Aber kürzlich ist mir bei Twitter eine recht interessante Frage gestellt worden, die ich gerne beantworten will: Woher kennen wir das Alter der Sonne?
Die Antwort auf diese Frage ist – wenig überraschend – komplex. Andererseits aber auch simpel. Die Sonne ist ein Stern – aber kein normaler Stern. Beziehungsweise ist sie rein astronomisch gesehen ein ziemlich normaler Stern. Aber sie ist auch ein Stern, den wir mit der Erde umkreisen und das macht sie für uns Menschen zu einem ganz besonderen Himmelsobjekt. Die Sonne ist der einzige Stern, den wir aus unmittelbarer Nähe erforschen können und sie ist der Stern, mit dem wir uns die Entstehungsgeschichte teilen. Und genau das ist auch der Schlüssel, wenn wir wissen wollen, wie alt sie ist.
Die Sonne entstand aus einer großen interstellaren Gaswolke. Diese Wolke kollabierte und bildete einen Stern. Aus der gleichen Wolke entstand aber auch die Erde und der ganze Rest von dem, was da sonst noch so im Sonnensystem rumfliegt. Oder anders gesagt: Sowohl die Sonne als auch der Rest der Sonnensystems entstanden – zumindest in ausreichend guter Näherung – also zur gleichen Zeit aus dem gleichen Material. Wenn wir wissen wollen, wie alt die Sonne ist, müssen wir also nicht unbedingt die Sonne selbst untersuchen.
Wir können uns auch anderswo im Sonnensystem auf die Sache nach der Antwort machen. Idealerweise dort, wo wir noch Material finden, das sich seit der Entstehung des Sonnensystems so gut wie nicht verändert hat. Nämlich bei den Asteroiden und Kometen. Die sind das, was damals übrig blieb, als alles entstand; der Bauschutt des Sonnensystems quasi. Nur kommt man an die Asteroiden und Kometen leider auch schwer ran. Zum Glück kommen sie ab und zu zu uns, nämlich dann, wenn sie mit der Erde kollidieren und wir sie in Form von Meteoriten von der Erde aufsammeln können.
Dann können wir sie im Labor untersuchen. Und ihr Alter bestimmen. Das geht, in dem wir uns die chemischen Elemente genau ansehen, aus denen sie bestehen. Die Gaswolke aus der das Sonnensystem entstand, hatte eine ganz charakteristische Zusammensetzung. Die chemischen Elemente dort sind in einem ganz bestimmten Mengenverhältnis aufgetreten. Da aber auch einige radioaktive Elemente dabei waren, hat sich dieses Verhältnis im Laufe der Zeit verändert. Radioaktive Elemente zerfallen und wandeln sich in andere Elemente um. Wenn wir diese Zerfallsprodukte in Meteoriten untersuchen und ihre Menge bestimmen, dann können wir daraus berechnen, wie lange es her ist, dass der Meteorit entstanden ist. Das ist ein bisschen wie bei der C14-Datierung die man aus der Archäologie kennt, nur das man hier keinen Kohlenstoff verwendet sondern chemische Elemente wie Blei oder Uran, deren radioaktive Varianten sehr sehr langsam zerfallen und auch noch nach Milliarden Jahren nicht vollständig verschwunden sind.
Dank solcher Methoden wissen wir, dass das älteste Material im Sonnensystem 4,568 Milliarden Jahre alt ist. Die Sonne ist ein wenig früher entstanden als der Rest des Sonnensystems. Aber dabei handelt es sich um ein paar Millionen Jahre und das fällt nicht weiter ins Gewicht. Man kann die Entstehung der Sonne sowieso nicht auf den Tag genau bestimmen 😉 Und wenn wir von einem Alter von 4,5 Milliarden Jahren (plus/minus ein paar hundert Millionen Jahre) ausgehen, ist das eigentlich schon eine ziemlich gute Antwort.
Was bei der Sonne vergleichsweise leicht ist, ist bei anderen Sternen viel komplizierter. Hier können wir keine Meteoriten untersuchen sondern müssen andere Methoden benutzen, die komplizierter und ungenauer sind. Ich habe das hier ausführlicher erklärt. Die Antwort lautet also: Das Alter der Sonne kennen wir, weil wir das Material aus der Zeit ihrer Entstehung direkt im Labor untersuchen können. Bei anderen Sternen geht das aber leider nicht.
Und weil auch noch gefragt wurde, woher wir wissen, wie alt die Sonne werden wird: Das wissen wir, weil wir verstehen, wie ein Stern funktioniert. Er fusioniert Wasserstoff zu Helium und solange diese Fusion abläuft, ist er stabil. Hört die Fusion auf, wirkt kein Strahlungsdruck aus seinem Inneren der Gravitationskraft des Sterns entegegen. Er wird dann unter seinem eigenen Gewicht kollabieren und aufhören, ein normaler Stern zu sein. Wie lange ein Stern fusionieren kann, hängt von seiner Masse ab und die können wir bei der Sonne bestimmen (zum Beispiel, in dem wir beobachten, wie lange die Erde für eine Umkreisung braucht und dann mit Newtons Gravitationsgesetz berechnen, wie groß die Sonnenmasse sein muss, damit die Erde sich so schnell bewegt, wie sie es tut). Daher wissen wir, dass es noch ungefähr 6 Milliarden Jahre dauern wird, bis die Sonne aufhört zu leuchten.
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
Kommentare (54)